Aufgabe 1.14: Bhattacharyya–Schranke für BEC
Wir betrachten in dieser Aufgabe den systematischen (5,2)–Code
- mit der 2×5–Generatormatrix
- { \boldsymbol{\rm G}}_{(5, 2)} = \begin{pmatrix} 1 &0 &1 &1 &0\\ 0 &1 &0 &1 &1 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm},
- der 3 × 5–Prüfmatrix
- { \boldsymbol{\rm H}}_{(5, 2)} = \begin{pmatrix} 1 &0 &1 &0 &0\\ 1 &1 &0 &1 &0\\ 0 &1 &0 &0 &1 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm},
- und den 2^k = 4 Codeworten
- \underline{x}_0 \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm} (0, 0, 0, 0, 0) \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}\underline{x}_1 = (0, 1, 0, 1, 1)\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}\underline{x}_2 \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm} (1, 0, 1, 1, 0) \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}\underline{x}_3 = (1, 1, 1, 0, 1)\hspace{0.05cm}.
Am Ausgang des digitalen Kanals, der durch das "BEC–Modell" ("Binary Erasure Channel") mit der Auslöschungswahrscheinlichkeit \lambda = 0.001 festgelegt wird, tritt der Empfangsvektor
- \underline{y} = (y_1, \hspace{0.05cm}y_2, \hspace{0.05cm}y_3, \hspace{0.05cm}y_4, \hspace{0.05cm}y_5)
auf, wobei für i = 1, \ \text{...} \ , 5 gilt:
- y_{i} \in \{0, 1, \rm E\}.
Der BEC–Kanal zeichnet sich dadurch aus, dass
- Verfälschungen (0 → 1,\ 1 → 0) ausgeschlossen sind,
- es aber zu Auslöschungen (0 → \rm E,\ 1 → E) kommen kann.
Die Grafik zeigt explizit alle möglichen Empfangsvektoren \underline{y} mit drei oder mehr Auslöschungen (englisch: "Erasures", abgekürzt \rm E) unter der Voraussetzung, dass der Nullvektor (0, 0, 0, 0, 0) gesendet wurde.
- Bei weniger als drei Auslöschungen liefert bei dem betrachteten (5, 2)–Code der Codewortfinder immer die richtige Entscheidung: \underline{z} = \underline{x}.
- Bei drei oder mehr Auslöschungen kann es dagegen zu Fehlentscheidungen kommen. In diesem Fall gilt für die Blockfehlerwahrscheinlichkeit:
- {\rm Pr(Blockfehler)}= {\rm Pr} (\underline{z} \ne \underline{x}) = {\rm Pr}\left \{ \hspace{0.1cm} [\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \mapsto \underline{x}_{\hspace{0.02cm}1}] \hspace{0.05cm}\cup\hspace{0.05cm}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \mapsto \underline{x}_{\hspace{0.02cm}2}] \hspace{0.05cm}\cup \hspace{0.05cm}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \mapsto \underline{x}_{\hspace{0.02cm}3}] \hspace{0.1cm}\right \} \hspace{0.05cm}.
Bitte beachten Sie:
- Das Ereignis [\underline{x}_{0} → \underline{x}_{1}] sagt nicht unbedingt aus, dass beim betrachteten Empfangsvektor \underline{y} tatsächlich für das Codewort \underline{x}_{1} entschieden wird, sondern lediglich, dass die Entscheidung für x_{1} aufgrund der Statistik sinnvoller wäre als die Entscheidung für \underline{x}_{0}.
- Es könnte aber auch für \underline{x}_{2} oder \underline{x}_{3} entschieden werden, wenn das "Maximum–Likelihood–Kriterium" hierfür spricht.
Die Berechnung der Blockfehlerwahrscheinlichkeit ist schwierig, da die Ereignisse [\underline{x}_{0} → \underline{x}_{1}] , [\underline{x}_{0} → \underline{x}_{2}] und [\underline{x}_{0} → \underline{x}_{3}] nicht notwendigerweise disjunkt sind. Eine obere Schranke liefert die "Union Bound":
- {\rm Pr(Union \hspace{0.15cm}Bound)} = {\rm Pr}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm}\underline{x}_{\hspace{0.02cm}1}] +{\rm Pr}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm} \underline{x}_{\hspace{0.02cm}2}] +{\rm Pr}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm} \underline{x}_{\hspace{0.02cm}3}] \ge {\rm Pr(Blockfehler)} \hspace{0.05cm}.
Eine weitere Schranke wurde von Bhattacharyya angegeben:
- {\rm Pr(Bhattacharyya)} = W(\beta)-1 \ge {\rm Pr(Union \hspace{0.15cm}Bound)} \ge {\rm Pr(Blockfehler)} \hspace{0.05cm},
wobei beim Binary Erasure Channel \rm (BEC) für den Bhattacharyya–Parameter \beta = \lambda gilt und W(X) die Gewichtsfunktion angibt, wobei die Pseudo–Variable X hier durch den Bhattacharyya–Parameter \lambda zu ersetzen ist.
- Die Bhattacharyya–Schranke liegt je nach Kanal mehr oder weniger weit oberhalb der "Union Bound".
- Ihre Bedeutung liegt darin, dass die Schranke für unterschiedliche Kanäle in gleicher Weise angebbar ist.
Hinweis: Die Aufgabe gehört zum Kapitel "Schranken für die Blockfehlerwahrscheinlichkeit".
Fragebogen
Musterlösung
- \underline{y} = (0, {\rm E}, 0, {\rm E}, {\rm E}) mit Wahrscheinlichkeit \lambda^3 \ · \ (1 – \lambda)^2,
- \underline{y} = (0, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E}) mit Wahrscheinlichkeit \lambda^4 \ · \ (1 – \lambda),
- \underline{y} = ({\rm E}, {\rm E}, 0, {\rm E}, {\rm E}) mit Wahrscheinlichkeit \lambda^4 \ · \ (1 – \lambda),
- \underline{y} = ({\rm E}, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E}) mit Wahrscheinlichkeit \lambda^5.
Die Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund des spezifischen Empfangsvektors \underline{y} das Codewort \underline{x}_{1} genau so wahrscheinlich ist wie \underline{x}_{0}, ergibt sich zu
- \ {\rm Pr}\ [\underline{x}_0 \hspace{0.12cm}{\rm und}\hspace{0.12cm} \underline{x}_1 \hspace{0.15cm}{\rm sind \hspace{0.15cm}gleichwahrscheinlich}] = \lambda^3 \cdot (1- \lambda)^2 + 2 \cdot \lambda^4 \cdot (1- \lambda) + \lambda^5 =\lambda^3 \cdot \left [ (1- \lambda)^2 + 2 \cdot \lambda \cdot (1- \lambda) + \lambda^2 \right ] = \lambda^3 \hspace{0.05cm}.
In diesem Fall entscheidet man sich nach dem Zufallsprinzip für \underline{x}_{0} (wäre richtig) oder für \underline{x}_{1} (leider falsch), und zwar mit gleicher Wahrscheinlichkeit. Daraus folgt:
- {\rm Pr} [\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \mapsto \underline{x}_{\hspace{0.02cm}1}] = 1/2 \cdot \lambda^3 \hspace{0.15cm} \underline{= 0.5 \cdot 10^{-3}} \hspace{0.05cm}.
(2) Nach Teilaufgabe (1) ist die Antwort 2 richtig und nicht die Antwort 1. Auch die Aussage 3 ist falsch:
- {\rm Pr}[\underline{x}_{0} → \underline{x}_{1}] sagt nicht aus, dass mit dieser Wahrscheinlickeit das Codewort \underline{x}_{0} tatsächlich in das falsche Codewort \underline{x}_{1} übergeht, sondern nur, dass es mit dieser Wahrscheinlichkeit zu \underline{x}_{1} übergehen könnte.
- {\rm Pr}[\underline{x}_{0} → \underline{x}_{1}] beinhaltet auch Konstellationen, bei denen die Entscheidung tatsächlich für \underline{x}_{2} bzw. \underline{x}_{3} fällt.
(3) Wegen d_{\rm H}(\underline{x}_{0}, \underline{x}_{2}) = 3 und d_{\rm H}(\underline{x}_{0}, \underline{x}_{3}) = 4 ergibt sich hierfür
- {\rm Pr} [\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \mapsto \underline{x}_{\hspace{0.02cm}2}] = 1/2 \cdot \lambda^3 \hspace{0.15cm} \underline{= 0.5 \cdot 10^{-3}} \hspace{0.05cm},
- {\rm Pr} [\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \mapsto \underline{x}_{\hspace{0.02cm}3}] = 1/2 \cdot \lambda^4 \hspace{0.15cm} \underline{= 0.05 \cdot 10^{-3}} \hspace{0.05cm}.
(4) Die Blockfehlerwahrscheinlichkeit ist nie größer (mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eher kleiner) als die so genannte "Union Bound":
- {\rm Pr(Union \hspace{0.15cm}Bound)} \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm} {\rm Pr}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm}\underline{x}_{\hspace{0.02cm}1}] +{\rm Pr}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm} \underline{x}_{\hspace{0.02cm}2}] +{\rm Pr}[\underline{x}_{\hspace{0.02cm}0} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm} \underline{x}_{\hspace{0.02cm}3}] = 2 \cdot \lambda^3/2 + \lambda^4/2 = 0.001 + 0.00005 \hspace{0.15cm} \underline{= 1.05 \cdot 10^{-3}} \hspace{0.05cm}.
(5) Allgemein gilt:
- {\rm Pr(Blockfehler) ≤ {\rm Pr(Union \hspace{0.15cm}Bound)} \le Pr(Bhattacharyya)} = W(\beta) - 1.
- Für das Distanzspektrum bzw. die Gewichtsfunktion erhält man im vorliegenden Fall:
- W_0 = 1 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} W_3 = 2 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}W_4 = 1 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} W(X) = 1+ 2 \cdot X^{3} +X^{4} \hspace{0.05cm}.
- Beim BEC–Kanal gilt zudem \beta = \lambda. Daraus folgt als Endergebnis für \lambda = 0.001:
- {\rm Pr(Bhattacharyya)} = 2 \cdot \lambda^3 + \lambda^4 \hspace{0.15cm} \underline{= 2.1 \cdot 10^{-3}} \hspace{0.05cm}.
- Anzumerken ist, dass beim BEC–Modell die "Bhattacharyya–Schranke" stets doppelt so groß ist wie die "Union Bound", die ja selbst wieder eine obere Schranke für die Blockfehlerwahrscheinlichkeit darstellt.