Aufgabe 3.2: GSM–Datenraten
In dieser Aufgabe wird die Datenübertragung bei GSM betrachtet. Da dieses System jedoch vorwiegend für die Sprachübertragung spezifiziert wurde, benutzen wir bei den folgenden Rechnungen meist die Dauer TR=20 ms eines Sprachrahmens als zeitliche Bezugsgröße. Die Eingangsdatenrate beträgt R1=9.6 kbit/s. Die Anzahl der Eingangsbit in jedem TR–Rahmen sei N1. Alle in der Grafik mit „???” beschrifteten Kenngrößen sollen in der Aufgabe berechnet werden.
Als erste Blöcke erkennt man in der dargestellten Übertragungskette:
- den äußeren Coder (Blockcode inklusive vier Tailbits) mit N2=244 Bit pro Rahmen (TR=20 ms) ⇒ Rate R2 ist zu ermitteln,
- den Faltungscoder mit der Coderate 1/2, und anschließender Punktierung (Verzicht auf NP Bit) ⇒ Rate R3=22.8 kbit/s,
- Interleaving und Verschlüsselung, beides ratenneutral. Am Ausgang dieses Blockes tritt die Rate R4 auf.
Die weitere Signalverarbeitung sieht prinzipiell wie folgt aus:
- Jeweils 114 (codierte, verwürfelte, verschlüsselte) Datenbit werden zusammen mit 34 Kontrollbit (für Trainingsfolge, Tailbits, Guard Period) und einer Pause (Dauer: 8.25 Bit) zu einem so genannten "Normal Burst" zusammengefasst. Die Rate am Ausgang wird mit R5 bezeichnet.
- Zusätzlich werden weitere Bursts (Frequency Correction Burst, Synchronisation Burst, Dummy Burst, Access Bursts) zur Signalisierung hinzugefügt. Die Rate nach diesem Block ist R6.
- Schließlich folgt noch die TDMA–Multiplexeinrichtung, so dass die Gesamtbruttodatenrate des GSM gleich Rges=R7 beträgt.
Als bekannt vorausgesetzt wird die Gesamtbruttodatenrate Rges=270.833 kbit/s (bei acht Nutzern).
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel Gemeinsamkeiten von GSM und UMTS.
- Obige Grafik fasst die vorliegende Beschreibung zusammen und definiert die verwendeten Datenraten.
- Alle Raten sind in „kbit/s” angegeben.
- N1,N2,N3 und N4 bezeichnen die jeweilige Bitanzahl an den entsprechenden Punkten des obigen Blockschaltbildes innerhalb eines Zeitrahmens der Dauer TR=20 ms.
- Nges=156.25 ist die Bitanzahl nach Burst–Bildung, bezogen auf die Dauer TZ eines TDMA–Zeitschlitzes.
- Davon sind NInfo=114 Informationsbits inklusive Kanalcodierung.
Fragebogen
Musterlösung
(1) Es gilt N_{1} = R_{1} \cdot T_{\rm R} = 9.6 {\ \rm kbit/s} \cdot 20 {\ \rm ms} \hspace{0.15cm} \underline{= 192 \ \rm Bit}.
(2) Analog zur Teilaufgabe (1) gilt:
- R_2= \frac{N_2}{T_{\rm R}} = \frac{244\,{\rm Bit}}{20\,{\rm ms}}\hspace{0.15cm} \underline { = 12.2\,{\rm kbit/s}}\hspace{0.05cm}.
Beachten Sie bitte: Bei einer redundanzfreien Binärquelle (aber nur bei dieser) besteht kein Unterschied zwischen „\rm Bit” und „\rm bit”.
(3) Der Faltungscoder der Rate 1/2 allein würde aus seinen N_{2} = 244 Eingangsbits genau N_{3}\hspace{0.01cm}' \hspace{0.15cm}\underline{= 488} Ausgangsbits pro Rahmen generieren.
(4) Aus der angegebenen Datenrate R_{3} = 22.8 \ \rm kbit/s folgt dagegen N_{3} \hspace{0.15cm}\underline{= 456}.
- Das bedeutet, dass von den N_{3}' = 488 \ \rm Bit durch die Punktierung N_{\rm P} = 32 \ \rm Bit entfernt werden.
(5) Sowohl das Interleaving als auch die Verschlüsselung erfolgt sozusagen „datenneutral”. Damit gilt:
- R_{4} = R_{3} \hspace{0.15cm}\underline{= 22.8 \ {\rm kbit/s}} \Rightarrow N_{4} = N_{3} = 456.
(6) Für die Bitdauer gilt T_{\rm B} = 1/R_{7} = 1/(0.270833 {\ \rm Mbit/s}) \approx 3.69 \ \rm µ s.
- In jedem Zeitschlitz der Dauer T_{\rm Z} wird ein Burst – bestehend aus 156.25 \ \rm Bit – übertragen.
- Daraus ergibt sich T_{\rm Z} \hspace{0.15cm}\underline{= 576.9 \ \rm µ s}.
(7) Bei GSM gibt es acht Zeitschlitze, wobei jedem Nutzer periodisch ein Zeitschlitz zugewiesen wird.
- Damit beträgt die Bruttodatenrate für jeden Nutzer R_{6} = R_{7}/8 \hspace{0.15cm}\underline{ \approx 33.854 \ \rm kbit/s}.
(8) Berücksichtigt man, dass beim Normal Burst der Anteil der Nutzdaten (inklusive Kanalcodierung) 114/156.25 beträgt, so wäre die Rate ohne Berücksichtigung der zugefügten Signalisierungsbits:
- R_5 = \frac{n_{\rm ges} }{n_{\rm Info} } \cdot R_4 = \frac{156.25 }{114} \cdot 22.8\,{\rm kbit/s}\hspace{0.15cm} \underline { = 31.250\,{\rm kbit/s}}\hspace{0.05cm}.
- Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man berücksichtigt, dass bei GSM jeder 13. Rahmen für Common Control (Signalisierungs–Info) reserviert ist:
- R_5 = \frac{12 }{13 } \cdot 33.854\,{\rm kbit/s} ={ 31.250\,{\rm kbit/s}}\hspace{0.05cm}.
- Damit beträgt der prozentuale Anteil der Signalisierungsbits:
- \alpha_{\rm SB} = \frac{33.854 - 31.250}{33.854 } { \approx 7.7\%}\hspace{0.05cm}.