Aufgabe 4.1: Zum „Log Likelihood Ratio”
Zur Interpretation von Log–Likelihood–Verhältnissen (kurz L–Werten) gehen wir wie im Theorieteil vom Binary Symmetric Channel (BSC) aus. Die englische Bezeichung ist Log Likelihood Ratio (LLR).
Für die binären Zufallsgrößen am Eingang und Ausgang gelte
- x∈{0,1},y∈{0,1}.
Dieses Modell ist in der oberen Grafik dargestellt. Für die bedingten Wahrscheinlichkeiten in Vorwärtsrichtung gilt:
- Pr(y=1|x=0) = Pr(y=0|x=1)=ε,
- Pr(y=0|x=0) = Pr(y=1|x=1)=1−ε.
Die Verfälschungswahrscheinlichkeit ε ist der entscheidende Parameter des BSC–Modells.
Bezüglich der Wahrscheinlichkeitsverteilung am Eingang ist es zweckmäßig, anstelle der Wahrscheinlichkeiten Pr(x=0) und Pr(x=1) das Log Likelihood Ratio (LLR) zu betrachten.
Für dieses gilt bei der hier verwendeten unipolaren Betrachtungsweise per Definition:
- LA(x)=lnPr(x=0)Pr(x=1),
wobei der Index A auf die Apriori–Wahrscheinlichkeit hinweist.
Beispielsweise ergibt sich für Pr(x=0)=0.2 ⇒ Pr(x=1)=0.8 das Apriori–LLR LA(x)=−1.382.
Aus dem BSC–Modell lässt sich zudem der L–Wert der bedingten Wahrscheinlichkeiten Pr(y|x) in Vorwärtsrichtung ermitteln, der in der vorliegenden Aufgabe auch mit LV(y) bezeichnet wird:
- LV(y)=L(y|x)=lnPr(y|x=0)Pr(y|x=1)={ln[(1−ε)/ε]ln[ε/(1−ε)]f¨ury=0,f¨ury=1.
Beispielsweise ergibt sich für ε=0.1:
- LV(y=0)=+2.197,LV(y=1)=−2.197.
Von besonderer Bedeutung für die Codierungstheorie sind die Rückschlusswahrscheinlichkeiten Pr(x|y), die mit den Vorwärtswahrscheinlichkeiten Pr(y|x) sowie den Eingangswahrscheinlichkeiten Pr(x=0) und Pr(x=1) über den Satz von Bayes in Zusammenhang stehen.
Der entsprechende L–Wert wird in dieser Aufgabe mit LR(y) bezeichnet:
- LR(y)=L(x|y)=lnPr(x=0)|y)Pr(x=1)|y).
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel Soft–in Soft–out Decoder.
- Bezug genommen wird insbesondere auf die Seite Zuverlässigkeitsinformation – Log Likelihood Ratio.
- In den letzten Teilaufgaben ist zu klären, ob die gefundenen Zusammenhänge zwischen LA, LV und LR auch auf den „2–auf–M–Kanal” übertragen werden können.
- Hierzu wählen wir für die Eingangssymbole eine bipolare Betrachtungsweise: „0” → „+1” sowie „1” → „–1”.
Fragebogen
Musterlösung
- {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} A) = \frac{{\rm Pr}(A \cap B)}{{\rm Pr}(A)}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm} {\rm Pr}(A \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} B) = \frac{{\rm Pr}(A \cap B)}{{\rm Pr}(B)}\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}{\rm Pr}(A \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} B) = {\rm Pr}(B \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} A) \cdot \frac{{\rm Pr}(A)}{{\rm Pr}(B)}\hspace{0.05cm}.
Richtig ist der Lösungsvorschlag 3. Im Sonderfall {\rm Pr}(B) = {\rm Pr}(A) wäre auch der Vorschlag 1 richtig.
(2) Mit A ⇒ „x = 0” und B ⇒ „y = 0” ergibt sich sofort die Gleichung gemäß Lösungsvorschlag 1:
- {\rm Pr}(x = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} y = 0) = {\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm} x = 0) \cdot \frac{{\rm Pr}(x = 0)}{{\rm Pr}(y = 0)}\hspace{0.05cm}.
(3) Wir berechnen den L–Wert der Rückschlusswahrscheinlichkeiten. Unter der Annahme y = 0 gilt:
- L_{\rm R}(y= 0) \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y= 0)= {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y=0)}{{\rm Pr}(x = 1\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y=0)} = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x=0) \cdot {\rm Pr}(x = 0) / {\rm Pr}(y = 0)}{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 1)\cdot {\rm Pr}(x = 1) / {\rm Pr}(y = 0)}
- \Rightarrow \hspace{0.3cm} L_{\rm R}(y= 0)= {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x=0) }{{\rm Pr}(y = 0\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 1)} + {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x=0) }{{\rm Pr}(x = 1)}
- \Rightarrow \hspace{0.3cm} L_{\rm R}(y= 0) = L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y= 0) = L_{\rm V}(y= 0) + L_{\rm A}(x)\hspace{0.05cm}.
In gleicher Weise ergibt sich unter der Annahme y = 1:
- L_{\rm R}(y= 1) = L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y= 1) = L_{\rm V}(y= 1) + L_{\rm A}(x)\hspace{0.05cm}.
Die beiden Ergebnisse lassen sich mit y ∈ \{0, \, 1\} und
- dem Eingangs–LLR,
- L_{\rm A}(x) = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(x=0) }{{\rm Pr}(x = 1)}\hspace{0.05cm},
- sowie dem Vorwärts–LLR,
- L_{\rm V}(y) = L(y\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x) = {\rm ln} \hspace{0.15cm} \frac{{\rm Pr}(y \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x=0) }{{\rm Pr}(y \hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}x = 1)} \hspace{0.05cm},
wie folgt zusammenfassen:
- L_{\rm R}(y) = L(x\hspace{0.05cm}|\hspace{0.05cm}y) = L_{\rm V}(y) + L_{\rm A}(x)\hspace{0.05cm}.
Die Identität L_{\rm R}(y) ≡ L_{\rm V}(y) erfordert L_{\rm A}(x) = 0 ⇒ gleichwahrscheinliche Symbole ⇒ Vorschlag 2.
(4) Der Aufgabenbeschreibung können Sie entnehmen, dass mit der Verfälschungswahrscheinlichkeit \varepsilon = 0.1 der Ausgangswert y = 1 zum Vorwärts–LLR L_{\rm V}(y = 1) = \, –2.197 führt.
- Wegen {\rm Pr}(x = 0) = 1/2 \ \Rightarrow \ L_{\rm A}(x) = 0 gilt somit auch:
- L_{\rm R}(y = 1) = L_{\rm V}(y = 1) \hspace{0.15cm}\underline{= -2.197}\hspace{0.05cm}.
(5) Bei gleicher Verfälschungswahrscheinlichkeit \varepsilon = 0.1 unterscheidet sich L_{\rm V}(y = 0) von L_{\rm V}(y = 1) nur durch das Vorzeichen.
- Mit {\rm Pr}(x = 0) = 0.2 \ \Rightarrow \ L_{\rm A}(x) = \, -1.382 erhält man somit:
- L_{\rm R}(y = 0) = (+)2.197 - 1.382 \hspace{0.15cm}\underline{=+0.815}\hspace{0.05cm}.
(6) Wie Sie sicher gerne nachprüfen werden, gilt der Zusammenhang L_{\rm R} = L_{\rm V} + L_{\rm A} auch für den „2–auf–M–Kanal”, unabhängig vom Umfang M des Ausgangsalphabets ⇒ Antwort Ja.
(7) Der AWGN–Kanal wird durch den skizzierten „2–auf–M–Kanal” mit M → ∞ ebenfalls beschrieben ⇒ Antwort Ja.