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Entropiecodierung nach Huffman

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Version vom 6. Juli 2021, 17:34 Uhr von Guenter (Diskussion | Beiträge)
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Der Huffman–Algorithmus


Wir setzen nun voraus, dass die Quellensymbole  qν  einem Alphabet  \{q_μ\} = \{ \rm A\rm B\rm C , ...\}  mit dem Symbolumfang  M  entstammen und statistisch voneinander unabhängig seien.  Beispielsweise gelte für den Symbolumfang  M = 8:

\{ \hspace{0.05cm}q_{\mu} \} = \{ \boldsymbol{\rm A} \hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm B}\hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm C}\hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm D}\hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm E}\hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm F}\hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm G}\hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm H}\hspace{0.05cm} \}\hspace{0.05cm}.

David A. Huffman  hat 1952 – also kurz nach Shannons bahnbrechenden Veröffentlichungen – einen Algorithmus zur Konstruktion von optimalen präfixfreien Codes angegeben.  Dieser  Huffman–Algorithmus  soll hier ohne Herleitung und Beweis angegeben werden, wobei wir uns auf Binärcodes beschränken.  Das heißt:   Für die Codesymbole gelte stets  c_ν ∈ \{01\}.

Hier ist das „Rezept”:

  1.   Man ordne die Symbole nach fallenden Auftrittswahrscheinlichkeiten.
  2.   Man fasse die zwei unwahrscheinlichsten Symbole zu einem neuen Symbol zusammen.
  3.   Man wiederhole  (1)  und  (2), bis nur mehr zwei (zusammengefasste) Symbole übrig bleiben.
  4.   Man codiert die wahrscheinlichere Symbolmenge mit  1  und die andere Menge mit  0.
  5.   Man ergänzt in Gegenrichtung  (von unten nach oben)  die jeweiligen Binärcodes der aufgespaltenen Teilmengen gemäß den Wahrscheinlichkeiten mit  1  bzw.  0.


\text{Beispiel 1:}  Ohne Einschränkung der Allgemeingültigkeit setzen wir voraus, dass die  M = 6  Symbole  \rm A, ... , \rm F  bereits nach ihren Wahrscheinlichkeiten geordnet sind:

p_{\rm A} = 0.30 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm B} = 0.24 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm C} = 0.20 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} p_{\rm D} = 0.12 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm E} = 0.10 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm F} = 0.04 \hspace{0.05cm}.

Durch paarweises Zusammenfassen und anschießendes Sortieren erhält man in fünf Schritten die folgenden Symbolkombinationen
(resultierende Wahrscheinlichkeiten in Klammern):

1.   \rm A  (0.30), \rm B  (0.24), \rm C  (0.20), \rm EF  (0.14), \rm D  (0.12),
2.   \rm A  (0.30), \rm EFD  (0.26), \rm B  (0.24), \rm C  (0.20),
3.   \rm BC  (0.44), \rm A  (0.30), \rm EFD  (0.26),
4.   \rm AEFD  (0.56), \rm BC  (0.44),
5.   Root  \rm AEFDBC  (1.00).

Rückwärts – also gemäß den Schritten  (5)  bis  (1)  – erfolgt dann die Zuordnung zu Binärsymbolen. 
Ein  x  weist darauf hin, dass in den nächsten Schritten noch Bit hinzugefügt werden müssen:

5.   \rm AEFD   →   1x,     \rm BC   →   0x,
4.   \underline{\rm A}   →   11,     \rm EFD   →   10x,
3.   \underline{\rm B}   →   01,     \underline{\rm C}   →   00,
2.   \rm EF   →   101x,     \underline{\rm D}   →   100,
1.   \underline{\rm E}   →   1011,     \underline{\rm F}   →   1010.

Die Unterstreichungen markieren die endgültige Binärcodierung.


Zum Begriff „Entropiecodierung”


Wir gehen weiterhin von den Wahrscheinlichkeiten und Zuordnungen des letzten Beispiels aus:

p_{\rm A} = 0.30 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm B} = 0.24 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm C} = 0.20 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} p_{\rm D} = 0.12 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm E} = 0.10 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm F} = 0.04 \hspace{0.05cm};
\boldsymbol{\rm A} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm 11} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm B} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm 01} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm C} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm 00} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm D} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm 100} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm E} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm 1011} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm F} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.05cm} \boldsymbol{\rm 1010} \hspace{0.05cm}.

Von den sechs Quellensymbolen werden also drei mit je zwei Bit, eines mit drei Bit und zwei Symbole  (\rm E  und  \rm F)  mit je vier Bit codiert.

Die mittlere Codewortlänge ergibt sich damit zu

L_{\rm M} = (0.30 \hspace{-0.05cm}+ \hspace{-0.05cm}0.24 \hspace{-0.05cm}+ \hspace{-0.05cm} 0.20) \cdot 2 + 0.12 \cdot 3 + (0.10 \hspace{-0.05cm}+ \hspace{-0.05cm} 0.04 ) \cdot 4 = 2.4 \,{\rm bit/Quellensymbol} \hspace{0.05cm}.

Aus dem Vergleich mit der Quellenentropie  H = 2.365 \ \rm bit/Quellensymbol  erkennt man die Effizienz der Huffman–Codierung.

\text{Merke:}  Es gibt keinen präfixfreien  (⇒   sofort decodierbaren)  Code, der allein unter Ausnutzung der Auftrittswahrscheinlichkeiten zu einer kleineren mittleren Codewortlänge  L_{\rm M}  führt als der Huffman–Code.  In diesem Sinne ist der Huffman–Code optimal.


\text{Beispiel 2:}  Wären die Symbolwahrscheinlichkeiten

p_{\rm A} = p_{\rm B} = p_{\rm C} = 1/4 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} p_{\rm D} = 1/8 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm E} = p_{\rm F} = 1/16 \hspace{0.05cm},

so würde für die Entropie und für die mittlere Codewortlänge gleichermaßen gelten:

H = 3 \cdot 1/4 \cdot {\rm log_2}\hspace{0.1cm}(4) + 1/8 \cdot {\rm log_2}\hspace{0.1cm}(8) + 2 \cdot 1/16 \cdot {\rm log_2}\hspace{0.1cm}(16) = 2.375 \,{\rm bit/Quellensymbol}\hspace{0.05cm},
L_{\rm M} = 3 \cdot 1/4 \cdot 2 + 1/8 \cdot 3 + 2 \cdot 1/16 \cdot 4 = 2.375 \,{\rm bit/Quellensymbol} \hspace{0.05cm}.


Aus dieser Eigenschaft  L_{\rm M} = H +\varepsilon  mit positivem  \varepsilon \to 0  bei geeigneten Auftrittswahrscheinlichkeiten erklärt sich der Begriff  Entropiecodierung:

Man versucht bei dieser Form von Quellencodierung, die Länge  L_μ  der Binärfolge  (bestehend aus Nullen und Einsen)  für das Symbol  q_μ  gemäß der Entropieberechnung wie folgt an dessen Auftrittswahrscheinlichkeit  p_μ  anzupassen:

L_{\mu} = {\rm log}_2\hspace{0.1cm}(1/p_{\mu} ) \hspace{0.05cm}.

Natürlich gelingt das nicht immer, sondern nur dann, wenn alle Auftrittswahrscheinlichkeiten  p_μ  in der Form  2^{–k}  mit  k = 1, \ 2, \ 3, ... dargestellt werden können.

  • In diesem Sonderfall – und nur in diesem – stimmt die mittlere Codewortlänge  L_{\rm M}  exakt mit der Quellenentropie  H  überein  (\varepsilon = 0,  siehe \text{Beispiel 2}).
  • Nach dem  Quellencodierungstheorem  gibt es keinen  (decodierbaren)  Code, der im Mittel mit weniger Binärzeichen pro Quellensymbol auskommt.


Darstellung des Huffman–Codes als Baumdiagramm


Häufig wird zur Konstruktion des Huffman–Codes eine  Baumstruktur  verwendet.  Für das bisher betrachtete Beispiel ist diese in der folgenden Grafik dargestellt:

Baumdarstellung der Huffman–Codierung für das  \text{Beispiel 1}

Man erkennt:

  • Bei jedem Schritt des Huffman–Algorithmus werden die beiden Zweige mit den jeweils kleinsten Wahrscheinlichkeiten zusammengefasst.
  • Der Knoten im ersten Schritt fasst die zwei Symbole  \rm E  und  \rm F  mit den aktuell kleinsten Wahrscheinlichkeiten zusammen.  Dieser neue Knoten ist mit  p_{\rm E} + p_{\rm F} = 0.14  beschriftet.
  • Der vom Symbol mit der kleineren Wahrscheinlichkeit  (hier  \rm F)  zum Summenknoten verlaufende Zweig ist blau eingezeichnet, der andere Zweig  (für \rm E)  rot.
  • Nach fünf Schritten ist man bei der Baumwurzel  („Root”)  mit der Gesamtwahrscheinlichkeit  1.00  angelangt. 


Verfolgt man nun den Verlauf von der Wurzel  (in obiger Grafik mit gelber Füllung)  zu den einzelnen Symbolen zurück, so kann man aus den Farben der einzelnen Zweige die Symbolzuordnung ablesen.

Mit den Zuordnungen „rot”   →   1  und „blau”   →   0  ergibt sich beispielsweise von der Wurzel zu Symbol

  • \rm A:   rot, rot   →   11,
  • \rm B:   blau, rot   →   01,
  • \rm C:   blau, blau   →   00,
  • \rm D:   rot, blau, blau   →   100,
  • \rm E:   rot, blau, rot, rot   →   1011,
  • \rm F:   rot, blau, rot, blau   →   1010.


Die  (einheitliche)  Zuordnung „rot”   →   0 und „blau”   →   1 würde ebenfalls zu einem optimalen präfixfreien Huffman–Code führen.

\text{Beispiel 3:}  Die folgende Grafik zeigt die Huffman–Codierung von  49  Symbolen  q_ν ∈ \{ \rm A\rm B\rm C\rm D\rm E\rm F \}  mit der auf der letzten Seite hergeleiteten Zuordnung.

Beispielfolgen bei Huffman–Codierung
  • Die binäre Codesymbolfolge weist die mittlere Codewortlänge  L_{\rm M} = 125/49 = 2.551  auf. 
  • Die verschiedenen Farben dienen ausschließlich zur besseren Orientierung.
  • Aufgrund der kurzen Quellensymbolfolge  (N = 49)  weichen die Auftrittshäufigkeiten  h_{\rm A}, ... ,  h_{\rm F}  der simulierten Folgen (manchmal) signifikant von den gegebenen Wahrscheinlichkeiten  p_{\rm A}, ... ,  p_{\rm F}  ab:
p_{\rm A} = 0.30 \hspace{0.05cm} \Rightarrow \hspace{0.05cm} h_{\rm A} = 16/49 \approx 0.326 \hspace{0.05cm},
p_{\rm B} = 0.24 \hspace{0.05cm} \Rightarrow \hspace{0.05cm} h_{\rm B} = 7/49 \approx 0.143 \hspace{0.05cm},
p_{\rm C} =0.24 \hspace{0.05cm} \Rightarrow \hspace{0.05cm} h_{\rm C}= 9/49 \approx 0.184 \hspace{0.05cm},
p_{\rm D} = 0.12 \hspace{0.05cm} \Rightarrow \hspace{0.05cm} h_{\rm D} = 7/49 \approx 0.143 \hspace{0.05cm},
p_{\rm E}=0.10 \hspace{0.05cm} \Rightarrow \hspace{0.05cm} h_{\rm E} = 5/49 \approx 0.102 \hspace{0.05cm},
p_{\rm F} = 0.04 \hspace{0.05cm} \Rightarrow \hspace{0.05cm} h_{\rm E} = 5/49 \approx 0.102 \hspace{0.05cm}.
  • Damit ergibt sich ein etwas größerer Entropiewert:
H ({\rm bez\ddot{u}glich }\hspace{0.15cm}p_{\mu}) = 2.365 \ {\rm bit/Quellensymbol}\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} H ({\rm bez\ddot{u}glich }\hspace{0.15cm}h_{\mu}) = 2.451 \ {\rm bit/Quellensymbol} \hspace{0.05cm}.
Würde man den Huffman–Code mit diesen „neuen Wahrscheinlichkeiten”  h_{\rm A}, ... , h_{\rm F}  bilden, so ergäben sich folgende Zuordnungen:
     \boldsymbol{\rm A} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}11\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm B} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}100\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm C} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}00\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm D} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}101\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm E} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}010\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm F} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}011\hspace{0.05cm}.
Nun würden nur  \rm A  und  \rm C  mit zwei Bit dargestellt, die anderen vier Symbole durch jeweils drei Bit.
  • Die Codesymbolfolge hätte dann eine Länge von  (16 + 9) · 2 + (7 + 7 + 5 + 5) · 3 = 122  Bit, wäre also um drei Bit kürzer als nach der bisherigen Codierung.
  • Die mittlere Codewortlänge wäre dann  L_{\rm M} = 122/49 ≈ 2.49  bit/Quellensymbol  anstelle von  L_{\rm M}≈ 2.55  bit/Quellensymbol.


Das folgende interaktive Applet  (in zwei Versionen)  verdeutlicht die Vorgehensweise bei zwei Varianten einer Entropiecodierung.


\text{Fazit:}  Dieses Beispiel lässt sich wie folgt interpretieren:

  • Die Huffman–Codierung lebt von der  (genauen)  Kenntnis der Symbolwahrscheinlichkeiten.  Sind diese sowohl dem Sender als auch dem Empfänger bekannt, so ist die mittlere Codewortlänge  L_{\rm M}  oft nur unwesentlich größer als die Quellenentropie  H.
  • Insbesondere bei kleinen Dateien kann es zu Abweichungen zwischen den  (erwarteten)  Symbolwahrscheinlichkeiten  p_μ  und den  (tatsächlichen)  Häufigkeiten  h_μ  kommen.  Besser wäre es hier, für jede Datei einen eigenen Huffman–Code zu generieren, der auf den tatsächlichen Gegebenheiten  (h_μ)  basiert.
  • In diesem Fall muss aber dem Decoder auch der spezifische Huffman–Code mitgeteilt werden.  Dies führt zu einem gewissen Overhead, der nur wieder bei längeren Dateien vernachlässigt werden kann.  Bei kleinen Dateien lohnt sich dieser Aufwand nicht.


Einfluss von Übertragungsfehlern auf die Decodierung


Der Huffman–Code ist aufgrund der Eigenschaft „präfixfrei” verlustlos.

  • Das bedeutet:   Aus der binären Codesymbolfolge lässt sich die Quellensymbolfolge vollständig rekonstruieren.
  • Kommt es aber bei der Übertragung zu einem Fehler  (aus einer  0  wird eine  1  bzw. aus einer  1  eine  0),  so stimmt natürlich auch die Sinkensymbolfolge  〈v_ν〉  nicht mit der Quellensymbolfolge  〈q_ν〉  überein.


Die beiden folgenden Beispiele zeigen, dass ein einziger Übertragungsfehler manchmal eine Vielzahl von Fehlern hinsichtlich des Ursprungstextes zur Folge haben kann.

\text{Beispiel 4:}  Wir betrachten die gleiche Quellensymbolfolge und den gleichen Huffman–Code wie auf der vorherigen Seite.

Zum Einfluss von Übertragungsfehlern bei Huffman–Codierung
  • Die obere Grafik zeigt, dass bei fehlerfreier Übertragung aus der codierten Binärfolge  111011...  wieder die ursprüngliche Quellenfolge  \rm AEBFCC...  rekonstruiert werden kann.
  • Wird aber zum Beispiel das Bit 6 verfälscht  (von  1  auf  0, rote Markierung in der mittlere Grafik), so wird aus dem Quellensymbol  q_2 = \rm E  das Sinkensymbol  v_2 =\rm F.
  • Eine Verfälschung von Bit 13  (von  0  auf  1, rote Markierung in der unteren Grafik)  führt sogar zu einer Verfälschung von vier Quellensymbolen:   \rm CCEC  →  \rm DBBD.


\text{Beispiel 5:}  Eine zweite Nachrichtenquelle mit Symbolumfang  M = 6  sei durch folgende Symbolwahrscheinlichkeiten gekennzeichnet:

p_{\rm A} = 0.50 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm B} = 0.19 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm C} = 0.11 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} p_{\rm D} = 0.09 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm E} = 0.06 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}p_{\rm F} = 0.05 \hspace{0.05cm}.

Hier führt der Huffman–Algorithmus zu folgender Zuordnung:

     \boldsymbol{\rm A} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}0\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm B} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}111\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm C} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}101\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm D} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}100\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm E} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}1101\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \boldsymbol{\rm F} \hspace{0.05cm} \rightarrow \hspace{0.15cm}1100\hspace{0.05cm}.
Zur Fehlerfortpflanzung der Huffman–Codierung


Die Quellensymbolfolge  \rm ADABD...  (siehe Grafik) wird somit durch die Codesymbolfolge  0'100'0'111'100' ...  dargestellt.  Die Hochkommata dienen hierbei lediglich der Orientierung für den Leser.

Bei der Übertragung wird nun das erste Bit verfälscht:  Anstelle von  01000111100...  empfängt man somit  11000111100...

  • Aus den beiden ersten Quellensymbolen  \rm AD  →  0100  wird nach der Decodierung das Sinkensymbol  \rm F  →  1100.
  • Die weiteren Symbole werden dann wieder richtig detektiert, aber nun nicht mehr beginnend bei der Position  ν = 3, sondern bei  ν = 2.


Je nach Anwendung sind die Auswirkungen unterschiedlich:

  • Handelt es sich bei der Quelle um einen natürlichen Text und bei der Sinke um einen Menschen, so bleibt der Großteil des Textes für den Leser verständlich.
  • Ist die Sinke jedoch ein Automat, der sukzessive alle  v_ν  mit den entsprechenden  q_ν  vergleicht, so ergibt sich eine Verfälschungshäufigkeit von deutlich über  50\%.
  • Nur die blauen Symbole der Sinkensymbolfolge  〈v_ν〉  stimmen dann (zufällig) mit den Quellensymbolen  q_ν  überein, während rote Symbole auf Fehler hinweisen.


Anwendung der Huffman–Codierung auf  k–Tupel


Der Huffman–Algorithmus in seiner Grundform liefert dann unbefriedigende Ergebnisse, wenn

  • eine Binärquelle  (M = 2)  vorliegt, zum Beispiel mit dem Symbolvorrat  \{ \rm X\rm Y \},
  • es statistische Bindungen zwischen den Symbolen der Eingangsfolge gibt,
  • die Wahrscheinlichkeit des häufigsten Symbols deutlich größer ist als  50\%.


Abhilfe schafft man in diesen Anwendungsfällen,

  • in dem man mehrere Symbole zusammenfasst, und
  • den Huffman–Algorithmus auf einen neuen Symbolvorrat  \{ \rm A\rm B, \rm C\rm D, ... \}  anwendet.


Bildet man  k–Tupel, so steigt der Symbolumfang von  M  auf  M\hspace{-0.01cm}′ = M^k.

Wir wollen im folgenden Beispiel die Vorgehensweise anhand einer Binärquelle verdeutlichen.  Weitere Beispiele finden Sie in


\text{Beispiel 6:}  Gegeben sei eine gedächtnislose Binärquelle  (M = 2)  mit den Symbolen  \{ \rm X\rm Y \}:

  • Die Symbolwahrscheinlichkeiten seien  p_{\rm X} = 0.8  und  p_{\rm Y} = 0.2.
  • Damit ergibt sich die Quellenentropie zu  H = 0.722  bit/Quellensymbol.
  • Wir betrachten die Symbolfolge  \{\rm XXXYXXXXXXXXYYXXXXXYYXXYXYXXYX\ \text{...} \}  mit nur wenigen  \rm Y–Symbolen an den Positionen 4, 13, 14, ...


Der Huffman–Algorithmus kann auf diese Quelle direkt nicht angewendet werden, das heißt, man benötigt ohne weitere Maßnahme für jedes binäre Quellensymbol auch ein Bit. Aber:

  • Fasst man jeweils zwei binäre Symbole zu einem Zweiertupel  (k = 2)  entsprechend   \rm XX   →   \rm A,   \rm XY   →   \rm B,   \rm YX   →   \rm C,   \rm YY   →   \rm D   zusammen, so kann man „Huffman” auf die resultierende Folge  →   \rm ABAACADAABCBBAC ...  →   mit M\hspace{-0.01cm}′ = 4  →   anwenden. Wegen
p_{\rm A}= 0.8^2 = 0.64 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}p_{\rm B}= 0.8 \cdot 0.2 = 0.16 = p_{\rm C} \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} p_{\rm D}= 0.2^2 = 0.04
erhält man   \rm A   →   1,   \rm B   →   00,   \rm C   →   011,   \rm D   →   010   sowie
L_{\rm M}\hspace{0.03cm}' = 0.64 \cdot 1 + 0.16 \cdot 2 + 0.16 \cdot 3 + 0.04 \cdot 3 =1.56\,{\rm bit/Zweiertupel}
\Rightarrow\hspace{0.3cm}L_{\rm M} = {L_{\rm M}\hspace{0.03cm}'}/{2} = 0.78\ {\rm bit/Quellensymbol}\hspace{0.05cm}.
  • Nun bilden wir Dreiertupel  (k = 3)  →   entsprechend
      \rm XXX   →   \rm A,   \rm XXY   →   \rm B,   \rm XYX   →   \rm C,   \rm XYY   →   \rm D,   \rm YXX   →   \rm E,   \rm YXY   →   \rm F,   \rm YYX   →   \rm G,   \rm YYY   →   \rm H.
Für die oben angegebene Eingangsfolge kommt man zur äquivalenten Folge  \rm AEBAGADBCC ...  (basierend auf dem neuen Symbolumfang M\hspace{-0.01cm}′ = 8) und zu folgenden Wahrscheinlichkeiten:
p_{\rm A}= 0.8^3 = 0.512 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.5cm}p_{\rm B}= p_{\rm C}= p_{\rm E} = 0.8^2 \cdot 0.2 = 0.128\hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} p_{\rm D}= p_{\rm F}= p_{\rm G} = 0.8 \cdot 0.2^2 = 0.032 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.5cm}p_{\rm H}= 0.2^3 = 0.008\hspace{0.05cm}.
Die Huffman–Codierung lautet somit:
      \rm A   →   1,   \rm B   →   011,   \rm C   →   010,   \rm D   →   00011,   \rm E   →   001,   \rm F   →   00010,   \rm G   →   00001,   \rm H   →   00000.
Damit erhält man für die mittlere Codewortlänge:
L_{\rm M}\hspace{0.03cm}' = 0.512 \cdot 1 + 3 \cdot 0.128 \cdot 3 + (3 \cdot 0.032 + 0.008) \cdot 5 =2.184 \,{\rm bit/Dreiertupel}
\Rightarrow\hspace{0.3cm}L_{\rm M} = {L_{\rm M}\hspace{0.03cm}'}/{3} = 0.728\ {\rm bit/Quellensymbol}\hspace{0.05cm}.
In diesem Beispiel wird also bereits mit  k = 3  die Quellenentropie  H = 0.722  bit/Quellensymbol nahezu erreicht.


Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 2.6: Zur Huffman-Codierung

Aufgabe 2.6Z: Nochmals zum Huffman–Code

Aufgabe 2.7: Huffman-Anwendung für binäre Zweiertupel

Aufgabe 2.7Z: Huffman-Codierung für Zweiertupel einer Ternärquelle

Aufgabe 2.8: Huffman-Anwendung bei einer Markovquelle

Aufgabe 2.9: Huffman-Decodierung nach Fehlern