Aufgabe 3.3: Rauschen bei Kanalentzerrung
Wir betrachten zwei unterschiedliche Systemvarianten, die beide NRZ–Rechteck–Sendeimpulse benutzen und durch AWGN–Rauschen beeinträchtigt werden.
- In beiden Fällen wird zur Rauschleistungsbegrenzung ein Gaußtiefpass
- $$H_{\rm G}(f) = {\rm exp}(- \pi \cdot \frac{f^2}{(2f_{\rm G})^2})$$
- mit der normierten Grenzfrequenz $f_{\rm G} \cdot T = 0.35$ verwendet, so dass beide Systeme mit $\ddot{o}(T_{\rm D} = 0) = 0.478 \cdot s_0$ auch die gleiche Augenöffnung aufweisen.
- Die pro Bit aufgewendete Sendeenergie $E_{\rm B} = s_0^2 \cdot T$ ist um den Faktor $10^9$ größer als die Rauschleistungsdichte $N_0$ ⇒ $10\cdot {\rm lg} \, E_{\rm B}/N_0 = 90 \, {\rm dB}$.
Die beiden Systeme unterscheiden sich wie folgt:
- Der Kanalfrequenzgang von System $\rm A$ ist frequenzunabhängig: $H_{\rm K}(f) = \alpha$. Für das Empfangsfilter ist demnach $H_{\rm E}(f) = H_{\rm G}(f)/\alpha$ anzusetzen, so dass für die Detektionsrauschleistung gilt:
- $$\sigma_d^2 = {N_0}/{2} \cdot \int_{-\infty}^{+\infty} |H_{\rm E}(f)|^2 \,{\rm d} f = \frac{N_0 \cdot f_{\rm G}}{\sqrt{2} \cdot \alpha^2} \hspace{0.05cm}.$$
- Dagegen ist für System $\rm B$ ein Koaxialkabel mit der charakteristischen Dämpfung (bei der halben Bitrate) $a_* = 80 \, {\rm dB}$ $($bzw. $9.2 \, {\rm Np})$ vorausgesetzt, so dass für den Betragsfrequenzgang gilt:
- $$|H_{\rm K}(f)| = {\rm e}^{- 9.2 \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}\sqrt{2 f T}}\hspace{0.05cm}.$$
- Somit lautet die Gleichung für die Rauschleistungsdichte vor dem Entscheider $($mit $f_{\rm G} \cdot T = 0.35)$:
- $${\it \Phi}_{d{\rm N}}(f) = {N_0}/{2} \cdot \frac{|H_{\rm G }(f)|^2}{|H_{\rm K}(f)|^2} = {N_0}/{2} \cdot {\rm exp}\left [18.4 \cdot \sqrt{2 f T} - 2\pi \cdot \frac{(f \cdot T)^2}{(2 \cdot 0.35)^2} \right ] \hspace{0.05cm}.$$
Dieser Funktionsverlauf $\rm B$ ist in obiger Grafik rot dargestellt. Die Rauchleistungsdichte für das System $\rm A$ ist blau gezeichnet.
Für das System $\rm B$ wurde messtechnisch die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit
- $$p_{\rm U} = {\rm Q} \left( \sqrt{\rho_{\rm U}} \right) \hspace{0.2cm}{\rm mit} \hspace{0.2cm} \rho_{\rm U} = \frac{[\ddot{o}(T_{\rm D})/2]^2}{ \sigma_d^2}$$
bestimmt. Die Messung ergab $p_{\rm U} = 4 \cdot 10^{\rm -8}$, was dem Störabstand $10 \cdot {\rm lg} \, \rho_{\rm U} = 14.8 \, {\rm dB}$ entspricht.
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel "Berücksichtigung von Kanalverzerrungen und Entzerrung".
- Verwenden Sie zur numerischen Auswertung der Q–Funktion das Interaktionsmodul "Komplementäre Gaußsche Fehlerfunktionen".
Fragebogen
Musterlösung
- $$\sqrt{\rho_{\rm U}} = \frac{\ddot{o}(T_{\rm D})/2}{ \sigma_d}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \sigma_d = \frac{0.478 \cdot s_0/2}{ \sqrt{30.2}} \hspace{0.15cm}\underline { \approx 0.044 \cdot s_0 }\hspace{0.05cm}.$$
(2) Bei gleicher Fehlerwahrscheinlichkeit $p_{\rm U}$ (und damit gleichem $\rho_{\rm U}$) muss $\sigma_d$ genau den gleichen Wert besitzen wie in der Teilaufgabe (1) berechnet, da auch die Augenöffnung gleich bleibt ⇒ $\sigma_d/s_0 \underline{= 0.044}.$
(3) Entsprechend dem Angabenblatt gilt:
- $$\alpha^2 = \frac{N_0 \cdot f_{\rm G}}{\sqrt{2} \cdot \sigma_d^2} = \frac{10^{-9} \cdot s_0^2 \cdot T \cdot f_{\rm G}}{\sqrt{2} \cdot \sigma_d^2} = 10^{-9} \cdot \frac{ f_{\rm G} \cdot T}{\sqrt{2} \cdot (\sigma_d/s_0)^2}\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} \alpha^2 = 10^{-9} \cdot \frac{ 0.35}{\sqrt{2} \cdot 0.044^2} \approx 1.28 \cdot 10^{-7} \hspace{0.05cm}.$$
In ${\rm dB}$ ausgedrückt erhält man somit
- $$20 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm}\alpha = 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm}\alpha^2 = -70\,{\rm dB}\hspace{0.1cm}+\hspace{0.1cm}10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm}1.28\hspace{0.15cm}\underline { = -68.9\,{\rm dB}} \hspace{0.05cm}.$$
(4) Beim System $\rm B$ ist wegen $H_{\rm E}(f = 0) = 1$ der normierte Wert gleich $1$, das heißt, es ist ${\it \Phi}_{d \rm N}(f = 0) = N_0/2$.
Dagegen ist bei System $\rm A$ dieser Wert aufgrund der Komponenten der frequenzunabhängigen Kabeldämpfung $\alpha$ um $1/\alpha^2$ größer:
- $${\rm System}\hspace{0.15cm}{\rm A:}\hspace{0.1cm}\frac{{\it \Phi}_{d{\rm N}}(f = 0)}{N_0/2} = \frac{1}{\alpha^2} \hspace{0.15cm}\underline {\approx 7.8 \cdot 10^{6}} \hspace{0.05cm}, \hspace{1.05cm}{\rm System\hspace{0.15cm}B}: \frac{{\it \Phi}_{d \rm N}(f = 0)}{N_0/2} \, \underline {= 1}.$$
(5) ${\it \Phi}_{d \rm N}(f)$ ist maximal, wenn der Exponent
- $$18.4 \cdot \sqrt{2 f T} - 2\pi \cdot \frac{(f \cdot T)^2}{0.49}$$
den maximalen Wert besitzt. Mit $x = f \cdot T$ gilt somit für die Optimierungsfunktion:
- $$y(x) = 26.022 \cdot \sqrt{x} - 12.823 \cdot x^2 \approx 26 \cdot \sqrt{x} - 13 \cdot x^2 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} \frac{{\rm d}y}{{\rm d}x} = \frac{26} {2\cdot \sqrt{x}} - 13 \cdot 2 \cdot x = 0$$
- $$\Rightarrow \hspace{0.3cm} \frac{1} { \sqrt{x}} = 2 \cdot x \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}\frac{1} { x} = 4 \cdot x^2 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} x^3 = 0.25 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} x \approx 0.63 \hspace{0.05cm}.$$
Damit ergibt sich $f_{\rm max} \cdot T\hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.63}$.
(6) Mit $x_{\rm max} = 0.63$ erhält man den Funktionswert
- $$y(x_{\rm max}) \approx 26 \cdot \sqrt{0.63} - 13 \cdot 0.63^2 \hspace{0.15cm}\underline {\approx 15.477}.$$
Daraus folgt:
- Die Rauschleistungsdichte ist bei der (normierten) Frequenz $f \cdot T \approx 0.63$ um den Faktor $e^{\rm 15.5} \underline{\approx 5.4 \cdot 10^6}$ größer ist als bei der Frequenz $f = 0$.
- Im Rauschanteil $d_{\rm N}(t)$ überwiegen somit periodische Anteile mit der Periodendauer $T_0 \approx 1.6 \cdot T$.
- Die Grafik zeigt eine Simulation und bestätigt dieses Ergebnis.