Aufgabe 1.16: Fehlerwahrscheinlichkeitsschranken für AWGN

Aus LNTwww
Version vom 5. August 2022, 15:40 Uhr von Guenter (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu:Navigation, Suche

Fehlerfunktion  ${\rm Q}(x)$  und Näherungen;
es gilt:  ${\rm Q_u}(x)\le{\rm Q}(x)\le{\rm Q_o}(x)$

Wir gehen von der folgenden Konstellation aus:

  • Ein linearer Blockcode mit Coderate  $R = k/n$  und Distanzspektrum  $\{W_i\}, \ i = 1, \ \text{...} \ , n$,
  • ein AWGN–Kanal,  gekennzeichnet durch  $E_{\rm B}/N_{0}$   ⇒   umrechenbar in die Rauschleistung  $\sigma^2$,
  • ein Empfänger,  basierend auf  "Soft Decision"  sowie dem  "Maximum–Likelihood–Kriterium".


Unter der für die gesamte Aufgabe gültigen Annahme,  dass stets das Nullwort   $\underline{x}_{1} = (0, 0, \text{...} \ , 0)$   gesendet wird,  gilt für die  "paarweise Fehlerwahrscheinlichkeit"  mit einem anderen Codewort  $\underline{x}_{l} (l = 2,\ \text{...} \ , 2^k)$:

$$ {\rm Pr}[\hspace{0.05cm}\underline{x}_{\hspace{0.02cm}1} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm}\underline{x}_{\hspace{0.02cm}l}\hspace{0.05cm}] = {\rm Q}\left ( \sqrt{w_{\rm H}(\underline{x}_{\hspace{0.02cm}l})/\sigma^2} \right ) \hspace{0.05cm}.$$

Die Herleitung dieser Beziehung finden Sie in  "[Liv10]".  In dieser Gleichung werden verwendet:

  • das  "Hamming–Gewicht"  $w_{\rm H}(\underline{x}_{l})$  des Codewortes  $\underline{x}_{l}$,


Damit lassen sich verschiedene Schranken für die Blockfehlerwahrscheinlichkeit angeben:

$$p_1 = \sum_{l = 2}^{2^k}\hspace{0.05cm}{\rm Pr}[\hspace{0.05cm}\underline{x}_{\hspace{0.02cm}1} \hspace{-0.02cm}\mapsto \hspace{-0.02cm}\underline{x}_{\hspace{0.02cm}l}\hspace{0.05cm}] = \sum_{l \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}2}^{2^k}\hspace{0.05cm}{\rm Q}\left ( \sqrt{w_{\rm H}(\underline{x}_{\hspace{0.02cm}l})/\sigma^2} \right ) \hspace{0.05cm},$$
$$p_2 = W_{d_{\rm min}} \cdot {\rm Q}\left ( \sqrt{d_{\rm min}/\sigma^2} \right ) \hspace{0.05cm},$$
$$p_3 = W(\beta) - 1\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} {\rm mit}\hspace{0.15cm} \beta = {\rm e}^{ - 1/(2\sigma^2) } \hspace{0.05cm}.$$
In diesem Fall ist das Distanzspektrum  $\{W_i\}$  durch die Gewichtsfunktion zu ersetzen:
$$\left \{ \hspace{0.05cm} W_i \hspace{0.05cm} \right \} \hspace{0.3cm} \Leftrightarrow \hspace{0.3cm} W(X) = \sum_{i=0 }^{n} W_i \cdot X^{i} = W_0 + W_1 \cdot X + W_2 \cdot X^{2} + ... \hspace{0.05cm} + W_n \cdot X^{n}\hspace{0.05cm}.$$

Beim Übergang von der  "Union Bound"  $p_{1}$  zur ungenaueren Schranke  $p_{3}$  wird unter Anderem

  • Beide Funktionen sind in obigerer Grafik dargestellt (rote bzw. grüne Kurve).


In der  "Aufgabe 1.16Z"  wird der Zusammenhang zwischen diesen Funktionen numerisch ausgewertet und zu den Schranken  ${\rm Q}_{o}(x)$ und ${\rm Q}_{u}(x)$  Bezug genommen,  die in obiger Grafik ebenfalls eingezeichnet sind.



Hinweise:

  • Die oben zitierte Literaturstelle  "[Liv10]"  verweist auf das Vorlesungsmanuskript:
    "Liva, G.:  Channel Coding.  Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, TU München und DLR Oberpfaffenhofen, 2010".



Fragebogen

1

Welche Gleichung gilt für die  "Union Bound"?

$p_{1} = \sum_{l\hspace{0.05cm}=\hspace{0.05cm}2}^{2^k} W_{l} · {\rm Q}\big[(l/\sigma^2)^{0.5}\big],$
$p_{1} = \sum_{i\hspace{0.05cm}=\hspace{0.05cm}1}^{n} W_{i} · {\rm Q}\big[(i/\sigma^2)^{0.5}\big].$

2

Geben Sie die Union Bound für den  $(8, 4, 4)$–Code und verschiedene  $\sigma$  an.

$\sigma = 1.0 \text{:} \hspace{0.4cm} p_{1} \ = \ $

$\ \%$
$\sigma = 0.5 \text{:} \hspace{0.4cm} p_{1} \ = \ $

$\ \%$

3

Was liefert die  "Truncated Union Bound"  bei gleichen Randbedingungen?

$\sigma = 1.0 \text{:} \hspace{0.4cm} p_{2} \ = \ $

$\ \%$
$\sigma = 0.5 \text{:} \hspace{0.4cm} p_{2} \ = \ $

$\ \%$

4

Welche Aussage gilt immer  (für alle Konstellationen)?

Die Blockfehlerwahrscheinlichkeit ist nie größer als  $p_{1}$.
Die Blockfehlerwahrscheinlichkeit ist nie größer als  $p_{2}$.

5

Wie kommt man von  $p_{1}$  zur Bhattacharyya–Schranke  $p_{3}$?  Dadurch, dass man

die Fehlerfunktion  ${\rm Q}(x)$  durch die Funktion  ${\rm Q}_{\rm CR}(x)$  ersetzt,
den Bhattacharyya–Parameter  $\beta = 1/\sigma$  setzt,
statt  $\{W_i\}$  die Gewichtsfunktion  $W(X)$  verwendet.

6

Geben Sie die Bhattacharyya–Schranke für  $\sigma = 1$  und  $\sigma = 0.5$  an.

$\sigma = 1.0 \text{:} \hspace{0.4cm} p_{3} \ = \ $

$\ \%$
$\sigma = 0.5 \text{:} \hspace{0.4cm} p_{3} \ = \ $

$\ \%$


Musterlösung

(1)  Richtig ist die  Antwort 2.

Das Distanzspektrum  $\{W_i\}$  ist definiert für  $i = 0, \ \text{...} \ , \ n$:

  • $W_{1}$  gibt an,  wie oft das Hamming–Gewicht  $w_{\rm H}(\underline{x}_{i}) = 1$  auftritt.
  • $W_{n}$  gibt an,  wie oft das Hamming–Gewicht $w_{\rm H}(\underline{x}_{i}) = n$  auftritt.


Damit lautet die  "Union Bound":

$$p_1 = {\rm Pr(Union \hspace{0.15cm}Bound)}= \sum_{i = 1}^{n}\hspace{0.05cm}W_i \cdot {\rm Q}\left ( \sqrt{i/\sigma^2} \right ) \hspace{0.05cm}.$$


(2)  Das Distanzspektrum des  $(8, 4, 4)$–Codes wurde mit  $W_{0} = 1 , \ W_{4} = 14, \ W_{8} = 1$  angegeben. 

  • Somit erhält man für  $\sigma = 1$:
$$p_1 = W_4 \cdot {\rm Q}\left ( 2 \right ) + W_8 \cdot {\rm Q}\left ( 2 \cdot \sqrt{2} \right ) = 14 \cdot 2.28 \cdot 10^{-2}+ 1 \cdot 0.23 \cdot 10^{-2} \hspace{0.15cm}\underline{\approx 32.15\%}\hspace{0.05cm},$$
  • Und für  $\sigma = 0.5$:
$$p_1 = 14 \cdot {\rm Q}\left ( 4 \right ) + {\rm Q}\left ( 4 \cdot \sqrt{2} \right ) = 14 \cdot 3.17 \cdot 10^{-5}+ 1.1 \cdot 10^{-8} \hspace{0.15cm}\underline{\approx 0.0444 \%}\hspace{0.05cm}.$$


(3)  Mit der Minimaldistanz  $d_{\rm min} = 4$  erhält man:

$$\sigma = 1.0\text{:} \hspace{0.4cm} p_2 \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm} W_4 \cdot {\rm Q}\left ( 2 \right ) \hspace{0.15cm}\underline{= 31.92\%}\hspace{0.05cm},$$
$$\sigma = 0.5\text{:} \hspace{0.4cm} p_2 \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm}W_4 \cdot {\rm Q}\left ( 4 \right ) \approx p_1 \hspace{0.15cm}\underline{ = 0.0444 \%}\hspace{0.05cm}.$$


(4)  Richtig ist der  Lösungsvorschlag 1:

  • Die  "Union Bound"  – hier mit  $p_{1}$  bezeichnet – ist in jedem Fall eine obere Schranke für die Blockfehlerwahrscheinlichkeit.
  • Für die Schranke  $p_{2}$  ("Truncated Union Bound")  trifft das nicht immer zu.
  • Beispielsweise erhält man beim  $(7, 4, 3)$–Hamming–Code   ⇒   $W_{3} = W_{4} = 7, \ W_{7} = 1$  mit der Streuung  $\sigma = 1$:
$$p_2 \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm} 7 \cdot {\rm Q}\left ( \sqrt{3} \right ) = 7 \cdot 4.18 \cdot 10^{-2} \approx 0.293\hspace{0.05cm},$$
$$p_1 \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm} p_2 + 7 \cdot {\rm Q}\left ( \sqrt{4} \right )+ 1 \cdot {\rm Q}\left ( \sqrt{7} \right ) \approx 0.455 \hspace{0.05cm}.$$
  • Die tatsächliche Blockfehlerwahrscheinlichkeit wird wahrscheinlich zwischen  $p_{2} = 29.3\%$  und  $p_{1} = 45.5\%$  liegen (wurde allerdings von uns nicht nachgeprüft).
    Das heißt:   $p_{2}$  ist keine obere Schranke.


(5)  Richtig sind die Lösungsvorschläge 1 und 3,  wie die folgende Rechnung für den  $(8, 4, 4)$–Code zeigt:

  • Es gilt ${\rm Q}(x) ≤ {\rm Q_{CR}}(x) = {\rm e}^{-x^2/2}$.  Damit kann für die Union Bound
$$p_1 = W_4 \cdot {\rm Q}\left ( \sqrt{4/\sigma^2} \right ) +W_8 \cdot {\rm Q}\left ( \sqrt{8/\sigma^2} \right )$$
eine weitere obere Schranke angegeben werden:
$$p_1 \le W_4 \cdot {\rm e}^{ - {4}/(2 \sigma^2) } +W_8 \cdot {\rm e}^{ - {8}/(2 \sigma^2) } \hspace{0.05cm}.$$
  • Mit  $\beta = {\rm e}^{–1/(2\sigma^2)}$  kann hierfür auch geschrieben werden  (das vorgegebene  $\beta = 1/\sigma$  ist also falsch):
$$p_1 \le W_4 \cdot \beta^4 + W_8 \cdot \beta^8 \hspace{0.05cm}.$$
  • Die Gewichtsfunktion des  $(8, 4, 4)$–Codes lautet:
$$W(X) = 1 + W_4 \cdot X^4 + W_8 \cdot X^8 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} W(\beta) - 1 = W_4 \cdot \beta^4 + W_8 \cdot \beta^8\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} p_3 = W(\beta) - 1 \ge p_1\hspace{0.05cm}.$$


(6)  Mit  $\sigma = 1$  lautet der Bhattacharyya–Parameter  $\beta = {\rm e}^{–0.5} = 0.6065$  und man erhält damit für die Bhattacharyya–Schranke:

$$p_3 = 14 \cdot \beta^4 + \beta^8 = 14 \cdot 0.135 + 0.018= 1.913 \hspace{0.15cm}\underline{= 191.3%}\hspace{0.05cm}.$$
  • Berücksichtigt man,  dass  $p_{3}$  (eine Schranke für)  eine Wahrscheinlichkeit angibt,  so ist  $p_{3} = 1.913$  nur eine triviale Schranke.
  • Für  $\sigma = 0.5$  ergibt sich dagegen  $\beta = {\rm e}^{–2} \approx 0.135.$  Dann gilt:
$$p_3 = 14 \cdot \beta^4 + \beta^8 = 14 \cdot 3.35 \cdot 10^{-4} + 1.1 \cdot 10^{-7} \hspace{0.15cm}\underline{= 0.47 \%}\hspace{0.05cm}.$$

Ein Vergleich mit der Teilaufgabe  (2)  zeigt,  dass im vorliegenden Beispiel die Bhattacharyya–Schranke  $p_{3}$  um den Faktor

$$(0.47 · 10^{–2})/(0.044 · 10^{–2}) > 10$$

oberhalb der  "Union Bound"  $p_{1}$  liegt.

  • Der Grund für diese große Abweichung ist die Chernoff–Rubin–Schranke,  die deutlich oberhalb der  ${\rm Q}$–Funktion liegt.
  • In der "Aufgabe 1.16Z"  wird die Abweichung zwischen  ${\rm Q}_{\rm CR}$  und  ${\rm Q}(x)$  auch quantitativ berechnet:
$${{\rm Q_{CR}}( x )}/{{\rm Q}( x )} \approx 2.5 \cdot x \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} {{\rm Q_{CR}}( x = 4 )}/{{\rm Q}( x = 4)} \approx 10 \hspace{0.05cm}.$$