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Harmonische Schwingung

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Version vom 9. Juni 2023, 17:43 Uhr von Guenter (Diskussion | Beiträge)
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Definition und Eigenschaften


Beispiel einer harmonischen Schwingung

Besondere Bedeutung für die Nachrichtentechnik – aber auch in vielen Naturwissenschaften – haben harmonische Schwingungen.  Die Grafik zeigt einen beispielhaften Signalverlauf.

Ihre Bedeutung hängt auch damit zusammen, dass die harmonische Schwingung die Lösung einer in vielen Disziplinen vorkommenden  Differentialgleichung  darstellt, die wie folgt lautet:

x(t)+k¨x(t)=0.

Hierbei kennzeichnen die beiden Punkte die zweite Ableitung der Funktion  x(t)  nach der Zeit.

Definition:  Eine jede  harmonische Schwingung  kann man in allgemeinster Form wie folgt darstellen:

x(t)=Ccos(2πf0tφ).

Hierbei sind folgende Signalparameter verwendet:

  • die  Amplitude  C  – gleichzeitig der Maximalwert des Signals,
  • die  Signalfrequenz  f0   ⇒   der Kehrwert der Periodendauer  T0, und
  • der  Nullphasenwinkel  (oder kurz die Phase)  φ  der Schwingung.


Das Lernvideo  Harmonische Schwingungen  verdeutlicht die Eigenschaften harmonischer Schwingungen anhand von Tonleitern.

Anmerkung zur Nomenklatur: 

  • In diesem Tutorial geht – wie auch in anderer Literatur üblich – bei der Beschreibung von harmonischen Schwingungen, Fourierreihe und Fourierintegral die Phase mit negativem Vorzeichen in die Gleichungen ein, während in Zusammenhang mit allen Modulationsverfahren die Phase stets mit einem Pluszeichen angesetzt wird.
  • Zur Unterscheidung der beiden Varianten benutzen wir in  LNTwww  φ  und  ϕ.  Beide Symbole kennzeichnen das kleine griechische „phi”, wobei die Schreibweise  φ  vorwiegend im deutschen und  ϕ  im anglo–amerikanischen Sprachraum angewandt wird.
  • Die Angaben  φ=90  und  ϕ=90  sind somit äquivalent und stehen beide für die Sinusfunktion:
cos(2πf0t90)=cos(2πf0tφ)=cos(2πf0t+ϕ)=sin(2πf0t).


Zeitsignaldarstellung


Signalparameter einer harmonischen Schwingung

Die Amplitude  C  kann aus nebenstehender Grafik direkt abgelesen werden.  Die Signalfrequenz  f0  ist gleich dem Kehrwert der Periodendauer  T0.  Schreibt man die obige Gleichung in der Form

x(t)=Ccos(2πf0tφ)=Ccos(2πf0(tτ)),

so wird klar, dass der Nullphasenwinkel  φ  und die Verschiebung  τ  gegenüber einem cosinusförmigen Signal wie folgt zusammenhängen:

φ=τT02π.
  • Bei einem  Cosinussignal  sind die Kenngrößen  τ  und  φ  jeweils Null.
  • Demgegenüber ist ein  Sinussignal  um  τ=T0/4  verschoben und entsprechend gilt für den Nullphasenwinkel  φ=π/2  (im Bogenmaß) bzw.  90.


Es ist also festzustellen, dass – wie für die obige Skizze vorausgesetzt – bei einem positiven Wert von  τ  bzw.  φ  das (bezüglich  t=0)  nächstgelegene Signalmaximum später kommt als beim Cosinussignal und bei negativen Werten früher.  Liegt am Systemeingang ein Cosinussignal an und ist das Ausgangssignal demgegenüber um einen Wert  τ  verzögert, so bezeichnet man  τ  auch als die  Laufzeit  des Systems.

Da eine harmonische Schwingung durch lediglich drei Signalparameter eindeutig festliegt, kann der gesamte Zeitverlauf von    bis  +  aus nur drei Signalwerten  x1=x(t1)x2=x(t2)x3=x(t3)  analytisch beschrieben werden, wenn die Zeiten  t1t2  und  t3  geeignet festgelegt wurden.

Harmonische Schwingung,
festgelegt durch nur drei Abtastwerte

Beispiel 1:  Aus den drei Abtastwerten,

x1=x(t1=3.808ms)=+1.609,
x2=x(t2=16.696ms)=0.469,
x3=x(t3=33.84ms)=+1.227

erhält man folgendes Gleichungssystem:

Ccos(2πf0t1φ)=+1.609,
Ccos(2πf0t2φ)=0.469,
Ccos(2πf0t3φ)=+1.227.

Nach Lösen dieses nichtlinearen Gleichungssystem ergeben sich folgende Signalparameter:

  • Signalamplitude  C=2,
  • Periodendauer  T0=8ms   ⇒   Signalfrequenz  f0=125Hz,
  • Verschiebung gegenüber einem Cosinus  τ=3ms   ⇒   Nullphasenwinkel  φ=3π/4=135.


Legt man alle Abtastzeitpunkte  t1t2t3  allerdings in Maxima, Minima und/oder Nullstellen, so gibt es für das nichtlineare Gleichungssystem keine eindeutige Lösung.


Darstellung mit Cosinus- und Sinusanteil


Eine weitere Darstellungsform der harmonischen Schwingung lautet wie folgt:

x(t)=Acos(2πf0t)+Bsin(2πf0t).
  • Die Bezeichnungen  A  und  B  für die Amplituden von Cosinus–  und Sinusanteil sind so gewählt, dass sie mit der Nomenklatur des folgenden Kapitels  Fourierreihe  übereinstimmen.
  • Durch Anwendung trigonometrischer Umformungen erhalten wir aus der Darstellung auf der letzten Seite:
x(t)=Ccos(2πf0tφ)=Ccos(φ)cos(2πf0t)+Csin(φ)sin(2πf0t).
  • Daraus folgt durch Koeffizientenvergleich direkt:
A=Ccos(φ),B=Csin(φ).
  • Der Betrag und der Nullphasenwinkel der harmonischen Schwingung können aus den Parametern  A  und  B  ebenfalls nach einfachen trigonometrischen Überlegungen berechnet werden:
C=A2+B2,φ=arctan(B/A).

Bitte beachten Sie: 

Das Minuszeichen bei der Berechnung des Phasenwinkels  φ  hängt damit zusammen, dass  φ  in das Argument der Cosinusfunktion mit negativem Vorzeichen eingeht.

Würde man statt  „cos(2πf0tφ)”  die Schreibweise  „cos(2πf0t+ϕ)”  verwenden, so wäre  ϕ=arctan(B/A).  Hier noch folgender Hinweis:

  • Bei Fourierreihe und Fourierintegral ist in der Literatur die  φ–Darstellung üblich.
  • Zur Beschreibung der Modulationsverfahren verwendet man dagegen fast immer die  ϕ–Darstellungsform.


Beispiel 2:  Die in der linken Grafik als Zeitverlauf dargestellte Schwingung ist gekennzeichnet durch die Parameter

Harmonische Schwingung, dargestellt in der komplexen Ebene
  • C=0,
  • f0=125Hz,
  • φ=+135   ⇒   ϕ=135 .


Die Schwingung wird durch jede der beiden Gleichungen vollständig beschrieben:

x(t)=2cos(2πf0t135),
x(t)=2cos(2πf0t)+2sin(2πf0t).

Die rechte Skizze verdeutlicht die trigonometrische Umformung:

A=2cos(135)=2,
B=2sin(135)=+2.


Spektraldarstellung eines Cosinussignals


Zur Herleitung der Spektralfunktion beschränken wir uns zunächst auf ein Cosinussignal, das mit der komplexen Exponentialfunktion und dem  Satz von Euler  auch in folgender Weise geschrieben werden kann:

x(t)=Acos(2πf0t)=A/2[ej2πf0t+ej2πf0t].

Bereits aus dieser Darstellung ist ersichtlich, dass das Cosinussignal – spektral gesehen – nur eine einzige (physikalische) Frequenz beinhaltet, nämlich die Frequenz f0.

Beweis:  Zur mathematischen Herleitung der Spektralfunktion benutzen wir folgende Beziehungen:

x(t)=A  X(f)=Aδ(f).
x(t)ej2πf0t  X(ff0).

Daraus ergibt sich die folgende Fourierkorrespondenz:

x(t)=Acos(2πf0t)  X(f)=A/2δ(f+f0)+A/2δ( ff0).

Das bedeutet:

  • Die Spektralfunktion  X(f)  eines Cosinussignals mit der Frequenz  f0  setzt sich aus zwei Diracfunktionen bei  ±f0  zusammen.
  • Die Impulsgewichte sind jeweils gleich der halben Signalamplitude.


Spektrum eines Cosinussignals

Beispiel 3:  Die Grafik zeigt das Spektrum einer Cosinusschwingung

  • mit der Amplitude  A=4V  und
  • der Frequenz  f0=5kHz   ⇒   T_0 = 200 \;{\rm µ s}.


Dann gilt folgender Zusammenhang mit obiger Gleichung:

  • Die Diracfunktion bei  -f_0  gehört zum ersten Term  (ableitbar aus der Bedingung  f + f_0 = 0).
  • Die Diracfunktion bei  +f_0  gehört zum zweiten Term  (ableitbar aus der Bedingung  f - f_0 = 0).
  • Die Impulsgewichte sind jeweils  A/2 = 2 \;{\rm V}.


\text{Bitte beachten Sie:} 

Die Spektralfunktion einer jeden reellen Zeitfunktion mit Ausnahme des Gleichsignals weist sowohl Anteile bei positiven als auch bei negativen Frequenzen auf.

  • Diese Tatsache, die Studienanfängern oft Probleme bereitet, ergibt sich ganz formal aus dem  Satz von Euler .
  • Durch Erweiterung des Frequenzwertebereichs von  f \ge 0  auf die Menge der reellen Zahlen kommt man von der physikalischen zur „mathematischen„ Frequenz.
  • Allerdings ist für eine negative Frequenz die vorne angegebene  Definition  nicht mehr anwendbar:  
        Man kann „–5 kHz” nicht als „minus 5000 Schwingungen pro Sekunde” interpretieren.


Im Verlauf dieses Kurses werden Sie feststellen, dass durch die Verkomplizierung dieses einfachen Sachverhaltes später kompliziertere Sachverhalte sehr elegant und einfach beschrieben werden können.


Allgemeine Spektraldarstellung


Für ein sinusförmiges Signal gilt mit dem Satz von  Euler  in ähnlicher Weise:

x(t)=B\cdot \sin(2 \pi f_0 t)= \frac{\it B}{2 \rm j} \cdot \big [{\rm e}^{+{\rm j} 2 \pi \it f_{\rm 0} t}-{\rm e}^{-\rm j2 \pi \it f_{\rm 0} t}\big ]=\rm j\cdot {\it B}/{2} \cdot \big [{\rm e}^{-j2 \pi \it f_{\rm 0} t}-{\rm e}^{+\rm j2 \pi \it f_{\rm 0} t} \big ] .

Daraus folgt für die Spektralfunktion, die jetzt rein imaginär ist:

x(t)=B\cdot \sin(2\pi f_0 t)\;\ \circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet\; \ X(f)={\rm j} \cdot \big [ {B}/{2} \cdot \delta (f+f_0)- {B}/{2} \cdot \delta (f-f_0) \big ].
Spektrum eines Sinussignals

\text{Beispiel 4:}  Das Bild zeigt die rein imaginäre Spektralfunktion einer Sinusschwingung  x(t)  mit

  • Amplitude  B = 3 \;{\rm V},
  • Frequenz  f_0 = 5\;{\rm kHz},
  • Phase  \varphi=90^{\circ}   ⇒   \phi = -90^{\circ}.


\text{Bitte beachten Sie}:

  • Bei der positiven Frequenz  (f = +f_0)  ist der Imaginärteil negativ.
  • Bei der negativen Frequenz  (f = -f_0)  ergibt sich ein positiver Imaginärteil.


Bei Überlagerung von Cosinus– und Sinusanteil entsprechend der Beziehung

x(t)=A \cdot \cos(2\pi f_0 t) +B \cdot \sin(2 \pi f_0 t)

überlagern sich auch die einzelnen Spektralfunktionen und man erhält:

X(f)=\frac{A+{\rm j} \cdot B}{2}\cdot {\rm \delta} (f+f_0)+\frac{A-{\rm j} \cdot B}{2} \cdot \delta (f-f_0).

Mit dem Betrag  C  und der Phase  \varphi  lautet diese Fourierkorrespondenz:

x(t)=C\cdot \cos(2\pi f_0 t-\varphi)\ \, \circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet\,\ X(f)={C}/{2}\cdot {\rm e}^{{\rm j} \varphi} \cdot \delta(f+f_0) + {C}/{2} \cdot {\rm e}^{\rm{-j} \varphi} \cdot \delta (f-f_0).

\text{Man erkennt:}  Die Spektralfunktion  X(f)

  • ist nicht nur für positive und negative Frequenzen definiert,
  • sondern im Allgemeinen auch noch komplexwertig.


Spektrum der Schwingung mit  \varphi=30^{\circ}

\text{Beispiel 5:}  Mit den Parametern  C = 5 \;{\rm V}f_0 = 5\;{\rm kHz}  und  \varphi=30^{\circ}  (im Bogenmaß \pi/6)  ergibt sich wegen

2.5 · \cos(30^{\circ}) = 2.165, \hspace{0.3cm} 2.5 · \sin(30^{\circ}) = 1.25

der Real- bzw. der Imaginärteil von X(f) gemäß der Grafik:

{\rm Re}\big[X(f)\big]=2.165\,{\rm V} \cdot \delta(f+f_0) + 2.165\,{\rm V} \cdot \delta (f-f_0).
{\rm Im}\big[X(f)\big]=1.25\,{\rm V} \cdot \delta(f+f_0) -1.25\,{\rm V} \cdot \delta (f-f_0).


Das Lernvideo  Harmonische Schwingungen  verdeutlicht die Eigenschaften harmonischer Schwingungen anhand der so genannten Tonleiter.


Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 2.3: Cosinus- und Sinusanteil

Aufgabe 2.3: Schwingungsparameter