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Eigenschaften von Kupfer–Doppeladern

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Version vom 27. November 2023, 18:15 Uhr von Guenter (Diskussion | Beiträge)
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Zugangsnetz eines Telekommunikationssystems


Teilnehmeranschlussbereich bei ISDN

Bei einem Telekommunikationssystem unterscheidet man zwischen

  • dem Fern– und Regionalnetz sowie
  • dem Teilnehmeranschlussbereich,


die durch die Ortsvermittlungsstelle voneinander getrennt sind.  Die Grafik zeigt die Netzinfrastruktur bei  ISDN  ("Integrated Services Digital Network").

Ursprünglich basierte das gesamte Fernsprechnetz auf Kupferleitungen.  Mitte der 1980–Jahre wurden aber im Weitverkehr die (vorwiegend koaxialen) Kupferkabel durch Glasfaser ersetzt, da der stetig wachsende Bandbreitenbedarf nur mit optischer Übertragungstechnik befriedigt werden konnte.

  • Glasfasern im Teilnehmeranschlußbereich sind wegen der immens hohen Verlegekosten bis heute (2009) nicht wirtschaftlich, allerdings gibt es schon lange Planungen zu  "Fiber–to–the–Building"  (FttB)  und  "Fiber–to–the–Home"  (FttH) .
  • Vielmehr ist man in den letzten zwanzig Jahren den Weg gegangen, durch die Entwicklung und die Verbesserung hochratiger Übertragungssysteme wie  DSL  ("Digital Subscriber Line")  über das konventionelle, auf Kupferleitungen basierende Zugangsnetz ausreichend Kapazität bereitzustellen.


Beispiel 1:  In Deutschland ist diese so genannte „Last Mile”   (⇒   der Teilnehmeranschlußbereich)  im Landesdurchschnitt kürzer als vier Kilometer, in städtischen Gebieten zu  90%  sogar kürzer als  2.8 km.  Der Teilnehmeranschlußbereich setzt sich meist wie folgt zusammen:

Bündelung und Verdrillung von Kupferadern
  • das  "Hauptkabel"  mit bis zu  2000  Doppeladern als Verbindung zwischen Ortsvermittlungsstelle und dem Kabelverzweiger,
  • das  "Verzweigungskabel"  zwischen Kabel– und Endverzweiger, mit bis zu  300  Doppeladern und deutlich kürzer als ein Hauptkabel  (maximal  500 m),
  • das  "Hausanschlußkabel"  zwischen Endverzweiger und der Netzabschlußdose beim Teilnehmer mit zwei Doppeladern.


Zur Verminderung des Nebensprechens auf benachbarte Leitungspaare durch induktive und kapazitive Kopplungen und zur Erhöhung der Packungsdichte werden jeweils zwei Doppeladern zu einem so genannten  „Sternvierer”  verseilt.  Die untere Grafik zeigt einen solchen Sternvierer und ein Bündelkabel.

  • Hier werden je fünf solcher Vierer zu einem Grundbündel und je fünf Grundbündel zu einem Hauptbündel zusammengefasst.
  • Dieses beinhaltet somit  50  Doppeladern mit PE–Isolierung  (PE:   Polyethylen).


Dämpfungsmaß von Zweidrahtleitungen


Das Dämpfungsmaß  α(f)  und der Wellenwiderstand  Z_{\rm W}(f)  von Doppeladern in realen verlegten Kabeln weichen mehr oder weniger stark von der im Kapitel  Einige Ergebnisse der Leitungstheorie  dargelegten Theorie ab. Gründe hierfür sind:

Dämpfungsmaß von Zweidrahtleitungen unterschiedlicher Durchmesser
  • Nichtberücksichtigung komplexer Vorgänge der Wirbelstrombildung und der Stromverdrängung,  und
  • Inhomogenitäten im Kabelaufbau bei gespleißten Kabelabschnitten.


Verschiedene Netzbetreiber haben  α(f)  und  Z_{\rm W}(f)  gemessen und daraus empirische Gleichungen abgeleitet.  Wir beziehen uns hier auf die in  [PW95][1]  dokumentierten Arbeiten von M. Pollakowski und H.W. Wellhausen vom Fernmeldetechnischen Zentralamt der Deutschen Bundespost in Darmstadt.

Diese ermittelten für unterschiedliche Leitungsdurchmesser  d  unter anderem das empirische Dämpfungsmaß aus jeweils vierzig Messungen im Frequenzbereich bis  \text{30 MHz}  entsprechend der Gleichung

\alpha (f) = k_1 + k_2 \cdot (f/{\rm MHz})^{k_3} \hspace{0.05cm}.

Die Grafik zeigt die Messergebnisse:

  • d = 0.35 \ {\rm mm}:   k_1 = 7.9 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_2 = 15.1 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_3 = 0.62,
  • d = 0.40 \ {\rm mm}:   k_1 = 5.1 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_2 = 14.3 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_3 = 0.59,
  • d = 0.50 \ {\rm mm}:   k_1 = 4.4 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_2 = 10.8 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_3 = 0.60,
  • d = 0.60 \ {\rm mm}:   k_1 = 3.8 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_2 = \hspace{0.25cm}9.2 \ {\rm dB/km}, \hspace{0.2cm}k_3 = 0.61.


Man erkennt aus dieser Darstellung:

  • Dämpfungsmaß  α(f)  und Dämpfungsfunktion  a_{\rm K}(f) = α(f) · l  hängen signifikant vom Leitungsdurchmesser ab. Die seit 1994 verlegten Kabel mit  d = 0.35 \ \rm (mm)  und  d = 0.5  haben etwa ein um  10\%  größeres Dämpfungsmaß als die älteren Leitungen mit  d = 0.4  und  d= 0.6.
  • Dieser mit den Herstellungs– und Verlegungskosten begründete kleinere Durchmesser vermindert allerdings die Reichweite  l_{\rm max}  der auf diesen Leitungen eingesetzten Übertragungssysteme signifikant, so dass im schlimmsten Fall teuere Zwischenregeneratoren eingesetzt werden müssen.
  • Die heute üblichen Übertragungsverfahren für Kupferleitungen belegen allerdings nur ein relativ schmales Frequenzband, zum Beispiel sind dies bei  \rm ISDN  ("Integrated Services Digital Network")   120\ \rm kHz  und bei  \rm DSL  ("Digital Subscriber Line")  etwa  1100 \ \rm kHz.  Für  f = 1 \ \rm MHz  beträgt das Dämpfungsmaß für ein 0.4 mm–Kabel etwa  20 \ \rm dB/km, so dass selbst bei einer Kabellänge von  l = 4 \ \rm km  der Dämpfungswert nicht über  80 \ \rm dB  liegt.
  • Eine Ausnahme bildet  \rm VDSL  ("Very High Data Rate Digital Subscriber Line"), das zum Beispiel die Deutsche Telekom in größeren Städten anbietet.  Hier geht der Frequenzbereich bis  30 \ \rm MHz. Deshalb wurden hierfür Glasfaserverbindungen bis zum Kabelverzweiger verlegt, um die noch mit Kupfer zu überbrückende Länge klein zu halten.  Man spricht von "Fibre–to–the–Cabinet"  \rm (FttC).

Umrechnung zwischen k– und \alpha–Parametern

Zur Berechnung des Frequenzgangs  H_{\rm K}(f)  sollte man stets vom gemessenen Dämpfungsmaß

\alpha (f) = k_1 + k_2 \cdot (f/f_0)^{k_3}= \alpha_{\rm I} (f) \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm mit} \hspace{0.15cm} f_0 = 1\,{\rm MHz}

ausgehen.  Will man dagegen die dazugehörige Zeitfunktion in Form der Impulsantwort  h_{\rm K}(t)  ermitteln,  so ist es günstiger, wie im  übernächsten Abschnitt  gezeigt,  wenn das Dämpfungsmaß in der Form dargestellt werden kann,  wie es auch für Koaxialkabel üblich ist:

\alpha(f) = \alpha_0 + \alpha_1 \cdot f + \alpha_2 \cdot \sqrt {f}= \alpha_{\rm II} (f).

Als Kriterium dieser Umrechnung benutzen wir,  dass die quadratische Abweichung zwischen beiden Funktionen im Bereich von  f = 0  bis  f = B  minimal ist:

\int_{0}^{B} \left [ \alpha_{\rm I} (f) - \alpha_{\rm II} (f)\right ]^2 \hspace{0.1cm}{\rm d}f \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}{\rm Minimum} \hspace{0.05cm} .

Es ist offensichtlich,  dass  α_0 = k_1  gelten wird.  Die Parameter  α_1  und  α_2  sind von der gewünschten Bandbreite B abhängig.  Sie lauten entsprechend der  Aufgabe 4.6:

\begin{align*}\alpha_1 & = 15 \cdot (B/f_0)^{k_3 -1}\cdot \frac{k_3 -0.5}{(k_3 + 1.5)(k_3 + 2)}\cdot \frac {k_2}{ {f_0} }\hspace{0.05cm} ,\\ \alpha_2 & = 10 \cdot (B/f_0)^{k_3 -0.5}\cdot \frac{1-k_3}{(k_3 + 1.5)(k_3 + 2)}\cdot \frac {k_2}{\sqrt{f_0} }\hspace{0.05cm} .\end{align*}
  • Für  k_3 = 1  (frequenzproportionales Dämpfungsmaß)  ergeben sich folgerichtig die  \alpha–Parameter zu
\alpha_1 = {k_2}/{ {f_0} }\hspace{0.05cm} ,\hspace{0.2cm} \alpha_2 = 0\hspace{0.05cm} ,
  • während man für  k_3 = 0.5  die folgenden Koeffizienten erhält:
\alpha_1 = 0\hspace{0.05cm} ,\hspace{0.2cm} \alpha_2 = {k_2}/{\sqrt{f_0}}\hspace{0.05cm}.
In diesem Fall steigt das Dämpfungsmaß  α(f)  mit der Wurzel aus der Frequenz an.  Es ergibt sich also der gleiche Verlauf wie bei einem Koaxialkabel,  bei dem ja bekanntlich der Skineffekt dominiert.


Nachfolgend wird an drei Beispielen verdeutlicht, wie die zugrundeliegende Bandbreite  B  die Ergebnisse dieser Umrechnung beeinflussen.

\text{Beispiel 2:}  Bei den folgenden Grafiken gehen wir stets von der Leitungslänge  l = 1 \ \rm km  und vom Durchmesser  d = 0.4 \ \rm mm  aus,  so dass gilt:

k_1 = 5.1 \ \rm dB/km, \ k_2 = 14.3 \ \rm dB/km, \ k_3 = \ 0.59.

Für diesen Fall zeigt die folgende Grafik

  • die mit  α_0, \ α_1  und  α_2  approximierte Dämpfung (blaue Kurve)
  • im Vergleich zum tatsächlichen Verlauf gemäß  k_1, \ k_2, \ k_3  (rote Kurve).


Die drei Diagramme gelten für die Bandbreiten  B = 10 \ \rm MHz,  B = 20 \ \rm MHz  und  B = \ \rm 30 \ MHz.

  • Die ermittelten Koeffizienten  α_1  und  α_2  sind angegeben.
  • Stets gilt  α_0 = k_1 = 5.1 \ \rm dB/km.


Approximation der  k–  durch  \alpha–Parameter

Man erkennt aus diesen Darstellungen:

  • Selbst beim größten Approximationsbereich  (B = 30 \ \rm MHz)  nähert die blaue Kurve  (mit  α_0,\ α_1,\ α_2)  den gemessenen Verlauf  (rote Kurve, beschrieben durch  k_1, \ k_2, \ k_3)  sehr gut an.
  • Bei kleinerer Bandbreite  (B = 20 \ \rm MHz  bzw.  B = 10 \ \rm MHz)  ist die Approximation im Bereich  0≤ f ≤ B  noch besser,  doch kommt es dann für  f > B  zu Verfälschungen.
  • Der Dämpfungswert  a_{\rm K}(f = 30 \ \rm MHz) ≈ 112.2 \ \rm dB  setzt sich bei der betrachteten Zweidrahtleitung folgendermaßen zusammen:  4.5\%  geht auf den Koeffizienten  α_0  (Ohmsche Verluste)  zurück,  23.5\%  auf den  f–proportioanlen Anteil  α_1  und  72\%  auf den Koeffizienten  α_2.
  • Das Normalkoaxialkabel  \text{2.6/9.5 mm}  weist im Vergleich dazu erst bei einer Länge von  l = 8.7 \ \rm km  eine vergleichbare Dämpfung  (≈ 112 \ \rm dB)  auf, wobei der Großteil der Dämpfung  (98.9\%) vom Skineffekt  (α_2)  herrührt.


In der Gegenrichtung  (α_1, \ α_2 ⇒ k_2, \ k_3)  lautet die Umrechnungsvorschrift für den Exponenten:

k_3 = \frac{H + 0.5} {H +1}, \hspace{0.8cm}\text{Hilfsgröße: }H = \frac{2} {3} \cdot \frac{\alpha_1 \cdot \sqrt{f_0}}{\alpha_2} \cdot \sqrt{B/f_0}.

Mit diesem Ergebnis lässt sich  k_2  mit jeder der beiden oben angegebenen Gleichungen berechnen.


Impulsantwort einer Zweidrahtleitung


Mit dieser Koeffizientenumrechnung  (k_1, \ k_2, \ k_3) \ \ ⇒ \ \ (α_0, \ α_1, \ α_2)  kann nun für den gesamten Frequenzgang einer Zweidrahtleitung geschrieben werden:

H_{\rm K}(f) = H_{\alpha 0}(f) \cdot H_{\alpha 1}(f) \cdot H_{\beta 1}(f)\cdot H_{\alpha 2}(f) \cdot H_{\beta 2}(f) \hspace{0.05cm}.

Hierbei sind folgende Abkürzungen verwendet:

\begin{align*} H_{\alpha 0}(f) & = {\rm e}^{-\alpha_0 \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} l}= {\rm e}^{-{\rm a}_0}\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} {\rm a}_0= \alpha_0\hspace{0.15cm}{\rm (in \hspace{0.15cm}Np) }\cdot l,\\ H_{\alpha 1}(f) & = {\rm e}^{-\alpha_1 \cdot f \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}l}= {\rm e}^{-{\rm a}_1 \cdot 2f/R}\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} {\rm a}_1 = \alpha_1\hspace{0.15cm}{\rm (in \hspace{0.15cm}Np) }\cdot l \cdot {R}/{2} \hspace{0.05cm}, \\ H_{\beta 1}(f) & = {\rm e}^{-{\rm j} \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \beta_1 \cdot f \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}l} = {\rm e}^{-{\rm j} \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} 2 \pi \cdot f \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}\tau_{\rm P}} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} \tau_{\rm P} = {\beta_1\hspace{0.15cm}{\rm (in \hspace{0.15cm}rad) }\cdot l }/({2 \pi}) \hspace{0.05cm}, \\ H_{\alpha 2}(f) & = {\rm e}^{-\alpha_2 \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}\sqrt{f} \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}l}= {\rm e}^{-{\rm a}_2 \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}\sqrt{2f/R}}\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} {\rm a}_2 = \alpha_2\hspace{0.15cm}{\rm (in \hspace{0.15cm}Np) }\cdot l \cdot \sqrt{R/2} \hspace{0.05cm}, \\ H_{\beta 2}(f) & = {\rm e}^{-{\rm j} \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}\beta_2 \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}\sqrt{f} \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}l}= {\rm e}^{-{\rm j} \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} b_2 \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}\sqrt{2f/R}}\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} b_2 = \beta_2\hspace{0.15cm}{\rm (in \hspace{0.15cm}rad) }\cdot l \cdot \sqrt{R/2} \hspace{0.05cm} \end{align*}

Auf die Bedeutung der hier implizit definierten Größen wird etwas später eingegangen.

Wir gehen hier zunächst ganz formal vor.  Nach dem  Faltungssatz  gilt für die resultierende Impulsantwort als die  Fourierrücktransformierte  von  H_{\rm K}(f):

h_{\rm K}(t) = h_{\alpha 0}(t) \star h_{\alpha 1}(t) \star h_{\beta 1}(t)\star h_{\alpha 2}(t) \star h_{\beta 2}(t) \hspace{0.05cm},
h_{\alpha 0}(t) \quad \circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet\quad H_{\alpha 0}(f) \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} h_{\alpha 1}(t) \circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet\quad H_{\alpha 1}(f) \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} {\rm usw.}

Diese fünf Anteile sollen nun separat betrachtet werden,  wobei sich die numerischen Ergebnisse auf

  • ein digitales Übertragungssystem mit der Bitrate  R = 30 \ \rm Mbit/s  und
  • eine Zweidrahtleitung mit den Abmessungen  d = 0.4 \ \rm mm  und  l = 1 \ \rm km 


beziehen. Damit lauten die  α–Koeffizienten in Neper  (Np):

\alpha_0 = 0.59\, \frac{ {\rm Np} }{ {\rm km} } \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \alpha_1 = 0.10\, \frac{ {\rm Np} }{ {\rm km \cdot MHz} }\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \alpha_2 = 1.69\, \frac{ {\rm Np} }{ {\rm km \cdot \sqrt{MHz} } } \hspace{0.05cm}.

Das Phasenmaß dieser Leitung ist ebenfalls in  [PW95][1]  angegeben:

b_{\rm K}(f) = \beta_1 \cdot f + \beta_2 \cdot \sqrt {f}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \beta_1 = 32.9\, \frac{ {\rm rad} }{ {\rm km \cdot MHz} }\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \beta_2 = 2.26\, \frac{ {\rm rad} }{ {\rm km \cdot \sqrt{MHz} } }\hspace{0.05cm}.

Als Normierungsgröße der Zeit eignet sich die Symboldauer  T = 1/R ≈ 33 \ \rm ns.

Interpretation und Manipulation der einzelnen Impulsantworten


Nun sollen die fünf Impulsantwort–Anteile  h_{α0}(t), \ h_{α1}(t), \ h_{α2}(t), \ h_{β1}(t)  und  h_{β2}(t)  interpretiert werden:

(1)   Der von den Ohmschen Verlusten herrührende erste Term (frequenzunabhängige Dämpfung) führt zu einer Diracfunktion mit dem Gewicht  K,  sodass die Faltung mit  h_{α0}(t)  durch die Multiplikation mit  K = {\rm e}^{–0.59} ≈ 0.55  ersetzt werden kann:

h_{\alpha 0}(t) = K \cdot \delta(t) \hspace{0.25cm}{\rm mit}\hspace{0.25cm} K = {\rm e}^{-{\rm a}_0}\hspace{0.45cm}\Rightarrow\hspace{0.45cm} h_{\rm K}(t) = h_{\alpha 0}(t) \star h_{\rm Rest}(t) = K \cdot h_{\rm Rest}(t)\hspace{0.05cm}.

(2)   H_{α1}(f)  ist eine reelle und gerade Funktion der Frequenz, so dass auch die Fourierrücktransformierte reell und symmetrisch um  t =0  ist:

H_{\alpha 1}(f) = {\rm e}^{-2\cdot{\rm a}_1 \cdot |f/R|} \quad \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\quad h_{\alpha 1}(t)= \frac{1}{T} \cdot \frac{{\rm a}_1}{{\rm a}_1^2 + \pi \cdot (t/T)^2}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} {\rm a}_1 \hspace{0.15cm}{\rm in \hspace{0.15cm}Np } \hspace{0.05cm}.
Mit den beispielhaften Zahlenwerten  α_1 = 0.1 \ \rm Np/(km · MHz),   l = 1 \ \rm km,   R = 30 \ \rm MHz   ⇒   {\rm a}_1 = 1.5 \ \rm (Np)  ergibt sich für das Maximum dieses Anteils:
h_{α1}(t = 0) = 1/{\rm a}_1 = 2/3 · 1/T.

(3)   Wie bei den Koaxialkabelsystemen führt  H_{β1}(f)  zu keiner Signalverzerrung, sondern nur zu einer Zeitverzögerung um die  Phasenlaufzeit:

τ_{\rm P} ≈ 5.24 \ \rm µs \hspace{0.2cm} ⇒ \hspace{0.2cm} τ_{\rm P}/T ≈ 157.

(4)   Wenden wir uns noch der gemeinsamen Betrachtung der Anteile  H_{α2}(f)  und  H_{β2}(f)  zu,  die im Zeitbereich durch die Teilimpulsantwort  h_2(t)  beschrieben wird:

H_{\alpha 2}(f) \cdot H_{\beta 2}(f) \quad \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\quad h_{2}(t) \hspace{0.05cm}.

(5)   Um die Ergebnisse des Kapitels  Eigenschaften von Koaxialkabeln  anwenden zu können,  ersetzen wir  β_2  durch  α_2 · \rm rad/Np  und  b_2  durch  {\rm a}_2 · \text{rad/Np},  so dass  {\rm a}_2  und  b_2  den gleichen Zahlenwert besitzen. Beispielhaft ersetzt man hier:

b_2 = 8.75\, {\rm rad}\hspace{0.2cm} \Rightarrow \hspace{0.2cm} b_2 = 6.55 \,{\rm rad}\hspace{0.05cm}.
Man reduziert somit die Konstante  β_2 = 2.26 \ \rm rad/(km · \sqrt{MHz})  auf  β_2 = 1.69 \ \rm rad/(km · \sqrt{MHz}) .

(6)   Bevor wir den Leser unnötig zu Überlegungen verleiten,  ob diese Näherung tatsächlich zulässig ist oder nicht, geben wir gleich freiwillig zu,  dass diese Annahme die Schwachstelle unserer Überlegungen ist.  Eine Diskussion dieser Fehlannahme folgt im  nächsten Abschnitt.

(7)   Nachdem nun  {\rm a}_2  und  b_2  die gleichen Zahlenwerte aufweisen,  kann weiter die im Abschnitt  Eigenschaften von Koaxialkabeln  angegebene Gleichung verwendet werden,  wobei  \rm a_∗  durch  \rm a_2  zu ersetzen ist:

h_{\rm 2}(t ) = \frac {1/T \cdot {\rm a_2}}{\pi \cdot \sqrt{2 \cdot(t/T)^3}}\cdot {\rm e}^{ - {{\rm a_2}^2}/( {2\pi \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} t/T})} \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} {\rm a}_2\hspace{0.15cm}{\rm in \hspace{0.15cm}Np} \hspace{0.05cm}.

(8)   Die gesamte Impulsantwort ohne Berücksichtigung der Phasenlaufzeit ergibt sich damit zu

h_{\rm K}(t + \tau_{\rm P}) = K \cdot h_{\alpha 1}(t) \star h_{2}(t)\hspace{0.05cm}.

Durch Verschiebung um  τ_{\rm P}  nach rechts ergibt sich die gesuchte Funktion  h_{\rm K}(t).  Im folgenden Beispiel wird diese Vorgehensweise durch Grafiken verdeutlicht.

\text{Beispiel 3:}  Für die folgenden Grafiken wird weiterhin eine Zweidrahtleitung mit den Abmessungen  d = 0.4 \ \rm mm  und  l = 1 \ \rm km  vorausgesetzt.  Beachten Sie bitte die unterschiedlichen Ordinatenskalierungen der drei Diagramme in der Grafik.

  • Die Bitrate beträgt  R = 30 \ \rm Mbit/s   ⇒   Symboldauer  T ≈ 33\ \rm ns.
  • Wir gehen von den im gelben Kasten angegebenen Größen aus, die auf der letzten Seite berechnet wurden.
  • Der  b_2–Wert wird dazu von  8.75 \ \rm rad  auf  6.55 \ \rm rad  verändert und damit an den  {\rm a}_2–Wert angepasst.
  • Die Auswirkungen dieser Maßnahme werden auf der nächsten Seite interpretiert.
Zur Berechnung der Impulsantwort einer Zweidrahtleitung


Oben rechts ist  h_1(t) = h_{\rm α1}(t + τ_{\rm P})  dargestellt.  Dieser Anteil geht auf die Anteile  α_1  und  β_1  zurück.  h_1(t)  ist eine bezüglich der Phasenlaufzeit  τ_{\rm P}  symmetrische Funktion mit Maximalwert  (1.5T)^{–1},  wobei der  1/(1 + t^2)–Abfall bei   \pm 5T  (rechts und links von  τ_{\rm P}) schnell abgeklungen ist.

Das linke untere Diagramm zeigt den Signalanteil  h_2(t),  der auf die beiden Koeffizienten  α_2  und  β_2  zurückgeht.  h_2(t)  ist identisch mit der  Koaxialkabel–Impulsantwort  (ohne Berücksichtigung der Laufzeit),  wenn die charakteristische Kabeldämpfung  6.55 \ \rm Np  bzw.  56.9 \ \rm dB  beträgt.

Die rote Kurve stellt das Faltungsprodukt  h_1(t) ∗ h_2(t)  dar.  Man erkennt, dass die Kurvenform im wesentlichen durch  h_2(t)  festliegt.  Die Faltung mit  h_1(t)  führt aber neben einem Amplitudenverlust um ca.  10\%  auch zu einer (leichten) Verfälschung der Signalform.

Die resultierende Impulsantwort der  \text{0.4mm}–Zweidrahtleitung ist im unteren rechten Diagramm als blaue Kurve dargestellt.  Der Unterschied zum rot gezeichneten Faltungsprodukt  h_1(t) ∗ h_2(t)  ergibt sich durch den Einfluss der Gleichsignaldämpfung (Koeffizient  α_0).


Die vorgestellte Methode können Sie sich für beliebige Kenngrößen (Durchmesser, Länge, Bitrate) mit dem SWF–Applet  Zeitverhalten von Kupferkabeln  verdeutlichen.


Diskussion der gefundenen Näherungslösung


\text{Beispiel 4:}  Die folgende Grafik zeigt die (normierten) Impulsantworten  T · h_{\rm K}(t)  für zwei beispielhafte Kupferkabel, nämlich

Impulsantwortnäherungen von Normalkoaxialkabeln (oben) und  \text{0.4 mm}  Zweidrahtleitung (unten)
  • für das  \text{Normalkoaxialkabel 2.6/9.5 mm}  bei  \text{10.1 km}  Länge (oben), wobei gilt:
a_0 = 0.016\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} a_1 = 0.020\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} a_2 = 6.177\,{\rm Np}\hspace{0.05cm},
\tau_{ {\rm P} }/T = 350\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} b_2 = 6.177\,{\rm rad}\hspace{0.05cm};
  • für die \text{0.4 mm Zweidrahtleitung} mit der Länge \text{1.8 km} (unten) mit den Kenngrößen
a_0 = 1.057\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} a_1 = 0.147\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} a_2 = 6.177\,{\rm Np}\hspace{0.05cm},
\tau_{ {\rm P} }/T = 94\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} b_2 = 8.260\,{\rm rad}\hspace{0.05cm}.

Diese Werte gelten für die Bitrate  R = 10 \ \rm Mbit/s   ⇒   Zeitnormierung  T = 0.1 \ \rm µ s.

  • Die beiden Kabellängen wurden so gewählt, dass sich genau gleiche  a_2–Parameter ergeben.
  • Für die Zweidrahtleitung wurde der Phasenwert  b_2 ⇒ b_2\hspace{0.01cm}'  so angepasst, dass sich wie beim Koaxialkabel für  b_2\hspace{0.05cm}' = 6.177 \ \rm rad  und  a_2 = 6.177 \ \rm Np \ (≈ 53 \ dB)  gleiche Zahlenwerte ergeben.


Die blauen Kurven zeigen die Näherungen bei Vernachlässigung der  a_0–,  a_1– und  b_1–Terme.  Aufgrund der Phasenanpassung  b_2 ⇒ b_2\hspace{0.01cm}'  bei der Zweidrahtleitung ergeben sich gleiche Kurvenverläufe.  Das Maximum von ca.  3.8\%  liegt bei etwa  t/T = 4  (unterschiedlichen Zeitmaßstäbe in beiden Diagrammen!).

Die roten Kurven berücksichtigen auch  a_0,\ a_1 und  b_1.  Die rote Kurve des Koaxialkabels ist die tatsächliche (normierte) Impulsantwort  T · h_{\rm K}(t).

Aus diesen Darstellungen erkennt man weiter:

  • Beim Koaxialkabel können der  a_0–Term und der  a_1–Term vernachlässigt werden.  Der dadurch entstehende relative Fehler beträgt nur  3.5\%.
  • Nicht zu vernachlässigen ist dagegen die Phasenlaufzeit  τ_{\rm P}, also der  b_1–Term.  Beim Koaxialkabel ergibt sich  τ_{\rm P}/T ≈ 350, während bei der Zweidrahtleitung  τ_{\rm P}/T ≈ 94  gilt  (beachten Sie die unterschiedlichen Zeitmaßstäbe).
  • Bei der Zweidrahtleitung (unten) darf man Gleichsignaldämpfung  (a_0)  und Querverlust  (a_1)  nicht vernachlässigen:  
    Die rote Näherung  T · h_{\rm K}\hspace{0.01cm}'(t)  ist um  70\%  niedriger als die blaue und zudem etwas breiter.


\text{Beispiel 5:}  Dieses Beispiel zeigt Näherungen der Impulsantwort einer Zweidrahtleitung  (Länge \text{1.8 km}, Durchmesser \text{0.4 mm)}, so dass entsprechend  [PW95][1]  von folgenden Kenngrößen auszugehen ist:

Zur Impulsantwort einer  \text{0.4 mm}  Zweidrahtleitung
a_0 = 1.057\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} a_1 = 0.147\,{\rm Np}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} a_2 = 6.177\,{\rm Np}\hspace{0.05cm},
\tau_{ {\rm P} }/T = 94\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm} b_2 = 8.260\,{\rm rad}\hspace{0.05cm}.

Das obere Diagramm – gleich dem unteren Diagramm im  \text{Beispiel 4} – zeigt zwei Näherungen

  • bei Vernachlässigung der  a_0–, \ a_1–  und  b_1–Terme (blaue Kurve),
  • bei Berücksichtigung der  a_0–, \ a_1–  und  b_1–Terme (rote Kurve).


Für dieses obere Diagramm haben wir weiterhin den in [PW95][1] angegebenen  a_2–Koeffizienten übernommen und den genannten Koeffizienten  b_2 = 8.260 \ \rm rad  auf  b_2\hspace{0.01cm}' = 6.177 \ \rm rad  herabgesetzt.

Anmerkung:   Im Gegensatz zum Koaxialkabel im  \text{Beispiel 3}  ist hier wegen  b_2\hspace{0.01cm}' ≠ b_2  die rote Kurve  T · h_{\rm K}\hspace{0.01cm}'(t)  ebenfalls nur eine Näherung, was in der Grafik durch das Hochkomma vermerkt ist.
Ohne die Korrektur  b_2\hspace{0.01cm}' = a_2 · \text{rad/Np}  wäre die  Hilbert–Transformation, die den Zusammenhang zwischen Betrag und Phase bei realen und damit  minimalphasigen Systemen  herstellt, nicht erfüllt. Deshalb ergäbe sich eine akausale Impulsantwort.

Wir glauben deshalb, dass auch bei einer Zweidrahtleitung die beiden Parameter  a_2  und  b_2  gleiche Zahlenwerte haben müssten.

Wir betrachten nun einen zweiten Ansatz, der im unteren Diagramm dargestellt ist:

  • Hier wurde für der in  [PW95][1]  angegebene Phasenkoeffizient  b_2 = 8.260 \ \rm rad  beibehalten.
  • Stattdessen wurde der Dämpfungskoeffizient  a_2 = 6.177 \ \rm Np  an den Phasenkoeffizienten angepasst (also vergrößert):   a_2\hspace{0.01cm}' = 8.260 \ \rm Np.
  • Die untere (rote) Impulsantwort   ⇒   ("Worst Case")  ist weniger als halb so hoch und deutlich breiter als die obere Impulsantwort   ⇒   ("Best Case").
  • Die tatsächliche (normierte) Impulsantwort  T \cdot h_{\rm K}\hspace{0.01cm}'(t)  wird wohl dazwischen liegen. Genauere Aussagen erlauben wir uns nicht.

Nebensprechen auf Zweidrahtleitungen


Bei Übertragungssystemen über Zweidrahtleitungen kann vom gleichen  Blockschaltbild  wie bei den Koaxialkabelsystemen ausgegangen werden, wobei nun

  • für den Frequenzgang  H_{\rm K}(f)  und die Impulsantwort  h_{\rm K}(t)  die in diesem Abschnitt angegebenen Gleichungen zu verwenden sind,
  • das weiße Rauschen  N_0  nicht mehr die dominante Störungsursache ist,  sondern nun das  Nebensprechen  (englisch:  "Crosstalk")  aufgrund von kapazitiver bzw. induktiver Kopplung benachbarter Doppeladern als stochastische Störung überwiegt.


Durch Verdrillen der Doppeladern eines Sternvierers sowie der Grund– und Hauptbündel entsprechend der Grafik am Ende des Kapitels   Zugangsnetz eines Telekommunikationssystems  wird versucht,  im Mittel eine möglichst symmetrische gegenseitige Kopplung zwischen allen Aderpaaren zu erreichen.  Aufgrund unvermeidbarer Fertigungstoleranzen bleibt aber immer eine leichte Unsymmetrie bestehen.  Diese bewirkt, dass

  • an jeden Empfängereingang neben dem „eigenen” Nutzsignal auch  (meist allerdings nur geringe)  Signalanteile von benachbarten Doppeladern gelangen,
  • die induzierten Signalanteile für das Nutzsignal eine zusätzliche stochastische Störung darstellen,  die zusammen mit dem thermischen Rauschen das resultierende Störsignal  n(t)  ergeben,
  • man die Übertragungsqualität nicht oder nur sehr begrenzt durch Erhöhung der Sendeleistung verbessern kann,  da durch diese Maßnahme auch die Nebensprechstörungen größer werden.


Zur Verdeutlichung von Nahnebensprechen (NEXT) und Fernnebensprechen (FEXT)

Wie die Grafik verdeutlicht, unterscheidet man zwischen

  • Nahnebensprechen  ("Near–End–Crosstalk"   ⇒   \rm NEXT):
    Der störende Sender speist sein Signal am selben Ende des Kabels ein, an dem der betrachtete Empfänger platziert ist.


  • Fernnebensprechen  ("Far–End–Crosstalk"   ⇒   \rm NEXT):
    Der störende Sender und der gestörte Empfänger befinden sich an entgegengesetzten Kabelenden.


Bei FEXT akkumuliert sich zwar die Störung über die gesamte Kabellänge, wird aber auch durch die Kabeldämpfung stark abgeschwächt. Für gebündelte Kabel im Teilnehmeranschlussbereich ergeben sich somit durch das „Im–Vierer–Nahnebensprechen” um Größenordnungen größerere Störungen als durch das Fernnebensprechen, und auch die Nahnebensprechstörungen von benachbarten Adern können meist vernachlässigt werden.

\text{Ohne Herleitung:}  Wir betrachten deshalb im Folgenden ausschließlich das  \text{Nahnebensprechen (NEXT)}.  Bei diesem lässt sich das  Leistungsdichtespektrum  (LDS) des Störsignals  n(t)  unter Berücksichtigung des unvermeidbaren thermischen Rauschens  (N_0/2)  wie folgt darstellen:

{\it \Phi}_n(f) = {N_0}/{2}+{\it \Phi}_{\rm NEXT}(f) \hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}{\rm mit} \hspace{0.3cm}{\it \Phi}_{\rm NEXT}(f) = {\it \Phi}_{s}(f) \cdot\vert H_{\rm NEXT}(f)\vert ^2 \approx {\it \Phi}_{s}(f) \cdot [K_{\rm NEXT} \cdot f]^{3/2}\hspace{0.05cm}.


Zu dieser Gleichung ist anzumerken:

  • Die Gleichung ergibt sich durch Integration der lokalen Kopplungen über die gesamte Länge eines kurzen Abschnitts, wobei die Kopplungen zwischen allen Kupferleitungen durch Querkapazitäten und –Induktivitäten modelliert werden.
  • {\it \Phi}_s(f)  ist das LDS des störenden Senders, woraus sich durch Integration die Sendeleistung  P_{\rm S}  ergibt.  Nimmt man an, dass die gestörte Übertragung das gleiche Sendesignal und damit auch das gleiche LDS  {\it \Phi}_s(f)  wie der Störer verwendet, so wird deutlich, dass durch eine Erhöhung von  P_{\rm S}  lediglich der (relative) Einfluss des thermischen Rauschens  (N_0/2)  vermindert wird.
  • Der das Nahnebensprechen quantifizierende Faktor  K_{\rm NEXT}  hängt stark vom Adernabstand ab, ebenso vom Unsymmetriegrad entlang des Kabels.  Dagegen ist dieser Faktor  K_{\rm NEXT}  nahezu unabhängig vom Leiterdurchmesser  d  und von der Leitungslänge  l.
  • Das Produkt  K_{\rm NEXT} · f  (dimensionslos) ist im gesamten Betriebsbereich der Leitung, zum Beispiel für alle Frequenzen  0 ≤ f ≤ 30 \ \rm MHz, stets sehr viel kleiner als 1.  Die Nebensprechstörung steigt mit der Frequenz stark (das heißt mit dem Exponenten 1.5) an.
  • In  [PW95][1]  werden nach einer Messreihe über vierzig Doppeladern für die Frequenz  f = 10 \ \rm MHz  folgende Werte genannt  (für  f = 30 \ \rm MHz  sind diese Werte noch mit  3^{3/2} ≈ 5.2  zu multiplizieren):
  • ungünstigster Fall:   |H_{\rm NEXT}(f = 10 \ \rm MHz)|^2 ≈ 0.001,
  • Mittelung über 40 Adern:   |H_{\rm NEXT}(f = \ \rm 10 MHz)|^2 ≈ 0.0004.
  • Die Werte gelten für das Im–Vierer–Nahnebensprechen  (störender Sender und gestörter Empfänger im gleichen Sternvierer).
  • Nahnebensprechstörungen zwischen weiter entfernten Adern weisen zwar die gleiche Frequenzabhängigkeit auf, sind aber kleiner als das Im–Vierer–Nahnebensprechen:
  • Nahnebensprechen zwischen benachbarten Sternvierern um ca.  5 \ \rm dB,
  • Nahnebensprechen zwischen benachbarten Grundbündeln um ca.  10 \ \rm dB,
  • Nahnebensprechen zwischen nicht benachbarten Grundbündeln um ca.  25 \ \rm dB.

\text{Fazit:} 

  • Um solche Nahnebensprechstörungen zu vermeiden oder zumindest zu vermindern, werden benachbarte Doppeladern häufig mit ganz unterschiedlichen Signalen  (analoge Telefonie, ISDN, DSL oder andere breitbandige Dienste)  belegt, die möglichst auch noch unterschiedliche Frequenzbänder benutzen.
  • Durch geschickte Auswahl der Doppeladern können nun benachbarte Adern mit Signalen belegt werden, deren Spektren möglichst wenig überlappen, wodurch die Nebensprechstörungen vermindert werden.

Aufgaben zum Kapitel

Aufgabe 4.6: k-Parameter und \alpha-Parameter

Aufgabe 4.6Z: ISDN-Versorgungsleitungen

Aufgabe 4.7: Kupfer-Doppelader 0.5 mm

Aufgabe 4.8: Nebensprechstörungen


Quellenverzeichnis

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Pollakowski, P.; Wellhausen, H.-W.: "Eigenschaften symmetrischer Ortsanschlusskabel im Frequenzbereich bis 30 MHz". Deutsche Telekom AG, Forschungs- und Technologiezentrum Darmstadt, 1995.