Digitalsignalübertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung von Impulsinterferenzen: Unterschied zwischen den Versionen
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$\text{Beispiel 1:}$ Die linke Grafik zeigt den Detektionsgrundimpuls $g_d(t)$ am Ausgang eines Gaußtiefpasses $H_{\rm G}(f)$ mit der Grenzfrequenz $f_{\rm G}$, wenn am Eingang ein NRZ–Rechteckimpuls (blauer Kurvenverlauf) anliegt.<br> | $\text{Beispiel 1:}$ Die linke Grafik zeigt den Detektionsgrundimpuls $g_d(t)$ am Ausgang eines Gaußtiefpasses $H_{\rm G}(f)$ mit der Grenzfrequenz $f_{\rm G}$, wenn am Eingang ein NRZ–Rechteckimpuls (blauer Kurvenverlauf) anliegt.<br> | ||
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*Der Gaußtiefpass $H_{\rm G}(f)$ bewirkt, dass der Dektionsimpuls $g_d(t)$ gegenüber dem Sendeimpuls $g_s(t)$ verkleinert und verbreitert wird. Man spricht von ''Zeitdispersion''.<br> | *Der Gaußtiefpass $H_{\rm G}(f)$ bewirkt, dass der Dektionsimpuls $g_d(t)$ gegenüber dem Sendeimpuls $g_s(t)$ verkleinert und verbreitert wird. Man spricht von ''Zeitdispersion''.<br> | ||
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+ | $\text{Beispiel 3:}$ Wir gehen von einem redundanzfreien binären bipolaren NRZ–Rechtecksignal $s(t)$ und dem Gaußtiefpass mit der Grenzfrequenz $f_{\rm G} \cdot T = 0.4$ aus. | ||
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− | *Nur das Augendiagramm des Signals | ||
− | *Das Augendiagramm ohne Rauschen (rechte Grafik) bezieht sich auf das Detektionsnutzsignal | + | *Das Augendiagramm ohne Rauschen (rechte Grafik) bezieht sich auf das Detektionsnutzsignal $d_{\rm S}(t)$ und kann nur mittels einer Rechnersimulation ermittelt werden. Für ein realisiertes System ist dieses Augendiagramm nicht darstellbar, da der Rauschanteil $d_{\rm N}(t)$ nicht eliminiert werden kann.<br> |
− | *Bei beiden Diagrammen wurden jeweils 2048 Augenlinien gezeichnet. In der rechten Grafik sind jedoch nur 2 | + | *Bei beiden Diagrammen wurden jeweils 2048 Augenlinien gezeichnet. In der rechten Grafik sind jedoch nur $2^5 = 32$ Augenlinien unterscheidbar, da der vorliegende Detektionsgrundimpuls $g_d(t)$ auf den Zeitbereich $\vert t\vert \le 2T$ beschränkt ist (siehe [[Digitalsignal%C3%BCbertragung/Fehlerwahrscheinlichkeit_unter_Ber%C3%BCcksichtigung_von_Impulsinterferenzen#Gau.C3.9Ff.C3.B6rmiges_Empfangsfilter_.282.29| frühere Grafik]] mit $f_{\rm G} \cdot T = 0.4$, rote Kurve).<br> |
− | *Die inneren Augenlinien bestimmen die vertikale Augenöffnung | + | *Die inneren Augenlinien bestimmen die '''vertikale Augenöffnung''' $\ddot{o}(T_{\rm D})$. Je kleiner diese ist, desto größer ist der Einfluss von Impulsinterferenzen. Bei einem (impulsinterferenzfreien) Nyquistsystem ist die vertikale Augenöffnung maximal. Normiert auf die Sendeamplitude gilt dann $\ddot{o}(T_{\rm D})/s_0 = 2$. <br> |
− | *Bei symmetrischem Grundimpuls ist der Detektionszeitpunkt | + | *Bei symmetrischem Grundimpuls ist der Detektionszeitpunkt $T_{\rm D} = 0$ optimal. Mit einem anderen Wert (zum Beispiel $T_{\rm D} = T/10 $) wäre $\ddot{o}(T_{\rm D})$ etwas kleiner und damit die Fehlerwahrscheinlichkeit deutlich größer. Dieser Fall ist in der Grafik durch die violett–gestrichelte Vertikale angedeutet.}} |
− | == Mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit | + | == Mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit== |
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Wir gehen wie bei den bisherigen Grafiken im Kapitel 3.2 von folgenden Voraussetzungen aus: | Wir gehen wie bei den bisherigen Grafiken im Kapitel 3.2 von folgenden Voraussetzungen aus: |
Version vom 27. August 2017, 15:32 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Gaußförmiges Empfangsfilter
- 2 Definition und Aussagen des Augendiagramms
- 3 Mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit
- 4 Mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit (2)
- 5 Ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit (1)
- 6 Ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit (2)
- 7 Optimierung der Grenzfrequenz (1)
- 8 Optimierung der Grenzfrequenz (2)
- 9 Aufgaben
Gaußförmiges Empfangsfilter
Wir gehen von folgendem Blockschaltbild ausgegangen.
Zur quantitativen Berücksichtigung der Impulsinterferenzen wird folgende Konfiguration angenommen:
- Rechteckförmiger NRZ–Sendegrundimpuls $g_s(t)$ mit der Höhe $s_0$ und der Dauer T,
- Gaußförmiges Empfangsfilter mit der Grenzfrequenz $f_{\rm G}$:
- $$H_{\rm E}(f) = H_{\rm G}(f) = {\rm exp}\left [- \frac{\pi \cdot f^2}{(2f_{\rm G})^2} \right ] \hspace{0.2cm} \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ \hspace{0.2cm}h_{\rm E}(t) = h_{\rm G}(t) = {\rm exp}\left [- \pi \cdot (2 f_{\rm G} t)^2\right ] \hspace{0.05cm}.$$
- AWGN–Kanal, das heißt, es gilt $H_{\rm K}(f) = 1 $ und ${\it \Phi}_n(f) = N_0/2$.
Aufgrund der hier getroffenen Voraussetzungen gilt für den Detektionsgrundimpuls:
- $$g_d(t) = g_s(t) \star h_{\rm G}(t) = 2 f_{\rm G} \cdot s_0 \cdot \int_{t-T/2}^{t+T/2} {\rm exp}\left [- \pi \cdot (2 \cdot f_{\rm G}\cdot \tau )^2\right ] \,{\rm d} \tau \hspace{0.05cm}.$$
Die Integration führt zu folgenden äquivalenten Ergebnissen:
- $$g_d(t) = s_0 \cdot \left [ {\rm Q} \left ( 2 \cdot \sqrt {2 \pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t - {T}/{2})\right )- {\rm Q} \left ( 2 \cdot \sqrt {2 \pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t + {T}/{2} )\right ) \right ],\hspace{0.5cm}\text{oder:}$$
- $$g_d(t) = {s_0}/{2} \cdot \left [ {\rm erfc} \left ( 2 \cdot \sqrt {\pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t - {T}/{2})\right )- {\rm erfc} \left ( 2 \cdot \sqrt {\pi} \cdot f_{\rm G}\cdot ( t + {T}/{2} )\right ) \right ]\hspace{0.05cm}.$$
Hierbei sind zwei Varianten der komplementären Gaußschen Fehlerfunktion verwendet, nämlich
- $${\rm Q} (x) = \frac{\rm 1}{\sqrt{\rm 2\pi}}\int_{\it x}^{+\infty}\rm e^{\it -u^{\rm 2}/\rm 2}\,d {\it u} \hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} {\rm erfc} (\it x) = \frac{\rm 2}{\sqrt{\rm \pi}}\int_{\it x}^{+\infty}\rm e^{\it -u^{\rm 2}}\,d \it u \hspace{0.05cm}.$$
Das Modul Komplementäre Gaußsche Fehlerfunktionen liefert die Zahlenwerte von ${\rm Q} (x)$ und ${\rm erfc} (x)$.
Die Rauschleistung am Ausgang des gaußförmigen Empfangsfilters $H_{\rm G}(f)$ ist gleich
- $$\sigma_d^2 = \frac{N_0}{2} \cdot \int_{-\infty}^{+\infty} |H_{\rm G}(f)|^2 \,{\rm d} f = \frac{N_0\cdot f_{\rm G}}{\sqrt{2}}\hspace{0.05cm}.$$
Aus diesen beiden Gleichungen erkennt man bereits:
- Je kleiner die Grenzfrequenz $f_{\rm G}$ des Gauß–Tiefpasses ist, desto kleiner ist der Rauscheffektivwert $\sigma_d$ und umso besser ist demzufolge das Rauschverhalten.
- Eine kleine Grenzfrequenz führt aber zu einer starken Abweichung des Detektionsgrundimpulses $g_d(t)$ von der Rechteckform und damit zu nicht vernachlässigbaren Impulsinterferenzen.
$\text{Beispiel 1:}$ Die linke Grafik zeigt den Detektionsgrundimpuls $g_d(t)$ am Ausgang eines Gaußtiefpasses $H_{\rm G}(f)$ mit der Grenzfrequenz $f_{\rm G}$, wenn am Eingang ein NRZ–Rechteckimpuls (blauer Kurvenverlauf) anliegt.
Man erkennt aus dieser Darstellung:
- Der Gaußtiefpass $H_{\rm G}(f)$ bewirkt, dass der Dektionsimpuls $g_d(t)$ gegenüber dem Sendeimpuls $g_s(t)$ verkleinert und verbreitert wird. Man spricht von Zeitdispersion.
- Diese Impulsverformung ist umso stärker, je kleiner die Grenzfrequenz $f_{\rm G}$ ist. Beispielsweise wird mit $f_{\rm G} \cdot T = 0.4$ (rote Kurve) das Impulsmaximum bereits auf etwa $68\%$ herabgesetzt.
- Im Grenzfall $f_{\rm G} \to \infty$ hat der Gaußtiefpass keine Wirkung ⇒ $g_s(t) = g_d(t)$. Allerdings ist in diesem Fall keinerlei Rauschbegrenzung wirksam, wie aus dem rechten Bild hervorgeht.
$\text{Beispiel 2:}$ Es gelten die gleichen Vorausetzungen wie für das letzte Beispiel. Die Grafik zeigt das Detektionssignal $d(t)$ nach dem Gaußtiefpass (vor dem Entscheider) für zwei verschiedene Grenzfrequenzen, nämlich $f_{\rm G} \cdot T = 0.8$ und $f_{\rm G} \cdot T = 0.4$
Dargestellt sind in beiden Diagrammen gleichermaßen (aber als Bildschirmabzug zugegebenermaßen schwer zu erkennen):
- der Anteil $d_{\rm S}(\nu \cdot T)$ ohne Berücksichtigung des Rauschens (blaue Kreuze bei den Detektionszeitpunkten),
- das gesamte Detektionssignal $d(t)$ inklusive der Rauschkomponente (gelb),
- das Sendesignal $s(t)$ als Referenzsignal (grün gepunktet).
Durch einen Vergleich dieser Bilder lassen sich folgende Aussagen verifizieren:
- Mit der Grenzfrequenz $f_{\rm G} \cdot T = 0.8$ (obere Grafik) ergeben sich zu den Detektionszeitpunkten (bei Vielfachen von $T$) nur geringfügige Impulsinterferenzen. Durch den Gaußtiefpass werden hier in erster Linie die Ecken des Sendesignals $s(t)$abgerundet.
- Dagegen sind im unteren Bild $(f_{\rm G} \cdot T = 0.4)$ die Auswirkungen der Impulsinterferenzen deutlich zu erkennen. Zu den Detektionszeitpunkten $(\nu \cdot T)$ kann das blau dargestellte Detektionsnutzsignal $d_{\rm S}(\nu \cdot T)$ sechs verschiedene Werte annehmen (eingezeichnete Rasterlinien).
- Der Rauschanteil $d_{\rm N}(t)$ – erkennbar als Differenz zwischen der gelben Kurve und den blauen Kreisen – ist mit $f_{\rm G} \cdot T = 0.8$ im statistischen Mittel größer als mit $(f_{\rm G} \cdot T = 0.4)$.
- Dieses Ergebnis kann mit der der rechten Grafik von $\text{Beispiel 1}$ erklärt werden, die das Leistungsdichtespektrum der Rauschkomponente $d_{\rm N}(t)$ zeigt:
- $${\it \Phi}_{d{\rm N} }(f) = {N_0}/{2} \cdot \vert H_{\rm G}(f) \vert^2 = {N_0}/{2} \cdot {\rm exp}\left [- \frac{2\pi f^2}{(2f_{\rm G})^2} \right ] .$$
- Das Integral über ${\it \Phi}_{d{\rm N} }(f)$ – also die Rauschleistung $\sigma_d^2$ – ist für $f_{\rm G} \cdot T = 0.8$ (violette Kurve) doppelt so groß als mit der kleineren Grenzfrequenz $f_{\rm G} \cdot T = 0.4$ (rote Kurve).
Definition und Aussagen des Augendiagramms
Der oben dargelegte Sachverhalt lässt sich auch am Augendiagramm erklären.
$\text{Definition:}$ Unter dem Augendiagramm (im Englischen: Eye Pattern) versteht man die Summe aller übereinander gezeichneten Ausschnitte des Detektionssignals, deren Dauer ein ganzzahliges Vielfaches der Symboldauer $T$ ist.
$\text{Beispiel 3:}$ Wir gehen von einem redundanzfreien binären bipolaren NRZ–Rechtecksignal $s(t)$ und dem Gaußtiefpass mit der Grenzfrequenz $f_{\rm G} \cdot T = 0.4$ aus.
Dargestellt sind die Augendiagramme nach dem Gaußtiefpass,
- links mit Berücksichtigung des Rauschens ⇒ Signal $d(t)$,
- rechts ohne Berücksichtigung des Rauschens ⇒ Signal $d_{\rm S}(t)$.
Dieses Diagramm hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Auge, was zu seiner Namensgebung geführt hat.
Diese Darstellung erlaubt wichtige Aussagen über die Qualität eines digitalen Übertragungssystems:
- Nur das Augendiagramm des Signals $d(t)$ kann messtechnisch auf einem Oszilloskop dargestellt werden, das mit dem Taktsignal getriggert wird. Aus diesem Augendiagramm (linke Grafik) kann beispielsweise der Rauscheffektivwert $\sigma_d$ abgelesen – besser gesagt: abgeschätzt – werden.
- Das Augendiagramm ohne Rauschen (rechte Grafik) bezieht sich auf das Detektionsnutzsignal $d_{\rm S}(t)$ und kann nur mittels einer Rechnersimulation ermittelt werden. Für ein realisiertes System ist dieses Augendiagramm nicht darstellbar, da der Rauschanteil $d_{\rm N}(t)$ nicht eliminiert werden kann.
- Bei beiden Diagrammen wurden jeweils 2048 Augenlinien gezeichnet. In der rechten Grafik sind jedoch nur $2^5 = 32$ Augenlinien unterscheidbar, da der vorliegende Detektionsgrundimpuls $g_d(t)$ auf den Zeitbereich $\vert t\vert \le 2T$ beschränkt ist (siehe frühere Grafik mit $f_{\rm G} \cdot T = 0.4$, rote Kurve).
- Die inneren Augenlinien bestimmen die vertikale Augenöffnung $\ddot{o}(T_{\rm D})$. Je kleiner diese ist, desto größer ist der Einfluss von Impulsinterferenzen. Bei einem (impulsinterferenzfreien) Nyquistsystem ist die vertikale Augenöffnung maximal. Normiert auf die Sendeamplitude gilt dann $\ddot{o}(T_{\rm D})/s_0 = 2$.
- Bei symmetrischem Grundimpuls ist der Detektionszeitpunkt $T_{\rm D} = 0$ optimal. Mit einem anderen Wert (zum Beispiel $T_{\rm D} = T/10 $) wäre $\ddot{o}(T_{\rm D})$ etwas kleiner und damit die Fehlerwahrscheinlichkeit deutlich größer. Dieser Fall ist in der Grafik durch die violett–gestrichelte Vertikale angedeutet.
Mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit
Wir gehen wie bei den bisherigen Grafiken im Kapitel 3.2 von folgenden Voraussetzungen aus:
- NRZ–Rechtecke mit Amplitude s0, AWGN–Rauschen mit N0, wobei
- \[10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \frac{s_0^2 \cdot T}{N_0}\approx 13\,{\rm dB}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \frac{N_0}{s_0^2 \cdot T} = 0.05\hspace{0.05cm}.\]
- Gaußförmiges Empfangsfilter mit Grenzfrequenz fG · T = 0.4:
- \[\sigma_d^2 = \frac{(N_0 /T)\cdot (f_{\rm G}\cdot T)}{\sqrt{2}}= \frac{0.05 \cdot s_0^2\cdot0.4}{\sqrt{2}} \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} \sigma_d = \sqrt{0.0141}\cdot s_0 \approx 0.119 \cdot s_0 \hspace{0.05cm}.\]
- Für die Detektionsgrundimpulswerte gilt:
- \[g_0 = g_d(t=0) \approx 0.68 \cdot s_0,\]
- \[ g_1 = g_d(t=T) \approx 0.16 \cdot s_0, \hspace{0.2cm} g_{-1} = g_d(t=-T) \approx 0.16 \cdot s_0\hspace{0.05cm}.\]
Alle anderen Grundimpulswerte können vernachlässigt werden.
Analysieren wir nun die möglichen Werte für das Detektionsnutzsignal zu den Detektionszeitpunkten:
- Von den insgesamt 32 Augenlinien schneiden vier die Ordinate t = 0 bei g0 + 2 · g1 = s0. Diese Linien gehören zu den Amplitudenkoeffizienten „ ... , +1, +1, +1, ... ”.
- Die vier Augenlinien, die jeweils die Amplitudenkoeffizienten „ ... , –1, +1, –1, ... ” repräsentieren, ergeben den Detektionsnutzabtastwert dS(TD = 0) = g0 – 2 · g1 = 0.36 · s0.
- Dagegen tritt der Nutzabtastwert dS(TD = 0) = g0 = 0.68 · s0 doppelt so häufig auf. Dieser geht auf die Amplitudenkoeffizienten „ ... , +1, +1, –1, ... ” oder „ ... , –1, +1, +1, ... ” zurück.
- Für die 16 Augenlinien, welche die Ordinate t = 0 unterhalb der Entscheiderschwelle E = 0 schneiden, ergeben sich genau spiegelbildliche Verhältnisse.
Die Konsequenzen dieser Analyse werden auf der nächsten Seite beschrieben.
Mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit (2)
Die möglichen Werte dS(TD) und deren Auftrittswahrscheinlichkeiten findet man in obiger Grafik in der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (WDF) der Detektionsnutzabtastwerte wieder:
\[f_{d{\rm S}}(d_{\rm S}) = {1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} - s_0)+ {1}/{4} \cdot \delta (d_{\rm S} - 0.68 \cdot s_0)+ {1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} - 0.36 \cdot s_0)+ \]
- \[ + {1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} + s_0)+{1}/{4} \cdot \delta (d_{\rm S} + 0.68 \cdot s_0)+{1}/{8} \cdot \delta (d_{\rm S} + 0.36 \cdot s_0)\hspace{0.05cm}.\]
Damit kann die (mittlere) Symbolfehlerwahrscheinlichkeit des impulsinterferenzbehafteten Systems angegeben werden. Unter Ausnutzung der Symmetrie erhält man mit σd/s0 = 0.119:
\[p_{\rm S} = {1}/{4} \cdot {\rm Q} \left( \frac{s_0}{ \sigma_d} \right)+ {1}/{2} \cdot {\rm Q} \left( \frac{0.68 \cdot s_0}{ \sigma_d} \right)+{1}/{4} \cdot {\rm Q} \left( \frac{0.36 \cdot s_0}{ \sigma_d} \right)\]
- \[ \approx {1}/{4} \cdot {\rm Q}(8.40) +{1}/{2} \cdot {\rm Q}(5.71)+ {1}/{4} \cdot {\rm Q}(3.02)\approx\]
- \[ \approx {1}/{4} \cdot 2.20 \cdot 10^{-17}+ {1}/{2} \cdot 1.65 \cdot 10^{-9}+ {1}/{4} \cdot 1.26 \cdot 10^{-3} \approx 3.14 \cdot 10^{-4} \hspace{0.05cm}.\]
Anhand dieses Zahlenbeispiels erkennt man, dass
- bei Vorhandensein von Impulsinterferenzen die (mittlere) Fehlerwahrscheinlichkeit pS wesentlich durch die inneren Augenlinien bestimmt wird,
- der Rechenaufwand zur Bestimmung der Fehlerwahrscheinlichkeit pS sehr groß ist, insbesondere dann, wenn die Impulsinterferenzen von sehr vielen Grundimpulswerten gν herrühren.
Ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit (1)
Als eine sehr einfache Näherung für die tatsächliche Fehlerwahrscheinlichkeit pS
verwendet man häufig die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit (englisch: Worst-Case Error Probability)
\[p_{\rm U} = {\rm Q} \left( \frac{\ddot{o}(T_{\rm D})/2}{ \sigma_d} \right) \hspace{0.05cm},\]
für deren Berechnung stets von den ungünstigsten Symbolfolgen ausgegangen wird. Das bedeutet, dass hier die tatsächliche WDF der Nutzabtastwerte (in der Grafik links eingezeichnet) durch eine vereinfachte WDF mit nur den beiden inneren Diracfunktionen (in der Grafik rechts dargestellt) ersetzt wird.
Für die halbe vertikale Augenöffnung gilt mit den Grundimpulswerten gν = gd(TD + ν · T) allgemein:
\[{\ddot{o}(T_{\rm D})}/{ 2}= g_0 - \sum_{\nu = 1}^{n}|g_{\nu}|- \sum_{\nu = 1}^{v}|g_{-\nu}| \hspace{0.05cm}.\]
Diese Gleichung kann wie folgt interpretiert werden:
- g0 = gd(TD) ist der so genannte Hauptwert des Grundimpulses. Bei Nyquistsystemen gilt stets ö(TD)/2 = g0. Mit Ausnahme von Kapitel 3.6 wird im Folgenden stets TD = 0 gesetzt.
- Die erste Summe beschreibt die Impulsinterferenzen der n Nachläufer vorangegangener Impulse. Stillschweigend vorausgesetzt wird gν = 0 für ν > n.
- Die zweite Summe berücksichtigt den Einfluss der υ Vorläufer nachfolgender Impulse unter der Voraussetzung g–ν = 0 für ν > υ.
- Sind alle Impulsvor– und –nachläufer positiv, so lauten die beiden ungünstigsten Symbolfolgen „ ... , –1, –1, +1, –1, –1, ... ” und „ ... , +1, +1, –1, +1, +1, ... ”. Dies trifft zum Beispiel für das hier betrachtete gaußförmige Empfangsfilter zu.
- Sind einige Grundimpulswerte negativ, so wird dies in obiger Gleichung durch die Betragsbildung berücksichtigt. Es ergeben sich dann andere „Worst–case”–Folgen als gerade genannt.
Ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit (2)
Die Grafik zeigt die Fehlerwahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit des Quotienten EB/N0, nämlich
- die mittlere Fehlerwahrscheinlichkeit pS bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Kreise),
- die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU bei gaußförmigem Empfangsfilter (blaue Rechtecke),
- die Fehlerwahrscheinlichkeit (pS = pU) des Optimalempfängers gemäß Kapitel 1.2 (rote Kurve).
Die Energie pro Bit ist dabei gleich EB = s02 · T (NRZ–Rechteck–Sendeimpulse).
Die linke Grafik gilt für die (normierte) Grenzfrequenz fG · T = 0.4, die rechte für ein breitbandigeres Empfangsfilter mit fG · T = 0.8. Diese Ergebnisse können wie folgt interpretiert werden:
- Die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU ist stets eine obere Schranke für die tatsächliche Symbolfehlerwahrscheinlichkeit pS. Je kleiner der Einfluss der Impulsinterferenzen ist (große Grenzfrequenz), um so näher liegen pS und pU zusammen. Beim Optimalempfänger gilt pS = pU.
- Bei gaußförmigem Empfangsfilter mit fG · T ≥ 0.3 werden die Impulsinterferenzen allein durch die Nachbarimpulse hervorgerufen (g2 = g3 = ... ≈ 0), so dass für pS auch eine untere Schranke angegeben werden kann:
- \[{p_{\rm U}}/{ 4} \le p_{\rm S} \le p_{\rm U} \hspace{0.05cm}.\]
- Die starken Impulsinterferenzen eines gaußförmigen Empfangsfilters mit fG · T = 0.4 führen dazu, dass gegenüber dem Optimalempfänger ein um 6 dB größeres EB/N0 aufgewendet werden muss (vierfache Leistung), damit die Fehlerwahrscheinlichkeit den Wert 10–8 nicht überschreitet.
- Der horizontale Abstand zwischen der blauen pS–Kurve (markiert durch Kreise) und der roten Vergleichskurve ist aber nicht konstant. Bei pS = 10–2 beträgt der Abstand nur 4 dB.
- Die rechte Grafik zeigt, dass mit fG · T = 0.8 der Abstand zum Vergleichssystem weniger als 1 dB beträgt. Auf der nächsten Seite wird gezeigt, dass bei einem gaußförmigen Empfangsfilter die (normierte) Grenzfrequenz fG · T = 0.8 näherungsweise das Optimum darstellt.
Optimierung der Grenzfrequenz (1)
Für die Systemoptimierung und den Systemvergleich erweist es sich als zweckmäßig, anstelle von pU das ungünstigste Signal–zu–Rausch–Leistungsverhältnis (S/N-Verhältnis) zu verwenden:
\[\rho_{\rm U} = \frac{[\ddot{o}(T_{\rm D})]^2}{ \sigma_d^2}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm U} = {\rm Q} \left( \sqrt{\rho_{\rm U}} \right) \hspace{0.05cm}\]
Die mittlere Symbolfehlerwahrscheinlichkeit pS kann formal über die Q–Funktion ebenfalls durch ein S/N–Verhältnis ausgedrückt werden:
\[\rho_d = \left[{\rm Q}^{-1} \left( p_{\rm S} \right)\right]^2 \hspace{0.05cm}.\]
Die Grafik zeigt die beiden Größen in logarithmischer Form (10 · lg ρd bzw. 10 · lg ρU) abhängig von der normierten Grenzfrequenz fG · T eines gaußförmigen Empfangsfilters, wobei 10 · lg EB/N0 = 13 dB zugrunde liegt. Zum Vergleich ist als rote horizontale Linie auch das Ergebnis für den Optimalempfänger eingezeichnet. Hier gilt gemäß Kapitel 1.2:
\[\rho_d = \rho_{\rm U} = \frac{2 \cdot E_{\rm B}}{ N_0}\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_d = 10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm} \rho_{\rm U} \approx 16\,{\rm dB} \hspace{0.05cm}.\]
Die gelb gefüllten Kreise kennzeichnen 10 · lg ρd und die Quadrate 10 · lg ρU.
Die Bildbeschreibung folgt auf der nächsten Seite.
Optimierung der Grenzfrequenz (2)
Die Grafik zeigt die beiden soeben definierten Größen in logarithmischer Darstellung,
- 10 · lg ρd ⇒ gelb gefüllte Kreise ⇒ „mittleres” Detektions–SNR,
- 10 · lg ρU ⇒ blau umrandete Quadrate ⇒ ungünstigstes SNR,
abhängig von der Grenzfrequenz fG · T eines gaußförmigen Empfangsfilters für 10 · lg EB/N0 = 13 dB. Die rote horizontale Linie zeigt das Ergebnis für den Optimalempfänger..
Man erkennt aus der Grafik:
- Das Optimierungskriterium ρd führt näherungsweise zur optimalen Grenzfrequenz fG · T = 0.8. Eine kleinere Grenzfrequenz hat stärkere Impulsinterferenzen zur Folge (kleinere Augenöffnung), eine größere Grenzfrequenz bewirkt einen größeren Rauscheffektivwert σd.
- Ein gaußförmiges Empfangsfilter mit fG · T ≈ 0.8 führt zum Störabstand 10 · lg ρd ≈ 15 dB und damit zur Fehlerwahrscheinlichkeit pS ≈ 10–8. Zum Vergleich: Für den optimalen Empfänger (an den Sender angepasste Impulsantwort) ergeben sich 10 · lg ρd ≈ 16 dB und pS ≈ 10–10.
- Die Grafik zeigt aber auch, dass das sehr viel einfachere Optimierungskriterien ρU (bzw. pU) näherungsweise zur gleichen optimalen Grenzfrequenz fG · T = 0.8 führt. Für diese Grenzfrequenz erhält man 10 · lg ρU ≈ 14.7 dB sowie die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU ≈ 3 · 10–8.
- Ist die Grenzfrequenz fG · T < 0.27, so ergibt sich für die vertikale Augenöffnung ö(TD) = 0. Man spricht von einem geschlossenen Auge. Dies hat zur Folge, dass einige ungünstige Impulsfolgen auch dann falsch entschieden würden, wenn überhaupt kein Rauschen vorhanden wäre.
- Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Optimierungskriterium ρU auch bei kleinerem EB/N0 ausreichend ist. Bei einem verzerrungsfreien Kanal, d.h. HK(f) = 1, ergibt sich somit die optimale Grenzfrequenz stets zu fG · T ≈ 0.8, zumindest bei realitätsnaher Betrachtungsweise.
Alle Aussagen von Kapitel 3.2 können mit folgendem Interaktionsmodul nachvollzogen werden:
Augendiagramm und Augenöffnung
Aufgaben
Zusatzaufgaben:Z3.2 Optimale Gauß-Grenzfrequenz