Mobile Kommunikation/Allgemeine Beschreibung zeitvarianter Systeme: Unterschied zwischen den Versionen

Aus LNTwww
Wechseln zu:Navigation, Suche
 
(17 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 5: Zeile 5:
 
|Nächste Seite=Mehrwegeempfang beim Mobilfunk
 
|Nächste Seite=Mehrwegeempfang beim Mobilfunk
 
}}
 
}}
 +
 +
== # ÜBERBLICK ZUM ZWEITEN HAUPTKAPITEL # ==
 +
<br>
 +
Nach der Zeitvarianz wird nun der Begriff der&nbsp; '''Frequenzselektivität'''&nbsp; eingeführt und an Beispielen verdeutlicht, eine Kanaleigenschaft, die für die mobile Kommunikation ebenfalls von großer Bedeutung ist.&nbsp; Wie im gesamten Buch erfolgt die Beschreibung im äquivalenten Tiefpassbereich.
 +
 +
Im Einzelnen werden behandelt:
 +
 +
*der Unterschied zwischen zeitinvarianten und zeitvarianten Systemen,
 +
*die zeitvariante Impulsantwort als wichtige Beschreibungsfunktion zeitvarianter Systeme,
 +
*der Mehrwegeempfang als Ursache für frequenzselektives Verhalten,
 +
*eine ausführliche Herleitung und Interpretation des GWSSUS–Kanalmodells,
 +
*die Kenngrößen des GWSSUS–Modells: &nbsp; Kohärenzbandbreite, Korrelationsdauer, usw.
 +
 +
 +
Weitere Informationen zum Thema sowie Aufgaben, Simulationen und Programmierübungen finden Sie im Versuch „Mobilfunkkanal” des Praktikums „Simulation digitaler Übertragungssysteme”.&nbsp; Diese (ehemalige) LNT-Lehrveranstaltung an der TU München basiert auf
 +
*dem&nbsp; [http://www.lntwww.de/downloads/Sonstiges/Programme/MFK.zip Windows&ndash;Programm MFK] &nbsp; ⇒ &nbsp; Link verweist auf die ZIP-Version des Programms und
 +
*der zugehörigen&nbsp; [http://www.lntwww.de/downloads/Sonstiges/Texte/Mobilfunkkanal.pdf Praktikumsanleitung] &nbsp; ⇒ &nbsp; Link verweist auf die PDF-Version (58 Seiten).
 +
 +
  
 
== Übertragungsfunktion und Impulsantwort ==
 
== Übertragungsfunktion und Impulsantwort ==
 
<br>
 
<br>
Die Beschreibungsgrößen eines Nachrichtenübertragungssystems wurden bereits in Kapitel 1.1 bzw. Kapitel 1.2 des Buches &bdquo;Lineare zeitvariante Systeme&rdquo; eingeführt und eingehend diskutiert. Die wichtigsten Ergebnisse sollen hier nochmals kurz zusammengefasst werden.<br>
+
Die Beschreibungsgrößen eines Nachrichtenübertragungssystems wurden bereits in den Kapiteln&nbsp;
 +
* [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Frequenzbereich|Systembeschreibung im Frequenzbereich]]&nbsp; bzw.&nbsp;
 +
* [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich|Systembeschreibung im Zeitbereich]]&nbsp;  
  
[[Datei:P ID2141 Mob T 2 1 S1 v1.png|Betrachtetes LZI–System|class=fit]]<br>
 
  
Vorausgesetzt wird zunächst ein lineares und zeitinvariantes System &#8658; LZI&ndash;System mit dem Signal <i>s</i>(<i>t</i>) am Eingang und dem Ausgangssignal <i>r</i>(<i>t</i>). Der Einfachheit halber seien <i>s</i>(<i>t</i>) und <i>r</i>(<i>t</i>) reell. Dann gilt:
+
[[Datei:Mob_T_2_1_S1_neu.png|right|frame|Betrachtetes LZI–System|class=fit]]
*Das System lässt sich vollständig durch die <b>Übertragungsfunktion</b> <i>H</i>(<i>f</i>) charakterisieren. Man bezeichnet <i>H</i>(<i>f</i>) auch als den <i>Frequenzgang</i>. Definitionsgemäß gilt <i>H</i>(<i>f</i>) = <i>R</i>(<i>f</i>)/<i>S</i>(<i>f</i>).<br>
 
  
*Ebenso ist das System durch die <b>Impulsantwort</b> <i>h</i>(<i>t</i>) als die Fourierrücktransformierte von <i>H</i>(<i>f</i>) vollständig gekennzeichnet. Das Ausgangssignal ergibt sich aus der Faltung:
+
des Buches &bdquo;Lineare zeitvariante Systeme&rdquo; eingeführt und eingehend diskutiert.&nbsp;
 +
 
 +
Die wichtigsten Ergebnisse werden hier nochmals kurz zusammengefasst.<br>
 +
 
 +
Vorausgesetzt wird zunächst ein&nbsp; ''lineares und zeitinvariantes System'' &nbsp; &#8658; &nbsp; '''LZI&ndash;System'''&nbsp; mit dem Signal&nbsp; $s(t)$&nbsp; am Eingang und dem Ausgangssignal&nbsp; $r(t)$.&nbsp; Der Einfachheit halber seien&nbsp; $s(t)$&nbsp; und&nbsp; $r(t)$&nbsp; reell.&nbsp; Dann gilt:
 +
*Das System lässt sich vollständig durch die&nbsp; [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Frequenzbereich#.C3.9Cbertragungsfunktion_-_Frequenzgang|Übertragungsfunktion]]&nbsp; $H(f)$&nbsp; charakterisieren.&nbsp; Man bezeichnet&nbsp; $H(f)$&nbsp; auch als den&nbsp; <i>Frequenzgang</i>.&nbsp; Definitionsgemäß gilt&nbsp;
 +
:$$H(f) = R(f)/S(f).$$
 +
 
 +
*Ebenso ist das System durch die&nbsp; [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich#Impulsantwort|Impulsantwort]]&nbsp; $h(t)$&nbsp; als die&nbsp; [[Signaldarstellung/Fouriertransformation_und_-rücktransformation#Das_zweite_Fourierintegral|Fourierrücktransformierte]]&nbsp; von&nbsp; $H(f)$&nbsp; vollständig gekennzeichnet.&nbsp; Das Ausgangssignal ergibt sich aus der Faltung:
  
 
::<math>r(t) = s(t) \star h(t) \hspace{0.4cm} {\rm mit} \hspace{0.4cm} h(t)
 
::<math>r(t) = s(t) \star h(t) \hspace{0.4cm} {\rm mit} \hspace{0.4cm} h(t)
Zeile 21: Zeile 48:
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
  
Um die durch <i>H</i>(<i>f</i>) bzw. <i>h</i>(<i>t</i>) entstehenden linearen Verzerrungen zu erkennen, eignen sich die folgenden Eingangssignale:
+
{{BlaueBox|TEXT=
*ein [http://www.lntwww.de/Signaldarstellung/Einige_Sonderf%C3%A4lle_impulsartiger_Signale#Diracimpuls Diracimpuls]: &nbsp;&nbsp;<i>s</i>(<i>t</i>) = <i>&delta;</i>(<i>t</i>)&nbsp;&nbsp;&#8658;&nbsp;&nbsp; <i>r</i>(<i>t</i>) = <i>h</i>(<i>t</i>) &nbsp;&nbsp;&#8658;&nbsp;&nbsp; <i>Impulsantwort</i>,<br>
+
$\text{Definitionen:}$ &nbsp; &nbsp; Um die durch&nbsp; $H(f)$&nbsp; bzw.&nbsp; $h(t)$&nbsp; entstehenden linearen Verzerrungen zu erkennen, eignen sich die folgenden Eingangssignale:
*eine [http://www.lntwww.de/Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich#Sprungantwort Sprungfunktion]: &nbsp;&nbsp;<i>s</i>(<i>t</i>) = <i>&gamma;</i>(<i>t</i>) &nbsp;&nbsp;&#8658;&nbsp;&nbsp; <i>r</i>(<i>t</i>) = <i>&gamma;</i>(<i>t</i>) &#8727; <i>h</i>(<i>t</i>) &nbsp;&nbsp;&#8658;&nbsp;&nbsp; <i>Sprungantwort</i>,<br>
+
*Ein&nbsp; [[Signaldarstellung/Einige_Sonderf%C3%A4lle_impulsartiger_Signale#Diracimpuls|Diracimpuls]]: &nbsp;&nbsp;  
*ein [http://www.lntwww.de/Signaldarstellung/Zeitdiskrete_Signaldarstellung#Diracpuls_im_Zeit-_und_im_Frequenzbereich Diracpuls]: &nbsp;&nbsp;<i>s</i>(<i>t</i>) = <i>p</i><sub>&delta;</sub>(<i>t</i>) &nbsp;&nbsp;&#8658;&nbsp;&nbsp; <i>r</i>(<i>t</i>) = <i>p<sub>&delta;</sub></i>(<i>t</i>) &#8727; <i>h</i>(<i>t</i>) &nbsp;&nbsp;&#8658;&nbsp;&nbsp; <i>Pulsantwort</i>.<br><br>
+
:$$s(t) = \delta(t) \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}  &nbsp; r(t) = \delta(t) \star h(t)= h(t)\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \text{Impulsantwort,}$$ 
 +
*eine&nbsp; [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich#Sprungantwort|Sprungfunktion]]:
 +
:$$s(t) = \gamma(t) \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}  &nbsp; r(t) = \gamma(t) \star h(t)\hspace{1.5cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \text{Sprungantwort,}$$
 +
*ein&nbsp; [[Signaldarstellung/Zeitdiskrete_Signaldarstellung#Diracpuls_im_Zeit-_und_im_Frequenzbereich|Diracpuls]]:  
 +
:$$s(t) = p_\delta(t) \hspace{0.25cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}  &nbsp; r(t) = p_\delta(t) \star h(t)\hspace{1.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \text{Pulsantwort.}$$}}
 +
  
Dagegen ist ein Gleichsignal <i>s</i>(<i>t</i>) = <i>A</i> nicht geeignet, die Frequenzabhängigkeit des LZI&ndash;Systems sichtbar werden zu lassen. Bei einem Tiefpass&ndash;System wäre dann das Ausgangssignal unabhängig von <i>H</i>(<i>f</i>) stets konstant: <i>r</i>(<i>t</i>) = <i>A</i> &middot; <i>H</i>(<i>f</i> = 0).<br>
 
  
Auf der nächsten Seite betrachten wir als Eingangssignal <i>s</i>(<i>t</i>) einen Diracpuls <i>p</i><sub>&delta;</sub>(<i>t</i>). Hiermit lassen sich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen zeitinvarianten und zeitvarianten Systemen sehr anschaulich darstellen.<br>
+
Dagegen ist ein Gleichsignal&nbsp; $s(t) = A$&nbsp; nicht geeignet, die Frequenzabhängigkeit des LZI&ndash;Systems sichtbar werden zu lassen:&nbsp; <br> &nbsp; &rArr; &nbsp; Bei einem Tiefpass&ndash;System wäre dann das Ausgangssignal unabhängig von&nbsp; $H(f)$&nbsp; stets konstant: &nbsp; &nbsp; $r(t) = A \cdot H(f= 0)$.<br>
  
<b>Hinweis:</b> Die Eigenschaften von <i>H</i>(<i>f</i>) und <i>h</i>(<i>t</i>) werden in einem Lernvideo behandelt:<br>
+
Auf der nächsten Seite betrachten wir als Eingangssignal&nbsp; $s(t)$&nbsp; einen Diracpuls&nbsp; $p_\delta(t)$:&nbsp; <br> &nbsp; &rArr; &nbsp; Hiermit lassen sich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen zeitinvarianten und zeitvarianten Systemen sehr anschaulich darstellen.<br>
 +
 
 +
<i>Hinweis:</i> &nbsp; Die Eigenschaften von&nbsp; $H(f)$&nbsp; und&nbsp; $h(t)$&nbsp; werden im Lernvideo&nbsp; [[Einige_Anmerkungen_zur_Übertragungsfunktion_(Lernvideo)|Einige Anmerkungen zur Übertragungsfunktion]]&nbsp; ausführlich behandelt.<br>
  
[[Anmerkungen zur Übertragungsfunktion Please add link and do not upload flash videos]] (Dauer 9:08)
 
  
 
== Zeitinvariante vs. zeitvariante Kanäle ==
 
== Zeitinvariante vs. zeitvariante Kanäle ==
 
<br>
 
<br>
Der Unterschied zwischen einem zeitinvarianten Kanal (&bdquo;LZI&rdquo;) und einem zeitvarianten Kanal  (&bdquo;LZV&rdquo;) soll anhand der folgenden Grafik verdeutlicht werden.<br>
+
Die Grafik soll den Unterschied zwischen einem zeitinvarianten Kanal&nbsp; $\rm (LZI)$&nbsp; und einem zeitvarianten Kanal  &nbsp; $\rm (LZV)$&nbsp; verdeutlichen.<br>
  
[[Datei:P ID2142 Mob T 2 1 S2 v1.png|Zeitinvariante und zeitvariante Kanäle|class=fit]]<br>
+
[[Datei:P ID2142 Mob T 2 1 S2 v1.png|right|frame|Zeitinvarianter und zeitvarianter Kanal|class=fit]]
  
 
Man erkennt aus dieser Darstellung:
 
Man erkennt aus dieser Darstellung:
*Das Sendesignal <i>s</i>(<i>t</i>) ist hier ein Diracpuls <i>p</i><sub>&delta;</sub>(<i>t</i>), also eine unendliche Folge von Diracimpulsen in äquidistanten Abständen <i>T</i>, alle mit dem Gewicht 1 (siehe obere Grafik):
+
*Das Sendesignal&nbsp; $s(t)$&nbsp; ist hier ein Diracpuls&nbsp; $p_\delta(t)$, also eine unendliche Folge von Diracimpulsen in äquidistanten Abständen&nbsp; $T$,&nbsp; alle mit dem Gewicht&nbsp; $1$&nbsp; (siehe obere Grafik):
  
 
::<math>s(t) = p_{\rm \delta} (t) = \sum_{n = -\infty}^{+\infty} {\rm \delta} (t - n \cdot T)
 
::<math>s(t) = p_{\rm \delta} (t) = \sum_{n = -\infty}^{+\infty} {\rm \delta} (t - n \cdot T)
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
  
*Grün markiert ist der Diracimpuls bei <i>t</i> = 0.  Das Signal am Kanalausgang ist <i>r</i>(<i>t</i>) = <i>h</i>(<i>t</i>). Vorausgesetzt wird, dass die Ausdehnung der Impulsantwort <i>h</i>(<i>t</i>) deutlich kleiner ist als <i>T</i>.<br>
+
*Grün markiert ist der Diracimpuls bei&nbsp; $t = 0$.&nbsp; Mit&nbsp; $s(t) = {\rm \delta}(t)$&nbsp; ist das Signal am Kanalausgang gleich&nbsp; $r(t) = h(t)$&nbsp; entsprechend der grünen Hinterlegung.&nbsp; Vorausgesetzt wird zunächst, dass die Ausdehnung der Impulsantwort&nbsp; $h(t)$&nbsp; kleiner ist als $T$.<br>
  
*Für das gesamte Empfangssignal nach dem LZI&ndash;Kanal entsprechend der mittleren Grafik kann dann geschrieben werden:
+
*Für das gesamte Empfangssignal nach dem LZI&ndash;Kanal gemäß der mittleren Grafik kann dann geschrieben werden:
  
 
::<math>r(t) = p_{\rm \delta} (t) \star h(t) = \sum_{n = -\infty}^{+\infty} h (t - n \cdot T)
 
::<math>r(t) = p_{\rm \delta} (t) \star h(t) = \sum_{n = -\infty}^{+\infty} h (t - n \cdot T)
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
  
*Bei einem zeitvarianten Kanal &nbsp;&#8658;&nbsp; untere Grafik ist diese Gleichung nicht anwendbar. In jedem Zeitintervall ergibt sich nun eine andere Signalform: Man kann keine einparametrige Impulsantwort <i>h</i>(<i>t</i>) und dementsprechend auch keine Übertragungsfunktion <i>H</i>(<i>f</i>) angeben.<br><br>
+
*Bei einem zeitvarianten Kanal &nbsp; &#8658; &nbsp; untere Grafik ist diese Gleichung nicht anwendbar.&nbsp; In jedem Zeitintervall ergibt sich nun nämlich eine (etwas) andere Signalform.  
  
<b>Hinweis:</b> Folgendes Lernvideo beschreibt die Unterschiede zwischen LZV&ndash; und LZI&ndash;Systemen:<br>
 
  
[[Eigenschaften des Übertragungskanals Please add link and do not add flash videos.]] (Dauer 5:50)
+
{{BlaueBox|TEXT= 
 +
$\text{Fazit:}$&nbsp; Bei einem &nbsp; '''zeitvarianten Kanal''' &nbsp; kann man keine einparametrige Impulsantwort&nbsp; $h(t)$&nbsp; und somit auch keine Übertragungsfunktion&nbsp; $H(f)$&nbsp; angeben.}}<br>
 +
 
 +
<i>Hinweis:</i> &nbsp; Das Lernvideo&nbsp; [[Eigenschaften_des_Übertragungskanals_(Lernvideo)|Eigenschaften des Übertragungskanals]]&nbsp; beschreibt die Unterschiede zwischen LZV&ndash; und LZI&ndash;Systemen.<br>
  
 
== Zweidimensionale Impulsantwort ==
 
== Zweidimensionale Impulsantwort ==
 
<br>
 
<br>
 +
[[Datei:P ID2143 Mob T 2 1 S3 v1.png|right|frame|Zweidimensionale Impulsantwort|class=fit]]
 +
 
Zur Kennzeichnung einer zeitvarianten Impulsantwort  verwendet man einen zweiten Parameter und bildet die Impulsantwort vorzugsweise in einem dreidimensionalen Koordinatensystem ab.<br>
 
Zur Kennzeichnung einer zeitvarianten Impulsantwort  verwendet man einen zweiten Parameter und bildet die Impulsantwort vorzugsweise in einem dreidimensionalen Koordinatensystem ab.<br>
  
[[Datei:P ID2143 Mob T 2 1 S3 v1.png|Zweidimensionale Impulsantwort|class=fit]]<br>
+
Voraussetzung hierfür ist, dass der Kanal weiterhin linear ist; man spricht dann von einem&nbsp;  $\rm LZV&ndash;System$&nbsp;&nbsp;  (&bdquo;linear zeitvariant&rdquo;).  
  
Voraussetzung hierfür ist, dass der Kanal weiterhin linear ist; man spricht dann von einem LZV&ndash;System (linear zeitvariant). Es gelten folgende Zusammenhänge:
+
Es gelten folgende Zusammenhänge:
  
:<math>{\rm LZI:}\hspace{0.8cm}  r(t) \hspace{-0.1cm}  = \hspace{-0.1cm} \int_{-\infty}^{+\infty} h(\tau)  \cdot s(t-\tau) \hspace{0.15cm}{\rm d}\tau  \hspace{0.05cm},</math>
+
::<math>\text{LZI:}\hspace{0.5cm}  r(t) = \int_{-\infty}^{+\infty} h(\tau)  \cdot s(t-\tau) \hspace{0.15cm}{\rm d}\tau  \hspace{0.05cm},</math>
:<math> {\rm LZV:}\hspace{0.8cm}  r(t) \hspace{-0.1cm}  =  \hspace{-0.1cm} \int_{-\infty}^{+\infty} h(\tau, \hspace{0.1cm}t)  \cdot s(t-\tau) \hspace{0.15cm}{\rm d}\tau  \hspace{0.05cm}.</math>
+
::<math>\text{LZV:}\hspace{0.5cm}  r(t) \hspace{-0.1cm}  =  \hspace{-0.1cm} \int_{-\infty}^{+\infty} h(\tau, \hspace{0.1cm}t)  \cdot s(t-\tau) \hspace{0.15cm}{\rm d}\tau  \hspace{0.05cm}.</math>
 +
<br clear=all>
 +
Zur letzten Gleichung und zu obiger Grafik ist anzumerken:
 +
*Der Parameter&nbsp; $\tau$&nbsp; gibt die&nbsp; '''Verzögerungszeit'''&nbsp; zur Kennzeichnung der Zeitdispersion  an.&nbsp; Durch Ausschreiben der Faltungsoperation ist es gelungen, dass&nbsp; $\tau$&nbsp; auch der Parameter der LZI&ndash;Impulsantwort ist.&nbsp; Auf den letzten Seiten wurde noch von&nbsp; $h(t)$&nbsp; gesprochen.<br>
  
Zu dieser Gleichung und obiger Grafik ist Folgendes anzumerken:
+
*Der zweite Parameter der Impulsantwort bzw. die zweite Achse kennzeichnet die&nbsp; '''absolute Zeit'''&nbsp; $t$, die unter anderem zur Beschreibung der Zeitvarianz herangezogen wird.&nbsp; Zu unterschiedlichen Zeiten&nbsp; $t$&nbsp; hat die Impulsantwort&nbsp; $h(\tau, \hspace{0.05cm}t)$&nbsp; eine andere Form.<br>
*Der Parameter <i>&tau;</i> gibt die Verzögerungszeit zur Kennzeichnung der Zeitdispersion  an. Durch Ausschreiben der Faltungsoperation ist es gelungen, dass <i>&tau;</i> auch der Parameter der LZI&ndash;Impulsantwort ist. Auf den letzten Seiten wurde noch von <i>h</i>(<i>t</i>) gesprochen.<br>
 
  
*Der zweite Parameter der Impulsantwort bzw. die zweite Achse kennzeichnet die absolute Zeit <i>t</i>, die unter anderem zur Beschreibung der Zeitvarianz herangezogen wird. Zu unterschiedlichen Zeiten <i>t</i> hat die Impulsantwort <i>h</i>(<i>&tau;</i>, <i>t</i>) eine andere Form.<br>
+
*Eine Besonderheit der 2D&ndash;Darstellung ist, dass die&nbsp; $t$&ndash;Achse stets zeitdiskret&nbsp;  $($bei Vielfachen von&nbsp; $T)$&nbsp; aufgetragen wird, während die&nbsp; $\tau$&ndash;Achse wie im gezeigten Beispiel zeitkontinuierlich sein kann.&nbsp; Im Mobilfunk wird&nbsp; $h(\tau, \hspace{0.05cm}t_0)$&nbsp; aber meist auch zeitdiskret hinsichtlich&nbsp; $\tau$&nbsp; angenommen $($&bdquo;Echos&rdquo;$)$.
  
*Eine Besonderheit der 2D&ndash;Darstellung ist, dass die <i>t</i>&ndash;Achse zeitdiskret  (bei Vielfachen von <i>T</i>) aufgetragen wird, während die <i>&tau;</i>&ndash;Achse wie im gezeigten Beispiel zeitkontinuierlich sein kann. Im Mobilfunk wird <i>h</i>(<i>&tau;</i>, <i>t</i>) meist zeitdiskret angenommen (&bdquo;Echos&rdquo;).
+
*Die LZV&ndash;Gleichung ist nur anwendbar, wenn die zeitliche Veränderung des Kanals&nbsp; $($im Bild durch den Parameter&nbsp; $T$&nbsp; gekennzeichnet$)$ langsam erfolgt im Vergleich zur maximalen Verzögerung&nbsp; $\tau_{\rm max}$.&nbsp; Im Mobilfunk ist diese Bedingung &nbsp; &#8658; &nbsp; $\tau_{\rm max} < T$ &nbsp; fast immer erfüllt.
  
*Die LZV&ndash;Gleichung ist nur anwendbar, wenn die zeitliche Veränderung des Kanals (im Bild durch den Parameter <i>T</i> gekennzeichnet) langsam erfolgt im Vergleich zur maximalen Verzögerung <i>&tau;</i><sub>max</sub>.  Im Mobilfunk ist diese Bedingung &nbsp;&#8658;&nbsp; <i>&tau;</i><sub>max</sub> < <i>T</i> &nbsp; fast immer erfüllt.
+
*Je nachdem, ob man das erste Fourierintegral auf den Parameter&nbsp; $\tau$&nbsp; oder&nbsp; $t$&nbsp; anwendet, kommt man zu unterschiedlichen Spektralfunktionen.&nbsp; In der&nbsp; [[Aufgabe_2.1Z:_2D-Frequenz-_und_2D-Zeitdarstellung|Aufgabe 2.1Z]]&nbsp; wird beispielsweise die zeitvariante&nbsp; '''2D&ndash;Übertragungsfunktion'''&nbsp; betrachtet:
 
 
*Je nachdem, ob man das erste Fourierintegral auf den Parameter <i>&tau;</i> oder <i>t</i> anwendet, kommt man zu unterschiedlichen Spektralfunktionen. In der Aufgabe Z2.1 wird beispielsweise die zeitvariante 2D&ndash;Übertragungsfunktion betrachtet:
 
  
 
::<math>H(f,\hspace{0.05cm} t)
 
::<math>H(f,\hspace{0.05cm} t)
 
  \hspace{0.2cm}  \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ \hspace{0.2cm} h(\tau,\hspace{0.05cm}t)   
 
  \hspace{0.2cm}  \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ \hspace{0.2cm} h(\tau,\hspace{0.05cm}t)   
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
 
  \hspace{0.05cm}.</math>
 +
 +
 +
==Aufgaben zum Kapitel==
 +
[[Aufgaben:Aufgabe_2.1:_Zweidimensionale_Impulsantwort|Aufgabe 2.1: Zweidimensionale Impulsantwort]]
 +
 +
[[Aufgabe_2.1Z:_2D-Frequenz-_und_2D-Zeitdarstellung|Aufgabe 2.1Z: 2D-Frequenz- und 2D-Zeitdarstellung]]
 +
  
  
 
{{Display}}
 
{{Display}}

Aktuelle Version vom 15. Februar 2021, 13:04 Uhr

# ÜBERBLICK ZUM ZWEITEN HAUPTKAPITEL #


Nach der Zeitvarianz wird nun der Begriff der  Frequenzselektivität  eingeführt und an Beispielen verdeutlicht, eine Kanaleigenschaft, die für die mobile Kommunikation ebenfalls von großer Bedeutung ist.  Wie im gesamten Buch erfolgt die Beschreibung im äquivalenten Tiefpassbereich.

Im Einzelnen werden behandelt:

  • der Unterschied zwischen zeitinvarianten und zeitvarianten Systemen,
  • die zeitvariante Impulsantwort als wichtige Beschreibungsfunktion zeitvarianter Systeme,
  • der Mehrwegeempfang als Ursache für frequenzselektives Verhalten,
  • eine ausführliche Herleitung und Interpretation des GWSSUS–Kanalmodells,
  • die Kenngrößen des GWSSUS–Modells:   Kohärenzbandbreite, Korrelationsdauer, usw.


Weitere Informationen zum Thema sowie Aufgaben, Simulationen und Programmierübungen finden Sie im Versuch „Mobilfunkkanal” des Praktikums „Simulation digitaler Übertragungssysteme”.  Diese (ehemalige) LNT-Lehrveranstaltung an der TU München basiert auf


Übertragungsfunktion und Impulsantwort


Die Beschreibungsgrößen eines Nachrichtenübertragungssystems wurden bereits in den Kapiteln 


Betrachtetes LZI–System

des Buches „Lineare zeitvariante Systeme” eingeführt und eingehend diskutiert. 

Die wichtigsten Ergebnisse werden hier nochmals kurz zusammengefasst.

Vorausgesetzt wird zunächst ein  lineares und zeitinvariantes System   ⇒   LZI–System  mit dem Signal  $s(t)$  am Eingang und dem Ausgangssignal  $r(t)$.  Der Einfachheit halber seien  $s(t)$  und  $r(t)$  reell.  Dann gilt:

  • Das System lässt sich vollständig durch die  Übertragungsfunktion  $H(f)$  charakterisieren.  Man bezeichnet  $H(f)$  auch als den  Frequenzgang.  Definitionsgemäß gilt 
$$H(f) = R(f)/S(f).$$
\[r(t) = s(t) \star h(t) \hspace{0.4cm} {\rm mit} \hspace{0.4cm} h(t) \hspace{0.2cm} \circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet \hspace{0.2cm} H(f) \hspace{0.05cm}.\]

$\text{Definitionen:}$     Um die durch  $H(f)$  bzw.  $h(t)$  entstehenden linearen Verzerrungen zu erkennen, eignen sich die folgenden Eingangssignale:

$$s(t) = \delta(t) \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}   r(t) = \delta(t) \star h(t)= h(t)\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \text{Impulsantwort,}$$
$$s(t) = \gamma(t) \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}   r(t) = \gamma(t) \star h(t)\hspace{1.5cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \text{Sprungantwort,}$$
$$s(t) = p_\delta(t) \hspace{0.25cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}   r(t) = p_\delta(t) \star h(t)\hspace{1.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} \text{Pulsantwort.}$$


Dagegen ist ein Gleichsignal  $s(t) = A$  nicht geeignet, die Frequenzabhängigkeit des LZI–Systems sichtbar werden zu lassen: 
  ⇒   Bei einem Tiefpass–System wäre dann das Ausgangssignal unabhängig von  $H(f)$  stets konstant:     $r(t) = A \cdot H(f= 0)$.

Auf der nächsten Seite betrachten wir als Eingangssignal  $s(t)$  einen Diracpuls  $p_\delta(t)$: 
  ⇒   Hiermit lassen sich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen zeitinvarianten und zeitvarianten Systemen sehr anschaulich darstellen.

Hinweis:   Die Eigenschaften von  $H(f)$  und  $h(t)$  werden im Lernvideo  Einige Anmerkungen zur Übertragungsfunktion  ausführlich behandelt.


Zeitinvariante vs. zeitvariante Kanäle


Die Grafik soll den Unterschied zwischen einem zeitinvarianten Kanal  $\rm (LZI)$  und einem zeitvarianten Kanal   $\rm (LZV)$  verdeutlichen.

Zeitinvarianter und zeitvarianter Kanal

Man erkennt aus dieser Darstellung:

  • Das Sendesignal  $s(t)$  ist hier ein Diracpuls  $p_\delta(t)$, also eine unendliche Folge von Diracimpulsen in äquidistanten Abständen  $T$,  alle mit dem Gewicht  $1$  (siehe obere Grafik):
\[s(t) = p_{\rm \delta} (t) = \sum_{n = -\infty}^{+\infty} {\rm \delta} (t - n \cdot T) \hspace{0.05cm}.\]
  • Grün markiert ist der Diracimpuls bei  $t = 0$.  Mit  $s(t) = {\rm \delta}(t)$  ist das Signal am Kanalausgang gleich  $r(t) = h(t)$  entsprechend der grünen Hinterlegung.  Vorausgesetzt wird zunächst, dass die Ausdehnung der Impulsantwort  $h(t)$  kleiner ist als $T$.
  • Für das gesamte Empfangssignal nach dem LZI–Kanal gemäß der mittleren Grafik kann dann geschrieben werden:
\[r(t) = p_{\rm \delta} (t) \star h(t) = \sum_{n = -\infty}^{+\infty} h (t - n \cdot T) \hspace{0.05cm}.\]
  • Bei einem zeitvarianten Kanal   ⇒   untere Grafik ist diese Gleichung nicht anwendbar.  In jedem Zeitintervall ergibt sich nun nämlich eine (etwas) andere Signalform.


$\text{Fazit:}$  Bei einem   zeitvarianten Kanal   kann man keine einparametrige Impulsantwort  $h(t)$  und somit auch keine Übertragungsfunktion  $H(f)$  angeben.


Hinweis:   Das Lernvideo  Eigenschaften des Übertragungskanals  beschreibt die Unterschiede zwischen LZV– und LZI–Systemen.

Zweidimensionale Impulsantwort


Zweidimensionale Impulsantwort

Zur Kennzeichnung einer zeitvarianten Impulsantwort verwendet man einen zweiten Parameter und bildet die Impulsantwort vorzugsweise in einem dreidimensionalen Koordinatensystem ab.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Kanal weiterhin linear ist; man spricht dann von einem  $\rm LZV–System$   („linear zeitvariant”).

Es gelten folgende Zusammenhänge:

\[\text{LZI:}\hspace{0.5cm} r(t) = \int_{-\infty}^{+\infty} h(\tau) \cdot s(t-\tau) \hspace{0.15cm}{\rm d}\tau \hspace{0.05cm},\]
\[\text{LZV:}\hspace{0.5cm} r(t) \hspace{-0.1cm} = \hspace{-0.1cm} \int_{-\infty}^{+\infty} h(\tau, \hspace{0.1cm}t) \cdot s(t-\tau) \hspace{0.15cm}{\rm d}\tau \hspace{0.05cm}.\]


Zur letzten Gleichung und zu obiger Grafik ist anzumerken:

  • Der Parameter  $\tau$  gibt die  Verzögerungszeit  zur Kennzeichnung der Zeitdispersion an.  Durch Ausschreiben der Faltungsoperation ist es gelungen, dass  $\tau$  auch der Parameter der LZI–Impulsantwort ist.  Auf den letzten Seiten wurde noch von  $h(t)$  gesprochen.
  • Der zweite Parameter der Impulsantwort bzw. die zweite Achse kennzeichnet die  absolute Zeit  $t$, die unter anderem zur Beschreibung der Zeitvarianz herangezogen wird.  Zu unterschiedlichen Zeiten  $t$  hat die Impulsantwort  $h(\tau, \hspace{0.05cm}t)$  eine andere Form.
  • Eine Besonderheit der 2D–Darstellung ist, dass die  $t$–Achse stets zeitdiskret  $($bei Vielfachen von  $T)$  aufgetragen wird, während die  $\tau$–Achse wie im gezeigten Beispiel zeitkontinuierlich sein kann.  Im Mobilfunk wird  $h(\tau, \hspace{0.05cm}t_0)$  aber meist auch zeitdiskret hinsichtlich  $\tau$  angenommen $($„Echos”$)$.
  • Die LZV–Gleichung ist nur anwendbar, wenn die zeitliche Veränderung des Kanals  $($im Bild durch den Parameter  $T$  gekennzeichnet$)$ langsam erfolgt im Vergleich zur maximalen Verzögerung  $\tau_{\rm max}$.  Im Mobilfunk ist diese Bedingung   ⇒   $\tau_{\rm max} < T$   fast immer erfüllt.
  • Je nachdem, ob man das erste Fourierintegral auf den Parameter  $\tau$  oder  $t$  anwendet, kommt man zu unterschiedlichen Spektralfunktionen.  In der  Aufgabe 2.1Z  wird beispielsweise die zeitvariante  2D–Übertragungsfunktion  betrachtet:
\[H(f,\hspace{0.05cm} t) \hspace{0.2cm} \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ \hspace{0.2cm} h(\tau,\hspace{0.05cm}t) \hspace{0.05cm}.\]


Aufgaben zum Kapitel

Aufgabe 2.1: Zweidimensionale Impulsantwort

Aufgabe 2.1Z: 2D-Frequenz- und 2D-Zeitdarstellung