Mobile Kommunikation/Die Charakteristika von UMTS: Unterschied zwischen den Versionen
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== Anforderungen an Mobilfunksysteme der dritten Generation == | == Anforderungen an Mobilfunksysteme der dritten Generation == | ||
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− | Die wichtigste Motivation zur Entwicklung von '''Mobilfunksystemen der dritten Generation''' war die Erkenntnis, dass die 2G–Systeme den Bandbreitenbedarf zur Nutzung multimedialer Dienste nicht zufrieden stellen konnten. | + | Die wichtigste Motivation zur Entwicklung von '''Mobilfunksystemen der dritten Generation''' war die Erkenntnis, dass die 2G–Systeme den Bandbreitenbedarf zur Nutzung multimedialer Dienste nicht zufrieden stellen konnten. |
[[Datei:P ID2207 Mob T 3 4 S1 v2.png|right|frame|Entwicklung der Mobilfunksysteme|class=fit]] | [[Datei:P ID2207 Mob T 3 4 S1 v2.png|right|frame|Entwicklung der Mobilfunksysteme|class=fit]] | ||
− | Die Grafik zeigt die Entwicklung der Mobilfunksysteme von 1995 bis 2006 hinsichtlich der Leistungsfähigkeit. Die angegebenen Datenraten waren auch für 2011 bei nicht mehr als zwei aktiven Nutzern in einer Zelle noch realistisch. Die von Anbietern oft angegebenen Maximalwerte wurden in der Praxis meist nicht erreicht. | + | Die Grafik zeigt die Entwicklung der Mobilfunksysteme von 1995 bis 2006 hinsichtlich der Leistungsfähigkeit. Die angegebenen Datenraten waren auch für 2011 bei nicht mehr als zwei aktiven Nutzern in einer Zelle noch realistisch. Die von Anbietern oft angegebenen Maximalwerte wurden in der Praxis meist nicht erreicht. |
− | Die Mobilfunksysteme der dritten Generation sollten über eine größere Bandbreite und eine genügende Reserve an Leistungsfähigkeit verfügen, um auch bei wachsenden Anforderungen eine hohe Dienstgüte (englisch: <i>Quality of Service</i>, QoS) gewährleisten | + | Die Mobilfunksysteme der dritten Generation sollten über eine größere Bandbreite und eine genügende Reserve an Leistungsfähigkeit verfügen, um auch bei wachsenden Anforderungen eine hohe Dienstgüte $($englisch: <i>Quality of Service</i>, $\rm QoS)$ zu gewährleisten. |
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− | Vor der Entwicklung der 3G–Systeme hat die <i>International Telecommunication Union</i> (ITU) | + | |
− | *Hohe Datenraten von 144 kbit/s (Standard) bis 2 Mbit/s (In-door),<br> | + | Vor der Entwicklung der 3G–Systeme hat die <i>International Telecommunication Union</i> (ITU) einen Anforderungskatalog erstellt, der folgende Rahmenbedingungen umfasst: |
+ | *Hohe Datenraten von $\text{144 kbit/s}$ (Standard) bis $\text{2 Mbit/s}$ (In-door),<br> | ||
*symmetrische und asymmetrische Datenübertragung (IP–Dienste),<br> | *symmetrische und asymmetrische Datenübertragung (IP–Dienste),<br> | ||
− | + | ||
− | *hohe Sprachqualität und hohe Spektraleffizienz, globale Erreichbarkeit und Verbreitung,<br> | + | *hohe Sprachqualität und hohe Spektraleffizienz, |
+ | *globale Erreichbarkeit und Verbreitung,<br> | ||
*nahtloser Übergang von und zu den Systemen der zweiten Generation,<br> | *nahtloser Übergang von und zu den Systemen der zweiten Generation,<br> | ||
− | *Anwendbarkeit unabhängig vom verwendeten Netz (<i>Virtual Home Environment</i> ).<br><br> | + | *Anwendbarkeit unabhängig vom verwendeten Netz (<i>Virtual Home Environment</i> ), |
+ | *Bereitstellung von leitungsvermittelter (<i>circuit–switched</i> ) und paketvermittelter (<i>packed–switched</i> ) Übertragung.<br><br> | ||
− | Bei der Einführung von UMTS (<i><b>U</b>niversal <b>M</b>obile <b>T</b>elecommunication <b>S</b>ystem</i>) als den bekanntesten 3G–Standard war die Erweiterung und Diversifikation der angebotenen Dienste ein entscheidendes Motiv. Ein UMTS–fähiges Endgerät muss zusätzlich zu den klassischen Diensten (Sprachübertragung, Messaging, usw.) eine Reihe komplexer und multimedialer Anwendungen unterstützen, unter anderem<br> | + | Bei der Einführung von $\rm UMTS$ (<i><b>U</b>niversal <b>M</b>obile <b>T</b>elecommunication <b>S</b>ystem</i>) als den bekanntesten 3G–Standard war die Erweiterung und Diversifikation der angebotenen Dienste ein entscheidendes Motiv. Ein UMTS–fähiges Endgerät muss zusätzlich zu den klassischen Diensten (Sprachübertragung, Messaging, usw.) eine Reihe komplexer und multimedialer Anwendungen unterstützen, unter anderem<br> |
*hinsichtlich ''Information:'' Internet–Surfen (Info–on–demand), Online–Printmedien,<br> | *hinsichtlich ''Information:'' Internet–Surfen (Info–on–demand), Online–Printmedien,<br> | ||
− | *hinsichtlich ''Kommunikation:'' Video– und Audiokonferenz, Fax, ISDN, Messaging,<br> | + | *hinsichtlich ''Kommunikation:'' Video– und Audiokonferenz, Fax, ISDN, Messaging,<br> |
− | *hinsichtlich ''Unterhaltung:'' Mobile TV, Video–on–Demand, Online–Gaming,<br> | + | *hinsichtlich ''Unterhaltung:'' Mobile TV, Video–on–Demand, Online–Gaming,<br> |
− | *im ''geschäftlichen Bereich:'' Interaktives Einkaufen, E–Commerce,<br> | + | *im ''geschäftlichen Bereich:'' Interaktives Einkaufen, E–Commerce,<br> |
− | *im ''technischen Bereich:'' Online–Betreuung, Distributionsservice (Sprache und Daten),<br> | + | *im ''technischen Bereich:'' Online–Betreuung, Distributionsservice (Sprache und Daten),<br> |
− | *im ''medizinischen Bereich:'' Telemedizin.<br><br> | + | *im ''medizinischen Bereich:'' Telemedizin.<br><br> |
== Der IMT–2000–Standard == | == Der IMT–2000–Standard == | ||
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− | Um 1990 wurde von der <i>International Telecommuncation Union</i> (ITU) der '''Standard IMT-2000''' (<i>'''I'''nternational '''M'''obile '''T'''elecommunications at the year</i> '''2000''') ins Leben gerufen, der die genannten Anforderungen ermöglichen sollte. IMT–2000 umfasst einige Mobilfunksysteme der dritten Generation, die im Laufe der Standardisierung einander angenähert wurden, um die Entwicklung von gemeinsamen Endgeräten für alle diese Standards zu ermöglichen.<br> | + | Um 1990 wurde von der <i>International Telecommuncation Union</i> (ITU) der '''Standard IMT-2000''' (<i>'''I'''nternational '''M'''obile '''T'''elecommunications at the year</i> '''2000''') ins Leben gerufen, der die genannten Anforderungen ermöglichen sollte. IMT–2000 umfasst einige Mobilfunksysteme der dritten Generation, die im Laufe der Standardisierung einander angenähert wurden, um die Entwicklung von gemeinsamen Endgeräten für alle diese Standards zu ermöglichen.<br> |
− | Um unterschiedliche Vorarbeiten zu berücksichtigen und den Netzbetreibern die Möglichkeit zu geben, bereits bestehende Netzarchitekturen zum Teil weiter zu verwenden, beinhaltet IMT–2000 mehrere Einzelstandards. Diese lassen sich grob in vier Kategorien einteilen: | + | Um unterschiedliche Vorarbeiten zu berücksichtigen und den Netzbetreibern die Möglichkeit zu geben, bereits bestehende Netzarchitekturen zum Teil weiter zu verwenden, beinhaltet IMT–2000 mehrere Einzelstandards. Diese lassen sich grob in vier Kategorien einteilen: |
− | * | + | [[Datei:P ID2208 Mob T 3 4 S2 v1.png|right|frame|Die IMT–Familie|class=fit]] |
+ | *$\text{W–CDMA:}$ Hierzu zählt man die FDD-Komponente des europäischen UMTS–Standards sowie das amerikanische cdma2000–System.<br> | ||
− | * | + | *$\text{TD–CDMA:}$ Zu dieser Gruppe zählt die TDD–Komponente von UMTS sowie das hierin integrierte chinesische TD–SCDMA.<br> |
− | * | + | *$\text{TDMA:}$ Eine Weiterentwicklung des GSM–Ablegers EDGE und des amerikanischen Pendants UWC–136, auch bekannt als D–AMPS.<br> |
− | * | + | *$\text{FD–TDMA:}$ Weiterentwicklung des europäischen Schnurlos–Telefonie–Standards DECT (<i>Digital Enhanced Cordless Telecommunication</i>).<br> |
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Wir konzentrieren uns hier auf das in Europa entwickelte Mobilfunksystem UMTS, das die beiden Standards W–CDMA und TD–CDMA der Systemfamilie IMT–2000 unterstützt, und zwar unter folgenden Bezeichnungen: | Wir konzentrieren uns hier auf das in Europa entwickelte Mobilfunksystem UMTS, das die beiden Standards W–CDMA und TD–CDMA der Systemfamilie IMT–2000 unterstützt, und zwar unter folgenden Bezeichnungen: | ||
− | * | + | *$\text{UTRA–FDD}$ ⇒ ''UMTS Terrestrial Radio Access – Frequency Division Duplex'': <br>Dieses besteht aus zwölf gepaarten Uplink– und Downlink–Frequenzbändern zu je $\text{5 MHz}$ Bandbreite. Diese liegen in Europa zwischen $\text{1920}$ und $\text{1980 MHz}$ im Uplink sowie zwischen $\text{2110}$ und $\text{2170 MHz}$ im Downlink. Im Sommer 2000 brachte die Versteigerung der Lizenzen für Deutschland mit zwanzig Jahren Laufzeit ca. 50 Milliarden Euro.<br> |
− | * | + | *$\text{UTRA–TDD}$ ⇒ ''UMTS Terrestrial Radio Access – Time Division Duplex'': <br>Hierfür werden fünf Bänder zu je $\text{5 MHz}$ Bandbreite bereitgestellt, in denen mittels Zeitmultiplex sowohl Uplink– als auch Downlink–Daten übertragen werden sollen. Für UTRA–TDD sind die Frequenzen zwischen $\text{1900}$ und $\text{1920 MHz}$ (vier Kanäle) und zwischen $\text{2020}$ und $\text{2025 MHz}$ (ein Kanal) reserviert.<br> |
== Systemarchitektur und Basiseinheiten bei UMTS == | == Systemarchitektur und Basiseinheiten bei UMTS == | ||
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Die Netzwerk–Architektur kann man bei UMTS in zwei Hauptblöcke unterteilen.<br> | Die Netzwerk–Architektur kann man bei UMTS in zwei Hauptblöcke unterteilen.<br> | ||
− | Das ''UMTS Terrestrial Radio Access Network'' | + | Das ''UMTS Terrestrial Radio Access Network'' $\text{(UTRAN)}$ sichert die Funkübertragung von Daten zwischen der Transportebene und der Funknetzebene. Dazu gehören die Basisstationen und die Kontrollknoten, deren Funktionen nachfolgend genannt werden: |
− | *Ein | + | *Ein $\rm Node \ B$ – wie eine UMTS–Basisstation genannt wird – umfasst die Antennenanlage sowie den CDMA–Empfänger und ist unmittelbar mit den Funkschnittstellen aller Teilnehmer in der Zelle verbunden. Zu den Aufgaben eines „Node B” gehören die Datenratenanpassung, Daten– und Kanal(de)codierung, Interleaving sowie Modulation bzw. Demodulation. Jede Basisstation kann eine oder mehrere Zellen(sektoren) versorgen.<br> |
− | *Der | + | *Der ''Radio Network Controller'' $\rm (RNC)$ ist für die Steuerung der Basisstationen verantwortlich. Ebenso ist er innerhalb der Zellen für die Rufannahmesteuerung, Verschlüsselung und Entschlüsselung, die Umsetzung auf ATM (<i>Asynchronous Tranfer Mode</i>), die Kanalzuweisung, das Handover und die Leistungsregelung zuständig.<br><br> |
− | Das ''Core Network'' ( | + | Das ''Core Network'' $\rm (CN)$ übernimmt die Vermittlung der Daten innerhalb des UMTS–Netzes. Dazu enthält es bei <i>Leitungsvermittlung</i> folgende Hardware– und Softwarekomponenten: |
− | *Das < | + | *Das <i>Mobile Switching Center</i> $\rm (MSC)$ ist zuständig für Lokalisierung/Authentifizierung, das Routing von Gesprächen, Handover und Verschlüsselung von Teilnehmerdaten.<br> |
− | *Das < | + | *Das <i>Gateway Mobile Switching Center</i> $\rm (GMSC)$ organisiert die Verbindung zu anderen Netzen, zum Beispiel zum Festnetz.<br> |
− | * | + | *MSC und GMSC haben Zugriff auf verschiedene Datenbanken wie [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Allgemeine_Beschreibung_von_GSM#Switching_and_Management_Subsystem_.28SMSS.29| Home Location Register]] $\rm (HLR)$ und [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Allgemeine_Beschreibung_von_GSM#Switching_and_Management_Subsystem_.28SMSS.29| Visitor Location Register]] $\rm (VLR)$.<br> |
[[Datei:P ID2209 Mob T 3 4 S3 v1.png|right|frame|UMTS–Zugangsebene (bei Leitungsvermittlung)|class=fit]] | [[Datei:P ID2209 Mob T 3 4 S3 v1.png|right|frame|UMTS–Zugangsebene (bei Leitungsvermittlung)|class=fit]] | ||
− | <br>Die Grafik zeigt die UMTS–Architektur bei Leitungsvermittlung (englisch: <i>Circuit Switching</i> ), wobei das <i>Core Network</i> (CN) ähnlich wie bei der GSM–Architektur organisiert ist. | + | <br>Die Grafik zeigt die UMTS–Architektur bei Leitungsvermittlung (englisch: <i>Circuit Switching</i> ), wobei das <i>Core Network</i> $\rm (CN)$ ähnlich wie bei der GSM–Architektur organisiert ist. |
− | Die [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/UMTS%E2%80%93Netzarchitektur#Architektur_der_Zugangsebene| Systemarchitektur bei Paketvermittlung]] (englisch: <i>Packet Switching</i> ) unterscheidet sich demgegenüber grundlegend: | + | Die [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/UMTS%E2%80%93Netzarchitektur#Architektur_der_Zugangsebene| Systemarchitektur bei Paketvermittlung]] (englisch: <i>Packet Switching</i> ) unterscheidet sich demgegenüber grundlegend: |
− | Hier nutzen die Kommunikationspartner den ihnen zugewiesenen Kanal nicht exklusiv, sondern die Pakete sind mit denen anderer Teilnehmer vermischt. Man findet dort ähnliche Komponenten wie bei der GSM–Erweiterung [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_des_GSM#General_Packet_Radio_Service_.28GPRS.29| General Packet Radio Service]] (GPRS).<br clear=all> | + | *Hier nutzen die Kommunikationspartner den ihnen zugewiesenen Kanal nicht exklusiv, sondern die Pakete sind mit denen anderer Teilnehmer vermischt. |
+ | *Man findet dort ähnliche Komponenten wie bei der GSM–Erweiterung [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_des_GSM#General_Packet_Radio_Service_.28GPRS.29| General Packet Radio Service]] $\rm (GPRS)$.<br clear=all> | ||
== CDMA – Vielfachzugriff bei UMTS == | == CDMA – Vielfachzugriff bei UMTS == | ||
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− | UMTS verwendet das Vielfachzugriffsverfahren [[Modulationsverfahren/PN%E2%80%93Modulation#Blockschaltbild_und_.C3.A4quivalentes_Tiefpass.E2.80.93Modell| | + | UMTS verwendet das Vielfachzugriffsverfahren [[Modulationsverfahren/PN%E2%80%93Modulation#Blockschaltbild_und_.C3.A4quivalentes_Tiefpass.E2.80.93Modell| ''Direct Sequence Code Division Multiple Access'']] $\text{(DS–CDMA)}$, das manchmal auch als „PN–Modulation” bezeichnet wird.<br> |
− | + | Die Grafik zeigt das Prinzip anhand eines vereinfachten Modells und beispielhafter Signale für „Nutzer 1”. Zur Vereinfachung ist das Rauschsignal $n(t) \equiv 0$ gesetzt. Es gilt: | |
− | Die Grafik zeigt das Prinzip anhand eines vereinfachten Modells und beispielhafter Signale für | + | [[Datei:P ID2210 Mob T 3 4 S4 v1.png|right|frame|Prinzip und Signalverläufe bei „DS–CDMA” für zwei Nutzer|class=fit]] |
− | |||
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− | *Die | + | *Die beiden Quellensignale $q_1(t)$ und $q_2(t)$ benutzen den gleichen AWGN–Kanal, ohne sich gegenseitig zu stören. Die Bitdauer der Datensignale beträgt jeweils $T_{\rm B}$.<br> |
+ | *Die Datensignale werden mit einem zugeordneten Spreizcode – $c_1(t)$ bzw. $c_2(t)$ – multipliziert. Übertragen wird anschließend das Summensignal | ||
+ | :$$s(t) = s_1(t) + s_2(t) = q_1(t) \cdot c_1(t) + q_2(t) \cdot c_2(t).$$ | ||
− | * | + | *Die Bandbreiten der Teilsignale $s_1(t)$ und $s_2(t)$ sowie des resultierenden Sendesignal $s(t)$ sind um den $\rm Spreizfaktor$ $ J = T_{\rm C}/T_{\rm B}$ größer als die Bandbreiten von $q_1(t)$ bzw. $q_2(t)$. Für die Grafik wurde $J = 4$ gewählt. |
− | *Bei | + | *Beim Empfänger werden die gleichen Spreizcodes $c_1(t)$ bzw. $c_2(t)$ multiplikativ zugesetzt. Bei orthogonalen Codes und kleinem AWGN–Rauschen $n(t)$ können die Datensignale wieder separiert werden: $v_1(t) = q_1(t), \ \ v_2(t) = q_2(t)$.<br> |
− | *Man könnte somit | + | *Bei vorhandenem AWGN–Rauschen unterscheiden sich zwar die digitalen Ausgangssignale von den Eingangssignalen, aber die Fehlerwahrscheinlichkeit wird durch die anderen Teilnehmer nicht erhöht, solange die Spreizfolgen orthogonal sind.<br> |
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+ | Man könnte somit $J =4$ Teilnehmer ohne Beeinträchtigung über den gleichen Kanal übertragen, allerdings nur, wenn es überhaupt $J =4$ orthogonale Spreizcodes gibt.<br> | ||
== Anforderungen an die Spreizcodes== | == Anforderungen an die Spreizcodes== | ||
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*zueinander orthogonal sein, um eine gegenseitige Beeinflussung der Teilnehmer zu vermeiden,<br> | *zueinander orthogonal sein, um eine gegenseitige Beeinflussung der Teilnehmer zu vermeiden,<br> | ||
− | *eine flexible Realisierung unterschiedlicher Spreizfaktoren $J$ ermöglichen.<br><br> | + | *eine flexible Realisierung unterschiedlicher Spreizfaktoren $J$ ermöglichen.<br><br> |
+ | [[Datei:P ID1535 Bei T 4 3 S3c v1.png|right|frame|OVSF–Codefamilie und mögliche Spreizfolgen|class=fit]] | ||
{{GraueBox|TEXT= | {{GraueBox|TEXT= | ||
− | $\text{Beispiel 1:}$ Ein Beispiel | + | $\text{Beispiel 1:}$ Ein Beispiel sind sog. $\text{Codes mit variablem Spreizfaktor}$ $($englisch: <i>Orthogonal Variable Spreading Faktor</i>, $\rm OVSF)$, die Codes der Länge $J =4$ bis $J =512$ bereitstellen. |
− | + | *Diese können, wie in der Grafik dargestellt, mit Hilfe eines Codebaums erstellt werden. | |
− | + | *Dabei entstehen bei jeder Verzweigung aus einem Code $C$ zwei neue Codes $(+C \ +\hspace{-0.05cm}C)$ und $(+C \ -\hspace{-0.05cm}C)$.<br> | |
− | Diese können, wie in der Grafik | ||
Anzumerken ist: | Anzumerken ist: | ||
*Es darf kein Vorgänger und Nachfolger eines Codes benutzt werden. | *Es darf kein Vorgänger und Nachfolger eines Codes benutzt werden. | ||
− | *Im Beispiel könnten also acht Spreizcodes mit dem Spreizfaktor $J = 8$ verwendet werden. | + | *Im Beispiel könnten also acht Spreizcodes mit dem Spreizfaktor $J = 8$ verwendet werden. |
− | *Oder die vier gelb hinterlegten Codes – einmal $J = 2$, einmal $J = 4$ und zweimal $J = 8$. | + | *Oder die vier gelb hinterlegten Codes – einmal $J = 2$, einmal $J = 4$ und zweimal $J = 8$. |
− | * | + | *Hier können die unteren vier Codes mit dem Spreizfaktor $J = 8$ nicht herangezogen werden, da sie alle mit „$+1 \ -1$ ” beginnen, was bereits durch den OVSF–Codes mit Spreizfaktor $J = 2$ belegt ist.}} |
− | Der hier dargelegte Sachverhalt wird auch durch das Applet [[Applets:OVSF-Codes_(Applet)|OVSF–Codes]] verdeutlicht.<br> | + | Der hier dargelegte Sachverhalt wird auch durch das SWF–Applet [[Applets:OVSF-Codes_(Applet)|OVSF–Codes]] verdeutlicht.<br> |
== Zusätzliche Verwürfelung bei UMTS == | == Zusätzliche Verwürfelung bei UMTS == | ||
<br> | <br> | ||
− | [[Datei:P ID1536 Bei T 4 3 S3a v1.png|right|frame|Verwürfelung | + | [[Datei:P ID1536 Bei T 4 3 S3a v1.png|right|frame|Verwürfelung bei UMTS|class=fit]] |
− | Um mehr Spreizcodes zu erhalten und damit mehr Teilnehmer versorgen zu können, wird nach der Bandspreizung mit $c(t)$ die Folge mit $w(t)$ chipweise nochmals verwürfelt, ohne dass eine weitere Spreizung stattfindet. | + | Um mehr Spreizcodes zu erhalten und damit mehr Teilnehmer versorgen zu können, wird nach der Bandspreizung mit $c(t)$ die Folge mit $w(t)$ chipweise nochmals verwürfelt, ohne dass eine weitere Spreizung stattfindet. |
Die Verwendung quasi–orthogonaler Codes macht Sinn, da die Menge an orthogonalen Codes begrenzt ist und durch die Verwürfelung verschiedene Teilnehmer auch gleiche Spreizcodes verwenden können. | Die Verwendung quasi–orthogonaler Codes macht Sinn, da die Menge an orthogonalen Codes begrenzt ist und durch die Verwürfelung verschiedene Teilnehmer auch gleiche Spreizcodes verwenden können. | ||
+ | |||
+ | [[Datei:P ID1538 Bei T 4 3 S3d v3.png|left|frame|Einige Beispiele und Eigenschaften geeigneter Spreiz– und Verwürfelungscodes|class=fit]] | ||
+ | <br><br><br><br><br><br><br><br><br><br> | ||
+ | *Im Uplink hat jede Mobilstation einen eigenen Verwürfelungscode und die Trennung der einzelnen Kanäle erfolgt über den jeweils gleichen Code. | ||
+ | *Dagegen hat im Downlink jedes Versorgungsgebiet eines „Node B” einen gemeinsamen Verwürfelungscode.<br> | ||
+ | *Die nebenstehende Tabelle fasst einige Daten der Spreiz– und Verwürfelungscodes zusammen.<br> | ||
<br clear=all> | <br clear=all> | ||
{{BlaueBox|TEXT= | {{BlaueBox|TEXT= | ||
$\text{Fazit:}$ | $\text{Fazit:}$ | ||
− | *Der Verwürfelungscode $w(t)$ hat die gleiche Länge und dieselbe Rate wie $c(t)$.<br> | + | *Der Verwürfelungscode $w(t)$ hat die gleiche Länge und dieselbe Rate wie $c(t)$.<br> |
− | *Durch die Verwürfelung (englisch: <i>Scrambling</i> ) verlieren die Codes ihre vollständige Orthogonalität; man nennt sie <i>quasi–othogonal</i>. | + | *Durch die Verwürfelung (englisch: <i>Scrambling</i> ) verlieren die Codes ihre vollständige Orthogonalität; man nennt sie <i>quasi–othogonal</i>. |
− | * Bei diesen Codes ist zwar die [[Stochastische_Signaltheorie/Kreuzkorrelationsfunktion_und_Kreuzleistungsdichte#Definition_der_Kreuzkorrelationsfunktion |Kreuzkorrelationsfunktion]] (KKF) zwischen unterschiedlichen Spreizcodes ungleich Null. | + | * Bei diesen Codes ist zwar die [[Stochastische_Signaltheorie/Kreuzkorrelationsfunktion_und_Kreuzleistungsdichte#Definition_der_Kreuzkorrelationsfunktion |Kreuzkorrelationsfunktion]] (KKF) zwischen unterschiedlichen Spreizcodes ungleich Null. |
− | *Sie zeichnen sich aber durch einen ausgeprägten [[Stochastische_Signaltheorie/Autokorrelationsfunktion_(AKF)#Zufallsprozesse_.281.29| AKF–Wert]] um den Nullpunkt aus, was die Detektion am Empfänger erleichtert.}} | + | *Sie zeichnen sich aber durch einen ausgeprägten [[Stochastische_Signaltheorie/Autokorrelationsfunktion_(AKF)#Zufallsprozesse_.281.29| AKF–Wert]] um den Nullpunkt aus, was die Detektion am Empfänger erleichtert.}} |
− | [[Datei:P ID1537 Bei T 4 3 S3b v2.png|right|frame|Beispielhafter Generator für Goldcodes mit | + | [[Datei:P ID1537 Bei T 4 3 S3b v2.png|right|frame|Beispielhafter Generator für Goldcodes mit $N = 18$|class=fit]] |
{{GraueBox|TEXT= | {{GraueBox|TEXT= | ||
− | $\text{Beispiel 2:}$ | + | $\text{Beispiel 2:}$ Bei UMTS verwendet man zur Verwürfelung so genannte [https://en.wikipedia.org/wiki/Gold_code Goldcodes]: |
− | *Die Grafik aus [3gpp]<ref name='3gpp'>3gpp Group: ''UMTS Release 6 – Technical Specification 25.213 V6.4.0.'', Sept. 2005.</ref> zeigt das Blockschaltbild zur schaltungstechnischen Erzeugung solcher Codes. | + | *Die Grafik aus [3gpp]<ref name='3gpp'>3gpp Group: ''UMTS Release 6 – Technical Specification 25.213 V6.4.0.'', Sept. 2005.</ref> zeigt das Blockschaltbild zur schaltungstechnischen Erzeugung solcher Codes. |
− | *Dabei werden zunächst zwei unterschiedliche [[Stochastische_Signaltheorie/Erzeugung_von_diskreten_Zufallsgr%C3%B6%C3%9Fen#Pseudozufallsgr.C3.B6.C3.9Fen |Pseudonoise–Folgen]] gleicher Länge (hier: $N = 18$ | + | *Dabei werden zunächst zwei unterschiedliche [[Stochastische_Signaltheorie/Erzeugung_von_diskreten_Zufallsgr%C3%B6%C3%9Fen#Pseudozufallsgr.C3.B6.C3.9Fen |Pseudonoise–Folgen]] gleicher Länge $($hier: $N = 18)$ mit Hilfe von Schieberegistern parallel erzeugt und dann mit <i>Exklusiv–Oder–Gatter</i> bitweise addiert.}} |
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Bei UMTS kommen im FDD–Modus folgende Modulationsverfahren zum Einsatz: | Bei UMTS kommen im FDD–Modus folgende Modulationsverfahren zum Einsatz: | ||
− | *Im Downlink findet [[Modulationsverfahren/ | + | *Im Downlink findet [[Modulationsverfahren/Quadratur–Amplitudenmodulation#Weitere_Signalraumkonstellationen| Quaternary Phase Shift Keying]] $\rm (QPSK)$ Anwendung. Dabei werden Nutzdaten (DPDCH–Kanal) und Kontrolldaten (DPCCH–Kanal) zeitlich gemultiplext.<br> |
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+ | *Im Uplink wird eine [https://en.wikipedia.org/wiki/Phase-shift_keying zweifache binäre PSK] (englisch: <i>Dual–Channel–BPSK</i>) verwendet. Diese besitzt zwar den gleichen Signalraum wie QPSK, aber die $I$– und $Q$–Komponenten übertragen hier die Informationen unterschiedlicher Kanäle.<br><br> | ||
− | + | [[Datei:P ID2213 Mob T 3 4 S6 v1.png|right|frame|Modulation und Pulsformung bei UMTS|class=fit]] | |
+ | Die Grafik zeigt das $I/Q$–Multiplexing–Verfahren</i>, wie Dual–Channel–BPSK auch genannt wird, im äquivalenten Tiefpassbereich.<br> | ||
− | + | *Die gespreizten Nutzdaten des DPDCH–Kanals werden auf die Inphase–Komponente $I$ (Realteil) und die Kontrolldaten des DPCCH–Kanals – ebenfalls mit einem Spreizcode beaufschlagt – auf die Quadratur–Komponente $Q$ (Imaginärteil) moduliert und übertragen.<br> | |
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− | *Die gespreizten Nutzdaten des DPDCH–Kanals werden auf die Inphase–Komponente $I$ (Realteil) und die Kontrolldaten des DPCCH–Kanals – ebenfalls mit einem Spreizcode beaufschlagt – auf die Quadratur–Komponente $Q$ (Imaginärteil) moduliert und übertragen.<br> | ||
− | *Die Quadratur–Komponente wird mit der Wurzel des Leistungsverhältnisses $G$ zwischen $I$ und $Q$ gewichtet, um Leistungsunterschiede auszugleichen. Anschließend wird das Summensignal $(I + {\rm j} \cdot Q)$ mit einem komplexen Verwürfelungscode multipliziert.<br> | + | *Die Quadratur–Komponente wird mit der Wurzel des Leistungsverhältnisses $G$ zwischen $I$ und $Q$ gewichtet, um Leistungsunterschiede auszugleichen. Anschließend wird das Summensignal $(I + {\rm j} \cdot Q)$ mit einem komplexen Verwürfelungscode multipliziert.<br> |
− | *Abschließend erfolgt die Impulsformung mit $g_s(t)$ entsprechend der [[Digitalsignal%C3%BCbertragung/Optimierung_der_Basisband%C3%BCbertragungssysteme#Wurzel.E2.80.93Nyquist.E2.80.93Systeme| Wurzel–Cosinus–Rolloff–Charakteristik]] (englisch: <i>Root Raised Cosine</i>). Da das Empfangsfilter an $G_s(f)$ angepasst ist, erfüllt der Gesamtfrequenzgang das [[Digitalsignal%C3%BCbertragung/Eigenschaften_von_Nyquistsystemen#Erstes_Nyquistkriterium_im_Frequenzbereich| erste Nyquistkriterium]].<br><br> | + | *Abschließend erfolgt die Impulsformung mit $g_s(t)$ entsprechend der [[Digitalsignal%C3%BCbertragung/Optimierung_der_Basisband%C3%BCbertragungssysteme#Wurzel.E2.80.93Nyquist.E2.80.93Systeme| Wurzel–Cosinus–Rolloff–Charakteristik]] (englisch: <i>Root Raised Cosine</i>). Da das Empfangsfilter an $G_s(f)$ angepasst ist, erfüllt somit der Gesamtfrequenzgang das [[Digitalsignal%C3%BCbertragung/Eigenschaften_von_Nyquistsystemen#Erstes_Nyquistkriterium_im_Frequenzbereich| erste Nyquistkriterium]].<br><br> |
− | Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es im Abschnitt [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Nachrichtentechnische_Aspekte_von_UMTS# | + | Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es im Abschnitt [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Nachrichtentechnische_Aspekte_von_UMTS#Frequenzg.C3.A4nge_und_Impulsformung_bei_UMTS|Frequenzgänge und Impulsformung bei UMTS]] des Buches „Beispiele von Nachrichtensystemen”. Dort finden Sie auch eine Grafik mit dem Nyquistfrequenzgang $H(f)$. Es handelt sich um einen [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Einige_systemtheoretische_Tiefpassfunktionen#Cosinus-Rolloff-Tiefpass|Cosinus–Rolloff–Tiefpass]] (englisch: <i>Raised Cosine</i>) mit folgender Dimensionierung: |
− | *Die UMTS–Chiprate beträgt $R_{\rm C} = 3.84 \ \rm Mbit/s$. Die Flankenmitte muss bei $f_{\rm N} =R_{\rm C}/2 = 1.92 \ \rm MHz$ liegen, um Impulsinterferenzen zu vermeiden. Dann gilt $H(f = \pm f_{\rm N}) = 0.5$ | + | *Die UMTS–Chiprate beträgt $R_{\rm C} = 3.84 \ \rm Mbit/s$. Die Flankenmitte muss bei $f_{\rm N} =R_{\rm C}/2 = 1.92 \ \rm MHz$ liegen, um Impulsinterferenzen zu vermeiden. Dann gilt |
+ | :$$H(f = \pm f_{\rm N}) = 0.5.$$ | ||
− | *Für UMTS wurde der Rolloff–Faktor $r = 0.22$ festgelegt. Somit ergeben sich die beiden Eckfrequenzen zu $f_1 = 0.78 \cdot f_{\rm N} \approx 1.498 \ \rm MHz$ und $f_2 = 1.22 \cdot f_{\rm N} \approx 2.342 \ \rm MHz$.<br> | + | *Für UMTS wurde der Rolloff–Faktor $r = 0.22$ festgelegt. |
+ | *Somit ergeben sich die beiden Eckfrequenzen zu $f_1 = 0.78 \cdot f_{\rm N} \approx 1.498 \ \rm MHz$ und $f_2 = 1.22 \cdot f_{\rm N} \approx 2.342 \ \rm MHz$.<br> | ||
− | *Die erforderliche absolute Frequenzbandbreite beträgt somit $B = 2 \cdot f_2 = 1.22 \cdot f_{\rm N} \approx 4.684 \ \rm MHz$, so dass für jeden UMTS–Kanal mit $5 \ \rm MHz$ ausreichend Bandbreite zur Verfügung steht.<br><br> | + | *Die erforderliche absolute Frequenzbandbreite beträgt somit $B = 2 \cdot f_2 = 1.22 \cdot f_{\rm N} \approx 4.684 \ \rm MHz$, so dass für jeden UMTS–Kanal mit $5 \ \rm MHz$ ausreichend Bandbreite zur Verfügung steht.<br><br> |
== UMTS–Erweiterungen HSDPA und HSUPA == | == UMTS–Erweiterungen HSDPA und HSUPA == | ||
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− | Um dem ständig steigenden Bedarf an höheren Datenraten im Mobilfunk gerecht zu werden, wurde der UMTS–Standard stetig weiterentwickelt. Die wichtigsten Änderungen ergaben sich innerhalb der dritten Generation durch die Einführung von | + | Um dem ständig steigenden Bedarf an höheren Datenraten im Mobilfunk gerecht zu werden, wurde der UMTS–Standard stetig weiterentwickelt. Die wichtigsten Änderungen ergaben sich innerhalb der dritten Generation durch die Einführung von |
− | *[[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#High.E2.80.93Speed_Downlink_Packet_Access| | + | *[[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#High.E2.80.93Speed_Downlink_Packet_Access| $\rm HSDPA$]]: <i>High Speed Downlink Packet Access</i> (Release 5, 2002, Markteinführung 2006) und <br> |
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+ | *[[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#High.E2.80.93Speed_Uplink_Packet_Access| $\rm HSUPA$]]: <i>High Speed Uplink Packet Access</i> (Release 6, 2005, Markteinführung 2007).<br><br> | ||
− | + | Zusammen ergeben HSDPA und HSDUPA den $\text{HSPA–Standard}$.<br> | |
− | + | Hauptmotivation dieser Weiterentwicklungen war die Steigerung von Datenrate und Durchsatz sowie die Minimierung der Antwortzeiten bei paketvermittelter Übertragung. | |
+ | *Für die Abwärtsstrecke waren seit 2011 mit HSDPA Datenraten bis $\text{7 Mbit/s}$ durchaus machbar. | ||
+ | *Angegeben wurden aber auch (eher theoretische) „Best–Case”–Raten von bis zu $\text{28.8 Mbit/s}$ (bei 64–QAM und MIMO). | ||
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− | *die Einführung | + | *die Einführung zusätzlicher [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#Zus.C3.A4tzliche_Kan.C3.A4le_in_HSDPA| gemeinsam genutzter Kanäle]] $($zum Beispiel $\rm HS–DSCH)$,<br> |
− | *das [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#HARQ.E2.80.93Verfahren_und_Node_B_Scheduling |Hybrid–ARQ–Verfahren]] (HARQ) und [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#HARQ.E2.80.93Verfahren_und_Node_B_Scheduling| Node B–Scheduling]],<br> | + | *das [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#HARQ.E2.80.93Verfahren_und_Node_B_Scheduling |Hybrid–ARQ–Verfahren]] $\rm (HARQ)$ und [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#HARQ.E2.80.93Verfahren_und_Node_B_Scheduling| $\text{Node B–Scheduling}$]],<br> |
− | *die Verwendung von [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#Adaptive_Modulation.2C_Codierung_und_.C3.9Cbertragungsrate| adaptiver $M$–QAM, Codierung und Übertragungsrate]].<br><br> | + | *die Verwendung von [[Beispiele_von_Nachrichtensystemen/Weiterentwicklungen_von_UMTS#Adaptive_Modulation.2C_Codierung_und_.C3.9Cbertragungsrate| adaptiver $M$–QAM, Codierung und Übertragungsrate]].<br><br> |
− | Die wesentliche Verbesserung durch HSUPA ist neben der Verwendung von HARQ und Node–B–Scheduling durch die Einführung des zusätzlichen Aufwärtskanals E–DCH (<i>Enhanced Dedicated Channel</i>) zurückzuführen. Dieser minimiert unter anderem den Einfluss von Anwendungen mit stark unterschiedlichen und teilweise sehr intensivem Datenaufkommen (englisch: <i>Bursty Traffic</i> ). Allerdings wird bei HSUPA im Gegensatz zu UMTS–R99 in Aufwärtsrichtung keine feste Bandbreite garantiert.<br> | + | Die wesentliche Verbesserung durch HSUPA ist neben der Verwendung von HARQ und Node–B–Scheduling durch die Einführung des zusätzlichen Aufwärtskanals $\rm E–DCH$ (<i>Enhanced Dedicated Channel</i>) zurückzuführen. |
+ | *Dieser minimiert unter anderem den Einfluss von Anwendungen mit stark unterschiedlichen und teilweise sehr intensivem Datenaufkommen (englisch: <i>Bursty Traffic</i> ). Allerdings wird bei HSUPA im Gegensatz zu UMTS–R99 in Aufwärtsrichtung keine feste Bandbreite garantiert.<br> | ||
− | Diese flexible und effiziente Bandbreitenzuteilung | + | *Diese flexible und effiziente Bandbreitenzuteilung abhängig von den Kanalbedingungen steigerte die Zellenkapazität enorm. In der Praxis wurden ab 2011 auch bei Berücksichtigung vieler Nutzer Übertragungsraten bis zu $\text{3 Mbit/s}$ erreicht. Die von Entwicklern für beste Bedingungen angegebenen Werte lagen deutlich darüber.<br> |
==Aufgaben zum Kapitel== | ==Aufgaben zum Kapitel== |
Aktuelle Version vom 24. Februar 2021, 14:07 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Anforderungen an Mobilfunksysteme der dritten Generation
- 2 Der IMT–2000–Standard
- 3 Systemarchitektur und Basiseinheiten bei UMTS
- 4 CDMA – Vielfachzugriff bei UMTS
- 5 Anforderungen an die Spreizcodes
- 6 Zusätzliche Verwürfelung bei UMTS
- 7 Modulation und Pulsformung bei UMTS
- 8 UMTS–Erweiterungen HSDPA und HSUPA
- 9 Aufgaben zum Kapitel
- 10 Quellenverzeichnis
Anforderungen an Mobilfunksysteme der dritten Generation
Die wichtigste Motivation zur Entwicklung von Mobilfunksystemen der dritten Generation war die Erkenntnis, dass die 2G–Systeme den Bandbreitenbedarf zur Nutzung multimedialer Dienste nicht zufrieden stellen konnten.
Die Grafik zeigt die Entwicklung der Mobilfunksysteme von 1995 bis 2006 hinsichtlich der Leistungsfähigkeit. Die angegebenen Datenraten waren auch für 2011 bei nicht mehr als zwei aktiven Nutzern in einer Zelle noch realistisch. Die von Anbietern oft angegebenen Maximalwerte wurden in der Praxis meist nicht erreicht.
Die Mobilfunksysteme der dritten Generation sollten über eine größere Bandbreite und eine genügende Reserve an Leistungsfähigkeit verfügen, um auch bei wachsenden Anforderungen eine hohe Dienstgüte $($englisch: Quality of Service, $\rm QoS)$ zu gewährleisten.
Vor der Entwicklung der 3G–Systeme hat die International Telecommunication Union (ITU) einen Anforderungskatalog erstellt, der folgende Rahmenbedingungen umfasst:
- Hohe Datenraten von $\text{144 kbit/s}$ (Standard) bis $\text{2 Mbit/s}$ (In-door),
- symmetrische und asymmetrische Datenübertragung (IP–Dienste),
- hohe Sprachqualität und hohe Spektraleffizienz,
- globale Erreichbarkeit und Verbreitung,
- nahtloser Übergang von und zu den Systemen der zweiten Generation,
- Anwendbarkeit unabhängig vom verwendeten Netz (Virtual Home Environment ),
- Bereitstellung von leitungsvermittelter (circuit–switched ) und paketvermittelter (packed–switched ) Übertragung.
Bei der Einführung von $\rm UMTS$ (Universal Mobile Telecommunication System) als den bekanntesten 3G–Standard war die Erweiterung und Diversifikation der angebotenen Dienste ein entscheidendes Motiv. Ein UMTS–fähiges Endgerät muss zusätzlich zu den klassischen Diensten (Sprachübertragung, Messaging, usw.) eine Reihe komplexer und multimedialer Anwendungen unterstützen, unter anderem
- hinsichtlich Information: Internet–Surfen (Info–on–demand), Online–Printmedien,
- hinsichtlich Kommunikation: Video– und Audiokonferenz, Fax, ISDN, Messaging,
- hinsichtlich Unterhaltung: Mobile TV, Video–on–Demand, Online–Gaming,
- im geschäftlichen Bereich: Interaktives Einkaufen, E–Commerce,
- im technischen Bereich: Online–Betreuung, Distributionsservice (Sprache und Daten),
- im medizinischen Bereich: Telemedizin.
Der IMT–2000–Standard
Um 1990 wurde von der International Telecommuncation Union (ITU) der Standard IMT-2000 (International Mobile Telecommunications at the year 2000) ins Leben gerufen, der die genannten Anforderungen ermöglichen sollte. IMT–2000 umfasst einige Mobilfunksysteme der dritten Generation, die im Laufe der Standardisierung einander angenähert wurden, um die Entwicklung von gemeinsamen Endgeräten für alle diese Standards zu ermöglichen.
Um unterschiedliche Vorarbeiten zu berücksichtigen und den Netzbetreibern die Möglichkeit zu geben, bereits bestehende Netzarchitekturen zum Teil weiter zu verwenden, beinhaltet IMT–2000 mehrere Einzelstandards. Diese lassen sich grob in vier Kategorien einteilen:
- $\text{W–CDMA:}$ Hierzu zählt man die FDD-Komponente des europäischen UMTS–Standards sowie das amerikanische cdma2000–System.
- $\text{TD–CDMA:}$ Zu dieser Gruppe zählt die TDD–Komponente von UMTS sowie das hierin integrierte chinesische TD–SCDMA.
- $\text{TDMA:}$ Eine Weiterentwicklung des GSM–Ablegers EDGE und des amerikanischen Pendants UWC–136, auch bekannt als D–AMPS.
- $\text{FD–TDMA:}$ Weiterentwicklung des europäischen Schnurlos–Telefonie–Standards DECT (Digital Enhanced Cordless Telecommunication).
Wir konzentrieren uns hier auf das in Europa entwickelte Mobilfunksystem UMTS, das die beiden Standards W–CDMA und TD–CDMA der Systemfamilie IMT–2000 unterstützt, und zwar unter folgenden Bezeichnungen:
- $\text{UTRA–FDD}$ ⇒ UMTS Terrestrial Radio Access – Frequency Division Duplex:
Dieses besteht aus zwölf gepaarten Uplink– und Downlink–Frequenzbändern zu je $\text{5 MHz}$ Bandbreite. Diese liegen in Europa zwischen $\text{1920}$ und $\text{1980 MHz}$ im Uplink sowie zwischen $\text{2110}$ und $\text{2170 MHz}$ im Downlink. Im Sommer 2000 brachte die Versteigerung der Lizenzen für Deutschland mit zwanzig Jahren Laufzeit ca. 50 Milliarden Euro.
- $\text{UTRA–TDD}$ ⇒ UMTS Terrestrial Radio Access – Time Division Duplex:
Hierfür werden fünf Bänder zu je $\text{5 MHz}$ Bandbreite bereitgestellt, in denen mittels Zeitmultiplex sowohl Uplink– als auch Downlink–Daten übertragen werden sollen. Für UTRA–TDD sind die Frequenzen zwischen $\text{1900}$ und $\text{1920 MHz}$ (vier Kanäle) und zwischen $\text{2020}$ und $\text{2025 MHz}$ (ein Kanal) reserviert.
Systemarchitektur und Basiseinheiten bei UMTS
Die Netzwerk–Architektur kann man bei UMTS in zwei Hauptblöcke unterteilen.
Das UMTS Terrestrial Radio Access Network $\text{(UTRAN)}$ sichert die Funkübertragung von Daten zwischen der Transportebene und der Funknetzebene. Dazu gehören die Basisstationen und die Kontrollknoten, deren Funktionen nachfolgend genannt werden:
- Ein $\rm Node \ B$ – wie eine UMTS–Basisstation genannt wird – umfasst die Antennenanlage sowie den CDMA–Empfänger und ist unmittelbar mit den Funkschnittstellen aller Teilnehmer in der Zelle verbunden. Zu den Aufgaben eines „Node B” gehören die Datenratenanpassung, Daten– und Kanal(de)codierung, Interleaving sowie Modulation bzw. Demodulation. Jede Basisstation kann eine oder mehrere Zellen(sektoren) versorgen.
- Der Radio Network Controller $\rm (RNC)$ ist für die Steuerung der Basisstationen verantwortlich. Ebenso ist er innerhalb der Zellen für die Rufannahmesteuerung, Verschlüsselung und Entschlüsselung, die Umsetzung auf ATM (Asynchronous Tranfer Mode), die Kanalzuweisung, das Handover und die Leistungsregelung zuständig.
Das Core Network $\rm (CN)$ übernimmt die Vermittlung der Daten innerhalb des UMTS–Netzes. Dazu enthält es bei Leitungsvermittlung folgende Hardware– und Softwarekomponenten:
- Das Mobile Switching Center $\rm (MSC)$ ist zuständig für Lokalisierung/Authentifizierung, das Routing von Gesprächen, Handover und Verschlüsselung von Teilnehmerdaten.
- Das Gateway Mobile Switching Center $\rm (GMSC)$ organisiert die Verbindung zu anderen Netzen, zum Beispiel zum Festnetz.
- MSC und GMSC haben Zugriff auf verschiedene Datenbanken wie Home Location Register $\rm (HLR)$ und Visitor Location Register $\rm (VLR)$.
Die Grafik zeigt die UMTS–Architektur bei Leitungsvermittlung (englisch: Circuit Switching ), wobei das Core Network $\rm (CN)$ ähnlich wie bei der GSM–Architektur organisiert ist.
Die Systemarchitektur bei Paketvermittlung (englisch: Packet Switching ) unterscheidet sich demgegenüber grundlegend:
- Hier nutzen die Kommunikationspartner den ihnen zugewiesenen Kanal nicht exklusiv, sondern die Pakete sind mit denen anderer Teilnehmer vermischt.
- Man findet dort ähnliche Komponenten wie bei der GSM–Erweiterung General Packet Radio Service $\rm (GPRS)$.
CDMA – Vielfachzugriff bei UMTS
UMTS verwendet das Vielfachzugriffsverfahren Direct Sequence Code Division Multiple Access $\text{(DS–CDMA)}$, das manchmal auch als „PN–Modulation” bezeichnet wird.
Die Grafik zeigt das Prinzip anhand eines vereinfachten Modells und beispielhafter Signale für „Nutzer 1”. Zur Vereinfachung ist das Rauschsignal $n(t) \equiv 0$ gesetzt. Es gilt:
- Die beiden Quellensignale $q_1(t)$ und $q_2(t)$ benutzen den gleichen AWGN–Kanal, ohne sich gegenseitig zu stören. Die Bitdauer der Datensignale beträgt jeweils $T_{\rm B}$.
- Die Datensignale werden mit einem zugeordneten Spreizcode – $c_1(t)$ bzw. $c_2(t)$ – multipliziert. Übertragen wird anschließend das Summensignal
- $$s(t) = s_1(t) + s_2(t) = q_1(t) \cdot c_1(t) + q_2(t) \cdot c_2(t).$$
- Die Bandbreiten der Teilsignale $s_1(t)$ und $s_2(t)$ sowie des resultierenden Sendesignal $s(t)$ sind um den $\rm Spreizfaktor$ $ J = T_{\rm C}/T_{\rm B}$ größer als die Bandbreiten von $q_1(t)$ bzw. $q_2(t)$. Für die Grafik wurde $J = 4$ gewählt.
- Beim Empfänger werden die gleichen Spreizcodes $c_1(t)$ bzw. $c_2(t)$ multiplikativ zugesetzt. Bei orthogonalen Codes und kleinem AWGN–Rauschen $n(t)$ können die Datensignale wieder separiert werden: $v_1(t) = q_1(t), \ \ v_2(t) = q_2(t)$.
- Bei vorhandenem AWGN–Rauschen unterscheiden sich zwar die digitalen Ausgangssignale von den Eingangssignalen, aber die Fehlerwahrscheinlichkeit wird durch die anderen Teilnehmer nicht erhöht, solange die Spreizfolgen orthogonal sind.
Man könnte somit $J =4$ Teilnehmer ohne Beeinträchtigung über den gleichen Kanal übertragen, allerdings nur, wenn es überhaupt $J =4$ orthogonale Spreizcodes gibt.
Anforderungen an die Spreizcodes
Die Spreizcodes für UMTS sollen
- zueinander orthogonal sein, um eine gegenseitige Beeinflussung der Teilnehmer zu vermeiden,
- eine flexible Realisierung unterschiedlicher Spreizfaktoren $J$ ermöglichen.
$\text{Beispiel 1:}$ Ein Beispiel sind sog. $\text{Codes mit variablem Spreizfaktor}$ $($englisch: Orthogonal Variable Spreading Faktor, $\rm OVSF)$, die Codes der Länge $J =4$ bis $J =512$ bereitstellen.
- Diese können, wie in der Grafik dargestellt, mit Hilfe eines Codebaums erstellt werden.
- Dabei entstehen bei jeder Verzweigung aus einem Code $C$ zwei neue Codes $(+C \ +\hspace{-0.05cm}C)$ und $(+C \ -\hspace{-0.05cm}C)$.
Anzumerken ist:
- Es darf kein Vorgänger und Nachfolger eines Codes benutzt werden.
- Im Beispiel könnten also acht Spreizcodes mit dem Spreizfaktor $J = 8$ verwendet werden.
- Oder die vier gelb hinterlegten Codes – einmal $J = 2$, einmal $J = 4$ und zweimal $J = 8$.
- Hier können die unteren vier Codes mit dem Spreizfaktor $J = 8$ nicht herangezogen werden, da sie alle mit „$+1 \ -1$ ” beginnen, was bereits durch den OVSF–Codes mit Spreizfaktor $J = 2$ belegt ist.
Der hier dargelegte Sachverhalt wird auch durch das SWF–Applet OVSF–Codes verdeutlicht.
Zusätzliche Verwürfelung bei UMTS
Um mehr Spreizcodes zu erhalten und damit mehr Teilnehmer versorgen zu können, wird nach der Bandspreizung mit $c(t)$ die Folge mit $w(t)$ chipweise nochmals verwürfelt, ohne dass eine weitere Spreizung stattfindet.
Die Verwendung quasi–orthogonaler Codes macht Sinn, da die Menge an orthogonalen Codes begrenzt ist und durch die Verwürfelung verschiedene Teilnehmer auch gleiche Spreizcodes verwenden können.
- Im Uplink hat jede Mobilstation einen eigenen Verwürfelungscode und die Trennung der einzelnen Kanäle erfolgt über den jeweils gleichen Code.
- Dagegen hat im Downlink jedes Versorgungsgebiet eines „Node B” einen gemeinsamen Verwürfelungscode.
- Die nebenstehende Tabelle fasst einige Daten der Spreiz– und Verwürfelungscodes zusammen.
$\text{Fazit:}$
- Der Verwürfelungscode $w(t)$ hat die gleiche Länge und dieselbe Rate wie $c(t)$.
- Durch die Verwürfelung (englisch: Scrambling ) verlieren die Codes ihre vollständige Orthogonalität; man nennt sie quasi–othogonal.
- Bei diesen Codes ist zwar die Kreuzkorrelationsfunktion (KKF) zwischen unterschiedlichen Spreizcodes ungleich Null.
- Sie zeichnen sich aber durch einen ausgeprägten AKF–Wert um den Nullpunkt aus, was die Detektion am Empfänger erleichtert.
$\text{Beispiel 2:}$ Bei UMTS verwendet man zur Verwürfelung so genannte Goldcodes:
- Die Grafik aus [3gpp][1] zeigt das Blockschaltbild zur schaltungstechnischen Erzeugung solcher Codes.
- Dabei werden zunächst zwei unterschiedliche Pseudonoise–Folgen gleicher Länge $($hier: $N = 18)$ mit Hilfe von Schieberegistern parallel erzeugt und dann mit Exklusiv–Oder–Gatter bitweise addiert.
Modulation und Pulsformung bei UMTS
Bei UMTS kommen im FDD–Modus folgende Modulationsverfahren zum Einsatz:
- Im Downlink findet Quaternary Phase Shift Keying $\rm (QPSK)$ Anwendung. Dabei werden Nutzdaten (DPDCH–Kanal) und Kontrolldaten (DPCCH–Kanal) zeitlich gemultiplext.
- Im Uplink wird eine zweifache binäre PSK (englisch: Dual–Channel–BPSK) verwendet. Diese besitzt zwar den gleichen Signalraum wie QPSK, aber die $I$– und $Q$–Komponenten übertragen hier die Informationen unterschiedlicher Kanäle.
Die Grafik zeigt das $I/Q$–Multiplexing–Verfahren, wie Dual–Channel–BPSK auch genannt wird, im äquivalenten Tiefpassbereich.
- Die gespreizten Nutzdaten des DPDCH–Kanals werden auf die Inphase–Komponente $I$ (Realteil) und die Kontrolldaten des DPCCH–Kanals – ebenfalls mit einem Spreizcode beaufschlagt – auf die Quadratur–Komponente $Q$ (Imaginärteil) moduliert und übertragen.
- Die Quadratur–Komponente wird mit der Wurzel des Leistungsverhältnisses $G$ zwischen $I$ und $Q$ gewichtet, um Leistungsunterschiede auszugleichen. Anschließend wird das Summensignal $(I + {\rm j} \cdot Q)$ mit einem komplexen Verwürfelungscode multipliziert.
- Abschließend erfolgt die Impulsformung mit $g_s(t)$ entsprechend der Wurzel–Cosinus–Rolloff–Charakteristik (englisch: Root Raised Cosine). Da das Empfangsfilter an $G_s(f)$ angepasst ist, erfüllt somit der Gesamtfrequenzgang das erste Nyquistkriterium.
Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es im Abschnitt Frequenzgänge und Impulsformung bei UMTS des Buches „Beispiele von Nachrichtensystemen”. Dort finden Sie auch eine Grafik mit dem Nyquistfrequenzgang $H(f)$. Es handelt sich um einen Cosinus–Rolloff–Tiefpass (englisch: Raised Cosine) mit folgender Dimensionierung:
- Die UMTS–Chiprate beträgt $R_{\rm C} = 3.84 \ \rm Mbit/s$. Die Flankenmitte muss bei $f_{\rm N} =R_{\rm C}/2 = 1.92 \ \rm MHz$ liegen, um Impulsinterferenzen zu vermeiden. Dann gilt
- $$H(f = \pm f_{\rm N}) = 0.5.$$
- Für UMTS wurde der Rolloff–Faktor $r = 0.22$ festgelegt.
- Somit ergeben sich die beiden Eckfrequenzen zu $f_1 = 0.78 \cdot f_{\rm N} \approx 1.498 \ \rm MHz$ und $f_2 = 1.22 \cdot f_{\rm N} \approx 2.342 \ \rm MHz$.
- Die erforderliche absolute Frequenzbandbreite beträgt somit $B = 2 \cdot f_2 = 1.22 \cdot f_{\rm N} \approx 4.684 \ \rm MHz$, so dass für jeden UMTS–Kanal mit $5 \ \rm MHz$ ausreichend Bandbreite zur Verfügung steht.
UMTS–Erweiterungen HSDPA und HSUPA
Um dem ständig steigenden Bedarf an höheren Datenraten im Mobilfunk gerecht zu werden, wurde der UMTS–Standard stetig weiterentwickelt. Die wichtigsten Änderungen ergaben sich innerhalb der dritten Generation durch die Einführung von
- $\rm HSDPA$: High Speed Downlink Packet Access (Release 5, 2002, Markteinführung 2006) und
- $\rm HSUPA$: High Speed Uplink Packet Access (Release 6, 2005, Markteinführung 2007).
Zusammen ergeben HSDPA und HSDUPA den $\text{HSPA–Standard}$.
Hauptmotivation dieser Weiterentwicklungen war die Steigerung von Datenrate und Durchsatz sowie die Minimierung der Antwortzeiten bei paketvermittelter Übertragung.
- Für die Abwärtsstrecke waren seit 2011 mit HSDPA Datenraten bis $\text{7 Mbit/s}$ durchaus machbar.
- Angegeben wurden aber auch (eher theoretische) „Best–Case”–Raten von bis zu $\text{28.8 Mbit/s}$ (bei 64–QAM und MIMO).
Erreicht wurden diese Steigerungen durch
- die Einführung zusätzlicher gemeinsam genutzter Kanäle $($zum Beispiel $\rm HS–DSCH)$,
- das Hybrid–ARQ–Verfahren $\rm (HARQ)$ und $\text{Node B–Scheduling}$,
- die Verwendung von adaptiver $M$–QAM, Codierung und Übertragungsrate.
Die wesentliche Verbesserung durch HSUPA ist neben der Verwendung von HARQ und Node–B–Scheduling durch die Einführung des zusätzlichen Aufwärtskanals $\rm E–DCH$ (Enhanced Dedicated Channel) zurückzuführen.
- Dieser minimiert unter anderem den Einfluss von Anwendungen mit stark unterschiedlichen und teilweise sehr intensivem Datenaufkommen (englisch: Bursty Traffic ). Allerdings wird bei HSUPA im Gegensatz zu UMTS–R99 in Aufwärtsrichtung keine feste Bandbreite garantiert.
- Diese flexible und effiziente Bandbreitenzuteilung abhängig von den Kanalbedingungen steigerte die Zellenkapazität enorm. In der Praxis wurden ab 2011 auch bei Berücksichtigung vieler Nutzer Übertragungsraten bis zu $\text{3 Mbit/s}$ erreicht. Die von Entwicklern für beste Bedingungen angegebenen Werte lagen deutlich darüber.
Aufgaben zum Kapitel
Aufgabe 3.6: FDMA, TDMA und CDMA
Aufgabe 3.6Z: Begriffe der 3G–Mobilfunksysteme
Aufgabe 3.7Z: Zur Bandspreizung bei UMTS
Aufgabe 3.9: GSM/UMTS–Weiterentwicklungen
Quellenverzeichnis
- ↑ 3gpp Group: UMTS Release 6 – Technical Specification 25.213 V6.4.0., Sept. 2005.