Digitalsignalübertragung/Signale, Basisfunktionen und Vektorräume: Unterschied zwischen den Versionen
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== # ÜBERBLICK ZUM VIERTEN HAUPTKAPITEL # == | == # ÜBERBLICK ZUM VIERTEN HAUPTKAPITEL # == | ||
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− | Das vierte Hauptkapitel liefert eine abstrahierte Beschreibung der Digitalsignalübertragung, die auf Basisfunktionen und Signalraumkonstellationen aufbaut. Dadurch ist es möglich, sehr unterschiedliche Konfigurationen | + | Das vierte Hauptkapitel liefert eine abstrahierte Beschreibung der Digitalsignalübertragung, die auf Basisfunktionen und Signalraumkonstellationen aufbaut. Dadurch ist es möglich, sehr unterschiedliche Konfigurationen – zum Beispiel Bandpass–Systeme und solche für das Basisband – in einheitlicher Form zu behandeln. Der jeweils optimale Empfänger besitzt in allen Fällen die gleiche Struktur. |
Im Einzelnen werden behandelt: | Im Einzelnen werden behandelt: | ||
− | *die Bedeutung von Basisfunktionen und deren Auffinden nach dem Gram–Schmidt–Verfahren, | + | *die Bedeutung von »Basisfunktionen« und deren Auffinden nach dem »Gram–Schmidt–Verfahren«, |
− | *die Struktur des optimalen Empfängers für die Basisbandübertragung, | + | *die »Struktur des optimalen Empfängers« für die Basisbandübertragung, |
− | *das Theorem der Irrelevanz und dessen Bedeutung für die Herleitung optimaler Detektoren, | + | *das »Theorem der Irrelevanz« und dessen Bedeutung für die Herleitung optimaler Detektoren, |
− | *der optimale Empfänger für den AWGN–Kanal und Implementierungsaspekte, | + | *der »optimale Empfänger für den AWGN–Kanal« und Implementierungsaspekte, |
− | *die Systembeschreibung durch komplexes bzw. $N$–dimensionales Gaußsches Rauschen, | + | *die Systembeschreibung durch »komplexes bzw. $N$–dimensionales Gaußsches Rauschen«, |
− | *die Fehlerwahrscheinlichkeitsberechnung und –approximation bei sonst idealen Bedingungen, | + | *die »Fehlerwahrscheinlichkeitsberechnung und –approximation bei sonst idealen Bedingungen«, |
− | *die Anwendung der Signalraumbeschreibung auf Trägerfrequenzsysteme, | + | *die Anwendung der »Signalraumbeschreibung auf Trägerfrequenzsysteme«, |
− | *die unterschiedlichen Ergebnisse für OOK, M–ASK, M–PSK, M–QAM und M–FSK, | + | *die unterschiedlichen Ergebnisse für »OOK, M–ASK, M–PSK, M–QAM und M–FSK«, |
− | *die unterschiedlichen Ergebnisse für kohärente bzw. nichtkohärente Demodulation. | + | *die unterschiedlichen Ergebnisse für »kohärente bzw. nichtkohärente Demodulation«. |
− | Nahezu alle Ergebnisse dieses Kapitels wurden bereits in früheren Abschnitten hergeleitet. Grundlegend neu ist jedoch die Herangehensweise: | + | Nahezu alle Ergebnisse dieses Kapitels wurden bereits in früheren Abschnitten hergeleitet. Grundlegend neu ist jedoch die Herangehensweise: |
− | *Im $\rm LNTwww$–Buch „Modulationsverfahren” sowie in den ersten drei Kapiteln dieses Buches wurden bereits bei den Herleitungen die spezifischen Systemeigenschaften berücksichtigt – zum Beispiel, ob die Übertragung des Digitalsignals im Basisband erfolgt oder ob eine digitale Amplituden–, Frequenz– oder Phasenmodulation vorliegt. | + | *Im $\rm LNTwww$–Buch „Modulationsverfahren” sowie in den ersten drei Kapiteln dieses Buches wurden bereits bei den Herleitungen die spezifischen Systemeigenschaften berücksichtigt – zum Beispiel, ob die Übertragung des Digitalsignals im Basisband erfolgt oder ob eine digitale Amplituden–, Frequenz– oder Phasenmodulation vorliegt.<br> |
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− | Anzumerken ist, dass sich durch diese eher globale Vorgehensweise gewisse Systemunzulänglichkeiten nur sehr ungenau erfassen lassen, wie zum Beispiel | + | *Hier sollen nun die Systeme dahingehend abstrahiert werden, dass sie einheitlich behandelt werden können. Der jeweils optimale Empfänger besitzt in allen Fällen die gleiche Struktur, und die Fehlerwahrscheinlichkeit lässt sich auch für nichtgaußverteiltes Rauschen angeben.<br><br> |
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+ | Anzumerken ist, dass sich durch diese eher globale Vorgehensweise gewisse Systemunzulänglichkeiten nur sehr ungenau erfassen lassen, wie zum Beispiel | ||
*der Einfluss eines nichtoptimalen Empfangsfilters auf die Fehlerwahrscheinlichkeit,<br> | *der Einfluss eines nichtoptimalen Empfangsfilters auf die Fehlerwahrscheinlichkeit,<br> | ||
− | *ein falscher Schwellenwert (Schwellendrift) oder<br> | + | *ein falscher Schwellenwert $($Schwellendrift$)$, oder<br> |
− | *Phasenjitter (Schwankungen der Abtastzeitpunkte).<br> | + | *Phasenjitter $($Schwankungen der Abtastzeitpunkte$)$.<br><br> |
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− | + | Insbesondere bei Vorhandensein von Impulsinterferenzen sollte also weiterhin entsprechend dem [[Digitalsignalübertragung/Ursachen_und_Auswirkungen_von_Impulsinterferenzen#.23_.C3.9CBERBLICK_ZUM_DRITTEN_HAUPTKAPITEL_.23|Hauptkapitel 3]] vorgegangen werden.<br> | |
− | Um unseren eigenen Studenten an der TU München das Lesen nicht unnötig zu erschweren, halten wir uns weitestgehend an diese Nomenklatur, auch wenn diese von anderen $\rm LNTwww$–Kapiteln abweicht.<br> | + | Die Beschreibung basiert auf dem Skript [KöZ08]<ref name='KöZ08'>Kötter, R., Zeitler, G.: Nachrichtentechnik 2. Vorlesungsmanuskript, Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technische Universität München, 2008.</ref> von [[Biografien_und_Bibliografien/Lehrstuhlinhaber_des_LNT#Prof._Dr._Ralf_K.C3.B6tter_.282007-2009.29|Ralf Kötter]] und [[Biografien_und_Bibliografien/An_LNTwww_beteiligte_Mitarbeiter_und_Dozenten#Dr.-Ing._Georg_Zeitler_.28am_LNT_von_2007-2012.29|Georg Zeitler]], das sich stark an das Lehrbuch [WJ65]<ref name='WJ65'>Wozencraft, J. M.; Jacobs, I. M.: Principles of Communication Engineering. New York: John Wiley & Sons, 1965.</ref> anlehnt. [[Biografien_und_Bibliografien/Lehrstuhlinhaber_des_LNT#Prof._Dr._sc._techn._Gerhard_Kramer_.28seit_2010.29|Gerhard Kramer]], Lehrstuhlinhaber des LNT seit 2010, behandelt in seiner Vorlesung [Kra17]<ref>Kramer, G.: Nachrichtentechnik 2. Vorlesungsmanuskript, Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technische Universität München, 2017.</ref> die gleiche Thematik mit sehr ähnlicher Nomenklatur. Um unseren eigenen Studenten an der TU München das Lesen nicht unnötig zu erschweren, halten wir uns weitestgehend an diese Nomenklatur, auch wenn diese von anderen $\rm LNTwww$–Kapiteln abweicht.<br> |
== Zur Nomenklatur im vierten Kapitel== | == Zur Nomenklatur im vierten Kapitel== | ||
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− | Gegenüber den anderen Kapiteln in $\rm LNTwww$ ergeben sich hier folgende Nomenklaturunterschiede: | + | Gegenüber den anderen Kapiteln in $\rm LNTwww$ ergeben sich hier folgende Nomenklaturunterschiede: |
− | *Die zu übertragende [[Signaldarstellung/Prinzip_der_Nachrichtenübertragung#Nachricht_-_Information_-_Signal|Nachricht]] ist ein ganzzahliger Wert $m \in \{m_i\}$ mit $i = 0$, ... , $M-1$, wobei $M$ den Symbolumfang angibt. Wenn es die Beschreibung vereinfacht, wird $i = 1$, ... , $M$ induziert.<br> | + | *Die zu übertragende [[Signaldarstellung/Prinzip_der_Nachrichtenübertragung#Nachricht_-_Information_-_Signal|"Nachricht"]] ist ein ganzzahliger Wert $m \in \{m_i\}$ mit $i = 0$, ... , $M-1$, wobei $M$ den "Symbolumfang" angibt. Wenn es die Beschreibung vereinfacht, wird $i = 1$, ... , $M$ induziert.<br> |
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− | *Das Ergebnis des Entscheidungsprozesses beim Empfänger ist ebenfalls ein Integerwert mit dem gleichen Symbolalphabet wie beim Sender. Man bezeichnet dieses Ergebnis auch als den | + | *Das Ergebnis des Entscheidungsprozesses beim Empfänger ist ebenfalls ein Integerwert mit dem gleichen Symbolalphabet wie beim Sender. Man bezeichnet dieses Ergebnis auch als den "Schätzwert": |
:$$\hat{m} \in \{m_i \}, \hspace{0.2cm} i = 0, 1, \text{...}\hspace{0.05cm} , M-1\hspace{0.2cm} ({\rm bzw.}\,\,i = 1, 2, \text{...}\hspace{0.05cm}, M) \hspace{0.05cm}.$$ | :$$\hat{m} \in \{m_i \}, \hspace{0.2cm} i = 0, 1, \text{...}\hspace{0.05cm} , M-1\hspace{0.2cm} ({\rm bzw.}\,\,i = 1, 2, \text{...}\hspace{0.05cm}, M) \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | + | *Die [[Digitalsignalübertragung/Redundanzfreie_Codierung#Symbol.E2.80.93_und_Bitfehlerwahrscheinlichkeit|"Symbolfehlerwahrscheinlichkeit"]] $\rm Pr(Symbolfehler)$ oder auch $p_{\rm S}$ wird in diesem Hauptkapitel meist wie folgt bezeichnet: | |
− | *Die [[Digitalsignalübertragung/Redundanzfreie_Codierung#Symbol.E2.80.93_und_Bitfehlerwahrscheinlichkeit|Symbolfehlerwahrscheinlichkeit]] $\rm Pr(Symbolfehler)$ oder auch $p_{\rm S}$ wird in diesem Hauptkapitel meist wie folgt bezeichnet: | ||
:$${\rm Pr} ({\cal E}) = {\rm Pr} ( \hat{m} \ne m) = 1 - {\rm Pr} ({\cal C}), | :$${\rm Pr} ({\cal E}) = {\rm Pr} ( \hat{m} \ne m) = 1 - {\rm Pr} ({\cal C}), | ||
\hspace{0.4cm}\text{Komplementärereignis:}\hspace{0.2cm} {\rm Pr} ({\cal C}) = {\rm Pr} ( \hat{m} = m) \hspace{0.05cm}.$$ | \hspace{0.4cm}\text{Komplementärereignis:}\hspace{0.2cm} {\rm Pr} ({\cal C}) = {\rm Pr} ( \hat{m} = m) \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | *Bei einer [[Stochastische_Signaltheorie/Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion|Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion]] (WDF) wird nun entsprechend $p_r(\rho)$ zwischen der | + | *Bei einer [[Stochastische_Signaltheorie/Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion|"Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion"]] $\rm (WDF)$ wird nun entsprechend $p_r(\rho)$ zwischen der "Zufallsgröße" ⇒ $r$ und der "Realisierung" ⇒ $\rho$ unterschieden. Bisher wurde für eine WDF die Bezeichnung $f_r(r)$ verwendet.<br> |
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− | * | + | *Mit der Schreibweise $p_r(\rho)$ sind $r$ und $\rho$ Skalare. Sind dagegen Zufallsgröße und Realisierung Vektoren (geeigneter Länge), so wird dies durch Fettschrift ausgedrückt: $p_{ \boldsymbol{ r}}(\boldsymbol{\rho})$ mit den Vektoren $ \boldsymbol{ r}$ und $\boldsymbol{\rho}$. |
+ | *Um Verwechslungen mit Energiewerten zu vermeiden, heißt nun der Schwellenwert $G$ anstelle von $E$ und dieser wird in diesem Kapitel vorwiegend als "Entscheidungsgrenze" bezeichnet. | ||
− | *Ausgehend von den beiden reellen und energiebegrenzten Zeitfunktionen $x(t)$ und $y(t)$ erhält man für das [https://de.wikipedia.org/wiki/Inneres_Produkt innere Produkt]: | + | *Ausgehend von den beiden reellen und energiebegrenzten Zeitfunktionen $x(t)$ und $y(t)$ erhält man für das [https://de.wikipedia.org/wiki/Inneres_Produkt "innere Produkt"]: |
:$$<\hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.05cm}y(t) \hspace{-0.1cm}> \hspace{0.15cm}= \int_{-\infty}^{+\infty}x(t) \cdot y(t)\,d \it t | :$$<\hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.05cm}y(t) \hspace{-0.1cm}> \hspace{0.15cm}= \int_{-\infty}^{+\infty}x(t) \cdot y(t)\,d \it t | ||
\hspace{0.05cm}.$$ | \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | * Daraus ergibt sich die [https://de.wikipedia.org/wiki/Euklidische_Norm Euklidische Norm] oder & | + | * Daraus ergibt sich die [https://de.wikipedia.org/wiki/Euklidische_Norm "Euklidische Norm"] oder "2–Norm" (oder kurz "Norm"): |
:$$||x(t) || = \sqrt{<\hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.05cm}x(t) \hspace{-0.1cm}>} | :$$||x(t) || = \sqrt{<\hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.05cm}x(t) \hspace{-0.1cm}>} | ||
\hspace{0.05cm}.$$ | \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | Gegenüber dem Skript [KöZ08]<ref name='KöZ08' /> unterscheidet sich die Bezeichnungsweise hier wie folgt: | + | Gegenüber dem Skript [KöZ08]<ref name='KöZ08' /> unterscheidet sich die Bezeichnungsweise hier wie folgt: |
− | + | #Die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses $E$ ist hier ${\rm Pr}(E)$ anstelle von $P(E)$. Diese Nomenklaturänderung wurde auch deshalb vorgenommen, da in manchen Gleichungen Wahrscheinlichkeiten und Leistungen gemeinsam vorkommen.<br> | |
− | + | #Bandpass–Signale werden weiterhin mit dem Index "BP" gekennzeichnet und nicht wie in [KöZ08]<ref name='KöZ08' /> mit einer Tilde. Das entsprechende Tiefpass–Signal ist (meist) mit dem Index "TP" versehen.<br> | |
== Orthonormale Basisfunktionen == | == Orthonormale Basisfunktionen == | ||
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− | Wir gehen in diesem Kapitel von einer Menge $\{s_i(t)\}$ möglicher Sendesignale aus, die den möglichen Nachrichten $m_i$ eineindeutig zugeordnet sind. | + | Wir gehen in diesem Kapitel von einer Menge $\{s_i(t)\}$ möglicher Sendesignale aus, die den möglichen Nachrichten $m_i$ eineindeutig zugeordnet sind. |
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− | Für das Folgende setzen wir weiter voraus, dass die $M$ Signale $s_i(t)$ [[Signaldarstellung/Klassifizierung_von_Signalen#Energiebegrenzte_und_leistungsbegrenzte_Signale| energiebegrenzt]] sind, was meist gleichzeitig bedeutet, dass sie nur von endlicher Dauer sind.<br> | + | Mit $i = 1$, ... , $M$ gilt: |
+ | :$$m \in \{m_i \}, \hspace{0.2cm} s(t) \in \{s_i(t) \}\hspace{-0.1cm}: \hspace{0.3cm} m = m_i \hspace{0.1cm} \Leftrightarrow \hspace{0.1cm} s(t) = s_i(t) \hspace{0.05cm}.$$ | ||
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+ | Für das Folgende setzen wir weiter voraus, dass die $M$ Signale $s_i(t)$ [[Signaldarstellung/Klassifizierung_von_Signalen#Energiebegrenzte_und_leistungsbegrenzte_Signale| "energiebegrenzt"]] sind, was meist gleichzeitig bedeutet, dass sie nur von endlicher Dauer sind.<br> | ||
{{BlaueBox|TEXT= | {{BlaueBox|TEXT= | ||
− | $\text{Satz:}$ Eine jede Menge $\{s_1(t), \hspace{0.05cm} \text{...} \hspace{0.05cm} , s_M(t)\}$ energiebegrenzter Signale lässt sich in $N \le M$ '''orthonormale Basisfunktionen''' $\varphi_1(t), \hspace{0.05cm} \text{...} \hspace{0.05cm} , \varphi_N(t)$ entwickeln | + | $\text{Satz:}$ Eine jede Menge $\{s_1(t), \hspace{0.05cm} \text{...} \hspace{0.05cm} , s_M(t)\}$ energiebegrenzter Signale lässt sich in $N \le M$ '''orthonormale Basisfunktionen''' $\varphi_1(t), \hspace{0.05cm} \text{...} \hspace{0.05cm} , \varphi_N(t)$ entwickeln. Es gilt: |
:$$s_i(t) = \sum\limits_{j = 1}^{N}s_{ij} \cdot \varphi_j(t) , | :$$s_i(t) = \sum\limits_{j = 1}^{N}s_{ij} \cdot \varphi_j(t) , | ||
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− | Jeweils zwei Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ und $\varphi_k(t)$ müssen orthonormal zueinander sein, das heißt, es muss gelten ( | + | Jeweils zwei Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ und $\varphi_k(t)$ müssen orthonormal zueinander sein, das heißt, es muss gelten $(\delta_{jk}$ nennt man das [https://de.wikipedia.org/wiki/Kronecker-Delta "Kronecker–Symbol"] oder das „Kronecker-Delta”$)$: |
:$$<\hspace{-0.1cm}\varphi_j(t), \hspace{0.05cm}\varphi_k(t) \hspace{-0.1cm}> = \int_{-\infty}^{+\infty}\varphi_j(t) \cdot \varphi_k(t)\,d \it t = {\rm \delta}_{jk} = | :$$<\hspace{-0.1cm}\varphi_j(t), \hspace{0.05cm}\varphi_k(t) \hspace{-0.1cm}> = \int_{-\infty}^{+\infty}\varphi_j(t) \cdot \varphi_k(t)\,d \it t = {\rm \delta}_{jk} = | ||
\left\{ \begin{array}{c} 1 \\ | \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ | ||
0 \end{array} \right.\quad | 0 \end{array} \right.\quad | ||
− | \begin{array}{*{1}c} {\rm falls}\hspace{0. | + | \begin{array}{*{1}c} {\rm falls}\hspace{0.15cm}j = k |
− | \\ {\rm falls}\hspace{0. | + | \\ {\rm falls}\hspace{0.15cm} j \ne k \\ \end{array} |
\hspace{0.05cm}.$$}}<br> | \hspace{0.05cm}.$$}}<br> | ||
− | Der Parameter $N$ gibt dabei an, wieviele Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ benötigt werden, um die $M$ möglichen Sendesignale darzustellen. Mit anderen Worten: $N$ ist die | + | Der Parameter $N$ gibt dabei an, wieviele Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ benötigt werden, um die $M$ möglichen Sendesignale darzustellen. Mit anderen Worten: $N$ ist die "Dimension des Vektorraums", der von den $M$ Signalen aufgespannt wird. Dabei gilt: |
− | + | #Ist $N = M$, so sind alle Sendesignale zueinander orthogonal. | |
− | + | #Sie sind dann nicht notwendigerweise orthonormal, das heißt, die Energien $E_i = <\hspace{-0.1cm}s_i(t), \hspace{0.05cm}s_i(t) \hspace{-0.1cm}>$ können durchaus ungleich Eins sein.<br> | |
+ | #Der Fall $N < M$ ergibt sich, wenn mindestens ein Signal $s_i(t)$ als Linearkombination von Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ dargestellt werden kann, die sich aus anderen Signalen $s_j(t) \ne s_i(t)$ ergeben haben.<br> | ||
− | {{GraueBox|TEXT= | + | {{GraueBox|TEXT= |
− | $\text{Beispiel 1:}$ Wir betrachten $M = 3$ energiebegrenzte Signale gemäß der Grafik. Man erkennt sofort: | + | $\text{Beispiel 1:}$ Wir betrachten $M = 3$ energiebegrenzte Signale gemäß der Grafik. Man erkennt sofort: |
− | *Die Signale $s_1(t)$ und $s_2(t)$ sind zueinander orthogonal.<br> | + | [[Datei:P ID1993 Dig T 4 1 S2 version1.png|right|frame|Darstellung der drei Sendesignale durch zwei Basisfunktionen|class=fit]] |
+ | *Die Signale $s_1(t)$ und $s_2(t)$ sind zueinander orthogonal.<br> | ||
− | *Die Energien sind $E_1 = A^2 \cdot T = E$ und $E_2 = (A/2)^2 \cdot T = E/4$.<br> | + | *Die Energien sind $E_1 = A^2 \cdot T = E$ und $E_2 = (A/2)^2 \cdot T = E/4$.<br> |
− | *Die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ sind jeweils formgleich mit $s_1(t)$ bzw. $s_2(t)$ und beide besitzen die Energie Eins: | + | *Die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ sind jeweils formgleich mit $s_1(t)$ bzw. $s_2(t)$ und beide besitzen die Energie Eins: |
− | :$$\varphi_1(t)=\frac{s_1(t)}{\sqrt{E_1} } = \frac{s_1(t)}{\sqrt{A^2 \cdot T} } = \frac{1}{\sqrt{ T} } \cdot \frac{s_1(t)}{A}\hspace{0. | + | :$$\varphi_1(t)=\frac{s_1(t)}{\sqrt{E_1} } = \frac{s_1(t)}{\sqrt{A^2 \cdot T} } = \frac{1}{\sqrt{ T} } \cdot \frac{s_1(t)}{A}$$ |
− | :$$\varphi_2(t) =\frac{s_2(t)}{\sqrt{E_2} } = \frac{s_2(t)}{\sqrt{(A/2)^2 \cdot T} } = \frac{1}{\sqrt{ T} } \cdot \frac{s_2(t)}{A/2}\hspace{0.05cm}\hspace{0. | + | :$$\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.1cm}s_1(t) = s_{11} \cdot \varphi_1(t)\hspace{0.05cm},\hspace{0.1cm}s_{11} = \sqrt{E}\hspace{0.05cm},$$ |
+ | :$$\varphi_2(t) =\frac{s_2(t)}{\sqrt{E_2} } = \frac{s_2(t)}{\sqrt{(A/2)^2 \cdot T} } = \frac{1}{\sqrt{ T} } \cdot \frac{s_2(t)}{A/2}\hspace{0.05cm}$$ | ||
+ | :$$\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.1cm}s_2(t) = s_{21} \cdot \varphi_2(t)\hspace{0.05cm},\hspace{0.1cm}s_{21} = {\sqrt{E} }/{2}\hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | *Das Signal $s_3(t)$ kann durch die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ ausgedrückt werden: | + | *Das Signal $s_3(t)$ kann durch die vorher bestimmten Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ ausgedrückt werden: |
− | :$$s_3(t) =s_{31} \cdot \varphi_1(t) + s_{32} \cdot \varphi_2(t)\hspace{0.05cm},\hspace{0. | + | :$$s_3(t) =s_{31} \cdot \varphi_1(t) + s_{32} \cdot \varphi_2(t)\hspace{0.05cm},$$ |
+ | :$$\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.1cm} | ||
s_{31} = {A}/{2} \cdot \sqrt {T}= {\sqrt{E} }/{2}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}s_{32} = - A \cdot \sqrt {T} = -\sqrt{E} \hspace{0.05cm}.$$ | s_{31} = {A}/{2} \cdot \sqrt {T}= {\sqrt{E} }/{2}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}s_{32} = - A \cdot \sqrt {T} = -\sqrt{E} \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | + | ⇒ Im rechten unteren Bild sind die Signale in einer 2D–Darstellung mit den Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ als Achsen dargestellt, wobei $E = A^2 \cdot T$ gilt und der Zusammenhang zu den anderen Grafiken durch die Farbgebung zu erkennen ist. | |
− | |||
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− | Die vektoriellen Repräsentanten der Signale $s_1(t)$, $s_2(t)$ und $s_3(t)$ in diesem zweidimensionellen Vektorraum lassen sich daraus wie folgt ablesen: | + | ⇒ Die vektoriellen Repräsentanten der Signale $s_1(t)$, $s_2(t)$ und $s_3(t)$ in diesem zweidimensionellen Vektorraum lassen sich daraus wie folgt ablesen: |
:$$\mathbf{s}_1 = (\sqrt{ E}, \hspace{0.1cm}0), $$ | :$$\mathbf{s}_1 = (\sqrt{ E}, \hspace{0.1cm}0), $$ | ||
:$$\mathbf{s}_2 = (0, \hspace{0.1cm}\sqrt{ E}/2), $$ | :$$\mathbf{s}_2 = (0, \hspace{0.1cm}\sqrt{ E}/2), $$ | ||
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== Das Verfahren nach Gram-Schmidt== | == Das Verfahren nach Gram-Schmidt== | ||
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− | Im | + | Im $\text{Beispiel 1}$ auf der letzten Seite war die Angabe der beiden orthonormalen Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ sehr einfach, da diese formgleich mit $s_1(t)$ bzw. $s_2(t)$ waren. Das [https://de.wikipedia.org/wiki/Gram-Schmidtsches_Orthogonalisierungsverfahren "Gram–Schmidt–Verfahren"] findet die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$, ... , $\varphi_N(t)$ für beliebig vorgebbare Signale $s_1(t)$, ... , $s_M(t)$, und zwar wie folgt: |
− | *Die erste Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist stets formgleich mit $s_1(t)$. Es gilt: | + | *Die erste Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist stets formgleich mit $s_1(t)$. Es gilt: |
:$$\varphi_1(t) = \frac{s_1(t)}{\sqrt{E_1}} = \frac{s_1(t)}{|| s_1(t)||} | :$$\varphi_1(t) = \frac{s_1(t)}{\sqrt{E_1}} = \frac{s_1(t)}{|| s_1(t)||} | ||
\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} || \varphi_1(t) || = 1, \hspace{0.2cm}s_{11} =|| s_1(t)||,\hspace{0.2cm}s_{1j} = 0 \hspace{0.2cm}{\rm f{\rm \ddot{u}r }}\hspace{0.2cm} j \ge 2 | \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} || \varphi_1(t) || = 1, \hspace{0.2cm}s_{11} =|| s_1(t)||,\hspace{0.2cm}s_{1j} = 0 \hspace{0.2cm}{\rm f{\rm \ddot{u}r }}\hspace{0.2cm} j \ge 2 | ||
\hspace{0.05cm}.$$ | \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | *Es wird nun angenommen, dass aus den Signalen $s_1(t)$, ... , $s_{k-1}(t)$ bereits die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$, ... , $\varphi_{n-1}(t)$ berechnet wurden $(n \le k)$. Dann berechnen wir mittels $s_k(t)$ die Hilfsfunktion | + | *Es wird nun angenommen, dass aus den Signalen $s_1(t)$, ... , $s_{k-1}(t)$ bereits die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$, ... , $\varphi_{n-1}(t)$ berechnet wurden $(n \le k)$. Dann berechnen wir mittels $s_k(t)$ die Hilfsfunktion |
:$$\theta_k(t) = s_k(t) - \sum\limits_{j = 1}^{n-1}s_{kj} \cdot \varphi_j(t) \hspace{0.4cm}{\rm mit}\hspace{0.4cm} | :$$\theta_k(t) = s_k(t) - \sum\limits_{j = 1}^{n-1}s_{kj} \cdot \varphi_j(t) \hspace{0.4cm}{\rm mit}\hspace{0.4cm} | ||
s_{kj} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_k(t), \hspace{0.05cm}\varphi_j(t) \hspace{-0.1cm} >, \hspace{0.2cm} j = 1, \hspace{0.05cm} \text{...}\hspace{0.05cm}, n-1\hspace{0.05cm}.$$ | s_{kj} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_k(t), \hspace{0.05cm}\varphi_j(t) \hspace{-0.1cm} >, \hspace{0.2cm} j = 1, \hspace{0.05cm} \text{...}\hspace{0.05cm}, n-1\hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | *Ist $\theta_k(t) \equiv 0$ ⇒ $||\theta_k(t)|| = 0$, so liefert $s_k(t)$ keine neue Basisfunktion. Vielmehr lässt sich dann $s_k(t)$ durch die $n | + | *Ist $\theta_k(t) \equiv 0$ ⇒ $||\theta_k(t)|| = 0$, so liefert $s_k(t)$ keine neue Basisfunktion. Vielmehr lässt sich dann $s_k(t)$ durch die $n–1$ bereits vorher gefundenen Basisfunktionen $\varphi_1(t)$, ... , $\varphi_{n-1}(t)$ ausdrücken: |
:$$s_k(t) = \sum\limits_{j = 1}^{n-1}s_{kj}\cdot \varphi_j(t) \hspace{0.05cm}.$$ | :$$s_k(t) = \sum\limits_{j = 1}^{n-1}s_{kj}\cdot \varphi_j(t) \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | *Eine neue Basisfunktion (nämlich die $n$–te) ergibt sich, falls $||\theta_k(t)|| \ne 0$ ist: | + | *Eine neue Basisfunktion $($nämlich die $n$–te$)$ ergibt sich, falls $||\theta_k(t)|| \ne 0$ ist: |
:$$\varphi_n(t) = \frac{\theta_k(t)}{|| \theta_k(t)||} | :$$\varphi_n(t) = \frac{\theta_k(t)}{|| \theta_k(t)||} | ||
\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} || \varphi_n(t) || = 1\hspace{0.05cm}.$$ | \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} || \varphi_n(t) || = 1\hspace{0.05cm}.$$ | ||
+ | Diese Prozedur wird fortgesetzt, bis alle $M$ Signale berücksichtigt wurden. Danach hat man alle $N \le M$ orthonormalen Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ gefunden. Der Sonderfall $N = M$ ergibt sich nur dann, wenn alle $M$ Signale linear voneinander unabhängig sind.<br> | ||
− | + | Dieses Verfahren wird nun an einem Beispiel verdeutlicht. Wir verweisen auch auf das interaktive HTML5/JavaScript Applet [[Applets:Das_Gram-Schmidt-Verfahren|"Gram–Schmidt–Verfahren"]]. | |
− | |||
− | Dieses Verfahren wird nun an einem Beispiel verdeutlicht. Wir verweisen auch auf das interaktive Applet [[Applets: | ||
{{GraueBox|TEXT= | {{GraueBox|TEXT= | ||
− | $\text{Beispiel 2:}$ Wir betrachten die $M = 4$ energiebegrenzten Signale $s_1(t)$, ... , $s_4(t)$ | + | $\text{Beispiel 2:}$ Wir betrachten die $M = 4$ energiebegrenzten Signale $s_1(t)$, ... , $s_4(t).$ Zur Vereinfachung der Berechnungen ist hier die Amplitude und die Zeit normiert. |
− | |||
[[Datei:P ID1990 Dig T 4 1 S3 version1.png|center|frame|Zum Gram-Schmidt-Verfahren|class=fit]] | [[Datei:P ID1990 Dig T 4 1 S3 version1.png|center|frame|Zum Gram-Schmidt-Verfahren|class=fit]] | ||
− | Man erkennt aus | + | Man erkennt aus der Grafik: |
− | *Die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist formgleich mit $s_1(t)$. Wegen $E_1 = \vert \vert s_1(t) \vert \vert ^3 = 3 \cdot 0.5^2 = 0.75$ ergibt sich $s_{11} = \vert \vert s_1(t) \vert \vert = 0.866$. $\varphi_1(t)$ selbst besitzt abschnittsweise die Werte $\pm 0.5/0.866 = \pm0.577$. | + | *Die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist formgleich mit $s_1(t)$. Wegen $E_1 = \vert \vert s_1(t) \vert \vert ^3 = 3 \cdot 0.5^2 = 0.75$ ergibt sich $s_{11} = \vert \vert s_1(t) \vert \vert = 0.866$. $\varphi_1(t)$ selbst besitzt abschnittsweise die Werte $\pm 0.5/0.866 = \pm0.577$. |
− | *Zur Berechnung der Hilfsfunktion $\theta_2(t)$ berechnen wir | + | *Zur Berechnung der Hilfsfunktion $\theta_2(t)$ berechnen wir: |
:$$s_{21} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_2(t), \hspace{0.05cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0 \cdot (+0.577) + 1 \cdot (-0.577)+ 0 \cdot (-0.577)= -0.577$$ | :$$s_{21} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_2(t), \hspace{0.05cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0 \cdot (+0.577) + 1 \cdot (-0.577)+ 0 \cdot (-0.577)= -0.577$$ | ||
Zeile 166: | Zeile 163: | ||
\hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}\vert \vert \theta_2(t) \vert \vert^2 = (1/3)^2 + (2/3)^2 + (-1/3)^2 = 0.667$$ | \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}\vert \vert \theta_2(t) \vert \vert^2 = (1/3)^2 + (2/3)^2 + (-1/3)^2 = 0.667$$ | ||
:$$ \Rightarrow \hspace{0.3cm} s_{22} = \sqrt{0.667} = 0.816,\hspace{0.3cm} | :$$ \Rightarrow \hspace{0.3cm} s_{22} = \sqrt{0.667} = 0.816,\hspace{0.3cm} | ||
− | \varphi_2(t) = \theta_2(t)/s_{22} = (0.408, 0.816, -0.408)\hspace{0.05cm}. $$ | + | \varphi_2(t) = \theta_2(t)/s_{22} = (0.408,\ 0.816,\ -0.408)\hspace{0.05cm}. $$ |
− | *Die inneren Produkte zwischen $s_1(t)$ mit $\varphi_1(t)$ bzw. $\varphi_2(t)$ liefern folgende Ergebnisse: | + | *Die inneren Produkte zwischen $s_1(t)$ mit $\varphi_1(t)$ bzw. $\varphi_2(t)$ liefern folgende Ergebnisse: |
:$$s_{31} \hspace{0.1cm} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_3(t), \hspace{0.07cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0.5 \cdot (+0.577) + 0.5 \cdot (-0.577)- 0.5 \cdot (-0.577)= 0.289$$ | :$$s_{31} \hspace{0.1cm} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_3(t), \hspace{0.07cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0.5 \cdot (+0.577) + 0.5 \cdot (-0.577)- 0.5 \cdot (-0.577)= 0.289$$ | ||
:$$s_{32} \hspace{0.1cm} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_3(t), \hspace{0.07cm}\varphi_2(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0.5 \cdot (+0.408) + 0.5 \cdot (+0.816)- 0.5 \cdot (-0.408)= 0.816$$ | :$$s_{32} \hspace{0.1cm} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_3(t), \hspace{0.07cm}\varphi_2(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0.5 \cdot (+0.408) + 0.5 \cdot (+0.816)- 0.5 \cdot (-0.408)= 0.816$$ | ||
:$$\Rightarrow \hspace{0.3cm}\theta_3(t) = s_3(t) - 0.289 \cdot \varphi_1(t)- 0.816 \cdot \varphi_2(t) = 0\hspace{0.05cm}.$$ | :$$\Rightarrow \hspace{0.3cm}\theta_3(t) = s_3(t) - 0.289 \cdot \varphi_1(t)- 0.816 \cdot \varphi_2(t) = 0\hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | + | *Das bedeutet: Die grüne Funktion $s_3(t)$ liefert keine neue Basisfunktion $\varphi_3(t)$, im Gegensatz zur Funktion $s_4(t)$. Die numerischen Ergebnisse hierfür können der Grafik entnommen werden. | |
− | Das bedeutet: Die grüne Funktion $s_3(t)$ liefert keine neue Basisfunktion $\varphi_3(t)$, im Gegensatz zur Funktion $s_4(t)$. Die numerischen Ergebnisse hierfür können der Grafik entnommen werden.}} | + | }} |
== Basisfunktionen komplexer Zeitsignale == | == Basisfunktionen komplexer Zeitsignale == | ||
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In der Nachrichtentechnik hat man es oft mit komplexen Zeitfunktionen zu tun, | In der Nachrichtentechnik hat man es oft mit komplexen Zeitfunktionen zu tun, | ||
− | *nicht etwa, weil es komplexe Signale in der Realität gibt, sondern | + | *nicht etwa, weil es komplexe Signale in der Realität gibt, sondern<br> |
− | |||
− | Die Bestimmung der $N \le M$ komplexwertigen Basisfunktionen $\xi_k(t)$ aus den$M$ komplexen Signalen $s_i(t)$ kann ebenfalls mit dem [[Digitalsignal%C3%BCbertragung/Signale,_Basisfunktionen_und_Vektorr%C3%A4ume#Das_Verfahren_nach_Gram-Schmidt_.281.29| Gram–Schmidt–Verfahren]] erfolgen, doch ist nun zu berücksichtigen, dass das innere Produkt zweier komplexer Signale $x(t)$ und $y(t)$ wie folgt zu berechnen ist: | + | *weil die Beschreibung eines Bandpass–Signals im äquivalenten Tiefpass–Bereich zu komplexen Signalen führt.<br><br> |
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+ | Die Bestimmung der $N \le M$ '''komplexwertigen Basisfunktionen''' $\xi_k(t)$ aus den $M$ komplexen Signalen $s_i(t)$ kann ebenfalls mit dem [[Digitalsignal%C3%BCbertragung/Signale,_Basisfunktionen_und_Vektorr%C3%A4ume#Das_Verfahren_nach_Gram-Schmidt_.281.29| Gram–Schmidt–Verfahren]] erfolgen, doch ist nun zu berücksichtigen, dass das innere Produkt zweier komplexer Signale $x(t)$ und $y(t)$ wie folgt zu berechnen ist: | ||
:$$< \hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.1cm}y(t)\hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = \int_{-\infty}^{+\infty}x(t) \cdot y^{\star}(t)\,d \it t | :$$< \hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.1cm}y(t)\hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = \int_{-\infty}^{+\infty}x(t) \cdot y^{\star}(t)\,d \it t | ||
\hspace{0.05cm}.$$ | \hspace{0.05cm}.$$ | ||
− | Die entsprechenden Gleichungen lauten nun mit $i = 1, \text{..}. , M$ und $k = 1, \text{..}. , N$: | + | Die entsprechenden Gleichungen lauten nun mit $i = 1, \text{..}. , M$ und $k = 1, \text{..}. , N$: |
:$$s_i(t) = \sum\limits_{k = 1}^{N}s_{ik} \cdot \xi_k(t),\hspace{0.2cm}s_i(t) \in {\cal C},\hspace{0.2cm}s_{ik} \in {\cal C} | :$$s_i(t) = \sum\limits_{k = 1}^{N}s_{ik} \cdot \xi_k(t),\hspace{0.2cm}s_i(t) \in {\cal C},\hspace{0.2cm}s_{ik} \in {\cal C} | ||
,\hspace{0.2cm}\xi_k(t) \in {\cal C} \hspace{0.05cm},$$ | ,\hspace{0.2cm}\xi_k(t) \in {\cal C} \hspace{0.05cm},$$ | ||
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\left\{ \begin{array}{c} 1 \\ | \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ | ||
0 \end{array} \right.\quad | 0 \end{array} \right.\quad | ||
− | \begin{array}{*{1}c}{\rm falls}\hspace{0. | + | \begin{array}{*{1}c}{\rm falls}\hspace{0.25cm} k = j |
− | \\ {\rm falls}\hspace{0. | + | \\ {\rm falls}\hspace{0.25cm} k \ne j \\ \end{array}\hspace{0.05cm}.$$ |
− | Natürlich lässt sich jede komplexe Größe auch durch zwei reelle Größen ausdrücken, nämlich durch Realteil und Imaginärteil. Somit erhält man hier folgende Gleichungen: | + | Natürlich lässt sich jede komplexe Größe auch durch zwei reelle Größen ausdrücken, nämlich durch Realteil und Imaginärteil. Somit erhält man hier folgende Gleichungen: |
:$$s_{i}(t) = s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}i}(t) + {\rm j} \cdot s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}i}(t), | :$$s_{i}(t) = s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}i}(t) + {\rm j} \cdot s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}i}(t), | ||
\hspace{0.2cm} s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}i}(t) = {\rm Re}\big [s_{i}(t)\big], \hspace{0.2cm} s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}i}(t) = {\rm Im} \big [s_{i}(t)\big ],$$ | \hspace{0.2cm} s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}i}(t) = {\rm Re}\big [s_{i}(t)\big], \hspace{0.2cm} s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}i}(t) = {\rm Im} \big [s_{i}(t)\big ],$$ | ||
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\hspace{0.05cm}. $$ | \hspace{0.05cm}. $$ | ||
− | Die Nomenklatur ergibt sich aus der Hauptanwendung für komplexe Basisfunktionen, nämlich der [[Modulationsverfahren/Quadratur–Amplitudenmodulation#Allgemeine_Beschreibung_und_Signalraumzuordnung|Quadratur–Amplitudenmodulation]] (QAM). | + | Die Nomenklatur ergibt sich aus der Hauptanwendung für komplexe Basisfunktionen, nämlich der [[Modulationsverfahren/Quadratur–Amplitudenmodulation#Allgemeine_Beschreibung_und_Signalraumzuordnung|"Quadratur–Amplitudenmodulation"]] $\rm (QAM)$. |
− | *Der Index „I” steht für Inphasekomponente und gibt den Realteil an, | + | *Der Index „I” steht für Inphasekomponente und gibt den Realteil an, |
− | *während die Quadraturkomponente (Imaginärteil) mit dem Index „Q” gekennzeichnet ist.<br> | + | |
+ | *während die Quadraturkomponente $($Imaginärteil$)$ mit dem Index „Q” gekennzeichnet ist.<br> | ||
− | Um Verwechslungen mit der imaginären Einheit zu vermeiden, | + | Um Verwechslungen mit der imaginären Einheit "$\rm j$" zu vermeiden, wurden hier die komplexen Basisfunktionen $\xi_{k}(t)$ mit $k$ induziert und nicht mit $j$.<br> |
== Dimension der Basisfunktionen == | == Dimension der Basisfunktionen == | ||
<br> | <br> | ||
− | Bei der Basisbandübertragung sind die möglichen Sendesignale (Betrachtung nur einer Symboldauer) | + | Bei der Basisbandübertragung sind die möglichen Sendesignale $($Betrachtung nur einer Symboldauer$)$: |
:$$s_i(t) = a_i \cdot g_s(t), \hspace{0.2cm} i = 0, \text{...}\hspace{0.05cm} , M-1,$$ | :$$s_i(t) = a_i \cdot g_s(t), \hspace{0.2cm} i = 0, \text{...}\hspace{0.05cm} , M-1,$$ | ||
− | wobei $g_s(t)$ den | + | wobei $g_s(t)$ den "Sendegrundimpuls" angibt und die $a_i$ in den ersten drei Hauptkapiteln als die "möglichen Amplitudenkoeffizienten" bezeichnet wurden. Anzumerken ist, dass ab sofort für die Laufvariable $i$ die Werte $0$ bis $M-1$ vorausgesetzt werden.<br> |
+ | |||
+ | Nach der Beschreibung dieses Kapitels handelt es sich unabhängig von der Stufenzahl $M$ um ein eindimensionales Modulationsverfahren $(N = 1)$. | ||
− | + | {{BlaueBox|TEXT= | |
− | * | + | $\text{Im Fall der Basisbandübertragung gilt:}$ |
− | :$$\varphi_1(t) ={g_s(t)}/{\sqrt{E_{gs}}} \hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm} | + | *Die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist gleich dem energienormierten Sendegrundimpuls $g_s(t)$: |
+ | :$$\varphi_1(t) ={g_s(t)}/{\sqrt{E_{gs} } } \hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm} | ||
E_{gs} = \int_{-\infty}^{+\infty}g_s^2(t)\,d \it t | E_{gs} = \int_{-\infty}^{+\infty}g_s^2(t)\,d \it t | ||
\hspace{0.05cm},$$ | \hspace{0.05cm},$$ | ||
+ | *Die dimensionslosen Amplitudenkoeffizienten $a_i$ sind in die Signalraumpunkte $s_i$ umzurechnen, die die Einheit „Wurzel aus Energie” aufweisen.<br>}} | ||
− | |||
+ | {{GraueBox|TEXT= | ||
+ | $\text{Beispiel 3:}$ | ||
+ | Die Grafik zeigt eindimensionale Signalraumkonstellationen $(N=1)$ für die Basisbandübertragung, nämlich | ||
+ | [[Datei:P ID1991 Dig T 4 1 S5a version2.png|right|frame|Eindimensionale Modulationsverfahren|class=fit]] | ||
+ | #binär unipolar (oben) ⇒ $M = 2$, | ||
+ | #binär bipolar (Mitte) ⇒ $M = 2$, sowie | ||
+ | #quaternär bipolare (unten) ⇒ $M = 4$. | ||
− | |||
− | |||
− | |||
− | ( | + | Die Grafik beschreibt gleichzeitig die eindimensionalen Trägerfrequenzsysteme |
+ | # [[Digitalsignalübertragung/Trägerfrequenzsysteme_mit_kohärenter_Demodulation#On.E2.80.93Off.E2.80.93Keying_.282.E2.80.93ASK.29|Zweistufiges Amplitude Shift Keying]] (2–ASK), | ||
+ | # [[Digitalsignalübertragung/Trägerfrequenzsysteme_mit_kohärenter_Demodulation#Binary_Phase_Shift_Keying_.28BPSK.29|Binary Phase Shift Keying]] (BPSK), | ||
+ | #[[Digitalsignalübertragung/Trägerfrequenzsysteme_mit_kohärenter_Demodulation#M.E2.80.93stufiges_Amplitude_Shift_Keying_.28M.E2.80.93ASK.29|Vierstufiges Amplitude Shift Keying]] (4–ASK).<br> | ||
− | |||
− | + | <u>Hinweise:</u> | |
− | * | + | *Die Signale $s_i(t)$ und die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ beziehen sich stets auf den äquivalenten Tiefpass–Bereich. |
− | |||
− | |||
+ | *Im Bandpass–Bereich ist $\varphi_1(t)$ eine auf den Zeitbereich $0 \le t \le T$ begrenzte harmonische Schwingung. | ||
− | + | *In der rechten Grafik sind am Beispiel "Rechteckimpuls" die zwei bzw. vier möglichen Sendesignale $s_i(t)$ angegeben. | |
− | + | *Daraus ist der Zusammenhang zwischen Impulsamplitude $A$ und Signalenergie $E = A^2 \cdot T$ zu erkennen.}} | |
<br clear=all> | <br clear=all> | ||
− | |||
− | |||
− | |||
− | |||
+ | {{GraueBox|TEXT= | ||
+ | $\text{Beispiel 4:}$ | ||
+ | [[Datei:P ID1992 Dig T 4 1 S5b version1.png|right|frame|Zweidimensionale Signalraumkonstellationen für mehrstufige PSK und QAM|class=fit]] | ||
+ | Zu den zweidimensionalen Modulationsverfahren $(N = 2)$ gehören | ||
+ | |||
+ | #[[Digitalsignalübertragung/Trägerfrequenzsysteme_mit_kohärenter_Demodulation#Mehrstufiges_Phase.E2.80.93Shift_Keying_.28M.E2.80.93PSK.29|<i>M</i>–stufiges Phase Shift Keying]] (<i>M</i>–PSK),<br> | ||
+ | #[[Digitalsignalübertragung/Trägerfrequenzsysteme_mit_kohärenter_Demodulation#Quadraturamplitudenmodulation_.28M.E2.80.93QAM.29|Quadratur–Amplitudenmodulation]] (4–QAM, 16–QAM, ...),<br> | ||
+ | #[[Digitalsignalübertragung/Trägerfrequenzsysteme_mit_kohärenter_Demodulation#Binary_Frequency_Shift_Keying_.282.E2.80.93FSK.29|Binäres (orthogonales) Frequency Shift Keying]] (2–FSK).<br><br> | ||
+ | |||
+ | Allgemein ist bei orthogonaler FSK die Anzahl $N$ der Basisfunktionen $\varphi_k(t)$ gleich der Anzahl $M$ möglicher Sendesignale $s_i(t)$. $N=2$ ist deshalb nur für $M=2$ möglich.<br> | ||
+ | |||
+ | Die Grafiken beschreiben zweidimensionale Modulationsverfahren im Bandpass– und im äquivalenten Tiefpassbereich: | ||
+ | *Die linke Grafik zeigt die "8–PSK". Beschränkt man sich auf die roten Punkte ⇒ "4–PSK" ("Quaternary Phase Shift Keying</i>, QPSK) vor.<br> | ||
+ | |||
+ | *Die rechte Grafik bezieht sich auf die "16–QAM" bzw. (wenn man nur die roten Signalraumpunkte betrachtet) – auf die "4–QAM". | ||
+ | |||
+ | *Ein Vergleich beider Bilder zeigt, dass bei entsprechender Achsenskalierung die "4–QAM" mit der "QPSK" identisch ist.<br> | ||
+ | |||
+ | *Bei der Betrachtung als Bandpass–System ist die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ cosinusförmig und $\varphi_2(t)$ (minus–)sinusförmig – vergleiche [[Aufgaben:Aufgabe_4.2:_AM/PM-Schwingungen|Aufgabe 4.2]].<br> | ||
+ | |||
+ | *Dagegen ist nach der Transformation der QAM–Systeme in den äquivalenten Tiefpassbereich $\varphi_1(t)$ gleich dem energienormierten $($also mit der Energie „1”$)$ Sendegrundimpuls $g_s(t)$, während $\varphi_2(t)={\rm j} \cdot \varphi_1(t)$ zu setzen ist. Näheres hierzu finden Sie in der [[Aufgaben:Aufgabe_4.2Z:_Achtstufiges_Phase_Shift_Keying|Aufgabe 4.2Z]].<br>}} | ||
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== Aufgaben zum Kapitel == | == Aufgaben zum Kapitel == | ||
<br> | <br> | ||
− | [[Aufgaben:Aufgabe_4.1:_Zum_Gram-Schmidt-Verfahren|Aufgabe 4.1: Gram-Schmidt-Verfahren]] | + | [[Aufgaben:Aufgabe_4.1:_Zum_Gram-Schmidt-Verfahren|Aufgabe 4.1: Zum Gram-Schmidt-Verfahren]] |
[[Aufgaben:Aufgabe_4.1Z:_Andere_Basisfunktionen|Aufgabe 4.1Z: Andere Basisfunktionen]] | [[Aufgaben:Aufgabe_4.1Z:_Andere_Basisfunktionen|Aufgabe 4.1Z: Andere Basisfunktionen]] |
Aktuelle Version vom 7. Juli 2022, 15:19 Uhr
Inhaltsverzeichnis
# ÜBERBLICK ZUM VIERTEN HAUPTKAPITEL #
Das vierte Hauptkapitel liefert eine abstrahierte Beschreibung der Digitalsignalübertragung, die auf Basisfunktionen und Signalraumkonstellationen aufbaut. Dadurch ist es möglich, sehr unterschiedliche Konfigurationen – zum Beispiel Bandpass–Systeme und solche für das Basisband – in einheitlicher Form zu behandeln. Der jeweils optimale Empfänger besitzt in allen Fällen die gleiche Struktur.
Im Einzelnen werden behandelt:
- die Bedeutung von »Basisfunktionen« und deren Auffinden nach dem »Gram–Schmidt–Verfahren«,
- die »Struktur des optimalen Empfängers« für die Basisbandübertragung,
- das »Theorem der Irrelevanz« und dessen Bedeutung für die Herleitung optimaler Detektoren,
- der »optimale Empfänger für den AWGN–Kanal« und Implementierungsaspekte,
- die Systembeschreibung durch »komplexes bzw. $N$–dimensionales Gaußsches Rauschen«,
- die »Fehlerwahrscheinlichkeitsberechnung und –approximation bei sonst idealen Bedingungen«,
- die Anwendung der »Signalraumbeschreibung auf Trägerfrequenzsysteme«,
- die unterschiedlichen Ergebnisse für »OOK, M–ASK, M–PSK, M–QAM und M–FSK«,
- die unterschiedlichen Ergebnisse für »kohärente bzw. nichtkohärente Demodulation«.
Nahezu alle Ergebnisse dieses Kapitels wurden bereits in früheren Abschnitten hergeleitet. Grundlegend neu ist jedoch die Herangehensweise:
- Im $\rm LNTwww$–Buch „Modulationsverfahren” sowie in den ersten drei Kapiteln dieses Buches wurden bereits bei den Herleitungen die spezifischen Systemeigenschaften berücksichtigt – zum Beispiel, ob die Übertragung des Digitalsignals im Basisband erfolgt oder ob eine digitale Amplituden–, Frequenz– oder Phasenmodulation vorliegt.
- Hier sollen nun die Systeme dahingehend abstrahiert werden, dass sie einheitlich behandelt werden können. Der jeweils optimale Empfänger besitzt in allen Fällen die gleiche Struktur, und die Fehlerwahrscheinlichkeit lässt sich auch für nichtgaußverteiltes Rauschen angeben.
Anzumerken ist, dass sich durch diese eher globale Vorgehensweise gewisse Systemunzulänglichkeiten nur sehr ungenau erfassen lassen, wie zum Beispiel
- der Einfluss eines nichtoptimalen Empfangsfilters auf die Fehlerwahrscheinlichkeit,
- ein falscher Schwellenwert $($Schwellendrift$)$, oder
- Phasenjitter $($Schwankungen der Abtastzeitpunkte$)$.
Insbesondere bei Vorhandensein von Impulsinterferenzen sollte also weiterhin entsprechend dem Hauptkapitel 3 vorgegangen werden.
Die Beschreibung basiert auf dem Skript [KöZ08][1] von Ralf Kötter und Georg Zeitler, das sich stark an das Lehrbuch [WJ65][2] anlehnt. Gerhard Kramer, Lehrstuhlinhaber des LNT seit 2010, behandelt in seiner Vorlesung [Kra17][3] die gleiche Thematik mit sehr ähnlicher Nomenklatur. Um unseren eigenen Studenten an der TU München das Lesen nicht unnötig zu erschweren, halten wir uns weitestgehend an diese Nomenklatur, auch wenn diese von anderen $\rm LNTwww$–Kapiteln abweicht.
Zur Nomenklatur im vierten Kapitel
Gegenüber den anderen Kapiteln in $\rm LNTwww$ ergeben sich hier folgende Nomenklaturunterschiede:
- Die zu übertragende "Nachricht" ist ein ganzzahliger Wert $m \in \{m_i\}$ mit $i = 0$, ... , $M-1$, wobei $M$ den "Symbolumfang" angibt. Wenn es die Beschreibung vereinfacht, wird $i = 1$, ... , $M$ induziert.
- Das Ergebnis des Entscheidungsprozesses beim Empfänger ist ebenfalls ein Integerwert mit dem gleichen Symbolalphabet wie beim Sender. Man bezeichnet dieses Ergebnis auch als den "Schätzwert":
- $$\hat{m} \in \{m_i \}, \hspace{0.2cm} i = 0, 1, \text{...}\hspace{0.05cm} , M-1\hspace{0.2cm} ({\rm bzw.}\,\,i = 1, 2, \text{...}\hspace{0.05cm}, M) \hspace{0.05cm}.$$
- Die "Symbolfehlerwahrscheinlichkeit" $\rm Pr(Symbolfehler)$ oder auch $p_{\rm S}$ wird in diesem Hauptkapitel meist wie folgt bezeichnet:
- $${\rm Pr} ({\cal E}) = {\rm Pr} ( \hat{m} \ne m) = 1 - {\rm Pr} ({\cal C}), \hspace{0.4cm}\text{Komplementärereignis:}\hspace{0.2cm} {\rm Pr} ({\cal C}) = {\rm Pr} ( \hat{m} = m) \hspace{0.05cm}.$$
- Bei einer "Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion" $\rm (WDF)$ wird nun entsprechend $p_r(\rho)$ zwischen der "Zufallsgröße" ⇒ $r$ und der "Realisierung" ⇒ $\rho$ unterschieden. Bisher wurde für eine WDF die Bezeichnung $f_r(r)$ verwendet.
- Mit der Schreibweise $p_r(\rho)$ sind $r$ und $\rho$ Skalare. Sind dagegen Zufallsgröße und Realisierung Vektoren (geeigneter Länge), so wird dies durch Fettschrift ausgedrückt: $p_{ \boldsymbol{ r}}(\boldsymbol{\rho})$ mit den Vektoren $ \boldsymbol{ r}$ und $\boldsymbol{\rho}$.
- Um Verwechslungen mit Energiewerten zu vermeiden, heißt nun der Schwellenwert $G$ anstelle von $E$ und dieser wird in diesem Kapitel vorwiegend als "Entscheidungsgrenze" bezeichnet.
- Ausgehend von den beiden reellen und energiebegrenzten Zeitfunktionen $x(t)$ und $y(t)$ erhält man für das "innere Produkt":
- $$<\hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.05cm}y(t) \hspace{-0.1cm}> \hspace{0.15cm}= \int_{-\infty}^{+\infty}x(t) \cdot y(t)\,d \it t \hspace{0.05cm}.$$
- Daraus ergibt sich die "Euklidische Norm" oder "2–Norm" (oder kurz "Norm"):
- $$||x(t) || = \sqrt{<\hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.05cm}x(t) \hspace{-0.1cm}>} \hspace{0.05cm}.$$
Gegenüber dem Skript [KöZ08][1] unterscheidet sich die Bezeichnungsweise hier wie folgt:
- Die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses $E$ ist hier ${\rm Pr}(E)$ anstelle von $P(E)$. Diese Nomenklaturänderung wurde auch deshalb vorgenommen, da in manchen Gleichungen Wahrscheinlichkeiten und Leistungen gemeinsam vorkommen.
- Bandpass–Signale werden weiterhin mit dem Index "BP" gekennzeichnet und nicht wie in [KöZ08][1] mit einer Tilde. Das entsprechende Tiefpass–Signal ist (meist) mit dem Index "TP" versehen.
Orthonormale Basisfunktionen
Wir gehen in diesem Kapitel von einer Menge $\{s_i(t)\}$ möglicher Sendesignale aus, die den möglichen Nachrichten $m_i$ eineindeutig zugeordnet sind.
Mit $i = 1$, ... , $M$ gilt:
- $$m \in \{m_i \}, \hspace{0.2cm} s(t) \in \{s_i(t) \}\hspace{-0.1cm}: \hspace{0.3cm} m = m_i \hspace{0.1cm} \Leftrightarrow \hspace{0.1cm} s(t) = s_i(t) \hspace{0.05cm}.$$
Für das Folgende setzen wir weiter voraus, dass die $M$ Signale $s_i(t)$ "energiebegrenzt" sind, was meist gleichzeitig bedeutet, dass sie nur von endlicher Dauer sind.
$\text{Satz:}$ Eine jede Menge $\{s_1(t), \hspace{0.05cm} \text{...} \hspace{0.05cm} , s_M(t)\}$ energiebegrenzter Signale lässt sich in $N \le M$ orthonormale Basisfunktionen $\varphi_1(t), \hspace{0.05cm} \text{...} \hspace{0.05cm} , \varphi_N(t)$ entwickeln. Es gilt:
- $$s_i(t) = \sum\limits_{j = 1}^{N}s_{ij} \cdot \varphi_j(t) , \hspace{0.3cm}i = 1,\hspace{0.05cm} \text{...}\hspace{0.1cm} , M, \hspace{0.3cm}j = 1,\hspace{0.05cm} \text{...} \hspace{0.1cm}, N \hspace{0.05cm}.$$
Jeweils zwei Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ und $\varphi_k(t)$ müssen orthonormal zueinander sein, das heißt, es muss gelten $(\delta_{jk}$ nennt man das "Kronecker–Symbol" oder das „Kronecker-Delta”$)$:
- $$<\hspace{-0.1cm}\varphi_j(t), \hspace{0.05cm}\varphi_k(t) \hspace{-0.1cm}> = \int_{-\infty}^{+\infty}\varphi_j(t) \cdot \varphi_k(t)\,d \it t = {\rm \delta}_{jk} = \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ 0 \end{array} \right.\quad \begin{array}{*{1}c} {\rm falls}\hspace{0.15cm}j = k \\ {\rm falls}\hspace{0.15cm} j \ne k \\ \end{array} \hspace{0.05cm}.$$
Der Parameter $N$ gibt dabei an, wieviele Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ benötigt werden, um die $M$ möglichen Sendesignale darzustellen. Mit anderen Worten: $N$ ist die "Dimension des Vektorraums", der von den $M$ Signalen aufgespannt wird. Dabei gilt:
- Ist $N = M$, so sind alle Sendesignale zueinander orthogonal.
- Sie sind dann nicht notwendigerweise orthonormal, das heißt, die Energien $E_i = <\hspace{-0.1cm}s_i(t), \hspace{0.05cm}s_i(t) \hspace{-0.1cm}>$ können durchaus ungleich Eins sein.
- Der Fall $N < M$ ergibt sich, wenn mindestens ein Signal $s_i(t)$ als Linearkombination von Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ dargestellt werden kann, die sich aus anderen Signalen $s_j(t) \ne s_i(t)$ ergeben haben.
$\text{Beispiel 1:}$ Wir betrachten $M = 3$ energiebegrenzte Signale gemäß der Grafik. Man erkennt sofort:
- Die Signale $s_1(t)$ und $s_2(t)$ sind zueinander orthogonal.
- Die Energien sind $E_1 = A^2 \cdot T = E$ und $E_2 = (A/2)^2 \cdot T = E/4$.
- Die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ sind jeweils formgleich mit $s_1(t)$ bzw. $s_2(t)$ und beide besitzen die Energie Eins:
- $$\varphi_1(t)=\frac{s_1(t)}{\sqrt{E_1} } = \frac{s_1(t)}{\sqrt{A^2 \cdot T} } = \frac{1}{\sqrt{ T} } \cdot \frac{s_1(t)}{A}$$
- $$\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.1cm}s_1(t) = s_{11} \cdot \varphi_1(t)\hspace{0.05cm},\hspace{0.1cm}s_{11} = \sqrt{E}\hspace{0.05cm},$$
- $$\varphi_2(t) =\frac{s_2(t)}{\sqrt{E_2} } = \frac{s_2(t)}{\sqrt{(A/2)^2 \cdot T} } = \frac{1}{\sqrt{ T} } \cdot \frac{s_2(t)}{A/2}\hspace{0.05cm}$$
- $$\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.1cm}s_2(t) = s_{21} \cdot \varphi_2(t)\hspace{0.05cm},\hspace{0.1cm}s_{21} = {\sqrt{E} }/{2}\hspace{0.05cm}.$$
- Das Signal $s_3(t)$ kann durch die vorher bestimmten Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ ausgedrückt werden:
- $$s_3(t) =s_{31} \cdot \varphi_1(t) + s_{32} \cdot \varphi_2(t)\hspace{0.05cm},$$
- $$\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.1cm} s_{31} = {A}/{2} \cdot \sqrt {T}= {\sqrt{E} }/{2}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}s_{32} = - A \cdot \sqrt {T} = -\sqrt{E} \hspace{0.05cm}.$$
⇒ Im rechten unteren Bild sind die Signale in einer 2D–Darstellung mit den Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ als Achsen dargestellt, wobei $E = A^2 \cdot T$ gilt und der Zusammenhang zu den anderen Grafiken durch die Farbgebung zu erkennen ist.
⇒ Die vektoriellen Repräsentanten der Signale $s_1(t)$, $s_2(t)$ und $s_3(t)$ in diesem zweidimensionellen Vektorraum lassen sich daraus wie folgt ablesen:
- $$\mathbf{s}_1 = (\sqrt{ E}, \hspace{0.1cm}0), $$
- $$\mathbf{s}_2 = (0, \hspace{0.1cm}\sqrt{ E}/2), $$
- $$\mathbf{s}_3 = (\sqrt{ E}/2,\hspace{0.1cm}-\sqrt{ E} ) \hspace{0.05cm}.$$
Das Verfahren nach Gram-Schmidt
Im $\text{Beispiel 1}$ auf der letzten Seite war die Angabe der beiden orthonormalen Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ sehr einfach, da diese formgleich mit $s_1(t)$ bzw. $s_2(t)$ waren. Das "Gram–Schmidt–Verfahren" findet die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$, ... , $\varphi_N(t)$ für beliebig vorgebbare Signale $s_1(t)$, ... , $s_M(t)$, und zwar wie folgt:
- Die erste Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist stets formgleich mit $s_1(t)$. Es gilt:
- $$\varphi_1(t) = \frac{s_1(t)}{\sqrt{E_1}} = \frac{s_1(t)}{|| s_1(t)||} \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} || \varphi_1(t) || = 1, \hspace{0.2cm}s_{11} =|| s_1(t)||,\hspace{0.2cm}s_{1j} = 0 \hspace{0.2cm}{\rm f{\rm \ddot{u}r }}\hspace{0.2cm} j \ge 2 \hspace{0.05cm}.$$
- Es wird nun angenommen, dass aus den Signalen $s_1(t)$, ... , $s_{k-1}(t)$ bereits die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$, ... , $\varphi_{n-1}(t)$ berechnet wurden $(n \le k)$. Dann berechnen wir mittels $s_k(t)$ die Hilfsfunktion
- $$\theta_k(t) = s_k(t) - \sum\limits_{j = 1}^{n-1}s_{kj} \cdot \varphi_j(t) \hspace{0.4cm}{\rm mit}\hspace{0.4cm} s_{kj} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_k(t), \hspace{0.05cm}\varphi_j(t) \hspace{-0.1cm} >, \hspace{0.2cm} j = 1, \hspace{0.05cm} \text{...}\hspace{0.05cm}, n-1\hspace{0.05cm}.$$
- Ist $\theta_k(t) \equiv 0$ ⇒ $||\theta_k(t)|| = 0$, so liefert $s_k(t)$ keine neue Basisfunktion. Vielmehr lässt sich dann $s_k(t)$ durch die $n–1$ bereits vorher gefundenen Basisfunktionen $\varphi_1(t)$, ... , $\varphi_{n-1}(t)$ ausdrücken:
- $$s_k(t) = \sum\limits_{j = 1}^{n-1}s_{kj}\cdot \varphi_j(t) \hspace{0.05cm}.$$
- Eine neue Basisfunktion $($nämlich die $n$–te$)$ ergibt sich, falls $||\theta_k(t)|| \ne 0$ ist:
- $$\varphi_n(t) = \frac{\theta_k(t)}{|| \theta_k(t)||} \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} || \varphi_n(t) || = 1\hspace{0.05cm}.$$
Diese Prozedur wird fortgesetzt, bis alle $M$ Signale berücksichtigt wurden. Danach hat man alle $N \le M$ orthonormalen Basisfunktionen $\varphi_j(t)$ gefunden. Der Sonderfall $N = M$ ergibt sich nur dann, wenn alle $M$ Signale linear voneinander unabhängig sind.
Dieses Verfahren wird nun an einem Beispiel verdeutlicht. Wir verweisen auch auf das interaktive HTML5/JavaScript Applet "Gram–Schmidt–Verfahren".
$\text{Beispiel 2:}$ Wir betrachten die $M = 4$ energiebegrenzten Signale $s_1(t)$, ... , $s_4(t).$ Zur Vereinfachung der Berechnungen ist hier die Amplitude und die Zeit normiert.
Man erkennt aus der Grafik:
- Die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist formgleich mit $s_1(t)$. Wegen $E_1 = \vert \vert s_1(t) \vert \vert ^3 = 3 \cdot 0.5^2 = 0.75$ ergibt sich $s_{11} = \vert \vert s_1(t) \vert \vert = 0.866$. $\varphi_1(t)$ selbst besitzt abschnittsweise die Werte $\pm 0.5/0.866 = \pm0.577$.
- Zur Berechnung der Hilfsfunktion $\theta_2(t)$ berechnen wir:
- $$s_{21} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_2(t), \hspace{0.05cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0 \cdot (+0.577) + 1 \cdot (-0.577)+ 0 \cdot (-0.577)= -0.577$$
- $$ \Rightarrow \hspace{0.3cm}\theta_2(t) = s_2(t) - s_{21} \cdot \varphi_1(t) = (0.333, 0.667, -0.333) \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}\vert \vert \theta_2(t) \vert \vert^2 = (1/3)^2 + (2/3)^2 + (-1/3)^2 = 0.667$$
- $$ \Rightarrow \hspace{0.3cm} s_{22} = \sqrt{0.667} = 0.816,\hspace{0.3cm} \varphi_2(t) = \theta_2(t)/s_{22} = (0.408,\ 0.816,\ -0.408)\hspace{0.05cm}. $$
- Die inneren Produkte zwischen $s_1(t)$ mit $\varphi_1(t)$ bzw. $\varphi_2(t)$ liefern folgende Ergebnisse:
- $$s_{31} \hspace{0.1cm} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_3(t), \hspace{0.07cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0.5 \cdot (+0.577) + 0.5 \cdot (-0.577)- 0.5 \cdot (-0.577)= 0.289$$
- $$s_{32} \hspace{0.1cm} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_3(t), \hspace{0.07cm}\varphi_2(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = 0.5 \cdot (+0.408) + 0.5 \cdot (+0.816)- 0.5 \cdot (-0.408)= 0.816$$
- $$\Rightarrow \hspace{0.3cm}\theta_3(t) = s_3(t) - 0.289 \cdot \varphi_1(t)- 0.816 \cdot \varphi_2(t) = 0\hspace{0.05cm}.$$
- Das bedeutet: Die grüne Funktion $s_3(t)$ liefert keine neue Basisfunktion $\varphi_3(t)$, im Gegensatz zur Funktion $s_4(t)$. Die numerischen Ergebnisse hierfür können der Grafik entnommen werden.
Basisfunktionen komplexer Zeitsignale
In der Nachrichtentechnik hat man es oft mit komplexen Zeitfunktionen zu tun,
- nicht etwa, weil es komplexe Signale in der Realität gibt, sondern
- weil die Beschreibung eines Bandpass–Signals im äquivalenten Tiefpass–Bereich zu komplexen Signalen führt.
Die Bestimmung der $N \le M$ komplexwertigen Basisfunktionen $\xi_k(t)$ aus den $M$ komplexen Signalen $s_i(t)$ kann ebenfalls mit dem Gram–Schmidt–Verfahren erfolgen, doch ist nun zu berücksichtigen, dass das innere Produkt zweier komplexer Signale $x(t)$ und $y(t)$ wie folgt zu berechnen ist:
- $$< \hspace{-0.1cm}x(t), \hspace{0.1cm}y(t)\hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = \int_{-\infty}^{+\infty}x(t) \cdot y^{\star}(t)\,d \it t \hspace{0.05cm}.$$
Die entsprechenden Gleichungen lauten nun mit $i = 1, \text{..}. , M$ und $k = 1, \text{..}. , N$:
- $$s_i(t) = \sum\limits_{k = 1}^{N}s_{ik} \cdot \xi_k(t),\hspace{0.2cm}s_i(t) \in {\cal C},\hspace{0.2cm}s_{ik} \in {\cal C} ,\hspace{0.2cm}\xi_k(t) \in {\cal C} \hspace{0.05cm},$$
- $$< \hspace{-0.1cm}\xi_k(t),\hspace{0.1cm} \xi_j(t)\hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = \int_{-\infty}^{+\infty}\xi_k(t) \cdot \xi_j^{\star}(t)\,d \it t = {\rm \delta}_{ik} = \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ 0 \end{array} \right.\quad \begin{array}{*{1}c}{\rm falls}\hspace{0.25cm} k = j \\ {\rm falls}\hspace{0.25cm} k \ne j \\ \end{array}\hspace{0.05cm}.$$
Natürlich lässt sich jede komplexe Größe auch durch zwei reelle Größen ausdrücken, nämlich durch Realteil und Imaginärteil. Somit erhält man hier folgende Gleichungen:
- $$s_{i}(t) = s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}i}(t) + {\rm j} \cdot s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}i}(t), \hspace{0.2cm} s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}i}(t) = {\rm Re}\big [s_{i}(t)\big], \hspace{0.2cm} s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}i}(t) = {\rm Im} \big [s_{i}(t)\big ],$$
- $$\xi_{k}(t) = \varphi_k(t) + {\rm j} \cdot \psi_k(t), \hspace{0.2cm} \varphi_k(t) = {\rm Re}\big [\xi_{k}(t)\big ], \hspace{0.2cm} \psi_k(t) = {\rm Im} \big [\xi_{k}(t)\big ],$$
- $$\hspace{0.35cm} s_{ik} = s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}ik} + {\rm j} \cdot s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}ik}, \hspace{0.2cm} s_{{\rm I}ik} = {\rm Re} \big [s_{ik}\big ], \hspace{0.2cm} s_{{\rm Q}ik} = {\rm Im} \big [s_{ik}\big ],$$
- $$ \hspace{0.35cm} s_{{\rm I}\hspace{0.02cm}ik} ={\rm Re}\big [\hspace{0.01cm} < \hspace{-0.1cm} s_i(t), \hspace{0.15cm}\varphi_k(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm}\big ], \hspace{0.2cm}s_{{\rm Q}\hspace{0.02cm}ik} = {\rm Re}\big [\hspace{0.01cm} < \hspace{-0.1cm} s_i(t), \hspace{0.15cm}{\rm j} \cdot \psi_k(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm}\big ] \hspace{0.05cm}. $$
Die Nomenklatur ergibt sich aus der Hauptanwendung für komplexe Basisfunktionen, nämlich der "Quadratur–Amplitudenmodulation" $\rm (QAM)$.
- Der Index „I” steht für Inphasekomponente und gibt den Realteil an,
- während die Quadraturkomponente $($Imaginärteil$)$ mit dem Index „Q” gekennzeichnet ist.
Um Verwechslungen mit der imaginären Einheit "$\rm j$" zu vermeiden, wurden hier die komplexen Basisfunktionen $\xi_{k}(t)$ mit $k$ induziert und nicht mit $j$.
Dimension der Basisfunktionen
Bei der Basisbandübertragung sind die möglichen Sendesignale $($Betrachtung nur einer Symboldauer$)$:
- $$s_i(t) = a_i \cdot g_s(t), \hspace{0.2cm} i = 0, \text{...}\hspace{0.05cm} , M-1,$$
wobei $g_s(t)$ den "Sendegrundimpuls" angibt und die $a_i$ in den ersten drei Hauptkapiteln als die "möglichen Amplitudenkoeffizienten" bezeichnet wurden. Anzumerken ist, dass ab sofort für die Laufvariable $i$ die Werte $0$ bis $M-1$ vorausgesetzt werden.
Nach der Beschreibung dieses Kapitels handelt es sich unabhängig von der Stufenzahl $M$ um ein eindimensionales Modulationsverfahren $(N = 1)$.
$\text{Im Fall der Basisbandübertragung gilt:}$
- Die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist gleich dem energienormierten Sendegrundimpuls $g_s(t)$:
- $$\varphi_1(t) ={g_s(t)}/{\sqrt{E_{gs} } } \hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm} E_{gs} = \int_{-\infty}^{+\infty}g_s^2(t)\,d \it t \hspace{0.05cm},$$
- Die dimensionslosen Amplitudenkoeffizienten $a_i$ sind in die Signalraumpunkte $s_i$ umzurechnen, die die Einheit „Wurzel aus Energie” aufweisen.
$\text{Beispiel 3:}$ Die Grafik zeigt eindimensionale Signalraumkonstellationen $(N=1)$ für die Basisbandübertragung, nämlich
- binär unipolar (oben) ⇒ $M = 2$,
- binär bipolar (Mitte) ⇒ $M = 2$, sowie
- quaternär bipolare (unten) ⇒ $M = 4$.
Die Grafik beschreibt gleichzeitig die eindimensionalen Trägerfrequenzsysteme
- Zweistufiges Amplitude Shift Keying (2–ASK),
- Binary Phase Shift Keying (BPSK),
- Vierstufiges Amplitude Shift Keying (4–ASK).
Hinweise:
- Die Signale $s_i(t)$ und die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ beziehen sich stets auf den äquivalenten Tiefpass–Bereich.
- Im Bandpass–Bereich ist $\varphi_1(t)$ eine auf den Zeitbereich $0 \le t \le T$ begrenzte harmonische Schwingung.
- In der rechten Grafik sind am Beispiel "Rechteckimpuls" die zwei bzw. vier möglichen Sendesignale $s_i(t)$ angegeben.
- Daraus ist der Zusammenhang zwischen Impulsamplitude $A$ und Signalenergie $E = A^2 \cdot T$ zu erkennen.
$\text{Beispiel 4:}$
Zu den zweidimensionalen Modulationsverfahren $(N = 2)$ gehören
- M–stufiges Phase Shift Keying (M–PSK),
- Quadratur–Amplitudenmodulation (4–QAM, 16–QAM, ...),
- Binäres (orthogonales) Frequency Shift Keying (2–FSK).
Allgemein ist bei orthogonaler FSK die Anzahl $N$ der Basisfunktionen $\varphi_k(t)$ gleich der Anzahl $M$ möglicher Sendesignale $s_i(t)$. $N=2$ ist deshalb nur für $M=2$ möglich.
Die Grafiken beschreiben zweidimensionale Modulationsverfahren im Bandpass– und im äquivalenten Tiefpassbereich:
- Die linke Grafik zeigt die "8–PSK". Beschränkt man sich auf die roten Punkte ⇒ "4–PSK" ("Quaternary Phase Shift Keying, QPSK) vor.
- Die rechte Grafik bezieht sich auf die "16–QAM" bzw. (wenn man nur die roten Signalraumpunkte betrachtet) – auf die "4–QAM".
- Ein Vergleich beider Bilder zeigt, dass bei entsprechender Achsenskalierung die "4–QAM" mit der "QPSK" identisch ist.
- Bei der Betrachtung als Bandpass–System ist die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ cosinusförmig und $\varphi_2(t)$ (minus–)sinusförmig – vergleiche Aufgabe 4.2.
- Dagegen ist nach der Transformation der QAM–Systeme in den äquivalenten Tiefpassbereich $\varphi_1(t)$ gleich dem energienormierten $($also mit der Energie „1”$)$ Sendegrundimpuls $g_s(t)$, während $\varphi_2(t)={\rm j} \cdot \varphi_1(t)$ zu setzen ist. Näheres hierzu finden Sie in der Aufgabe 4.2Z.
Aufgaben zum Kapitel
Aufgabe 4.1: Zum Gram-Schmidt-Verfahren
Aufgabe 4.1Z: Andere Basisfunktionen
Aufgabe 4.2: AM/PM-Schwingungen
Aufgabe 4.2Z: Achtstufiges Phase Shift Keying
Aufgabe 4.3: Unterschiedliche Frequenzen
Quellenverzeichnis
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Kötter, R., Zeitler, G.: Nachrichtentechnik 2. Vorlesungsmanuskript, Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technische Universität München, 2008.
- ↑ Wozencraft, J. M.; Jacobs, I. M.: Principles of Communication Engineering. New York: John Wiley & Sons, 1965.
- ↑ Kramer, G.: Nachrichtentechnik 2. Vorlesungsmanuskript, Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technische Universität München, 2017.