Lineare zeitinvariante Systeme/Laplace–Transformation und p–Übertragungsfunktion: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Zusammenhang zwischen der Laplace–Transformierten $X_L(p)$ und dem physikalischen Spektrum $X(f)$ ist häufig wie folgt gegeben:
 
Der Zusammenhang zwischen der Laplace–Transformierten $X_L(p)$ und dem physikalischen Spektrum $X(f)$ ist häufig wie folgt gegeben:
$$X(f) =  X_{\rm L}(p)}\Bigg |_{ {\hspace{0.1cm} p\hspace{0.05cm}=\hspace{0.05cm}{\rm j\hspace{0.05cm}2\pi \it f} }.$$
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$$X(f) =  X_{\rm L}(p)}\Bigg |_{ {\hspace{0.1cm} p\hspace{0.05cm}=\hspace{0.05cm} {\rm j\hspace{0.05cm}2\pi \it f} }.$$
 
Beinhaltet allerdings das Signal $x(t)$ periodische Anteile und damit die Spektralfunktion $X(f)$ zusätzliche Diracfunktionen, so ist diese Gleichung nicht anwendbar. In diesem Fall muss $p = α + j · 2πf$ angesetzt werden und es ist dann der Grenzübergang $α → 0$ zu bilden.
 
Beinhaltet allerdings das Signal $x(t)$ periodische Anteile und damit die Spektralfunktion $X(f)$ zusätzliche Diracfunktionen, so ist diese Gleichung nicht anwendbar. In diesem Fall muss $p = α + j · 2πf$ angesetzt werden und es ist dann der Grenzübergang $α → 0$ zu bilden.
 
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Version vom 9. Mai 2016, 16:35 Uhr

Betrachtetes Systemmodell

Wir betrachten ein lineares zeitinvariantes System mit der Impulsantwort $h(t)$, an dessen Eingang das Signal $x(t)$ anliegt. Das Ausgangssignal $y(t)$ ergibt sich dann als das Faltungsprodukt $x(t) ∗ h(t)$.

Allgemeines (auch akausales) sowie kausales Systemmodell

Bei akausalen Systemen und Signalen muss zur Beschreibung des Spektralverhaltens stets das erste Fourierintegral angewendet werden, und es gilt für das Ausgangsspektrum: $$Y(f) = X(f) \cdot H(f) \hspace{0.05cm}.$$ Das Fourierintegral besitzt auch für kausale Systeme und Signale, also unter der Voraussetzung $$x(t) = 0 \hspace{0.2cm}{\rm{f\ddot{u}r}} \hspace{0.2cm} t<0\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} h(t) = 0 \hspace{0.2cm}{\rm{f\ddot{u}r}} \hspace{0.2cm} t<0 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} y(t) = 0 \hspace{0.2cm}{\rm{f\ddot{u}r}} \hspace{0.2cm} t<0 \hspace{0.05cm}$$ weiterhin Gültigkeit. In diesem Fall ergeben sich aber durch Anwendung der Laplace–Transformation unter Beachtung gewisser Restriktionen wesentliche Vorteile:

  • Die so behandelten Systeme sind stets durch eine Schaltung realisierbar. Der Entwickler kommt nicht in Versuchung, realitätsfremde Lösungen anzubieten.
  • Die Laplace–Transformierte $X_L(p)$ ist stets eine reelle Funktion der Spektralvariablen $p$. Dass sich diese Variable entsprechend $p = j · 2πf$ aus der Multiplikation der physikalischen Kreisfrequenz $ω = 2πf$ mit der imaginären Einheit j ergibt, spielt für den Anwender keine Rolle.
  • Die implizite Bedingung $x(t) =$ 0 für $t$ < 0 erlaubt speziell die Analyse des Einschwingverhaltens nach Einschaltvorgängen in einfacherer Weise als mit dem Fourierintegral.

Definition der Laplace–Transformation

Ausgehend vom ersten Fourierintegral $$X(f) = \int\limits_{-\infty}^{+\infty} { x(t) \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} 2\pi f t}}\hspace{0.1cm}{\rm d}t$$ ergibt sich bei einer kausalen Zeitfunktion (wenn also gilt: $x(t) =$ 0 für $t$ < 0) mit der formalen Substitution $p = j · 2πf$ direkt die Laplace–Transformation.

Die Laplace–Transformierte einer kausalen Zeitfunktion $x(t)$ lautet: $$X_{\rm L}(p) = \int\limits_{0}^{\infty} { x(t) \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} {\rm e}^{-p t}}\hspace{0.1cm}{\rm d}t\hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm}{\rm kurz}\hspace{0.3cm} X_{\rm L}(p) \quad \bullet\!\!-\!\!\!-^{\hspace{-0.25cm}\rm L}\!\!\!-\!\!\circ\quad x(t)\hspace{0.05cm}$$ .


Der Zusammenhang zwischen der Laplace–Transformierten $X_L(p)$ und dem physikalischen Spektrum $X(f)$ ist häufig wie folgt gegeben: $$X(f) = X_{\rm L}(p)}\Bigg |_{ {\hspace{0.1cm} p\hspace{0.05cm}=\hspace{0.05cm} {\rm j\hspace{0.05cm}2\pi \it f} }.$$ Beinhaltet allerdings das Signal $x(t)$ periodische Anteile und damit die Spektralfunktion $X(f)$ zusätzliche Diracfunktionen, so ist diese Gleichung nicht anwendbar. In diesem Fall muss $p = α + j · 2πf$ angesetzt werden und es ist dann der Grenzübergang $α → 0$ zu bilden.

Wir gehen von der einseitig exponentiell abfallenden Zeitfunktion – Skizze – aus: $$x(t) = \left\{ \begin{array}{c} 0 \\ 0.5 \\ {\rm e}^{-t/T} \end{array} \right.\quad \quad \begin{array}{c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \end{array}\begin{array}{*{20}c}{ t < 0\hspace{0.05cm},} \\ { t = 0\hspace{0.05cm},} \\{ t > 0\hspace{0.05cm}.} \end{array}$$ Damit lautet die Laplace–Transformierte: $$X_{\rm L}(p) = \int\limits_{0}^{\infty} { {\rm e}^{-t/T}}\hspace{0.1cm}{\rm d}t= \frac {1}{p + 1/T} \cdot {{\rm e}^{-(p+1/T) \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}t}}\hspace{0.05cm}\Bigg |_{t \hspace{0.05cm}=\hspace{0.05cm} 0}^{\infty}= \frac {1}{p + 1/T} \hspace{0.05cm} .$$ Mit $p = j · 2πf$ erhält man die herkömmliche Spektralfunktion bezüglich $f$: $$X(f) = \frac {1}{{\rm j \cdot 2\pi \it f} + 1/T} = \frac {T}{1+{\rm j \cdot 2\pi \it fT}} \hspace{0.05cm} .$$ Betrachtet man dagegen den Frequenzgang eines Tiefpasses erster Ordnung, dessen Impulsantwort $h(t)$ sich gegenüber der obigen Zeitfunktion um den Faktor $1/T$ unterscheidet, so gilt für die Laplace–Transformierte bzw. die Fourier–Transformierte: $$H_{\rm L}(p)= \frac {1/T}{p + 1/T}= \frac {1}{1 + p \cdot T} \hspace{0.05cm} , \hspace{0.4cm}H(f) = \frac {1}{1+{\rm j \cdot 2\pi \it fT}} \hspace{0.05cm} .$$ Häufig verwendet man dann anstelle des Parameters $T$ die 3dB–Grenzfrequenz $f_G = 1/(2πT)$.

Einige wichtige Laplace–Korrespondenzen

Unten sind einige wichtige Laplace–Korrespondenzen zusammengestellt. Die Laplace–Transformierte der Diracfunktion $δ(t)$ ist $X_L(p) =$ 1 (Diagramm A). Durch Anwendung des Integrationssatzes erhält man für die Sprungfunktion $X_L(p) = 1/p$ (Diagramm B) und aus dieser durch Multiplikation mit $1/(pT)$ die Laplace–Transformierte der linear ansteigenden Funktion $x(t) = t/T$ für $t$ > 0 (Diagramm C).

Die Rechteckfunktion kann aus der Subtraktion zweier um $T$ auseinanderliegender Sprungfunktionen $γ(t)$ und $γ(t – T)$ erzeugt werden, so dass sich nach dem Verschiebungssatz die Laplace–Transformierte $X_L(p) = (1 – e^{–pT})/p$ ergibt (Diagramm D). Durch Integration erhält man daraus die Rampenfunktion bzw. nach Multiplikation mit $1/(pT)$ deren Laplace–Transformierte (Diagramm E).

Die Exponentialfunktion (Diagramm F) wurde bereits auf der letzten Seite betrachtet. Mit dem Faktor $1/T$ beschreibt diese gleichzeitig die Impulsantwort eines Tiefpasses erster Ordnung. Durch Quadrierung erhält man die $p$–Spektralfunktion eines Tiefpasses zweiter Ordnung. Die zugehörige Zeitfunktion lautet $x(t) = t/T · e^{–t/T}$ (Diagramm G).

Neben der kausalen si–Funktion (Diagramm H) sind in der Tabelle auch die Laplace–Transformierten der kausalen Cosinus– und Sinusfunktion (Diagramme I und J) angegeben, die sich zu $p/(p^2 + ω_0^2) bzw. ω_0/(p^2 + ω_0^2)$ ergeben. Hierbei bezeichnet $ω_0 = 2πf_0 = 2π/T$ die so genannte Kreisfrequenz.

Tabelle mit einigen Laplace-Transformierten

Alle hier betrachteten Zeitsignale $x(t)$ sind dimensionslos angenommen. Aus diesem Grund besitzt $X_L(p)$ als das Integral über die Zeit stets die Einheit „Sekunde”.

Pol–Nullstellen–Darstellung von Schaltungen (1)

Ein jedes lineare zeitinvariante (LZI–) System, das durch eine Schaltung aus diskreten zeitkonstanten Bauelementen wie Widerständen $(R)$, Kapazitäten $(C)$, Induktivitäten $(L)$ und Verstärkerelementen realisiert werden kann, besitzt eine gebrochen–rationale $p$–Übertragungsfunktion: $$H_{\rm L}(p)= \frac {A_Z \cdot p^Z + ... + A_2 \cdot p^2 + A_1 \cdot p + A_0} {B_N \cdot p^N + ... + B_2 \cdot p^2 + B_1 \cdot p + B_0}= \frac {Z(p)}{N(p)} \hspace{0.05cm} .$$

Alle Koeffizienten $A_Z, ..., A_0, B_N, ..., B_0$ sind reell. Weiter bezeichnen

  • $Z$ den Grad des Zählerpolynoms $Z(p)$,
  • $N$ den Grad des Nennerpolynoms $N(p)$.

Eine äquivalente Pol–Nullstellen–Darstellung der obigen Übertragungsfunktion lautet: $$H_{\rm L}(p)= K \cdot \frac {\prod\limits_{i=1}^Z p - p_{\rm o i}} {\prod\limits_{i=1}^N p - p_{\rm x i}}= K \cdot \frac {(p - p_{\rm o 1})(p - p_{\rm o 2})\cdot ... \cdot (p - p_{{\rm o} \hspace{-0.03cm} Z})} {(p - p_{\rm x 1})(p - p_{\rm x 2})\cdot ... \cdot (p - p_{{\rm x} \hspace{-0.03cm} N})} \hspace{0.05cm} .$$

Die $Z + N +$ 1 Parameter bedeuten:

  • $K = A_Z/B_N$ ist ein konstanter Faktor. Gilt $Z = N$, so ist dieser dimensionslos.
  • Die Lösungen der Gleichung $Z(p) =$ 0 ergeben die $Z$ Nullstellen $p_{o1}, ..., p_{oZ}$ von $H_L(p)$.
  • Die Nullstellen des Nennerpolynoms $N(p)$ liefern die $N$ Polstellen (oder kurz Pole).

Die Umformung ist eindeutig. Dies erkennt man daran, dass die obere Übertragungsfunktion ebenfalls nur durch $Z + N +$ 1 freie Parameter bestimmt ist, da einer der Koeffizienten $A_Z, ... , A_0, B_N, ... , B_0$ ohne Änderung des Quotienten auf 1 normiert werden kann.

Pol–Nullstellen–Darstellung von Schaltungen (2)

Wir betrachten den gezeichneten Vierpol mit einer Induktivität $L$ (komplexer Widerstand $pL$) im Längszweig sowie im Querzweig die Serienschaltung eines Ohmschen Widerstandes $R$ und einer Kapazität $C$ mit dem komplexen Widerstand $1/(pC)$.

Betrachteter Vierpol und dazugehöriges Pol–Nullstellen–Diagramm

Damit lautet die $p$–Übertragungsfunktion: $$H_{\rm L}(p)= \frac {Y_{\rm L}(p)} {X_{\rm L}(p)}= \frac {R + {1}/{(pC)}} {pL + R +{1}/{(pC)}}= \frac {1 + p \cdot{RC}} {1 + p \cdot{RC}+ p^2 \cdot{LC}} \hspace{0.05cm} .$$ Setzt man $p = j · 2πf$ ein, so erhält man die Fourier–Übertragungsfunktion (bzw. den Frequenzgang). Dividiert man in obiger Gleichung Zähler und Nenner durch $LC$, so ergibt sich: $$H_{\rm L}(p)= \frac {R} {L}\cdot \frac {p + {1}/{(RC)}} {p^2 + {R}/ {L}\cdot p + {1}/{(LC)}}= K \cdot \frac {p - p_{\rm o }} {(p - p_{\rm x 1})(p - p_{\rm x 2})} \hspace{0.05cm} .$$

Im rechten Gleichungsteil ist die Übertragungsfunktion $H_L(p)$ in Pol–Nullstellen–Notation angegeben. Durch Koeffizientenvergleich ergeben sich für $R =$ 50 Ω. $L =$ 25 μH und $C =$ 62.5 nF folgende Werte:

  • die Konstante $K = R/L = 2 · 10^6 1/s$,
  • die Nullstelle $p_o = –1/(RC) = –0.32 · 10^6 1/s,$
  • die beiden Pole $p_{x1}$ und $p_{x2}$ als Lösung der Gleichung

$$p^2 + \frac {R} {L}\cdot p + \frac{1}{LC} = 0 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm x 1,\hspace{0.05cm}2 }= -\frac {R} {2L}\pm \sqrt{\frac {R^2} {4L^2}- \frac{1}{LC}}$$ $$\Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm x 1,\hspace{0.05cm}2 }= -10^6\,\frac {1} {\rm s} \pm \sqrt{10^{12}\,\frac {1} {\rm s^2}-0.64 \cdot 10^{12}\,\frac {1} {\rm s^2}}$$ $$\Rightarrow \hspace{0.3cm} p_{\rm x 1 }= -0.4 \cdot 10^6\,{1}/ {\rm s},\hspace{0.2cm}p_{\rm x 2 }= -1.6 \cdot 10^6\, {1}/ {\rm s} \hspace{0.05cm} .$$ In der obigen Grafik ist rechts das Pol–Nullstellen–Diagramm angegeben. Die Achsen 1/μs bezeichnen den Real– und Imaginärteil der Variablen $p$, jeweils normiert auf den Wert $10^6$ · 1/s (= 1/μs). Man erkennt nach dieser Normierung die Nullstelle bei $p_o =$ –0.32 als Kreis und die beiden Polstellen bei $p_{x1} =$ –0.4 und $p_{x2} =$ –1.6 als Kreuze.