Stochastische Signaltheorie/Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion: Unterschied zwischen den Versionen

Aus LNTwww
Wechseln zu:Navigation, Suche
 
(25 dazwischenliegende Versionen von 3 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 5: Zeile 5:
 
|Nächste Seite=Verteilungsfunktion (VTF)
 
|Nächste Seite=Verteilungsfunktion (VTF)
 
}}
 
}}
 +
 +
== # ÜBERBLICK ZUM DRITTEN HAUPTKAPITEL # ==
 +
<br>
 +
Wir betrachten hier&nbsp; '''kontinuierliche Zufallsgrößen''',&nbsp; also Zufallsgrößen,&nbsp; die zumindest in gewissen Bereichen unendlich viele verschiedene reelle Werte annehmen können.&nbsp;
 +
*Deren Anwendungen sind in der Informations&ndash; und Kommunikationstechnik von vielfältiger Art.&nbsp;
 +
*Sie werden unter Anderem für die Simulation von Rauschsignalen und zur Beschreibung von Fadingeinflüssen herangezogen.
 +
 +
 +
Wir beschränken uns zunächst auf die statistische Beschreibung der&nbsp; '''Amplitudenverteilung'''.&nbsp; Im Einzelnen werden behandelt:
 +
 +
*Der Zusammenhang zwischen&nbsp; &raquo;Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion&laquo; &nbsp; $\rm (WDF)$&nbsp; und&nbsp; &raquo;Verteilungsfunktion&laquo; &nbsp; $\rm (VTF)$;
 +
*die Berechnung der&nbsp; &raquo;Erwartungswerte und Momente&laquo;;
 +
*einige&nbsp; &raquo;Sonderfälle&laquo;&nbsp; wertkontinuierlicher Verteilungen:
 +
#Gleichverteilung,&nbsp;
 +
#Gaußverteilung,&nbsp;
 +
#Exponentialverteilung,&nbsp;
 +
#Laplaceverteilung,&nbsp;
 +
#Rayleighverteilung,&nbsp;
 +
#Riceverteilung,&nbsp;
 +
#Cauchyverteilung;
 +
*die&nbsp; &raquo;Generierung kontinuierlicher Zufallsgrößen&laquo;&nbsp; an einem Rechner.
 +
 +
 +
'''Innere statistische Bindungen'''&nbsp; der zugrundeliegenden Prozesse&nbsp; '''werden vorerst nicht betrachtet'''.&nbsp; Hierfür verweisen wir auf die nachfolgenden Hauptkapitel 4 und 5.
 +
 +
Weitere Informationen zum Thema&nbsp; &bdquo;Kontinuierliche Zufallsgrößen&rdquo;&nbsp; sowie Aufgaben, Simulationen und Programmierübungen finden Sie im
 +
 +
*Kapitel 4: &nbsp; Kontinuierliche Zufallsgrößen (Programm &bdquo;kon&rdquo;)
 +
*Kapitel 13: &nbsp; Fehlerwahrscheinlichkeit (Programm &bdquo;fwk&rdquo;)
 +
 +
 +
des Praktikums „Simulationsmethoden in der Nachrichtentechnik”.&nbsp; Diese (ehemalige) LNT-Lehrveranstaltung an der TU München basiert auf
 +
 +
*dem Lehrsoftwarepaket&nbsp; [http://www.lntwww.de/downloads/Sonstiges/Programme/LNTsim.zip LNTsim] &nbsp; &rArr; &nbsp; Link verweist auf die ZIP-Version des Programms,
 +
*der&nbsp;  [http://www.lntwww.de/downloads/Sonstiges/Texte/Praktikum_LNTsim_Teil_A.pdf Praktikumsanleitung &ndash; Teil A]  &nbsp; &rArr; &nbsp; Link verweist auf die PDF-Version mit Kapitel 4: &nbsp; Seite 47-80,
 +
*der&nbsp;  [http://www.lntwww.de/downloads/Sonstiges/Texte/Praktikum_LNTsim_Teil_B.pdf Praktikumsanleitung &ndash; Teil B]  &nbsp; &rArr; &nbsp; Link verweist auf die PDF-Version mit Kapitel 13: &nbsp; Seite 295-314.
 +
 +
 +
 +
 
==Eigenschaften kontinuierlicher Zufallsgrößen==
 
==Eigenschaften kontinuierlicher Zufallsgrößen==
Im zweiten Kapitel wurde gezeigt, dass die Amplitudenverteilung einer diskreten Zufallsgröße vollständig durch ihre $M$ Auftrittswahrscheinlichkeiten bestimmt ist, wobei die Stufenzahl $M$ meist einen endlichen Wert besitzt.  
+
<br>
 +
Im zweiten Hauptkapitel wurde gezeigt, dass die Amplitudenverteilung einer (wert&ndash;)diskreten Zufallsgröße vollständig durch ihre&nbsp; $M$&nbsp; Auftrittswahrscheinlichkeiten bestimmt ist,&nbsp; wobei die Stufenzahl&nbsp; $M$&nbsp; meist einen endlichen Wert besitzt.  
 +
 
 +
{{BlaueBox|TEXT= 
 +
$\text{Definition:}$&nbsp; Unter einer&nbsp; &raquo;'''wertkontinuierlichen Zufallsgröße'''&laquo;&nbsp; versteht man eine Zufallsgröße,&nbsp; deren mögliche Zahlenwerte nicht abzählbar sind &nbsp; &rArr; &nbsp; $M \to \infty$.<br> &nbsp; &nbsp; Im Folgenden verwenden hierfür auch die Kurzform&nbsp; "kontinuierliche Zufallsgröße".}}
  
In diesem Kapitel betrachten wir kontinuierliche Zufallsgrößen. Darunter versteht man Zufallsgrößen, deren mögliche Zahlenwerte nicht abzählbar sind  ⇒  ''„wertkontinuierlich”''. Über eine eventuelle Zeitdiskretisierung wird hier keine Aussage getroffen, das heißt, kontinuierliche Zufallsgrößen können durchaus zeitdiskret sein. Weiter setzen wir für dieses dritte Kapitel voraus, dass zwischen den einzelnen Abtastwerten $x_ν$ keine statistischen Bindungen bestehen, oder lassen diese zumindest außer Betracht.
 
  
Im Weiteren kennzeichnen wir kontinuierliche Zufallsgrößen (meist) mit $x$ im Gegensatz zu den diskreten Zufallsgrößen, die wie im Kapitel 2 weiterhin mit $z$ bezeichnet werden.  
+
Für das Folgende soll gelten:
 +
*Wir kennzeichnen wertkontinuierliche Zufallsgrößen&nbsp; (meist)&nbsp; mit&nbsp; $x$&nbsp; im Gegensatz zu den wertdiskreten Zufallsgrößen, die wie bisher mit&nbsp; $z$&nbsp; bezeichnet werden.
 +
*Über eine eventuelle Zeitdiskretisierung wird hier keine Aussage getroffen,&nbsp; das heißt,&nbsp; wertkontinuierliche Zufallsgrößen können durchaus zeitdiskret sein.
 +
*Wir setzen voraus,&nbsp; dass zwischen den einzelnen Abtastwerten&nbsp; $x_ν$&nbsp; keine statistischen Bindungen bestehen,&nbsp; oder lassen diese zumindest außer Betracht.  
  
{{Beispiel}}
 
Das nachfolgende Bild zeigt einen Ausschnitt eines stochastischen Rauschsignals $x(t)$, dessen Momentanwert als eine kontinuierliche Zufallsgröße $x$ aufgefasst werden kann.
 
  
[[Datei: P_ID41__Sto_T_3_1_S1_neu.png  | Signal und WDF eines Gaußschen Rauschsignals]]
+
[[Datei: P_ID41__Sto_T_3_1_S1_neu.png  |right|frame| Signal und WDF eines Gaußschen Rauschsignals]]
 +
{{GraueBox|TEXT= 
 +
$\text{Beispiel 1:}$&nbsp; Die Grafik zeigt einen Ausschnitt eines stochastischen Rauschsignals&nbsp; $x(t)$,&nbsp; dessen Momentanwert als eine kontinuierliche Zufallsgröße&nbsp; $x$&nbsp; aufgefasst werden kann.
  
Aus der rechts dargestellten Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (WDF) erkennt man, dass bei diesem Beispielsignal Momentanwerte um den Mittelwert $m_1$ am häufigsten auftreten. Da zwischen den Abtastwerten $x_ν$ keine statistischen Bindungen bestehen, spricht man bei einem solchen Signal auch von ''„Weißem Rauschen”.''
+
*Aus der rechts dargestellten&nbsp; &raquo;Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion&laquo; &nbsp; $\rm (WDF)$&nbsp; erkennt man, dass bei diesem Beispielsignal Momentanwerte um den Mittelwert&nbsp; $m_1$&nbsp; am häufigsten auftreten.
{{end}}
+
 
 +
 +
*Da zwischen den Abtastwerten&nbsp; $x_ν$&nbsp; keine statistischen Bindungen bestehen, bezeichnet man ein solches Signal auch als&nbsp; &raquo;Weißes Rauschen&laquo;.}}
 
   
 
   
 
==Definition der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion==
 
==Definition der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion==
Bei einer kontinuierlichen Zufallsgröße sind die Wahrscheinlichkeiten, dass diese ganz bestimmte Werte annimmt, identisch 0. Deshalb muss zur Beschreibung einer kontinuierlichen Zufallsgröße stets auf die ''Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion'' – abgekürzt WDF – übergegangen werden.  
+
<br>
 +
Bei einer kontinuierlichen Zufallsgröße&nbsp; $x$&nbsp; sind die Wahrscheinlichkeiten,&nbsp; dass&nbsp; $x$&nbsp; ganz bestimmte Werte annimmt,&nbsp; identisch Null.&nbsp; Deshalb muss zur Beschreibung einer kontinuierlichen Zufallsgröße stets auf die&nbsp; &bdquo;Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion&rdquo;&nbsp;  übergegangen werden.
 +
 
 +
{{BlaueBox|TEXT= 
 +
$\text{Definition:}$ &nbsp; Der Wert der&nbsp; &raquo;'''Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion'''&laquo;&nbsp; $f_{x}(x)$&nbsp; an der Stelle&nbsp; $x_\mu$&nbsp; ist gleich der Wahrscheinlichkeit,&nbsp; dass der Momentanwert der Zufallsgröße&nbsp; $x$&nbsp; in einem&nbsp; (unendlich kleinen)&nbsp; Intervall der Breite&nbsp; $Δx$&nbsp; um&nbsp; $x_\mu$&nbsp; liegt,&nbsp; dividiert durch&nbsp; $Δx$:
 +
:$$f_x(x=x_\mu) = \lim_{\rm \Delta \it x \hspace{0.05cm}\to \hspace{0.05cm}\rm 0}\frac{\rm Pr \{\it x_\mu-\rm \Delta \it x/\rm 2 \le \it x \le x_\mu \rm +\rm \Delta \it x/\rm 2\} }{\rm \Delta \it  x}.$$
  
{{Beispiel}}
+
Die englische Bezeichnung für die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion&nbsp; $\rm (WDF)$&nbsp; ist&nbsp; "Probability Density Function"&nbsp; $\rm  (PDF)$. }}
Der Wert der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion $f_{\rm x}(x)$ an der Stelle $x_µ$ ist gleich der Wahrscheinlichkeit, dass der Momentanwert der Zufallsgröße $x$ in einem (unendlich kleinen) Intervall der Breite $Δx$ um $x_µ$ liegt, dividiert durch $Δx$:
 
$$f_x(x=x_\mu) = \lim_{\rm \Delta \it x\to \rm 0}\frac{\rm Pr \{\it x_\mu-\rm \Delta \it x/\rm 2 \le \it x \le x_\mu \rm +\rm \Delta \it x/\rm 2\}}{\rm \Delta \it  x}.$$
 
{{end}}
 
  
  
 
Diese äußerst wichtige Beschreibungsgröße weist folgende Eigenschaften auf:  
 
Diese äußerst wichtige Beschreibungsgröße weist folgende Eigenschaften auf:  
*Obwohl aus dem beispielhaften Zeitverlauf  auf der letzten Seite zu ersehen ist, dass die häufigsten Signalanteile bei $x = m_1$ liegen und die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion hier ihren größten Wert besitzt, ist die Wahrscheinlichkeit Pr( $x = m_1$), dass der Momentanwert exakt gleich dem Mittelwert $m_1$ ist, identisch 0.
+
*Obwohl aus dem Zeitverlauf  im&nbsp; [[Stochastische_Signaltheorie/Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion#Eigenschaften_kontinuierlicher_Zufallsgr.C3.B6.C3.9Fen|$\text{Beispiel 1}$]]&nbsp; zu ersehen ist,&nbsp; dass die häufigsten Signalanteile bei&nbsp; $x = m_1$&nbsp; liegen und die WDF hier ihren größten Wert besitzt,&nbsp; ist bei einer kontinuierlichen Zufallsgröße die Wahrscheinlichkeit&nbsp; ${\rm Pr}(x = m_1)$,&nbsp; dass der Momentanwert exakt gleich dem Mittelwert&nbsp; $m_1$&nbsp; ist,&nbsp; identisch Null.
*Für die Wahrscheinlichkeit, dass die Zufallsgröße im Bereich zwischen $x_u$ und $x_o$ liegt, gilt:
 
$$\rm Pr(\it x_{\rm u} \le \it x \le x_{\rm o}) = \int_{x_{\rm u}}^{x_{\rm o}} f_{\rm x}(x) \,{\rm d}x.$$
 
*Als wichtige Normierungseigenschaft ergibt sich daraus für die Fläche unter der WDF mit den Grenzübergängen $x_u → \hspace{0.05cm} – \hspace{0.05cm} ∞$ und $x_o → +∞:$
 
$$\int_{-\infty}^{+\infty} f_{\rm x}(x) \,{\rm d}x = \rm 1.$$
 
*Die entsprechende Gleichung für wertdiskrete, $M$-stufige Zufallsgrößen sagt aus, dass die Summe über die $M$ Auftrittswahrscheinlichkeiten den Wert 1 ergibt.  
 
  
  
Zur Vertiefung der hier behandelten Thematik empfehlen wir das folgende Lernvideo:
+
*Für die Wahrscheinlichkeit, dass die Zufallsgröße im Bereich zwischen&nbsp; $x_{\rm u}$&nbsp; und&nbsp; $x_{\rm o} > x_{\rm u}$&nbsp; liegt, gilt:
Wahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (2-teilig: Dauer 5:30 – 6:35)  
+
:$${\rm Pr}(x_{\rm u} \le x \le x_{\rm o}) = \int_{x_{\rm u}}^{x_{\rm o}} f_{x}(x) \,{\rm d}x.$$
 +
*Als wichtige Normierungseigenschaft ergibt sich daraus für die Fläche unter der WDF mit den Grenzübergängen&nbsp; $x_{\rm u} → \hspace{0.05cm} – \hspace{0.05cm} ∞$&nbsp; und&nbsp; $x_{\rm o} → +∞:$
 +
:$$\int_{-\infty}^{+\infty} f_{x}(x) \,{\rm d}x = \rm 1.$$
 +
*Die entsprechende Gleichung für wertdiskrete,&nbsp; $M$&ndash;stufige Zufallsgrößen sagt aus, dass die Summe aller&nbsp; $M$&nbsp; Wahrscheinlichkeiten den Wert&nbsp; $1$&nbsp; ergibt.
  
  
Hinweis zur Nomenklatur: In der Fachliteratur wird meist zwischen der Zufallsgröße $X$ und deren Realisierungen $x ∈ X$ unterschieden. Samit lautet die obige Definitionsgleichung
+
{{BlaueBox|TEXT= 
$$f_{\rm X}(X=x) = \lim_{\rm \Delta \it x\to \rm 0}\frac{\rm Pr \{\it x-\rm \Delta \it x/\rm 2 \le \it X \le x \rm +\rm \Delta \it x/\rm 2\}}{\rm \Delta \it  x}.$$
+
$\text{Hinweis zur Nomenklatur:}$&nbsp;
 +
In der Fachliteratur wird oft zwischen der Zufallsgröße&nbsp; $X$&nbsp; und deren Realisierungen&nbsp; $x ∈ X$&nbsp; unterschieden.&nbsp;
  
Wir haben in unserem Lerntutorial auf diese genauere Nomenklatur weitgehend verzichtet, um nicht für eine Größe zwei Buchstaben zu verbrauchen. Kleinbuchstaben (wie $x$) bezeichnen bei uns oft Signale und Großbuchstaben (wie $X$) die zugehörigen Spektren. Trotzdem müssen wir heute (2016) ehrlicher Weise zugeben, dass die Entscheidung von 2001 nicht ganz glücklich war.
+
Somit würde die obige Definitionsgleichung lauten:
 +
:$$f_{X}(X=x) = \lim_{ {\rm \Delta} x \hspace{0.05cm}\to \hspace{0.05cm} 0}\frac{ {\rm Pr} \{ x - {\rm \Delta} x/2 \le  X \le x  +{\rm \Delta} x/ 2\} } { {\rm \Delta} x}.$$
 +
 
 +
Wir haben in unserem Lerntutorial&nbsp; $\rm LNTwww$&nbsp; auf diese genauere Nomenklatur weitgehend verzichtet, um nicht für eine Größe zwei Buchstaben zu verbrauchen.  
 +
*Kleinbuchstaben&nbsp; $($wie&nbsp; $x)$&nbsp; bezeichnen bei uns oft Signale und Großbuchstaben&nbsp; $($wie&nbsp; $X)$&nbsp; die zugehörigen Spektren.  
 +
*Trotzdem müssen wir heute (2017) ehrlicher Weise zugeben, dass die Entscheidung von 2001 nicht ganz glücklich war.}}
  
 
==WDF-Definition für diskrete Zufallsgrößen==
 
==WDF-Definition für diskrete Zufallsgrößen==
Aus Gründen einer einheitlichen Darstellung aller Zufallsgrößen (sowohl wertdiskret als auch wertkontinuierlich) ist es zweckmäßig, die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auch für diskrete Zufallsgrößen zu definieren. Wendet man die Definitionsgleichung der letzten Seite auf diskrete Zufallsgrößen an, so nimmt die WDF an einigen Stellen $x_µ$ aufgrund des nicht verschwindend kleinen Wahrscheinlichkeitswertes und des Grenzübergangs $Δx →$ 0 unendlich große Werte an. Somit ergibt sich für die WDF eine Summe von [[Signaldarstellung/Allgemeine_Beschreibung/Gleichsignal_-_Grenzfall_eines_periodischen_Signals#Diracfunktion_im_Frequenzbereich|Diracfunktionen]]  (bzw. ''Distributionen''):
+
<br>
$$f_{\rm x}(x)=\sum_{\mu=1}^{M}p_\mu\cdot \rm \delta(\it x-x_\mu).$$
+
Aus Gründen einer einheitlichen Darstellung aller Zufallsgrößen&nbsp; (sowohl wertdiskret als auch wertkontinuierlich)&nbsp; ist es zweckmäßig,&nbsp; die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auch für diskrete Zufallsgrößen zu definieren.  
 +
 
 +
{{BlaueBox|TEXT= 
 +
$\text{Definition:}$&nbsp; Wendet man die&nbsp; [[Stochastische_Signaltheorie/Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion#Definition_der_Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion|Definitionsgleichung]]&nbsp; der letzten Seite auf diskrete Zufallsgrößen&nbsp; an,&nbsp; so nimmt die WDF an einigen Stellen&nbsp; $x_\mu$&nbsp; aufgrund des nicht verschwindend kleinen Wahrscheinlichkeitswertes und des Grenzübergangs&nbsp; $Δx → 0$&nbsp;  unendlich große Werte an.  
  
Die Gewichte dieser Diracfunktionen sind gleich den Wahrscheinlichkeiten $p_µ =$ Pr( $x = x_µ$). Hier noch ein Hinweis, um die unterschiedlichen Beschreibungsgrößen für diskrete und kontinuierliche Zufallsgrößen einordnen zu können: Wahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion stehen in ähnlichem Verhältnis zueinander wie im Buch [[Signaldarstellung]]
+
Somit ergibt sich für die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion eine Summe von&nbsp; [[Signaldarstellung/Gleichsignal_-_Grenzfall_eines_periodischen_Signals#Diracfunktion_im_Frequenzbereich|Diracfunktionen]]&nbsp; (bzw.&nbsp; "Distributionen"'):
*ein diskreter Spektralanteil einer harmonischen Schwingung ⇒  Linienspektrum,
+
:$$f_{x}(x)=\sum_{\mu=1}^{M}\ p_\mu\cdot {\rm \delta}( x-x_\mu).$$
*ein kontinuierliches Spektrum eines energiebegrenzten (impulsförmigen) Signals.
 
  
 +
Die Gewichte dieser Diracfunktionen sind gleich den Wahrscheinlichkeiten &nbsp;$p_\mu = {\rm Pr}(x = x_\mu$). }}
  
{{Beispiel}}
 
Nachfolgend sehen Sie einen Ausschnitt eines Rechtecksignals mit drei möglichen Werten, wobei der Signalwert 0 V doppelt so häufig wie die äußeren Signalwerte (±1 V) auftritt.
 
  
[[Datei:P_ID40__Sto_T_3_1_S3_NEU.png | Signal und WDF eines Digitalsignals]]
+
Hier noch ein Hinweis,&nbsp; um die unterschiedlichen Beschreibungsgrößen für diskrete und kontinuierliche Zufallsgrößen einordnen zu können: &nbsp; Wahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion stehen in ähnlichem Verhältnis zueinander wie im Buch&nbsp; [[Signaldarstellung]]
 +
:*ein diskreter Spektralanteil einer harmonischen Schwingung  &nbsp; ⇒  &nbsp; Linienspektrum, und  
 +
:*ein kontinuierliches Spektrum eines energiebegrenzten&nbsp; (impulsförmigen)&nbsp; Signals.
  
Somit lautet die dazugehörige WDF (Anteile von oben nach unten):
+
[[Datei:P_ID40__Sto_T_3_1_S3_NEU.png|right|frame|Signal und WDF eines Ternärsignals]]
$$f_{\rm x}(x) = \rm 0.25 \cdot \delta(\it x-\rm 1V) + 0.5\cdot \it \delta(x) \rm + \rm 0.25\cdot \delta (\it x \rm + \rm 1\rm V).$$
+
{{GraueBox|TEXT= 
{{end}}
+
$\text{Beispiel 2:}$&nbsp; Dargestellt ist ein Ausschnitt
 +
*eines Rechtecksignals mit drei möglichen Werten, wobei
 +
*der Signalwert&nbsp; $0 \hspace{0.05cm} \rm V$&nbsp; doppelt so häufig wie die äußeren Signalwerte&nbsp; $(\pm 1 \hspace{0.05cm} \rm V)$&nbsp; auftritt.  
  
  
Zur Vertiefung der hier behandelten Thematik empfehlen wir das folgende Lernvideo:
+
Somit lautet die dazugehörige WDF&nbsp; (Anteile in der Reihenfolge von oben nach unten):  
Wahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (2-teilig: Dauer 5:30 – 6:35)  
+
:$$f_{x}(x) = 0.25 \cdot \delta(x \hspace{-0.05cm}-\hspace{-0.05cm}{\rm 1 \hspace{0.05cm} V}) \hspace{-0.05cm}+\hspace{-0.05cm} 0.5\cdot \delta(x) \hspace{-0.05cm}+\hspace{-0.05cm}  0.25\cdot \delta (x \hspace{-0.05cm} +\hspace{-0.05cm} 1\hspace{0.05cm} \rm V).$$}}
  
==Numerische Ermittlung der WDF==
 
Sie sehen hier ein Schema zur numerischen Ermittlung der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion.
 
  
 +
Zur Vertiefung der hier behandelten Thematik empfehlen wir das Lernvideo&nbsp; [[Wahrscheinlichkeit_und_WDF_(Lernvideo)|Wahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion]]. 
  
[[Datei:P_ID175__Sto_T_3_1_S4_ganzneu.png | Zur numerischen Ermittlung der WDF]]
+
==Numerische Ermittlung der WDF==
 +
<br>
 +
Die Grafik zeigt ein Schema zur numerischen Ermittlung der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion.&nbsp; Für die folgende Beschreibung setzen wir voraus, dass die vorliegende Zufallsgröße&nbsp; $x$&nbsp; außerhalb des Bereichs von&nbsp; $x_{\rm min} = -4.02$&nbsp; bis&nbsp; $x_{\rm max} = +4.02$&nbsp; keine oder nur vernachlässigbar kleine Anteile besitzt.
  
 +
[[Datei:P_ID175__Sto_T_3_1_S4_ganzneu.png|right|frame| Zur numerischen Ermittlung der WDF]]
 +
 +
Dann geht man folgendermaßen vor:
 +
*Man teilt den Wertebereich von&nbsp; $x$&nbsp; in&nbsp; $I$&nbsp; Intervalle gleicher Breite&nbsp; $Δx$&nbsp; ein und definiert ein Feld&nbsp; $\text{WDF}\big[0 : I–1\big]$.&nbsp; Für die Skizze wurde&nbsp; $I = 201$&nbsp;  gewählt &nbsp; &rArr; &nbsp; $Δx = 0.04$.
 +
*Die Zufallsgröße&nbsp; $x$&nbsp; wird nun&nbsp; $N$&nbsp; mal nacheinander aufgerufen und dabei jeweils geprüft, zu welchem Intervall&nbsp; $i_{\rm akt}$&nbsp; die aktuelle Zufallsgröße&nbsp; $x_{\rm akt}$&nbsp; gehört:
 +
:$$i_{\rm akt} = ({\rm int})((x + x_{\rm max})/Δx).$$
 +
*Das Feldelement&nbsp;  ${\rm WDF}\big[i_{\rm akt}\big]$&nbsp; wird dann um&nbsp; $1$&nbsp; erhöht.&nbsp; Nach&nbsp; $N$&nbsp; Durchläufen beinhaltet&nbsp; $\text{WDF}[i_{\rm akt}]$&nbsp;  die Anzahl der Zufallszahlen, die zum Intervall&nbsp; $i_{\rm akt}$&nbsp; gehören.
 +
*Die tatsächlichen WDF-Werte erhält man, wenn am Ende noch alle Feldelemente&nbsp; $\text{WDF}[i]$&nbsp; mit&nbsp; $0 ≤ i < I$&nbsp; durch&nbsp; $N · Δx$&nbsp; dividiert werden.
  
Setzt man voraus, dass die vorliegende Zufallsgröße $x$ außerhalb des Bereichs von $x_{\rm min} =$ –4.02 bis $x_{\rm max} =$ +4.02 nur vernachlässigbar kleine Anteile besitzt, so geht man folgendermaßen vor:
 
*Man teilt diesen Wertebereich von $x$ in $I$ Intervalle gleicher Breite $Δx$ ein und definiert ein Feld WDF[0 : $I$–1]. In obiger Skizze ist $I =$ 201 und dementsprechend $Δx =$ 0.04 gewählt.
 
*Die Zufallsgröße $x$ wird nun $N$ mal nacheinander aufgerufen und dabei jeweils geprüft, zu welchem Intervall $i_{\rm akt}$ die aktuelle Zufallsgröße $x_{\rm akt}$ gehört: $i_{\rm akt} = (int)((x + x_{\rm max})/Δx)$.
 
*Das entsprechende Feldelement WDF( $i_{\rm akt}$) wird dann um 1 erhöht. Nach $N$ Durchläufen beinhaltet dann WDF( $i_{\rm akt}$) die Anzahl der Zufallszahlen, die zum Intervall $i_{\rm akt}$ gehören.
 
*Die tatsächlichen WDF-Werte erhält man, wenn am Ende noch alle Feldelemente WDF( $i$) mit 0 ≤ $i$ ≤ $I$–1 durch $N · Δx$ dividiert werden.
 
  
 +
{{GraueBox|TEXT= 
 +
$\text{Beispiel 3:}$&nbsp; Aus den eingezeichneten grünen Pfeilen in obiger Grafik erkennt man:
 +
*Der Wert&nbsp; $x_{\rm akt} = 0.07$&nbsp; führt zum Ergebnis&nbsp; $i_{\rm akt} = \text{(int) }\big((0.07 + 4.02)/0.04\big ) = \text{(int) }102.25$.
 +
*Hierbei bedeutet&nbsp; $\rm (int)$&nbsp; eine Integerwandlung nach der Float&ndash;Division  &nbsp; ⇒  &nbsp; $i_{\rm akt} = 102$.
 +
*Das gleiche Intervall&nbsp; $i_{\rm akt} = 102$&nbsp; ergibt sich für alle Werte im Bereich&nbsp; $0.06 \le x_{\rm akt} < 0.10$, zum Beispiel also auch für&nbsp; $x_{\rm akt} = 0.09$. }}
  
{{Beispiel}}
+
==Aufgaben zum Kapitel==
Aus den eingezeichneten Pfeilen in obiger Grafik erkennt man:
+
<br>
*Der Wert $x_{\rm akt} =$ 0.07 führt zum Ergebnis $i_{\rm akt} =$ (int) ((0.07 + 4.02)/0.04) = (int) 102.25. Hierbei bedeutet (int) eine Integerwandlung nach der Float-Division  ⇒  $i_{\rm akt} =$ 102.
+
[[Aufgaben:3.1 cos² - und Dirac-WDF|Aufgabe 3.1: $\cos^2$ - und Dirac-WDF]]
*Das gleiche Intervall $i_{\rm akt} =$ 102 ergibt sich für 0.06 < $x_{\rm akt}$ < 0.10, z.B. auch für $x_{\rm akt} =$ 0.09.
 
  
 +
[[Aufgaben:3.1Z Dreieckförmige WDF|Aufgabe 3.1Z: Dreieckförmige WDF]]
  
{{end}}
 
  
 
{{Display}}
 
{{Display}}

Aktuelle Version vom 30. Dezember 2021, 18:16 Uhr

# ÜBERBLICK ZUM DRITTEN HAUPTKAPITEL #


Wir betrachten hier  kontinuierliche Zufallsgrößen,  also Zufallsgrößen,  die zumindest in gewissen Bereichen unendlich viele verschiedene reelle Werte annehmen können. 

  • Deren Anwendungen sind in der Informations– und Kommunikationstechnik von vielfältiger Art. 
  • Sie werden unter Anderem für die Simulation von Rauschsignalen und zur Beschreibung von Fadingeinflüssen herangezogen.


Wir beschränken uns zunächst auf die statistische Beschreibung der  Amplitudenverteilung.  Im Einzelnen werden behandelt:

  • Der Zusammenhang zwischen  »Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion«   $\rm (WDF)$  und  »Verteilungsfunktion«   $\rm (VTF)$;
  • die Berechnung der  »Erwartungswerte und Momente«;
  • einige  »Sonderfälle«  wertkontinuierlicher Verteilungen:
  1. Gleichverteilung, 
  2. Gaußverteilung, 
  3. Exponentialverteilung, 
  4. Laplaceverteilung, 
  5. Rayleighverteilung, 
  6. Riceverteilung, 
  7. Cauchyverteilung;
  • die  »Generierung kontinuierlicher Zufallsgrößen«  an einem Rechner.


Innere statistische Bindungen  der zugrundeliegenden Prozesse  werden vorerst nicht betrachtet.  Hierfür verweisen wir auf die nachfolgenden Hauptkapitel 4 und 5.

Weitere Informationen zum Thema  „Kontinuierliche Zufallsgrößen”  sowie Aufgaben, Simulationen und Programmierübungen finden Sie im

  • Kapitel 4:   Kontinuierliche Zufallsgrößen (Programm „kon”)
  • Kapitel 13:   Fehlerwahrscheinlichkeit (Programm „fwk”)


des Praktikums „Simulationsmethoden in der Nachrichtentechnik”.  Diese (ehemalige) LNT-Lehrveranstaltung an der TU München basiert auf



Eigenschaften kontinuierlicher Zufallsgrößen


Im zweiten Hauptkapitel wurde gezeigt, dass die Amplitudenverteilung einer (wert–)diskreten Zufallsgröße vollständig durch ihre  $M$  Auftrittswahrscheinlichkeiten bestimmt ist,  wobei die Stufenzahl  $M$  meist einen endlichen Wert besitzt.

$\text{Definition:}$  Unter einer  »wertkontinuierlichen Zufallsgröße«  versteht man eine Zufallsgröße,  deren mögliche Zahlenwerte nicht abzählbar sind   ⇒   $M \to \infty$.
    Im Folgenden verwenden hierfür auch die Kurzform  "kontinuierliche Zufallsgröße".


Für das Folgende soll gelten:

  • Wir kennzeichnen wertkontinuierliche Zufallsgrößen  (meist)  mit  $x$  im Gegensatz zu den wertdiskreten Zufallsgrößen, die wie bisher mit  $z$  bezeichnet werden.
  • Über eine eventuelle Zeitdiskretisierung wird hier keine Aussage getroffen,  das heißt,  wertkontinuierliche Zufallsgrößen können durchaus zeitdiskret sein.
  • Wir setzen voraus,  dass zwischen den einzelnen Abtastwerten  $x_ν$  keine statistischen Bindungen bestehen,  oder lassen diese zumindest außer Betracht.


Signal und WDF eines Gaußschen Rauschsignals

$\text{Beispiel 1:}$  Die Grafik zeigt einen Ausschnitt eines stochastischen Rauschsignals  $x(t)$,  dessen Momentanwert als eine kontinuierliche Zufallsgröße  $x$  aufgefasst werden kann.

  • Aus der rechts dargestellten  »Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion«   $\rm (WDF)$  erkennt man, dass bei diesem Beispielsignal Momentanwerte um den Mittelwert  $m_1$  am häufigsten auftreten.


  • Da zwischen den Abtastwerten  $x_ν$  keine statistischen Bindungen bestehen, bezeichnet man ein solches Signal auch als  »Weißes Rauschen«.

Definition der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion


Bei einer kontinuierlichen Zufallsgröße  $x$  sind die Wahrscheinlichkeiten,  dass  $x$  ganz bestimmte Werte annimmt,  identisch Null.  Deshalb muss zur Beschreibung einer kontinuierlichen Zufallsgröße stets auf die  „Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion”  übergegangen werden.

$\text{Definition:}$   Der Wert der  »Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion«  $f_{x}(x)$  an der Stelle  $x_\mu$  ist gleich der Wahrscheinlichkeit,  dass der Momentanwert der Zufallsgröße  $x$  in einem  (unendlich kleinen)  Intervall der Breite  $Δx$  um  $x_\mu$  liegt,  dividiert durch  $Δx$:

$$f_x(x=x_\mu) = \lim_{\rm \Delta \it x \hspace{0.05cm}\to \hspace{0.05cm}\rm 0}\frac{\rm Pr \{\it x_\mu-\rm \Delta \it x/\rm 2 \le \it x \le x_\mu \rm +\rm \Delta \it x/\rm 2\} }{\rm \Delta \it x}.$$

Die englische Bezeichnung für die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion  $\rm (WDF)$  ist  "Probability Density Function"  $\rm (PDF)$.


Diese äußerst wichtige Beschreibungsgröße weist folgende Eigenschaften auf:

  • Obwohl aus dem Zeitverlauf im  $\text{Beispiel 1}$  zu ersehen ist,  dass die häufigsten Signalanteile bei  $x = m_1$  liegen und die WDF hier ihren größten Wert besitzt,  ist bei einer kontinuierlichen Zufallsgröße die Wahrscheinlichkeit  ${\rm Pr}(x = m_1)$,  dass der Momentanwert exakt gleich dem Mittelwert  $m_1$  ist,  identisch Null.


  • Für die Wahrscheinlichkeit, dass die Zufallsgröße im Bereich zwischen  $x_{\rm u}$  und  $x_{\rm o} > x_{\rm u}$  liegt, gilt:
$${\rm Pr}(x_{\rm u} \le x \le x_{\rm o}) = \int_{x_{\rm u}}^{x_{\rm o}} f_{x}(x) \,{\rm d}x.$$
  • Als wichtige Normierungseigenschaft ergibt sich daraus für die Fläche unter der WDF mit den Grenzübergängen  $x_{\rm u} → \hspace{0.05cm} – \hspace{0.05cm} ∞$  und  $x_{\rm o} → +∞:$
$$\int_{-\infty}^{+\infty} f_{x}(x) \,{\rm d}x = \rm 1.$$
  • Die entsprechende Gleichung für wertdiskrete,  $M$–stufige Zufallsgrößen sagt aus, dass die Summe aller  $M$  Wahrscheinlichkeiten den Wert  $1$  ergibt.


$\text{Hinweis zur Nomenklatur:}$  In der Fachliteratur wird oft zwischen der Zufallsgröße  $X$  und deren Realisierungen  $x ∈ X$  unterschieden. 

Somit würde die obige Definitionsgleichung lauten:

$$f_{X}(X=x) = \lim_{ {\rm \Delta} x \hspace{0.05cm}\to \hspace{0.05cm} 0}\frac{ {\rm Pr} \{ x - {\rm \Delta} x/2 \le X \le x +{\rm \Delta} x/ 2\} } { {\rm \Delta} x}.$$

Wir haben in unserem Lerntutorial  $\rm LNTwww$  auf diese genauere Nomenklatur weitgehend verzichtet, um nicht für eine Größe zwei Buchstaben zu verbrauchen.

  • Kleinbuchstaben  $($wie  $x)$  bezeichnen bei uns oft Signale und Großbuchstaben  $($wie  $X)$  die zugehörigen Spektren.
  • Trotzdem müssen wir heute (2017) ehrlicher Weise zugeben, dass die Entscheidung von 2001 nicht ganz glücklich war.

WDF-Definition für diskrete Zufallsgrößen


Aus Gründen einer einheitlichen Darstellung aller Zufallsgrößen  (sowohl wertdiskret als auch wertkontinuierlich)  ist es zweckmäßig,  die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auch für diskrete Zufallsgrößen zu definieren.

$\text{Definition:}$  Wendet man die  Definitionsgleichung  der letzten Seite auf diskrete Zufallsgrößen  an,  so nimmt die WDF an einigen Stellen  $x_\mu$  aufgrund des nicht verschwindend kleinen Wahrscheinlichkeitswertes und des Grenzübergangs  $Δx → 0$  unendlich große Werte an.

Somit ergibt sich für die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion eine Summe von  Diracfunktionen  (bzw.  "Distributionen"'):

$$f_{x}(x)=\sum_{\mu=1}^{M}\ p_\mu\cdot {\rm \delta}( x-x_\mu).$$

Die Gewichte dieser Diracfunktionen sind gleich den Wahrscheinlichkeiten  $p_\mu = {\rm Pr}(x = x_\mu$).


Hier noch ein Hinweis,  um die unterschiedlichen Beschreibungsgrößen für diskrete und kontinuierliche Zufallsgrößen einordnen zu können:   Wahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion stehen in ähnlichem Verhältnis zueinander wie im Buch  Signaldarstellung

  • ein diskreter Spektralanteil einer harmonischen Schwingung   ⇒   Linienspektrum, und
  • ein kontinuierliches Spektrum eines energiebegrenzten  (impulsförmigen)  Signals.
Signal und WDF eines Ternärsignals

$\text{Beispiel 2:}$  Dargestellt ist ein Ausschnitt

  • eines Rechtecksignals mit drei möglichen Werten, wobei
  • der Signalwert  $0 \hspace{0.05cm} \rm V$  doppelt so häufig wie die äußeren Signalwerte  $(\pm 1 \hspace{0.05cm} \rm V)$  auftritt.


Somit lautet die dazugehörige WDF  (Anteile in der Reihenfolge von oben nach unten):

$$f_{x}(x) = 0.25 \cdot \delta(x \hspace{-0.05cm}-\hspace{-0.05cm}{\rm 1 \hspace{0.05cm} V}) \hspace{-0.05cm}+\hspace{-0.05cm} 0.5\cdot \delta(x) \hspace{-0.05cm}+\hspace{-0.05cm} 0.25\cdot \delta (x \hspace{-0.05cm} +\hspace{-0.05cm} 1\hspace{0.05cm} \rm V).$$


Zur Vertiefung der hier behandelten Thematik empfehlen wir das Lernvideo  Wahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion.

Numerische Ermittlung der WDF


Die Grafik zeigt ein Schema zur numerischen Ermittlung der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion.  Für die folgende Beschreibung setzen wir voraus, dass die vorliegende Zufallsgröße  $x$  außerhalb des Bereichs von  $x_{\rm min} = -4.02$  bis  $x_{\rm max} = +4.02$  keine oder nur vernachlässigbar kleine Anteile besitzt.

Zur numerischen Ermittlung der WDF

Dann geht man folgendermaßen vor:

  • Man teilt den Wertebereich von  $x$  in  $I$  Intervalle gleicher Breite  $Δx$  ein und definiert ein Feld  $\text{WDF}\big[0 : I–1\big]$.  Für die Skizze wurde  $I = 201$  gewählt   ⇒   $Δx = 0.04$.
  • Die Zufallsgröße  $x$  wird nun  $N$  mal nacheinander aufgerufen und dabei jeweils geprüft, zu welchem Intervall  $i_{\rm akt}$  die aktuelle Zufallsgröße  $x_{\rm akt}$  gehört:
$$i_{\rm akt} = ({\rm int})((x + x_{\rm max})/Δx).$$
  • Das Feldelement  ${\rm WDF}\big[i_{\rm akt}\big]$  wird dann um  $1$  erhöht.  Nach  $N$  Durchläufen beinhaltet  $\text{WDF}[i_{\rm akt}]$  die Anzahl der Zufallszahlen, die zum Intervall  $i_{\rm akt}$  gehören.
  • Die tatsächlichen WDF-Werte erhält man, wenn am Ende noch alle Feldelemente  $\text{WDF}[i]$  mit  $0 ≤ i < I$  durch  $N · Δx$  dividiert werden.


$\text{Beispiel 3:}$  Aus den eingezeichneten grünen Pfeilen in obiger Grafik erkennt man:

  • Der Wert  $x_{\rm akt} = 0.07$  führt zum Ergebnis  $i_{\rm akt} = \text{(int) }\big((0.07 + 4.02)/0.04\big ) = \text{(int) }102.25$.
  • Hierbei bedeutet  $\rm (int)$  eine Integerwandlung nach der Float–Division   ⇒   $i_{\rm akt} = 102$.
  • Das gleiche Intervall  $i_{\rm akt} = 102$  ergibt sich für alle Werte im Bereich  $0.06 \le x_{\rm akt} < 0.10$, zum Beispiel also auch für  $x_{\rm akt} = 0.09$.

Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 3.1: $\cos^2$ - und Dirac-WDF

Aufgabe 3.1Z: Dreieckförmige WDF