Lineare zeitinvariante Systeme/Laplace–Rücktransformation: Unterschied zwischen den Versionen

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==Problemstellung und Voraussetzungen==
 
==Problemstellung und Voraussetzungen==
Dieses Kapitel behandelt die folgende Problemstellung:  
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$\text{Aufgabenstellung:}$&nbsp; Dieses Kapitel behandelt das folgende Problem:  
 
*Bekannt ist die $p$–Spektralfunktion $Y_{\rm L}(p)$ in der Pol–Nullstellen–Form.  
 
*Bekannt ist die $p$–Spektralfunktion $Y_{\rm L}(p)$ in der Pol–Nullstellen–Form.  
*Gesucht ist die '''Laplace–Rücktransformierte''', die die dazugehörige Zeitfunktion $y(t)$ angibt und die in diesem Tutorial wie folgt bezeichnet wird:
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*Gesucht ist die '''Laplace–Rücktransformierte''', also die dazugehörige Zeitfunktion $y(t)$, wobei folgende Notation gelten soll:
$$y(t) = {\rm L}^{-1}\{Y_{\rm L}(p)\}\hspace{0.05cm} , \hspace{0.3cm}{\rm kurz}\hspace{0.3cm}
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:$$y(t) = {\rm L}^{-1}\{Y_{\rm L}(p)\}\hspace{0.05cm} , \hspace{0.3cm}{\rm kurz}\hspace{0.3cm}
  y(t) \quad \circ\!\!-\!\!\!-^{\hspace{-0.25cm}\rm L}\!\!\!-\!\!\bullet\quad Y_{\rm L}(p)\hspace{0.05cm} .$$
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  y(t) \quad \circ\!\!-\!\!\!-^{\hspace{-0.25cm}\rm L}\!\!\!-\!\!\bullet\quad Y_{\rm L}(p)\hspace{0.05cm} .$$}}
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In der Grafik sind die Voraussetzungen für diese Aufgabenstellung zusammengestellt.
 
In der Grafik sind die Voraussetzungen für diese Aufgabenstellung zusammengestellt.
  
[[Datei:P_ID1770__LZI_T_3_3_S1_neu.png |frame| Voraussetzungen für das Kapitel &bdquo;Laplace–Rücktransformation&rdquo;]]
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[[Datei:P_ID1770__LZI_T_3_3_S1_neu.png |center|frame| Voraussetzungen für das Kapitel &bdquo;Laplace–Rücktransformation&rdquo;]]
  
$H_{\rm L}(p)$ beschreibt das kausale Übertragungssystem, während $Y_{\rm L}(p)$ die Laplace–Transformierte des gesuchten Ausgangssignals $y(t)$ unter Berücksichtigung des Eingangssignals $x(t)$ bezeichnet. $Y_{\rm L}(p)$ ist gekennzeichnet durch $N$ Pole, durch $Z ≤ N$ Nullstellen sowie durch die Konstante $K.$  
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*$H_{\rm L}(p)$ beschreibt das kausale Übertragungssystem und $Y_{\rm L}(p)$ gibt die Laplace–Transformierte des Ausgangssignals $y(t)$ unter Berücksichtigung des Eingangssignals $x(t)$ an. $Y_{\rm L}(p)$ ist gekennzeichnet durch $N$ Pole, durch $Z ≤ N$ Nullstellen sowie durch die Konstante $K.$  
*Die Pole und Nullstellen zeigen die im [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Eigenschaften_der_Pole_und_Nullstellen|letzten Kapitel]]  genannten Eigenschaften. Pole dürfen nur in der linken $p$–Halbebene oder auf der imaginären Achse liegen, Nullstellen sind auch in der rechten $p$–Halbebene erlaubt.  
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*Die Pole und Nullstellen zeigen die im [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Eigenschaften_der_Pole_und_Nullstellen|letzten Kapitel]]  genannten Eigenschaften: Pole dürfen nur in der linken $p$–Halbebene oder auf der imaginären Achse liegen, Nullstellen sind dagegen auch in der rechten $p$–Halbebene erlaubt.  
 
*Alle Singularitäten – dies ist der Oberbegriff für Pole und Nullstellen – sind entweder reell oder es treten Paare von konjugiert–komplexen Singularitäten auf. Mehrfache Pole und Nullstellen sind ebenfalls erlaubt.  
 
*Alle Singularitäten – dies ist der Oberbegriff für Pole und Nullstellen – sind entweder reell oder es treten Paare von konjugiert–komplexen Singularitäten auf. Mehrfache Pole und Nullstellen sind ebenfalls erlaubt.  
*Verwendet man ein diracförmiges Eingangssignal $x(t) = δ(t)  ⇒  X_{\rm L}(p) = 1  ⇒  Y_{\rm L}(p) = H_{\rm L}(p)$, so beschreibt das Ausgangssignal $y(t)$ die [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich#Impulsantwort|Impulsantwort]]  $h(t)$ des kausalen Übertragungssystems. Zur Berechnung dürfen nur die in der Grafik grün eingezeichneten Singularitäten herangezogen werden.  
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*Verwendet man das Eingangssignal $x(t) = δ(t)  ⇒  X_{\rm L}(p) = 1  &nbsp; ⇒  &nbsp; Y_{\rm L}(p) = H_{\rm L}(p)$, so beschreibt das Ausgangssignal $y(t)$ die [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich#Impulsantwort|Impulsantwort]]  $h(t)$ des Übertragungssystems. Zur Berechnung dürfen hierfür nur die in der Grafik grün eingezeichneten Singularitäten herangezogen werden.  
*Eine Sprungfunktion $x(t) = γ(t)  ⇒  X_{\rm L} = 1/p$ am Eingang bewirkt, dass das Ausgangssignal $y(t)$ gleich der [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich#Sprungantwort|Sprungantwort]]  $σ(t)$ von $H_{\rm L}(p)$ ist. Zur Berechnung ist neben den Singularitäten von $H_{\rm L}(p)$ nun auch die (in der Grafik rot eingezeichnete) Polstelle bei $p =$ 0 zu berücksichtigen.  
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*Eine Sprungfunktion $x(t) = γ(t)  ⇒  X_{\rm L} = 1/p$ am Eingang bewirkt, dass das Ausgangssignal $y(t)$ gleich der [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Systembeschreibung_im_Zeitbereich#Sprungantwort|Sprungantwort]]  $σ(t)$ von $H_{\rm L}(p)$ ist. Zur Berechnung ist neben den Singularitäten von $H_{\rm L}(p)$ nun auch die (in der Grafik rot eingezeichnete) Polstelle bei $p = 0$ zu berücksichtigen.  
*Als Eingang $x(t)$ sind nur Signale möglich, für die $X_{ \rm L}(p)$ in Pol–Nullstellen–Form darstellbar ist (siehe [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Einige_wichtige_Laplace.E2.80.93Korrespondenzen|Tabelle]]  im Kapitel &bdquo;Laplace–Transformation und p–Übertragungsfunktion&rdquo;), zum Beispiel ein zum Zeitpunkt $t = 0$ eingeschaltetes Cosinus– oder Sinussignal. Deren Laplace–Transformierte sind in der obigen Grafik ebenfalls angegeben.  
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*Als Eingang $x(t)$ sind nur Signale möglich, für die $X_{ \rm L}(p)$ in Pol–Nullstellen–Form darstellbar ist (siehe [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Einige_wichtige_Laplace.E2.80.93Korrespondenzen|Tabelle]]  im Kapitel &bdquo;Laplace–Transformation und $p$–Übertragungsfunktion&rdquo;), zum Beispiel ein zum Zeitpunkt $t = 0$ eingeschaltetes Cosinus– oder Sinussignal.  
 
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*Bei der hier beschriebenen Vorgehensweise ist also ein Rechteck  als Eingangssignal $x(t) ⇒ X_{\rm L}(p) = (1 – {\rm e}^{pT})/p$ nicht möglich. Die Rechteckantwort $y(t)$ kann aber als Differenz zweier Sprungantworten indirekt berechnet werden.
 
 
Bei der hier beschriebenen Vorgehensweise ist ein Rechteck  als Eingangssignal $x(t) ⇒ X_{\rm L}(p) = (1 – {\rm e}^{pT})/p$ nicht möglich. Die Rechteckantwort $y(t)$ kann aber als Differenz zweier Sprungantworten indirekt berechnet werden.
 
  
 
==Einige Ergebnisse der Funktionentheorie==
 
==Einige Ergebnisse der Funktionentheorie==
Im Gegensatz zu den [[Signaldarstellung/Fouriertransformation_und_-rücktransformation#Das_erste_Fourierintegral|Fourierintegralen]], die sich in den beiden Transformationsrichtungen nur geringfügig unterscheiden, ist bei Laplace die Berechnung von $y(t)$ aus $Y_{\rm L}(p)$ – also die Rücktransformation –  
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Im Gegensatz zu den [[Signaldarstellung/Fouriertransformation_und_-rücktransformation#Das_erste_Fourierintegral|Fourierintegralen]], die sich in den beiden Transformationsrichtungen nur geringfügig unterscheiden, ist bei &bdquo;Laplace&rdquo; die Berechnung von $y(t)$ aus $Y_{\rm L}(p)$ – also die Rücktransformation –  
 
*sehr viel schwieriger als die Berechnung von $Y_{\rm L}(p)$ aus $y(t)$,  
 
*sehr viel schwieriger als die Berechnung von $Y_{\rm L}(p)$ aus $y(t)$,  
 
*auf elementarem Weg nicht oder nur sehr umständlich lösbar.
 
*auf elementarem Weg nicht oder nur sehr umständlich lösbar.
  
  
{{Definition}}
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$\text{Definition:}$&nbsp;
 
Allgemein gilt für die '''Laplace–Rücktransformation''':
 
Allgemein gilt für die '''Laplace–Rücktransformation''':
$$y(t) = {\rm L}^{-1}\{Y_{\rm L}(p)\}= \lim_{\beta \hspace{0.05cm}\rightarrow \hspace{0.05cm}\infty}  \hspace{0.15cm} \frac{1}{{\rm j} \cdot 2 \pi}\cdot  \int_{\alpha-{\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}2 \pi \beta}^{\alpha+{\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}2 \pi \beta} { Y_{\rm L}(p) \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}}\hspace{0.1cm}{\rm
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:$$y(t) = {\rm L}^{-1}\{Y_{\rm L}(p)\}= \lim_{\beta \hspace{0.05cm}\rightarrow \hspace{0.05cm}\infty}  \hspace{0.15cm} \frac{1}{ {\rm j} \cdot 2 \pi}\cdot  \int_{\alpha-{\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}2 \pi \beta}^{\alpha+{\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}2 \pi \beta} { Y_{\rm L}(p) \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} }\hspace{0.1cm}{\rm
 
  d}p \hspace{0.05cm} .$$
 
  d}p \hspace{0.05cm} .$$
Die Integration erfolgt parallel zur imaginären Achse. Der Realteil $α$  muss dabei so gewählt werden, dass alle Pole links vom Integrationsweg liegen.
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Die Integration erfolgt parallel zur imaginären Achse. Der Realteil $α$  ist dabei so zu wählen, dass alle Pole links vom Integrationsweg liegen.}}
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Die linke Grafik verdeutlicht dieses Linienintegral entlang der rot gepunkteten Vertikalen Re{ $p$} $= α$. Lösbar ist dieses Integral mit dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Lemma_von_Jordan Jordanschen Lemma der Funktionstheorie].
 
  
[[Datei:P_ID1777__LZI_T_3_3_S2_neu.png |frame| Linienintegral sowie linkes und rechtes Kreisintegral]]
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[[Datei:P_ID1777__LZI_T_3_3_S2_neu.png |center|frame| Linienintegral sowie linkes und rechtes Kreisintegral]]
  
In diesem Tutorial folgt nur eine sehr kurze und einfache Zusammenfassung der Vorgehensweise:  
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Die linke Grafik verdeutlicht dieses Linienintegral entlang der rot gepunkteten Vertikalen ${\rm Re}\{p\}= α$. Lösbar ist dieses Integral mit dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Lemma_von_Jordan Jordanschen Lemma der Funktionstheorie]. In diesem Tutorial folgt nur eine sehr kurze und einfache Zusammenfassung der Vorgehensweise:  
 
*Das Linienintegral kann entsprechend der Skizze in zwei Kreisintegrale aufgeteilt werden, wobei sämtliche Polstellen im linken Kreisintegral liegen, während das rechte Kreisintegral nur Nullstellen beinhalten darf.  
 
*Das Linienintegral kann entsprechend der Skizze in zwei Kreisintegrale aufgeteilt werden, wobei sämtliche Polstellen im linken Kreisintegral liegen, während das rechte Kreisintegral nur Nullstellen beinhalten darf.  
*Entsprechend der Funktionstheorie liefert das rechte Kreisintegral die Zeitfunktion $y(t)$ für negative Zeiten. Aufgrund der Kausalität muss $y(t < 0)$ identisch 0 sein, was aber nach dem Hauptsatz der Funktionstheorie nur zutrifft, wenn es in der rechten $p$–Halbebene keine Pole gibt.  
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*Entsprechend der Funktionstheorie liefert das rechte Kreisintegral die Zeitfunktion $y(t)$ für negative Zeiten. Aufgrund der Kausalität muss $y(t < 0)$ identisch Null sein, was aber nach dem Hauptsatz der Funktionstheorie nur zutrifft, wenn es in der rechten $p$–Halbebene keine Pole gibt.  
 
*Das Integral über den linken Halbkreis liefert dagegen die Zeitfunktion für $t ≥ 0$. Dieses umschließt alle Polstellen und ist mit dem Residuensatz in (relativ) einfacher Weise berechenbar, wie auf den nächsten Seiten gezeigt wird.  
 
*Das Integral über den linken Halbkreis liefert dagegen die Zeitfunktion für $t ≥ 0$. Dieses umschließt alle Polstellen und ist mit dem Residuensatz in (relativ) einfacher Weise berechenbar, wie auf den nächsten Seiten gezeigt wird.  
  
 
==Formulierung des Residuensatzes==
 
==Formulierung des Residuensatzes==
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Es wird weiter vorausgesetzt, dass die Übertragungsfunktion $Y_{\rm L}(p)$ in Pol–Nullstellen–Form durch  
 
Es wird weiter vorausgesetzt, dass die Übertragungsfunktion $Y_{\rm L}(p)$ in Pol–Nullstellen–Form durch  
 
*den konstanten Faktor $K$,  
 
*den konstanten Faktor $K$,  
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Die Anzahl der unterscheidbaren Pole bezeichnen wir mit $I$. Zur Bestimung von $I$ werden mehrfache Pole nur einfach gezählt. So gilt für das [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Rücktransformation#Einige_Ergebnisse_der_Funktionentheorie|Beispiel des letzten Abschnitts]] $N = 5$ und $I = 4$.
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Die Anzahl der unterscheidbaren Pole bezeichnen wir mit $I$. Zur Bestimung von $I$ werden mehrfache Pole nur einfach gezählt. So gilt für die [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Rücktransformation#Einige_Ergebnisse_der_Funktionentheorie|Skizze]] im letzten Abschnitt unter Berücksichtigung des Poles bei $p=0$ aufgrund der doppelten Polstelle: &nbsp;  $N = 5$ und $I = 4$.
  
  
{{Definition}}
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{{BlaueBox|TEXT= 
'''Residuensatz''': Unter den genannten Voraussetzungen ergibt sich die Laplace–Transformierte von $Y_{\rm L}(p)$ für Zeiten $t ≥$ 0 als die Summe von $I$ Eigenschwingungen der Pole, die man als die ''Residuen'' – abgekürzt mit „Res” – bezeichnet:
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$\text{Residuensatz:}$&nbsp;
$$y(t) = \sum_{i=1}^{I}{\rm Res} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}i}} \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot  {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\} \hspace{0.05cm} .$$
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Unter den genannten Voraussetzungen ergibt sich die '''Laplace–Rücktransformierte''' von $Y_{\rm L}(p)$ für Zeiten $t ≥$ 0 als die Summe von $I$ Eigenschwingungen der Pole, die man als die ''Residuen'' – abgekürzt mit „Res” – bezeichnet:
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:$$y(t) = \sum_{i=1}^{I}{\rm Res} \bigg \vert _{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}_i}} \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot  {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\} \hspace{0.05cm} .$$
  
 
Da $Y_{\rm L}(p)$ nur für kausale Signale angebbar ist, gilt für negative Zeiten stets $y(t < 0) = 0$.  
 
Da $Y_{\rm L}(p)$ nur für kausale Signale angebbar ist, gilt für negative Zeiten stets $y(t < 0) = 0$.  
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Für einen ''Pol der Vielfachheit'' $l$ gilt allgemein:
 
Für einen ''Pol der Vielfachheit'' $l$ gilt allgemein:
$${\rm Res} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}i}} \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= \frac{1}{(l-1)!}\cdot \frac{{\rm d}^{\hspace{0.05cm}l-1}}{{\rm d}p^{\hspace{0.05cm}l-1}}\hspace{0.15cm} \left \{Y_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{{\rm x}i})^{\hspace{0.05cm}l}\cdot  {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\right\} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}i}} \hspace{0.05cm} .$$
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:$${\rm Res} \bigg \vert _{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= \frac{1}{(l-1)!}\cdot \frac{ {\rm d}^{\hspace{0.05cm}l-1} }{ {\rm d}p^{\hspace{0.05cm}l-1} }\hspace{0.15cm} \left \{Y_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{ {\rm x}_i})^{\hspace{0.05cm}l}\cdot  {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\right\} \bigg \vert_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{0.05cm} .$$
 
Als Sonderfall ergibt sich daraus mit $l = 1$ für einen ''einfachen Pol:''
 
Als Sonderfall ergibt sich daraus mit $l = 1$ für einen ''einfachen Pol:''
$${\rm Res} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}i}} \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= Y_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{{\rm x}i})\cdot  {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}i}} \hspace{0.05cm} .$$
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:$${\rm Res} \bigg\vert_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= Y_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{ {\rm x}_i} )\cdot  {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \bigg \vert _{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{0.05cm} .$$}}
{{end}}
 
 
 
 
 
  
Nachfolgend wird der Residuensatz anhand dreier ausführlicher Beispiele verdeutlicht, die mit den [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Eigenschaften_der_Pole_und_Nullstellen|Beispielen zur Frequenzbereichsbeschreibung]]  korrespondieren. Wir betrachten also wieder den Vierpol mit einer Induktivität $L = 25 \ \rm μH$ im Längszweig  sowie im Querzweig die Serienschaltung aus einem Ohmschen Widerstand $R = 50 \ \rm Ω$ und einer Kapazität $C$. Für Letztere betrachten wir wieder drei verschiedene Werte, nämlich $C = 62.5 \ \rm nF$, $C = 8 \ \rm nF$ und $C = 40 \ \rm nF$.
 
  
  
Vorausgesetzt ist stets $x(t) = δ(t) \; ⇒  \; X_{\rm L}(p) = 1$, so dass $Y_{\rm L}(p) = H_{\rm L}(p)$ gilt. Damit ist die berechnete Zeitfunktion $y(t)$ gleich der Impulsantwort $h(t)$.
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Auf den nächsten Seiten wird der Residuensatz anhand dreier ausführlicher Beispiele verdeutlicht, die mit den drei Konstellationen im [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Eigenschaften_der_Pole_und_Nullstellen| Beispiel 3]]  im Kapitel &bdquo;Laplace&ndash;Transformation&rdquo; korrespondieren:
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*Wir betrachten also wieder den Vierpol mit einer Induktivität $L = 25 \ \rm &micro;H$ im Längszweig  sowie im Querzweig die Serienschaltung aus einem Ohmschen Widerstand $R = 50 \ \rm Ω$ und einer Kapazität $C$.
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*Für Letztere betrachten wir wieder drei verschiedene Werte, nämlich $C = 62.5 \ \rm nF$, $C = 8 \ \rm nF$ und $C = 40 \ \rm nF$.
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*Vorausgesetzt ist stets $x(t) = δ(t) \; ⇒  \; X_{\rm L}(p) = 1$ &nbsp; &rArr; &nbsp; $Y_{\rm L}(p) = H_{\rm L}(p)$ &nbsp; &rArr; &nbsp;  die Zeitfunktion $y(t)$ ist gleich der Impulsantwort $h(t)$.
  
 
==Aperiodisch abklingende Impulsantwort==
 
==Aperiodisch abklingende Impulsantwort==
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Mit der Kapazität $C = 62.5 \ \rm nF$ und den weiteren in der unteren Grafik angegebenen Zahlenwerten erhält man für die auf der Seite [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Pol.E2.80.93Nullstellen.E2.80.93Darstellung_von_Schaltungen|Pol–Nullstellen–Darstellung von Schaltungen]]  berechnete Übertragungsfunktion:
 
Mit der Kapazität $C = 62.5 \ \rm nF$ und den weiteren in der unteren Grafik angegebenen Zahlenwerten erhält man für die auf der Seite [[Lineare_zeitinvariante_Systeme/Laplace–Transformation_und_p–Übertragungsfunktion#Pol.E2.80.93Nullstellen.E2.80.93Darstellung_von_Schaltungen|Pol–Nullstellen–Darstellung von Schaltungen]]  berechnete Übertragungsfunktion:
 
$$H_{\rm L}(p)= K \cdot \frac {p - p_{\rm o }} {(p - p_{\rm x 1})(p - p_{\rm x 2})}= 2 \cdot \frac {p + 0.32 }
 
$$H_{\rm L}(p)= K \cdot \frac {p - p_{\rm o }} {(p - p_{\rm x 1})(p - p_{\rm x 2})}= 2 \cdot \frac {p + 0.32 }
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==Gedämpft oszillierende Impulsantwort==
 
==Gedämpft oszillierende Impulsantwort==
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Die Bauelementewerte $R = 50 \ \rm Ω$, $L = 25 \ \rm μH$ und $C = 8 \ \rm nF$ ergeben zwei konjugiert komplexe Pole bei $p_{{\rm x}1} = \ –1 + {\rm j} · 2$ und $p_{{\rm x}2} = \ –1 - {\rm j} · 2$. Die Nullstelle liegt bei $p_{\rm o} = \ –2.5$, der konstante Faktor beträgt weiterhin $K = 2$. Alle Zahlenwerte sind wieder mit dem Faktor $1/T$ zu multiplizieren $(T = 1\ \rm μs$).
 
Die Bauelementewerte $R = 50 \ \rm Ω$, $L = 25 \ \rm μH$ und $C = 8 \ \rm nF$ ergeben zwei konjugiert komplexe Pole bei $p_{{\rm x}1} = \ –1 + {\rm j} · 2$ und $p_{{\rm x}2} = \ –1 - {\rm j} · 2$. Die Nullstelle liegt bei $p_{\rm o} = \ –2.5$, der konstante Faktor beträgt weiterhin $K = 2$. Alle Zahlenwerte sind wieder mit dem Faktor $1/T$ zu multiplizieren $(T = 1\ \rm μs$).
  
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==Aperiodischer Grenzfall==
 
==Aperiodischer Grenzfall==
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Mit $R = 50 \ \rm Ω$, $L = 25 \ \rm μH$ und $C = 40 \ \rm nF$ ergibt sich der so genannte aperiodische Grenzfall:
 
Mit $R = 50 \ \rm Ω$, $L = 25 \ \rm μH$ und $C = 40 \ \rm nF$ ergibt sich der so genannte aperiodische Grenzfall:
 
$$H_{\rm L}(p)= K \cdot \frac {p - p_{\rm o }} {(p - p_{\rm x })^2}= 2 \cdot \frac {p + 0.5 } {(p +1)^2}  \hspace{0.05cm} .$$
 
$$H_{\rm L}(p)= K \cdot \frac {p - p_{\rm o }} {(p - p_{\rm x })^2}= 2 \cdot \frac {p + 0.5 } {(p +1)^2}  \hspace{0.05cm} .$$

Version vom 14. März 2018, 12:36 Uhr

Problemstellung und Voraussetzungen


$\text{Aufgabenstellung:}$  Dieses Kapitel behandelt das folgende Problem:

  • Bekannt ist die $p$–Spektralfunktion $Y_{\rm L}(p)$ in der Pol–Nullstellen–Form.
  • Gesucht ist die Laplace–Rücktransformierte, also die dazugehörige Zeitfunktion $y(t)$, wobei folgende Notation gelten soll:
$$y(t) = {\rm L}^{-1}\{Y_{\rm L}(p)\}\hspace{0.05cm} , \hspace{0.3cm}{\rm kurz}\hspace{0.3cm} y(t) \quad \circ\!\!-\!\!\!-^{\hspace{-0.25cm}\rm L}\!\!\!-\!\!\bullet\quad Y_{\rm L}(p)\hspace{0.05cm} .$$


In der Grafik sind die Voraussetzungen für diese Aufgabenstellung zusammengestellt.

Voraussetzungen für das Kapitel „Laplace–Rücktransformation”
  • $H_{\rm L}(p)$ beschreibt das kausale Übertragungssystem und $Y_{\rm L}(p)$ gibt die Laplace–Transformierte des Ausgangssignals $y(t)$ unter Berücksichtigung des Eingangssignals $x(t)$ an. $Y_{\rm L}(p)$ ist gekennzeichnet durch $N$ Pole, durch $Z ≤ N$ Nullstellen sowie durch die Konstante $K.$
  • Die Pole und Nullstellen zeigen die im letzten Kapitel genannten Eigenschaften: Pole dürfen nur in der linken $p$–Halbebene oder auf der imaginären Achse liegen, Nullstellen sind dagegen auch in der rechten $p$–Halbebene erlaubt.
  • Alle Singularitäten – dies ist der Oberbegriff für Pole und Nullstellen – sind entweder reell oder es treten Paare von konjugiert–komplexen Singularitäten auf. Mehrfache Pole und Nullstellen sind ebenfalls erlaubt.
  • Verwendet man das Eingangssignal $x(t) = δ(t) ⇒ X_{\rm L}(p) = 1   ⇒   Y_{\rm L}(p) = H_{\rm L}(p)$, so beschreibt das Ausgangssignal $y(t)$ die Impulsantwort $h(t)$ des Übertragungssystems. Zur Berechnung dürfen hierfür nur die in der Grafik grün eingezeichneten Singularitäten herangezogen werden.
  • Eine Sprungfunktion $x(t) = γ(t) ⇒ X_{\rm L} = 1/p$ am Eingang bewirkt, dass das Ausgangssignal $y(t)$ gleich der Sprungantwort $σ(t)$ von $H_{\rm L}(p)$ ist. Zur Berechnung ist neben den Singularitäten von $H_{\rm L}(p)$ nun auch die (in der Grafik rot eingezeichnete) Polstelle bei $p = 0$ zu berücksichtigen.
  • Als Eingang $x(t)$ sind nur Signale möglich, für die $X_{ \rm L}(p)$ in Pol–Nullstellen–Form darstellbar ist (siehe Tabelle im Kapitel „Laplace–Transformation und $p$–Übertragungsfunktion”), zum Beispiel ein zum Zeitpunkt $t = 0$ eingeschaltetes Cosinus– oder Sinussignal.
  • Bei der hier beschriebenen Vorgehensweise ist also ein Rechteck als Eingangssignal $x(t) ⇒ X_{\rm L}(p) = (1 – {\rm e}^{pT})/p$ nicht möglich. Die Rechteckantwort $y(t)$ kann aber als Differenz zweier Sprungantworten indirekt berechnet werden.

Einige Ergebnisse der Funktionentheorie


Im Gegensatz zu den Fourierintegralen, die sich in den beiden Transformationsrichtungen nur geringfügig unterscheiden, ist bei „Laplace” die Berechnung von $y(t)$ aus $Y_{\rm L}(p)$ – also die Rücktransformation –

  • sehr viel schwieriger als die Berechnung von $Y_{\rm L}(p)$ aus $y(t)$,
  • auf elementarem Weg nicht oder nur sehr umständlich lösbar.


{{BlaueBox|TEXT= $\text{Definition:}$  Allgemein gilt für die Laplace–Rücktransformation:

$$y(t) = {\rm L}^{-1}\{Y_{\rm L}(p)\}= \lim_{\beta \hspace{0.05cm}\rightarrow \hspace{0.05cm}\infty} \hspace{0.15cm} \frac{1}{ {\rm j} \cdot 2 \pi}\cdot \int_{\alpha-{\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}2 \pi \beta}^{\alpha+{\rm j} \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm}2 \pi \beta} { Y_{\rm L}(p) \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} }\hspace{0.1cm}{\rm d}p \hspace{0.05cm} .$$

Die Integration erfolgt parallel zur imaginären Achse. Der Realteil $α$ ist dabei so zu wählen, dass alle Pole links vom Integrationsweg liegen.}}


Linienintegral sowie linkes und rechtes Kreisintegral

Die linke Grafik verdeutlicht dieses Linienintegral entlang der rot gepunkteten Vertikalen ${\rm Re}\{p\}= α$. Lösbar ist dieses Integral mit dem Jordanschen Lemma der Funktionstheorie. In diesem Tutorial folgt nur eine sehr kurze und einfache Zusammenfassung der Vorgehensweise:

  • Das Linienintegral kann entsprechend der Skizze in zwei Kreisintegrale aufgeteilt werden, wobei sämtliche Polstellen im linken Kreisintegral liegen, während das rechte Kreisintegral nur Nullstellen beinhalten darf.
  • Entsprechend der Funktionstheorie liefert das rechte Kreisintegral die Zeitfunktion $y(t)$ für negative Zeiten. Aufgrund der Kausalität muss $y(t < 0)$ identisch Null sein, was aber nach dem Hauptsatz der Funktionstheorie nur zutrifft, wenn es in der rechten $p$–Halbebene keine Pole gibt.
  • Das Integral über den linken Halbkreis liefert dagegen die Zeitfunktion für $t ≥ 0$. Dieses umschließt alle Polstellen und ist mit dem Residuensatz in (relativ) einfacher Weise berechenbar, wie auf den nächsten Seiten gezeigt wird.

Formulierung des Residuensatzes


Es wird weiter vorausgesetzt, dass die Übertragungsfunktion $Y_{\rm L}(p)$ in Pol–Nullstellen–Form durch

  • den konstanten Faktor $K$,
  • die $Z$ Nullstellen $p_{{\rm o}i} (i =$ 1, ... , $Z$) und
  • die $N$ Polstellen $p_{{\rm x}i} (i =$ 1, ... , $N$)


dargestellt werden kann. Wir setzen zudem $Z < N$ voraus.


Die Anzahl der unterscheidbaren Pole bezeichnen wir mit $I$. Zur Bestimung von $I$ werden mehrfache Pole nur einfach gezählt. So gilt für die Skizze im letzten Abschnitt unter Berücksichtigung des Poles bei $p=0$ aufgrund der doppelten Polstelle:   $N = 5$ und $I = 4$.


$\text{Residuensatz:}$  Unter den genannten Voraussetzungen ergibt sich die Laplace–Rücktransformierte von $Y_{\rm L}(p)$ für Zeiten $t ≥$ 0 als die Summe von $I$ Eigenschwingungen der Pole, die man als die Residuen – abgekürzt mit „Res” – bezeichnet:

$$y(t) = \sum_{i=1}^{I}{\rm Res} \bigg \vert _{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}_i}} \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\} \hspace{0.05cm} .$$

Da $Y_{\rm L}(p)$ nur für kausale Signale angebbar ist, gilt für negative Zeiten stets $y(t < 0) = 0$.


Für einen Pol der Vielfachheit $l$ gilt allgemein:

$${\rm Res} \bigg \vert _{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= \frac{1}{(l-1)!}\cdot \frac{ {\rm d}^{\hspace{0.05cm}l-1} }{ {\rm d}p^{\hspace{0.05cm}l-1} }\hspace{0.15cm} \left \{Y_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{ {\rm x}_i})^{\hspace{0.05cm}l}\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\right\} \bigg \vert_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{0.05cm} .$$

Als Sonderfall ergibt sich daraus mit $l = 1$ für einen einfachen Pol:

$${\rm Res} \bigg\vert_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= Y_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{ {\rm x}_i} )\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \bigg \vert _{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x}_i} } \hspace{0.05cm} .$$


Auf den nächsten Seiten wird der Residuensatz anhand dreier ausführlicher Beispiele verdeutlicht, die mit den drei Konstellationen im Beispiel 3 im Kapitel „Laplace–Transformation” korrespondieren:

  • Wir betrachten also wieder den Vierpol mit einer Induktivität $L = 25 \ \rm µH$ im Längszweig sowie im Querzweig die Serienschaltung aus einem Ohmschen Widerstand $R = 50 \ \rm Ω$ und einer Kapazität $C$.
  • Für Letztere betrachten wir wieder drei verschiedene Werte, nämlich $C = 62.5 \ \rm nF$, $C = 8 \ \rm nF$ und $C = 40 \ \rm nF$.
  • Vorausgesetzt ist stets $x(t) = δ(t) \; ⇒ \; X_{\rm L}(p) = 1$   ⇒   $Y_{\rm L}(p) = H_{\rm L}(p)$   ⇒   die Zeitfunktion $y(t)$ ist gleich der Impulsantwort $h(t)$.

Aperiodisch abklingende Impulsantwort


Mit der Kapazität $C = 62.5 \ \rm nF$ und den weiteren in der unteren Grafik angegebenen Zahlenwerten erhält man für die auf der Seite Pol–Nullstellen–Darstellung von Schaltungen berechnete Übertragungsfunktion: $$H_{\rm L}(p)= K \cdot \frac {p - p_{\rm o }} {(p - p_{\rm x 1})(p - p_{\rm x 2})}= 2 \cdot \frac {p + 0.32 } {(p +0.4)(p +1.6 )} \hspace{0.05cm} .$$

Beachten Sie bitte die Normierung von $p$, $K$ sowie aller Pole und Nullstellen mit dem Faktor ${\rm 10^6} · 1/s$.

Abklingende Impulsantwort

Die Impulsantwort setzt sich aus $I = N = 2$ Eigenschwingungen zusammen. Für $t < 0$ sind diese gleich $0$.

  • Das Residium des Pols bei $p_{{\rm x}1} =\ –0.4$ liefert die Zeitfunktion:

$$\begin{align*} h_1(t) & = {\rm Res} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}1}} \hspace{-0.7cm}\{H_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= H_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{{\rm x}1})\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}1}}=\\ \hspace{-0.25cm}& = 2 \cdot \frac {p + 0.32 } {p +0.4}\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}-0.4}= - \frac {2 } {15}\cdot {\rm e}^{-0.4 \hspace{0.05cm} t} \hspace{0.05cm}. \end{align*}$$

  • In gleicher Weise kann das Residium des Pols $p_{{\rm x}2} = \ –1.6$ berechnet werden:

$$\begin{align*} h_2(t) & = {\rm Res} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}2}} \hspace{-0.7cm}\{H_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= H_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{{\rm x}2})\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}2}}=\\ \hspace{-0.25cm}& = 2 \cdot \frac {p + 0.32 } {p +1.6}\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}-1.6}= \frac {32 } {15}\cdot {\rm e}^{-1.6 \hspace{0.05cm} t} \hspace{0.05cm}. \end{align*}$$


Die Grafik zeigt $h_1(t)$ und $h_2(t)$ sowie das Summensignal $h(t)$. Berücksichtigt ist der Normierungsfaktor $1/T = 10^6 · \rm 1/s$, so dass die Zeit auf $T = 1 \ \rm μs$ normiert ist. Für $t =0$ ergibt sich $$T \cdot h(t=0) = {32 }/ {15} -{2 }/ {15}= 2 \hspace{0.05cm} .$$ Für Zeiten $t > 2 \ \rm μs$ ist die Impulsantwort – wenn auch nur geringfügig – negativ.

Gedämpft oszillierende Impulsantwort


Die Bauelementewerte $R = 50 \ \rm Ω$, $L = 25 \ \rm μH$ und $C = 8 \ \rm nF$ ergeben zwei konjugiert komplexe Pole bei $p_{{\rm x}1} = \ –1 + {\rm j} · 2$ und $p_{{\rm x}2} = \ –1 - {\rm j} · 2$. Die Nullstelle liegt bei $p_{\rm o} = \ –2.5$, der konstante Faktor beträgt weiterhin $K = 2$. Alle Zahlenwerte sind wieder mit dem Faktor $1/T$ zu multiplizieren $(T = 1\ \rm μs$).

Gedämpft oszillierende Impulsantwort

Wendet man den Residuensatz auf diese Konfiguration an, so erhält man: $$\begin{align*} h_1(t) &= ... = K \cdot \frac {p_{\rm x 1} - p_{\rm o }} {p_{\rm x 1} - p_{\rm x 2}}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p_{\rm x 1} \cdot \hspace{0.05cm}t}= 2 \cdot \frac {-1 + {\rm j}\cdot 2 +2.5} {(-1 + {\rm j}\cdot 2) - (-1 - {\rm j}\cdot 2)}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p_{\rm x 1} \cdot\hspace{0.05cm}t}=\\ \hspace{-0.25cm}& = 2 \cdot \frac {1.5 + {\rm j}\cdot 2} {{\rm j}\cdot 4}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p_{\rm x 1} \cdot\hspace{0.05cm}t}= (1 - {\rm j}\cdot 0.75)\cdot {\rm e}^{-t}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.03cm}{\rm j}\hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} 2t} \hspace{0.05cm} ,\end{align*}$$ $$\begin{align*}h_2(t) & = ... = K \cdot \frac {p_{\rm x 2} - p_{\rm o }} {p_{\rm x 2} - p_{\rm x 1}}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p_{\rm x 2} \hspace{0.03cm}\cdot \hspace{0.05cm}t}= 2 \cdot \frac {-1 - {\rm j}\cdot 2 +2.5} {(-1 - {\rm j}\cdot 2) - (-1 + {\rm j}\cdot 2)}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p_{\rm x 2} \hspace{0.03cm}\cdot\hspace{0.05cm}t}=\\ \hspace{-0.25cm}& = 2 \cdot \frac {1.5 - {\rm j}\cdot 2} {-{\rm j}\cdot 4}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p_{\rm x 2} \hspace{0.03cm}\cdot\hspace{0.05cm}t}= (1 + {\rm j}\cdot 0.75)\cdot {\rm e}^{-t}\cdot {\rm e}^{\hspace{0.03cm}-{\rm j}\hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} 2t} \hspace{0.05cm} . \end{align*}$$

Mit dem Satz von Euler ergibt sich somit für das Summensignal: $$\begin{align*}h(t)& = h_1(t) + h_2(t) =\\ \hspace{-0.25cm}& = {\rm e}^{-t}\cdot \left [ (1 - {\rm j}\cdot 0.75)\cdot (\cos() + {\rm j}\cdot \sin())+ (1 + {\rm j}\cdot 0.75)\cdot (\cos() - {\rm j}\cdot \sin())\right ]=\\ \hspace{-0.25cm}& = ... ={\rm e}^{-t}\cdot \left [ 2\cdot \cos(2t) + 1.5 \cdot \sin(2t)\right ]\hspace{0.05cm} . \end{align*}$$

Die Grafik zeigt im unteren Diagramm – wieder geeignet normiert – die nun mit ${\rm e}^{–t}$ gedämpft oszillierende Impulsantwort $h(t)$ für diese Pol–Nullstellen–Konfiguration.

Aperiodischer Grenzfall


Mit $R = 50 \ \rm Ω$, $L = 25 \ \rm μH$ und $C = 40 \ \rm nF$ ergibt sich der so genannte aperiodische Grenzfall: $$H_{\rm L}(p)= K \cdot \frac {p - p_{\rm o }} {(p - p_{\rm x })^2}= 2 \cdot \frac {p + 0.5 } {(p +1)^2} \hspace{0.05cm} .$$

Der Kapazitätswert $C = 40 \ \rm nF$ ist der kleinstmögliche Wert, für den sich gerade noch reelle Polstellen ergeben. Diese fallen zusammen, das heißt $p_{\rm x} = \ –1$ ist eine doppelte Polstelle.

Impulsantwort und Sprungantwort des aperiodischen Grenzfalls

Die Zeitfunktion lautet somit entsprechend dem Residuensatz mit $l = 2$: $$\begin{align*}h(t)& = {\rm Res} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x} } } \hspace{-0.7cm}\{H_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= \frac{ {\rm d} }{ {\rm d}p}\hspace{0.15cm} \left \{H_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{ {\rm x} })^2\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\right\} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x} } } = \\ & = K \cdot \frac{ {\rm d} }{ {\rm d}p}\hspace{0.15cm}\left \{ (p - p_{ {\rm o} })\cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t}\right\} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{ {\rm x} } } \hspace{0.05cm} .\end{align*}$$

Mit der Produktregel der Differentialrechnung ergibt sich daraus: $$h(t) = K \cdot \left [ {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} + (p - p_{ {\rm o} })\cdot t \cdot {\rm e}^{p \hspace{0.05cm}t} \right ] \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}-1} = {\rm e}^{-t}\cdot \left ( 2 - t \right) \hspace{0.05cm} .$$

Die untere Grafik zeigt diese Impulsantwort (grüne Kurve) in normierter Darstellung. Sie unterscheidet sich von derjenigen mit den beiden unterschiedlichen Polen bei –0.4 und –1.6 nur geringfügig.

Das rot gezeichnete Signal $y(t) = 1 - {\rm e}^{-t} + t \cdot {\rm e}^{-t}$ ergibt sich, wenn man zusätzlich eine Sprungfunktion am Eingang berücksichtigt. Zur Berechnung der Sprungantwort kann man alternativ

  • bei der Residuenberechnung einen zusätzlichen Pol bei $p = 0$ (rot markiert) berücksichtigen, oder
  • das Integral über die Impulsantwort $h(t)$ bilden.

Partialbruchzerlegung

Voraussetzung für die Anwendung des Residuensatzes ist, dass es weniger Nullstellen als Pole gibt, das heißt, es muss stets $Z$ kleiner als $N$ sein. Gilt dagegen wie bei einem Hochpass $Z = N$, so

  • ist der Grenzwert der Spektralfunktion für großes $p$ ungleich $0$,
  • beinhaltet das zugehörige Zeitsignal $y(t)$ auch eine Diracfunktion,
  • versagt der Residuensatz und es ist eine Partialbruchzerlegung vorzunehmen.

Die Vorgehensweise soll beispielhaft für einen Hochpass erster Ordnung verdeutlicht werden.

Die $p$–Übertragungsfunktion eines $RC$–Hochpasses erster Ordnung kann durch Abspaltung einer Konstanten wie folgt umgewandelt werden: $$\frac{p}{p + RC} = 1- \frac{RC}{p + RC}\hspace{0.05cm} .$$ Damit lautet die Impulsantwort des Hochpasses: $$h_{\rm HP}(t) = \delta(t) - h_{\rm TP}(t) \hspace{0.05cm} .$$

Die Grafik zeigt

  • als rote Kurve die Impulsantwort $h_{\rm HP}(t)$ des Hochpasses,
  • als blaue Kurve die Impulsantwort $h_{\rm TP}(t)$ des äquivalenten Tiefpasses.
Impulsantwort von Tiefpass (blau) und Hochpass (rot)

Die Diracfunktion ist die Laplace–Transformierte des konstanten Wertes „1”, während die zweite Funktion die Impulsantwort des äquivalenten Tiefpasses angibt, die mit $Z = 0$, $N =1$ und $K = RC$ durch den Residuensatz angebbar ist.

Aufgaben zum Kapitel

Aufgabe 3.5:   Schaltung mit R und L

Zusatzaufgabe 3.5Z:   Anwendung des Residuensatzes

Aufgabe 3.6:   Einschwingverhalten

Zusatzaufgabe 3.6Z:   Zwei imaginäre Pole

Aufgabe 3.7:   Hochpass-Impulsantwort

Zusatzaufgabe 3.7Z:   Partialbruchzerlegung