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Version vom 8. Januar 2018, 17:45 Uhr

GF(22) – Beispiel eines Erweiterungskörpers


Im Abschnitt Beispiel 2 im Kapitel „Einige_Grundlagen der Algebra” wurde bereits gezeigt, dass die endliche Zahlenmenge $\{0, 1, 2, 3\}$   ⇒   $q = 4$ nicht die Eigenschaften eines Galoisfeldes $\rm GF(4)$ erfüllt. Vielmehr ergeben sich für die Addition modulo 4 und die Multiplikation modulo 4 folgende Tabellen:

$$ \begin{array}{c} {\rm modulo}\hspace{0.15cm}{\it q} = 4\\ \end{array}\hspace{0.25cm} \Rightarrow\hspace{0.25cm}\text{Addition: } \left[ \begin{array}{c|cccccc} + & 0 & 1 &2 & 3 \\ \hline 0 & 0 & 1 &2 & 3 \\ 1 & 1 & 2 &3 & 0 \\ 2 & 2 & 3 &0 & 1 \\ 3 & 3 & 0 &1 & 2 \end{array} \right] \hspace{-0.1cm} ,\hspace{0.25cm}\text{Multiplikation: } \left[ \begin{array}{c|cccccc} \cdot & 0 & 1 &2 & 3 \\ \hline 0 & 0 & 0 & 0 & 0 \\ 1 & 0 & 1 & 2 & 3 \\ 2 & 0 & 2 & 0 & 2 \\ 3 & 0 & 3 & 2 & 1 \\ \end{array} \right] . $$


Für $z_i = 2$ gibt es keine multiplikative Inverse ${\rm Inv_M}(z_i)$. Dies erkennt man daran, dass kein einziges Element $z_j ∈ \{0, 1, 2, 3\}$ die Bedingung $2 · z_j = 1$ erfüllt. Geht man dagegen vom binären Galoisfeld ${\rm GF}(2) = \{0, 1\}$ aus und erweitert dieses entsprechend der Gleichung

\[{\rm GF}(2^2)= \big\{k_0+k_1\cdot \alpha \ \big | \ k_0, k_1\in{\rm GF}(2) = \{ 0, 1\} \big \}\hspace{0.05cm}, \]

so ergibt sich die ebenfalls endliche Menge $\{0, 1, \alpha, 1 + \alpha\}$   ⇒   die Ordnung ist weiterhin $q=4$. Führt man die Rechenoperationen modulo $p(\alpha) = \alpha^2 + \alpha + 1$ durch, so erhält man das folgende Ergebnis:

$$ \begin{array}{c} {\rm modulo}\hspace{0.15cm}{\it p}(\alpha)= \alpha^2 + \alpha + 1\\ \end{array}\hspace{0.25cm} \Rightarrow\hspace{0.25cm} \left[ \begin{array}{c|cccccc} + & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \hline 0 & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ 1 & 1 & 0 & 1\!+\!\alpha & \alpha \\ \alpha & \alpha & 1\!+\!\alpha & 0 & 1 \\ 1\!+\!\alpha & 1\!+\!\alpha & \alpha & 1 & 0 \end{array} \right] \hspace{-0.1cm} ,\hspace{0.5cm} \left[ \begin{array}{c|cccccc} \cdot & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \hline 0 & 0 & 0 & 0 & 0 \\ 1 & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \alpha & 0 & \alpha & 1\!+\!\alpha & 1 \\ 1\!+\!\alpha & 0 & 1\!+\!\alpha & 1 & \alpha \end{array} \right] .$$

Hierzu ist anzumerken:

  • Die neutralen Elemente der Addition bzw. Multiplikation sind weiterhin $N_{\rm A} = 0$ und $N_{\rm M} = 1$ .
  • Da bei Modulo–Ausführung kein Unterschied zwischen Addition und Subtraktion besteht, ist $\alpha + \alpha = \alpha - \alpha = 0$. Für alle zi gilt somit: Die additive Inverse von $z_i$ ist das Element $z_i$ selbst.
  • Die Einträge in der Multiplikationstabelle ergeben sich nach folgenden Berechnungen:
\[\big [ \alpha \cdot (1+\alpha) \big ] \hspace{0.15cm}{\rm mod} \hspace{0.15cm} p(\alpha) = (\alpha^2 + \alpha) \hspace{0.15cm}{\rm mod} \hspace{0.15cm} (\alpha^2 + \alpha + 1)= 1\hspace{0.05cm},\]
\[\big [ \alpha \cdot \alpha \big ] \hspace{0.15cm}{\rm mod} \hspace{0.15cm} p(\alpha) = (\alpha^2 ) \hspace{0.15cm}{\rm mod} \hspace{0.15cm} (\alpha^2 + \alpha + 1)= 1+\alpha\hspace{0.05cm},\]
\[\big [ (1+\alpha) \cdot (1+\alpha) \big ] \hspace{0.15cm}{\rm mod} \hspace{0.15cm} p(\alpha) = (\alpha^2 + 1) \hspace{0.15cm}{\rm mod} \hspace{0.15cm} (\alpha^2 + \alpha + 1)= \alpha\hspace{0.05cm}.\]
  • Damit existieren für alle Elemente mit Ausnahme des Nullelements die multiplikativen Inversen:
\[{\rm Inv_M}( 1) = 1 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}{\rm Inv_M}(\alpha) = 1+\alpha \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}{\rm Inv_M}(1+\alpha) = \alpha \hspace{0.05cm}.\]

$\text{Zwischenergebnis:}$ 

  • Die Menge $\{0, 1, \alpha, 1 + \alpha\}$ stellt zusammen mit den zwei Rechenoperationen Addition und Multiplikation modulo $p(\alpha)= \alpha^2 + \alpha + 1$ ein Galoisfeld der Ordnung $q = 4$ dar.
  • Dieses mit $\rm GF(2^2) = GF(4)$ bezeichnete Galoisfeld erfüllt alle im vorherigen Kapitel genannten Anforderungen.
  • Im Gegensatz zum Zahlenkörper §$\rm GF(3) = \{0, 1, 2\}$ mit der Eigenschaft, dass $q = 3$ eine Primzahl ist, nennt man $\rm GF(2^2)$ einen Erweiterungskörper (englisch: Extension Field).


Reduzible und irreduzible Polynome


Das Polynom $p(\alpha)$ und damit die Bestimmungsgleichung $p(\alpha) = 0$ darf nicht beliebig vorgegeben werden. Das auf der letzten Seite verwendete Polynom $p(\alpha)= \alpha^2 + \alpha + 1$ war geeignet. Nun versuchen wir es mit einem anderen Polynom, nämlich $p(\alpha)= \alpha^2 + 1$.

$$ \begin{array}{c} {\rm modulo}\hspace{0.15cm}{\it p}(\alpha)= \alpha^2 + 1\\ \end{array}\hspace{0.25cm} \Rightarrow\hspace{0.25cm} \left[ \begin{array}{c|cccccc} + & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \hline 0 & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ 1 & 1 & 0 & 1\!+\!\alpha & \alpha \\ \alpha & \alpha & 1\!+\!\alpha & 0 & 1 \\ 1\!+\!\alpha & 1\!+\!\alpha & \alpha & 1 & 0 \end{array} \right] \hspace{-0.1cm} ,\hspace{0.5cm} \left[ \begin{array}{c|cccccc} \cdot & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \hline 0 & 0 & 0 & 0 & 0 \\ 1 & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \alpha & 0 & \alpha & 1 &1\!+\!\alpha \\ 1\!+\!\alpha & 0 & 1\!+\!\alpha & 1\!+\!\alpha & 0 \end{array} \right] .$$

Die Additionstabelle ist in beiden Fällen identisch und auch die Multiplikationstabellen unterscheiden sich nur durch die vier Einträge in den beiden unteren Zeilen und den beiden hinteren Spalten:

  • Aus $p(\alpha) = 0$ folgt nun für das Produkt $\alpha \cdot \alpha = 1$ und das Produkt $(1 +\alpha) \cdot (1 +\alpha) $ ergibt das Nullelement. Das gemischte Produkt $\alpha \cdot (1 +\alpha) = (1 +\alpha) $.
  • In der letzten Zeile der Multipliaktionstabelle und auch in der letzten Spalte steht nun keine „$1$” ⇒ Hinsichtlich der Bedingung $p(\alpha)= \alpha^2 + 1= 0$ existiert die multiplikative Inverse zu $1 +\alpha$ nicht.
  • Damit erfüllt aber die endliche Menge $\{0, 1, \alpha, 1 + \alpha\}$ zusammen mit Rechenoperationen modulo $p(\alpha)= \alpha^2 + 1$ auch nicht die Voraussetzungen eines Erweiterungskörpers $\rm GF(2^2) $.

$\text{Fassen wir zusammen:}$  Aus dem binären Galoisfeld $\rm GF(2) = \{0, 1\}$ lässt sich unter Zuhilfenahme eines Polynoms vom Grad $m = 2$ mit binären Koeffizienten,

\[p(x) = x^2 + k_1 \cdot x + k_0 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.45cm}k_0\hspace{0.05cm},\hspace{0.1cm}k_1 \in \{0, 1\} \hspace{0.05cm},\]

ein Erweiterungskörper $\rm GF(2^2)$ formulieren. Anmerkung: Die Umbenennung der Funktionsvariablen $\alpha$ in $x$ hat nur formale Bedeutung im Hinblick auf spätere Seiten.

  • Im vorliegenden Fall gibt es nur ein geeignetes Polynom $p_1(x)= x^2 + x 1$. Alle anderen möglichen Polynome vom Grad $m = 2$, nämlich
\[p_2(x) = x^2 + 1 \hspace{0.06cm} = (x+1) \cdot (x+1)\hspace{0.05cm},\]
\[p_3(x) =x^2 \hspace{0.76cm} = x \cdot x \hspace{0.05cm},\]
\[p_4(x) = x^2 + x = (x+1) \cdot x\hspace{0.05cm}, \]

lassen sich faktorisieren und ergeben keinen Erweiterungskörper.

  • Man nennt die Polynome $p_2(x)$, $p_3(x)$ und $p_4(x)$ reduzibel. Der Schluss liegt nahe, dass für einen Erweiterungskörper nur irreduzible Polynome wie $p_1(x)$ geeignet sind.



Interpretation des neuen Elementes $\alpha$


Wir betrachten weiterhin den Körper ${\rm GF}(2^2) = \{0, 1, \alpha, 1 + \alpha\}$ entsprechend den beiden folgenden Operationstabellen, basierend auf der Nebenbedingung $p(\alpha)= \alpha^2 + \alpha + 1 = 0$ (irreduzibles Ploynom):

$$ \begin{array}{c} {\rm modulo}\hspace{0.15cm} p(\alpha)= \alpha^2 + \alpha + 1\\ \end{array}\hspace{0.25cm} \Rightarrow\hspace{0.25cm} \left[ \begin{array}{c|cccccc} + & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \hline 0 & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ 1 & 1 & 0 & 1\!+\!\alpha & \alpha \\ \alpha & \alpha & 1\!+\!\alpha & 0 & 1 \\ 1\!+\!\alpha & 1\!+\!\alpha & \alpha & 1 & 0 \end{array} \right] \hspace{-0.1cm} ,\hspace{0.5cm} \left[ \begin{array}{c|cccccc} \cdot & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \hline 0 & 0 & 0 & 0 & 0 \\ 1 & 0 & 1 & \alpha & 1\!+\!\alpha \\ \alpha & 0 & \alpha & 1\!+\!\alpha & 1 \\ 1\!+\!\alpha & 0 & 1\!+\!\alpha & 1 & \alpha \end{array} \right] .$$


Welche Bedeutung hat aber nun das neue Element $\alpha$?

Übergang von GF(2) zu GF(22)
  • Das Polynom $p(\alpha)= \alpha^2 + \alpha + 1 $ hat keine Nullstelle in ${\rm GF}(2) = \{0, 1\}$. Das bedeutet weiter, dass $\alpha$ weder $0$ noch $1$ sein kann.
  • Wäre $\alpha= 0$ bzw. $\alpha= 1$, so wären zudem zwei der vier Mengenelemente $\{0, 1, \alpha, 1 + \alpha\}$jeweils identisch. Entweder „$0$” und „$\alpha$” sowie „$1$” und „$1+\alpha$” oder „$1$” und „$\alpha$” sowie „$0$” und „$1+\alpha$”.
  • Vielmehr erhält der eindimensionale Körper ${\rm GF}(2)$ durch die Einführung des Elementes $\alpha$ eine zweite Dimension. Er wird also zum Galoisfeld ${\rm GF}(2^2)$ erweitert, wie die nebenstehende Grafik zeigt.
  • Das Element $\alpha$ hat ähnliche Bedeutung wie die imaginäre Einheit ${\rm j}$, durch die man die Menge der reellen Zahlen unter der Nebenbedingung ${\rm j}^2 + 1 = 0$ zur Menge der komplexen Zahlen erweitert.


$\text{Übliche Darstellung des binären Erweiterungskörpers}\ {\rm GF}(2^2)\text{:}$

Aufgrund der Identität $\alpha^2 = 1 + \alpha$, die aus der Nebenbedingung $p(\alpha) = 0$ folgt, kann man in gleicher Weise ${\rm GF}(2^2) = \{0, 1, \alpha, \alpha^2\}$schreiben, wobei nun folgende Operationstabellen gelten:

$$ \begin{array}{c} {\rm modulo}\hspace{0.15cm} p(\alpha)= \alpha^2 + \alpha + 1\\ \end{array}\hspace{0.25cm} \Rightarrow\hspace{0.25cm} \left[ \begin{array}{c | cccccc} + & 0 & 1 & \alpha & \alpha^2 \\ \hline 0 & 0 & 1 & \alpha & \alpha^2 \\ 1 & 1 & 0 & \alpha^2 & \alpha \\ \alpha & \alpha & \alpha^2 & 0 & 1 \\ \alpha^2 & \alpha^2 & \alpha & 1 & 0 \end{array} \right] \hspace{-0.1cm} ,\hspace{0.5cm} \left[ \begin{array}{c | cccccc} \cdot & 0 & 1 & \alpha & \alpha^2 \\ \hline 0 & 0 & 0 & 0 & 0 \\ 1 & 0 & 1 & \alpha & \alpha^2 \\ \alpha & 0 & \alpha &\alpha^2 & 1 \\ \alpha^2 & 0 & \alpha^2 & 1 & \alpha \end{array} \right] .$$


Polynome über einem endlichen Körper


$\text{Definition:}$  Ein Polynom in einem endlichen Körper ${\rm GF}(P)$, wobei $P$ eine Primzahl angibt, hat folgende Form:

\[a(x) = \sum_{i = 0}^{m} a_i \cdot x^{i} = a_0 + a_1 \cdot x + a_2 \cdot x^2 + \hspace{0.1cm}... \hspace{0.1cm} + a_m \cdot x^{m} \hspace{0.05cm}.\]

Anzumerken ist:

  • Alle Koeffizienten $a_i $ sind Elemente des Körpers:   $a_i \in {\rm GF}(P)$.
  • Ist der führende Koeffizient $a_m ≠ 0$, so gibt $m$ den Grad des Polynoms an.


Betrachten wir ein dazu zweites Polynom mit Grad $M$,

\[b(x) = \sum_{i = 0}^{M} b_i \cdot x^{i} = b_0 + b_1 \cdot x + b_2 \cdot x^2 + \hspace{0.1cm}... \hspace{0.1cm} + b_M \cdot x^{M} \hspace{0.05cm},\]

so erhält man für die Summe (bzw. Differenz) und das Produkt jeweils in ${\rm GF}(P)$:

\[a(x) \pm b(x) = \sum_{i = 0}^{{\rm max}\hspace{0.05cm}(m, \hspace{0.05cm}M)} \hspace{0.15cm}(a_i \pm b_i) \cdot x^{i} \hspace{0.05cm},\]
\[a(x) \cdot b(x) = \sum_{i = 0}^{m + M} \hspace{0.15cm}c_i \cdot x^{i}\hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} c_i = \sum_{j = 0}^{i}\hspace{0.15cm}a_j \cdot b_{i-j} \hspace{0.05cm}.\]

$\text{Beispiel 1:}$  Es gelte $a(x) = x^3 + x + 1$ und $b(x) = x^2 + x + 1$. Im binären Galoisfeld   ⇒   ${\rm GF}(2)$ ergibt sich nach den obigen Gleichungen für die Summe, die Differenz und das Produkt der beiden Polynome:

\[s(x) = a(x) + b(x) = x^3 + x^2 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.5cm} d(x) = a(x) - b(x) = x^3 + x^2 = s(x)\hspace{0.05cm},\]
\[c(x) = a(x) \cdot b(x) =\sum_{i = 0}^{3 + 2} \hspace{0.15cm}c_i \cdot x^{i}\hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} c_i = \sum_{j = 0}^{i}\hspace{0.15cm}a_j \cdot b_{i-j} \hspace{0.05cm}.\]

Mit $a_0 = a_1 = a_3 = b_0 = b_1 =b_2 = 1$ und $a_2 = a_4 = a_5 = b_3 = b_4 =b_5 = 0$ erhält man:

\[c_0 = a_0 \cdot b_0 = 1 \cdot 1 = 1 \hspace{0.05cm},\]
\[c_1 = a_0 \cdot b_1 + a_1 \cdot b_0 = 1 \cdot 1 + 1 \cdot 1 = 0 \hspace{0.05cm},\]
\[c_2 =a_0 \cdot b_2 + a_1 \cdot b_1 + a_2 \cdot b_0 = 1 \cdot 1 + 1 \cdot 1 + 0 \cdot 1 = 0 \hspace{0.05cm},\]
\[c_3 = a_0 \cdot b_3 + a_1 \cdot b_2 + a_2 \cdot b_1 + a_3 \cdot b_0 = 1 \cdot 0 + 1 \cdot 1 + 0 \cdot 1 + 1 \cdot 1 = 0 \hspace{0.05cm},\]
\[c_4=a_0 \cdot b_4 + a_1 \cdot b_3 + \hspace{0.05cm}...+ \hspace{0.05cm}a_4 \cdot b_0 =1 \cdot 0 + 1 \cdot 0 + 0 \cdot 1 + 1 \cdot 1 + 0 \cdot 1 = 1 \hspace{0.05cm},\]
\[c_5 = a_0 \cdot b_5 + a_1 \cdot b_4 + \hspace{0.05cm}...+ \hspace{0.05cm} a_5 \cdot b_0 =1 \cdot 0 + 1 \cdot 0 + 0 \cdot 0 + 1 \cdot 1 + 0 \cdot 1 + 0 \cdot 1= 1 \]
\[\Rightarrow \hspace{0.3cm} c(x) = x^5 + x^4 +1 \hspace{0.05cm}.\]

Im Galoisfeld ${\rm GF}(3)$ erhält man aufgrund der Modulo–3–Operationen andere Ergebnisse:

\[s(x) = (x^3 + x + 1) + (x^2 + x + 1) = x^3 + x^2 + 2x + 2\hspace{0.05cm},\]
\[d(x) = (x^3 + x + 1) - (x^2 + x + 1) = x^3 + 2x^2 \hspace{0.05cm},\]
\[c(x) = (x^3 + x + 1) \cdot (x^2 + x + 1) = x^5 + x^4 + 2x^3 + 2x^2 + 2x +1\hspace{0.05cm}.\]


$\text{Definition:}$  Ein Polynom $a(x)$ bezeichnet man als reduzibel (englisch: reducible), wenn es als Produkt zweier Polynome $p(x)$ und $q(x)$ mit jeweils niedrigerem Grad dargestellt werden kann:

\[a(x) = p(x) \cdot q(x) \hspace{0.05cm}.\]

Ist diese Faktorisierung nicht möglich, das heißt, wenn

\[a(x) = p(x) \cdot q(x) + r(x)\hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} r(x) \ne 0\]

gilt, so spricht man von einem irreduziblen (englisch: irreducible oder prime) Polynom.


$\text{Beispiel 2:}$  Es gelte $b(x) = x^3 + x + 1$, $p_1(x) = x^2 + x + 1$ und $p_2(x) = x^2 + 1$. Die Grafik verdeutlicht links die Modulo–2–Multiplikation $a(x)= b(x) \cdot p_1(x)$. Das Ergebnis ist $a(x) = x^5 + x^4 + 1$.

Beispiel für Polynom–Multiplikation und –Division

Im rechten Teil der obigen Grafik ist die Modulo–2–Division $q(x)= a(x)/ p_2(x)$ mit dem Ergebnis $q(x) = x^3 + x^2 + x + 1$ dargestellt. Es verbleibt der Rest $r(x) = x$. Allein nach dieser Rechnung könnte $a(x) = x^5 + x^4 + 1$ durchaus ein irreduzibles Polynom sein.

Der Nachweis, dass das Polynom $a(x) = x^5 + x^4 + 1$ tatsächlich irreduzibel ist, wäre allerdings erst dann erbracht, wenn $a(x)/p(x)$ für alle

\[p(x) = \sum_{i = 0}^{m} a_i \cdot x^{i} = a_m \cdot x^{m} + a_{m-1} \cdot x^{m-1} + \hspace{0.1cm}... \hspace{0.1cm}+ a_2 \cdot x^2 + a_1 \cdot x + a_0 \hspace{0.05cm}\]

einen Rest $r(x) ≠ 0$ liefert. Dies würde im vorliegenden Beispiel (nahezu) $2^5 = 32$ Divisionen erfordern.

Aufgrund unserer linken Berechnung können wir hier sofort erkennen, dass $a(x)$ mit Sicherheit kein irreduzibles Polynom ist, da zum Beispiel $a(x) = x^5 + x^4 + 1$ dividiert durch $p_1(x) = x^2 + x + 1$ das Polynom $b(x) = x^3 + x + 1$ ohne Rest ergibt.


Verallgemeinerte Definition eines Erweiterungskörpers


Wir gehen von folgenden Voraussetzungen aus:

  • einem Galoisfeld ${\rm GF}(P)$, wobei $P$ eine Primzahl angibt,
  • einem irreduziblen Polynom $p(x)$ über ${\rm GF}(P)$ mit dem Grad $m$:
\[p(x) = a_m \cdot x^{m} + a_{m-1} \cdot x^{m-1} + \hspace{0.1cm}... \hspace{0.1cm}+ a_2 \cdot x^2 + a_1 \cdot x + a_0 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm} a_i \in {\rm G}(P)\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm}a_m \ne 0\hspace{0.05cm}. \]

Mit den genannten Voraussetzungen gilt allgemein:

$\text{Definition:}$  Es sei $P$ eine Primzahl, $m$ ganzzahlig, $p(x)$ ein irreduzibles Polynom vom Grad $m$ und es gelte $p(\alpha) = 0$. Ein Erweiterungskörper lässt sich dann wie folgt beschreiben.

\[{\rm GF}(P^m)= \Big\{ k_{m-1} \hspace{0.01cm}\cdot \hspace{0.02cm}\alpha^{m-1} \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm}\text{...} \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm}k_1 \hspace{0.01cm}\cdot \hspace{0.02cm} \alpha \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm} k_0\hspace{0.05cm} \Big{\vert}\hspace{0.02cm} \ k_i\in{\rm GF}(P) = \{ 0, 1, \hspace{0.05cm}\text{...} \hspace{0.05cm}, P-1\}\Big \}\]
  • Die Addition und Multiplikation in diesem Erweiterungskörper entspricht dann der Polynomaddition und Polynommultiplikation modulo $p(\alpha)$.
  • Ein Galoisfeld ${\rm GF}(q)$ mit $q$ Elementen lässt sich also immer dann angeben, wenn die Elementenanzahl in der Form $q = P^m$ geschrieben werden kann ($P$ kennzeichnet eine Primzahl, $m$ sei ganzzahlig).


Die Grafik zeigt, für welche $q$–Werte sich jeweils ein Galoisfeld konstruieren lässt. Für die schraffiert eingezeichneten Werte ist kein endlicher Körper angebbar. Weiter ist anzumerken:

  • Die gelb hinterlegten Positionen $q=P$   ⇒   $m = 1$ markieren Zahlenmengen $\{0, 1,\text{ ...} , q- 1\}$ mit Galoiseigenschaften, siehe Seite Definition eines Galoisfeldes.
  • Die anderen farblich hinterlegten Positionen markieren Erweiterungskörper mit $q=P^m$, $m ≥ 2$. Für $q ≤ 64$ basieren diese auf den Primzahlen $2$, $3$, $5$ und $7$.
  • Mit roter Schrift hervorgehoben sind binäre Körper   ⇒   $q=2^m$, $m ≥ 1$, die auf der nächsten Seite noch genauer betrachtet werden. Alle anderen Erweiterungskörper sind blau beschriftet.
Mögliche Galoisfelder GF(q), q ≤ 64


Binäre Erweiterungskörper – Primitive Polynome


Im Folgenden betrachten wir binäre Erweiterungskörper mit

\[q = 2^m \hspace{0.15cm}(m \ge 2) \hspace{0.3cm} \Rightarrow\hspace{0.3cm} q = 4, 8, 16, 32, 64, \text{...}\]

Elementen. In der Tabelle sind für $2 ≤ m ≤ 6$ alle irreduziblen Polynome des Galoisfeldes ${\rm GF}(2)$ angegeben. Die Polynome in Spalte 2 und 3 sind nicht nur irreduzibel, sondern zusätzlich auch primitiv.

Hinweis: Primitive Polynome liefern auch die Grundlage für die Realisierung von Pseudo–Noise–Generatoren.

Irreduzible und primitive Polynome

Bevor wir uns der Definition eines primitiven Polynoms zuwenden, sollen zunächst die Besonderheiten solcher primitiver Elemente am Beispiel von

\[{\rm GF}(q) = \{\hspace{0.05cm}z_0 = 0,\hspace{0.1cm} z_1 = 1,\hspace{0.1cm} ... , \hspace{0.05cm}z_{q-1}\}\]

genannt werden. Das Element $z_i = \beta$ wird dann als primitiv bezeichnet,

  • wenn die Potenz $\beta^{i}$ modulo $q$ zum ersten Mal für $i = q-1$ das Ergebnis „$1$” liefert, so dass
  • $\beta^{i}$ für $1 ≤ i ≤ q- 1$ genau die Elemente $z_1$, ... , $z_{q-1}$ liefert, also alle Elemente von ${\rm GF}(q)$ mit Ausnahme des Nullelementes $z_0 = 0$.


$\text{Beispiel 3:}$  Von der Zahlenmenge $Z_5 = \{0, 1, 2, 3, 4\}$ sind „$2$” und „$3$” primitive Elemente wegen

\[2^1 \hspace{-0.1cm} = \hspace{-0.1cm} 2\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 2^2 = 4\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 2^3 = 8 \hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 3\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 2^4 = 16 \hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 1\hspace{0.05cm},\]
\[3^1 \hspace{-0.1cm} = \hspace{-0.1cm} 3\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 3^2 = 9\hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 4\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 3^3 = 27 \hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 2\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 3^4 = 81 \hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 1\]
  • Dagegen ist „$4$” kein primitives Element, weil bereits $4^2 = 1$ ist:
\[4^1 = 4\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 4^2 = 16 \hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 1\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 4^3 = 64 \hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 4\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm} 4^4 = 256 \hspace{0.1cm}{\rm mod} \hspace{0.1cm} 5 = 1\hspace{0.05cm}.\]


$\text{Definition:}$  Ein irreduzibles Polynom bezeichnet man gleichzeitig als ein primitives Polynom, wenn die Wurzel $\alpha$ bezüglich des Polynoms $p(x)$ ein primitives Element von ${\rm GF}(q)$ ist. Dann gilt

\[{\rm GF}(q) = \{\hspace{0.1cm}\alpha^{-\infty} = 0\hspace{0.05cm},\hspace{0.1cm} \alpha^{0} = 1,\hspace{0.05cm}\hspace{0.1cm} \alpha\hspace{0.05cm},\hspace{0.1cm} \alpha^{2},\hspace{0.1cm} ... \hspace{0.1cm} , \hspace{0.1cm}\alpha^{q-2}\hspace{0.1cm}\}\hspace{0.05cm}. \]


  • Alle in Spalte 2 der obigen Tabelle angegebenen Polynome sind sowohl irreduzibel als auch primitiv. Ist $p_1(x)$ ein primitives Polynom, so ist auch das dazu reziproke Polynom $p_2 (x) = x^m \cdot p_1(x^{-1})$ primitiv.
  • Alle Polynome in Spalte 3 sind reziprok zum Polynom in Spalte 2. Beispielsweise gilt für $m = 3$:
\[p_1(x) = x^3 + x + 1 \hspace{0.3cm} \Rightarrow\hspace{0.3cm}p_2(x) = x^3 \cdot [x^{-3} + x^{-1} + 1 ]= x^3 + x^2 + 1 \hspace{0.05cm}.\]
  • Die irreduziblen Polynome der Spalte 4 sind dagegen nicht primitiv; sie spielen nur eine untergeordnete Rolle zur Beschreibung von Fehlerkorrekturverfahren.


$\text{Beispiel 4:}$  Zur Verdeutlichung dieser Aussagen betrachten wir beispielhaft

  • das Galoisfeld $\rm GF(2^3) = GF(8)$, sowie
  • das Polynom $p(x) = x^3 + x + 1$.

Aus der Bedingung $p(\alpha) = 0$ erhält man in $\rm GF(2^3)$ weiter:

\[\alpha^3 + \alpha + 1 = 0 \hspace{0.3cm} \Rightarrow\hspace{0.3cm}\alpha^3 = \alpha + 1 \hspace{0.05cm},\]

und damit für die Potenzen $\alphaî$ der Wurzel für $i ≥ 4$:

\[\alpha^4 = \alpha \cdot \alpha^3 = \alpha \cdot (\alpha + 1) = \alpha^2 + \alpha \hspace{0.05cm},\]
\[\alpha^5 = \alpha^2 \cdot \alpha^3 = \alpha^2 \cdot (\alpha + 1) = \alpha^3 + \alpha^2 = \alpha^2 + \alpha + 1 \hspace{0.05cm},\]
\[\alpha^6 = \alpha^3 \cdot \alpha^3 = (\alpha + 1) \cdot (\alpha + 1) = \alpha^2 + \alpha + \alpha + 1= \alpha^2 + 1 \hspace{0.05cm},\]
\[\alpha^7 = \alpha^4 \cdot \alpha^3 = (\alpha^2 + \alpha) \cdot (\alpha + 1) = \alpha^3 + \alpha^2 + \alpha^2 + \alpha = \alpha + 1 + \alpha = 1 = \alpha^0 \hspace{0.05cm}.\]


$\text{Beispiel 5:}$  Die Elemente $z_0$, $z_1$, ... , $z_7$ des Galoisfeldes $\rm GF(2^3)$ lassen sich entsprechend der nebenstehenden Tabelle wie folgt darstellen:

Elemente von GF(23) in drei verschiedenen Darstellungen
  • als Potenzen von $\alpha$   ⇒   Exponentendarstellung,
  • als Polynome der Form $k_2 \cdot \alpha^2 + k_1 \cdot \alpha + k_0$ mit binären Koeffizienten $k_2$, $k_1$, $k_0$ (jeweils $0$ oder $1$)   ⇒   Polynomdarstellung,
  • als Vektoren der Koeffizienten $(k_2, \ k_1, \ k_0)$   ⇒   Koeffizientendarstellung.

Für Addition (oder Subtraktion) zweier Elemente eignen sich Polynom– und Vektordarstellung gleichermaßen, wobei die Komponenten modulo 2 zu addieren sind, zum Beispiel:

\[z_5 + z_7 =(\alpha^2 + \alpha) + (\alpha^2 + 1) = \alpha + 1 = \alpha^3 = z_4 \hspace{0.05cm},\]
\[{\rm oder}\hspace{0.15cm} z_5 + z_7 =(110) + (101) = (011) = z_4 \hspace{0.05cm},\]
\[\hspace{0.15cm} z_1 + z_2 + z_3 =(001) + (010) + (100)= (111) = z_6 \hspace{0.05cm}.\]

Für Multiplikationen ist die Exponentendarstellung gut geeignet, wie folgende Beispiele zeigen:

GF(23) in 3D–Darstellung
\[z_3 \cdot z_4 =\alpha^2 \cdot \alpha^3 = \alpha^{2+3}= \alpha^{5} = z_6 \hspace{0.05cm},\]
\[z_0 \cdot z_5 =\alpha^{-\infty} \cdot \alpha^4 = \alpha^{-\infty} = z_0 \hspace{0.05cm},\]
\[z_5 \cdot z_7 = \alpha^4 \cdot \alpha^6 = \alpha^{10}= \alpha^{7} \cdot \alpha^{3} = 1 \cdot \alpha^{3}= z_4 \hspace{0.05cm}.\]

Man erkennt, dass sich die Exponenten modulo $q-1$ ergeben (im Beispiel modulo $7$).

Die Grafik zeigt den endlichen Erweiterungskörper $\rm GF(2^3)$ in einer 3D–Darstellung:

  • Die Achsen sind mit $\alpha^0 =1$, $\alpha^1$ und $\alpha^2$ bezeichnet.
  • Die $2^3 = 8$ Punkte im dreidimensionalen Raum sind mit den Koeffizientenvektoren beschriftet.
  • Die Zuordnung der einzelnen Koeffizienten $k_2$, $k_1$, $k_0$ zu den Achsen ist farblich deutlich gemacht.


Aufgaben zum Kapitel


Aufgabe 2.3: Reduzible und irreduzible Polynome

Aufgabe 2.3Z: Polynomdivision

Aufgabe 2.4: GF(2 hoch 2)–Darstellungsformen

Aufgabe 2.4Z: Endliche und unendliche Körper

Aufgabe 2.5: Drei Varianten von GF(2 hoch 4)

Aufgabe 2.5Z: Einige Berechnungen über GF(2 hoch 3)

Aufgabe 2.6: GF(P hoch m). Welches P, welches m?