Beispiele von Nachrichtensystemen/Allgemeine Beschreibung von DSL: Unterschied zwischen den Versionen

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==Motivation für xDSL==   
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Die verschiedenen Varianten von &nbsp;$\rm xDSL$&nbsp; – ''Digital Subscriber Line'' entstanden aus dem Bedarf, dem Endkunden einen kostengünstigen hochratigen digitalen Datenzugang bereitzustellen. Bei der Konzipierung war zu beachten:
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$\rm DSL$&nbsp; $($"Digital Subscriber Line"$)$&nbsp; entstand aus dem Bedarf,&nbsp; '''dem Endkunden einen kostengünstigen hochratigen digitalen Datenzugang bereitzustellen'''.&nbsp;
*Die so genannte&nbsp; ''Last Mile''&nbsp; – der letzte Leitungsabschnitt, der zum Teilnehmerhaushalt führt und als &nbsp;'''Teilnehmeranschlussleitung'''&nbsp; (TAL) bezeichnet wird – stellt den größten Kostenfaktor in einem Kommunikationsnetz dar, da sich im TAL–Bereich das Netz maximal verzweigt.
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*Überlegungen, im Teilnehmeranschlussnetz die geschätzten 130 Millionen Kilometer an Kupfer–Doppeladern durch&nbsp; '''Glasfaserleitungen''&nbsp;' zu ersetzen (''Fiber–to–the–Home'', FttH), scheiterten bis heute an den enormen Kosten der meist unterirdischen Verlegungsarbeiten.
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Bei der Konzipierung war zu beachten:
*Eine praktikable Lösung war, durch die Nutzung des bestehenden Telefonleitungsnetzes und durch geschickte Kombination verschiedener Nachrichtenübermittlungstechniken und Codierverfahren einen Breitbandanschluss anzubieten mit etwas niedrigeren Datenraten als in einem Glasfasernetz.
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*Wie im letzten Abschnitt ausgeführt,&nbsp; stellt die Teilnehmeranschlussleitung&nbsp; $\rm (TAL)$&nbsp; den größten Kostenfaktor in einem Kommunikationsnetz dar.
*Der Telefondienst entweder analog oder digital (ISDN) sollte gleichzeitig im gleichen Netz betrieben werden können.
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*Überlegungen,&nbsp; im Teilnehmeranschlussnetz die geschätzten 130 Millionen Kilometer an Kupfer–Doppeladern durch&nbsp; Glasfaserleitungen&nbsp; zu ersetzen&nbsp $($"Fiber–to–the–Home",&nbsp; $\rm FttH)$,&nbsp; scheiterten bis heute an den enormen Kosten der meist unterirdischen Verlegungsarbeiten.
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*Eine praktikable Lösung war,&nbsp; durch die Nutzung des bestehenden Telefonleitungsnetzes und durch geschickte Kombination verschiedener Nachrichtenübermittlungstechniken und Codierverfahren einen Breitbandanschluss anzubieten mit etwas niedrigeren Datenraten als in einem Glasfasernetz.
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*Der Telefondienst &ndash; entweder analog oder digital&nbsp; $\rm (ISDN)$&nbsp; &ndash; sollte gleichzeitig im gleichen Netz betrieben werden können.
  
  

Aktuelle Version vom 5. März 2023, 18:17 Uhr

# ÜBERBLICK ZUM ZWEITEN HAUPTKAPITEL #


$\rm D$igital $\rm S$ubscriber $\rm L$ine – kurz  $\rm DSL$ – heißt wörtlich „Digitale Teilnehmeranschlussleitung”. Gleichzeitig war „DSL” ein Synonym für Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge im Teilnehmeranschlussbereich zum Endkunden, wobei „Hochgeschwindigkeit” heute (2018) zu relativieren ist. Im Folgenden werden wir vorwiegend den in der Industrie verwendeten Begriff  $\rm xDSL$  für die Hochgeschwindigkeitszugänge verwenden, wobei „$\rm x$” als Platzhalter für das spezifische Verfahren zu verstehen ist, zum Beispiel $\rm H$DSL, $\rm A$DSL und $\rm V$DSL.

xDSL wurde maßgeblich von den Normungsgremien  ANSI  (USA) und  ETSI  (Europa) sowie der  ITU  (weltweit) standardisiert. Aufgrund unterschiedlicher, bereits bestehender technischer Gegebenheiten und Präferenzen von Entwicklern und Betreibern ergab sich eine große Vielfalt national unterschiedlicher Ausführungen nominal gleichlautender xDSL-Standards. Wir werden uns im Folgenden vorwiegend auf die deutschen xDSL-Ausführungen beschränken.

Dieses Kapitel beinhaltet im Einzelnen:

  • einen Überblick der historischen Entwicklung und Standardisierung von xDSL,
  • die Unterschiede zwischen ADSL und VDSL sowie Statistiken über deren Verbreitung,
  • eine kurze Beschreibung von xDSL aus Kommunikationsprotokollsicht,
  • die Bandbreitenbelegungen bei den beiden xDSL–Varianten ADSL und VDSL,
  • eine detaillierte Beschreibung der DSL–Übertragungsverfahren QAM, CAP und DMT,
  • die Probleme bei der Digitalsignalübertragung über Kupfer–Doppeladern allgemein,
  • der Zusammenhang zwischen SNR, Reichweite und Übertragungsrate,
  • die eingesetzten Fehlerkorrekturmaßnahmen zur Senkung der Bitfehlerrate.


Motivation für DSL


$\rm DSL$  $($"Digital Subscriber Line"$)$  entstand aus dem Bedarf,  dem Endkunden einen kostengünstigen hochratigen digitalen Datenzugang bereitzustellen

Bei der Konzipierung war zu beachten:

  • Wie im letzten Abschnitt ausgeführt,  stellt die Teilnehmeranschlussleitung  $\rm (TAL)$  den größten Kostenfaktor in einem Kommunikationsnetz dar.
  • Überlegungen,  im Teilnehmeranschlussnetz die geschätzten 130 Millionen Kilometer an Kupfer–Doppeladern durch  Glasfaserleitungen  zu ersetzen&nbsp $($"Fiber–to–the–Home",  $\rm FttH)$,  scheiterten bis heute an den enormen Kosten der meist unterirdischen Verlegungsarbeiten.
  • Eine praktikable Lösung war,  durch die Nutzung des bestehenden Telefonleitungsnetzes und durch geschickte Kombination verschiedener Nachrichtenübermittlungstechniken und Codierverfahren einen Breitbandanschluss anzubieten mit etwas niedrigeren Datenraten als in einem Glasfasernetz.
  • Der Telefondienst – entweder analog oder digital  $\rm (ISDN)$  – sollte gleichzeitig im gleichen Netz betrieben werden können.


Teilnehmeranschlussbereich eines Telekommunikationsnetzes

$\text{Beispiel 1:}$  Die Grafik zeigt den Teilnehmeranschlussbereich (TAL)

  • zwischen Ortsvermittlungsstelle (OVSt)
  • und Endkunden (EVZ).


Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Last Mile”.



xDSL–Arten und –Begriffe


Bevor wir uns der historischen Entwicklung von DSL bis zum heutigen Stand zuwenden, müssen zuerst die verschiedenen xDSL–Arten definiert und einige Begriffe erklärt werden. Die technischen Merkmale werden in den nächsten Kapiteln in der Tiefe behandelt.

  • $\text{ADSL}$  – Asymmetric Digital Subscriber Line:
    Asymmetrische Datenübertragungstechnik mit Datenübertragungsraten von 8 Mbit/s zum Teilnehmer (Downstream) und 1 Mbit/s in der Gegenrichtung (Upstream).
  • $\text{ADSL2}$  und  $\text{ADSL2+}$:
    Erweiterungen von ADSL mit Datenraten bis 25 Mbit/s zum Teilnehmer und bis 1 Mbit/s im Upstream. Die Datenrate wird je nach Kanalzustand dynamisch ausgehandelt.
  • $\text{Re-ADSL2}$:
    Eine weitere Erweiterung von ADSL mit etwa 30% Reichweitengewinn bei einer Datenrate von 768 kbit/s im Downstream.
  • $\text{HDSL}$  – High Data Rate Digital Subscriber Line:
    Symmetrische Datenübertragungstechnik – also gleiche Raten in Down– und Upstream – mit Datenraten zwischen 1.54 Mbit/s und 2.04 Mbit/s.
    Anmerkung: Der Name „HDSL” suggeriert höhere Datenraten als ADSL; dem ist aber nicht so.
  • $\text{SDSL}$  – Symmetric Digital Subscriber Line:
    Symmetrische Datenübertragung mit Raten bis zu 3 Mbit/s. Bei vieradriger Beschaltung (zwei Kupfer-Doppeladern) können maximal 4 Mbit/s übertragen werden. Alternativ kann man auch die Reichweite auf Kosten der Bandbreite erhöhen.
  • $\text{VDSL}$  – Very High Data Rate Digital Subscriber Line:
    Eine neuere, auf QAM basierende Übertragungstechnik, die in der asymmetrischen Variante mit Bitraten von 25 bis 50 Mbit/s im Downstream und von 5 bis 10 Mbit/s im Upstream arbeitet. Die symmetrische Variante weist im Upstream und Downstream gleiche Datenübertragungsraten auf.
  • $\text{VDSL2}$  – Very High Data Rate Digital Subscriber Line 2:
    Übertragungstechnologie mit der derzeit (2009) größten Gesamtdatenrate von bis zu 200 Mbit/s. Das Verfahren basiert auf DMT (Discrete Multitone Transmission).
  • $\text{UDSL}$  bzw.  $\text{UADSL}$  – Universal (Asymmetric) Digital Subscriber Line.


Unter „DSL” kursieren daneben auch viele Produkte, die nicht dem xDSL–Standard zuzuordnen sind. Oft sollen sie nur deutlich machen, dass es sich um einen schnellen Datenzugang handelt. Dazu gehören:

  • $\text{cableDSL}$: Markenname des deutschen Unternehmens TELES AG, das einen schnellen Internetzugang über Kabel anbietet. Der Name wurde nur aus Marketinggründen gewählt.
  • $\text{skyDSL}$:  Markenname für einen europaweit verfügbaren Internetzugang über Satelliten mit bis zu 24 Mbit/s im Downstream. Der Upstream erfolgt hier über POTS (Plain old telephone service) oder ISDN (Integrated Services Digital Network).
  • $\text{T-DSL via Satellit}$:  Markenname für einen Downstream–Internetzugang der Telekom über Satellit; verwendet zum Senden ein herkömmliches Modem oder eine ISDN–Verbindung.
  • $\text{WDSL}$  – Wireless Digital Subscriber Line:  Markenname eines deutschen Unternehmens, das mit Funktechnik in DSL–freien Gebieten Datenraten bis zu 108 Mbit/s ermöglicht.
  • $\text{mvoxSatellit}$:  Markenname eines Internetzugangs mit „WiMAX–ähnlicher Funktechnik”, der ebenso wie WDSL und PortableDSL nur ein Hilfskonstrukt für DSL–freie Gebiete darstellt.


Historische Entwicklung von xDSL – Standardisierungen


Schon in den 1970er Jahren wurde die Notwendigkeit digitaler Teilnehmeranschlüsse zur Verbesserung der Leitungsausnutzung und zur Erhöhung des Kundenkomforts erkannt. Nach der ISDN–Spezifikation Anfang der 1980er Jahre begann die eigentliche Entwicklung von DSL.

  • Diese Entwicklung wurde von den Erkenntnissen vieler weltweit angesiedelter Gruppen beeinflusst. Dementsprechend unstrukturiert verlief die Standardisierung. Aus der unteren Liste („Meilensteine”) wird deutlich, dass bei den verschiedenen Standards weltweit unterschiedliche Gremien federführend waren.
  • In der Industrie wichen die technischen Realisierungen der einzelnen xDSL–Standards von der Spezifikation oft merklich ab. So wurden manche Standards teilweise schon vor der Spezifikation als Projekte begonnen, da die Industrieparteien auch in den Gremien zur Standardisierung vertreten waren.


Industrielle xDSL–Entwicklung

Die Grafik veranschaulicht Zusammenhänge zwischen

  • Meilensteinen beim theoretischen und praktischen Entwurf von Übertragungssystemen,
  • parallel verlaufenden Fortschritten in der Halbleiterentwicklung, und der
  • Realisierung der einzelnen xDSL–Standards mit den entsprechenden Datenraten.


Hier dienbsp; Meilensteinenbsp; der DSL–Entwicklung in Kurzform:

  • 1986   Ein erstes Konzept für HDSL (High–bit–rate Digital Subscriber Line) wird von AT&T, Bell Laboratories und Bellcore definiert.
  • 1989   Erste HDSL–Prototypen erscheinen. # Bellcore arbeitet inzwischen an der konzeptionellen Definition von ADSL.
  • 1992   Im Februar erstmalige Veröffentlichung des ANSI Technical Report E1T1/92–002R1: „High Bit–rate Digital Subscriber Line – HDSL”. # Die ersten Prototypen für ADSL (Asymmetric Digital Subscriber Line) erscheinen.
  • 1994   Das VDSL–Konzept (Very–high–speed Digital Subscriber Line) wird erstmalig diskutiert.
  • 1995   Veröffentlichung des ETSI Technical Report ETR 152: „High–bit–rate Digital Subscriber Line (HDSL)” sowie „Transmission Systems on Metallic Local Lines”.
    # Erste Feldversuche mit ADSL in den USA. # Veröffentlichung des ADSL–Standards ANSI T1.413: „Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) Metallic Interface”.
  • 1996   Erstmalige Veröffentlichung des ETSI Technical Report ETR 328: „Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL)” sowie „Transmission and Multiplexing (TM)”.
  • 1998   Im April erstmalige Veröffentlichung der ETSI Technical Specification TS 101 270–1 V1.1.1: „Very–high–speed Digital Subscriber Line (VDSL)”.
    # Nahezu zeitgleich erstmalige Veröffentlichung des ANSI Draft Technical Document T1E1.4/98–043R1: „Very–high–speed Digital Subscriber Lines”. # Im Oktober erste Veröffentlichung der ITU–Empfehlung G.991.1: „High–bit–rate Digital Subscriber Line (HDSL) Transceivers”. # Nahezu zeitgleich Veröffentlichung der ETSI Technical Specification TS 101 135: „High–bit–rate Digital Subscriber Line (HDSL) – Transmission Systems on Metallic Local Lines”. # Im November Veröffentlichung der ETSI Technical Specification TS 101 388 V1.1.1: „Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) – European Specific Requirements”.
  • 1999   Im Juni Veröffentlichung der ITU–Empfehlungen G.992.1: „Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) Transceivers” und G.992.2: „Splitterless Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) Transceivers”. # Am 22.07. bietet die Deutsche Telekom AG erstmals ADSL in Deutschland an (T–DSL 768).
  • 2001   Im Februar Veröffentlichung der ITU–Empfehlung G.991.2: „Single–pair High–speed Digital Subscriber Line (SHDSL) Transceivers”.
    # Im November Veröffentlichung der ITU–Empfehlung G.993.1: Very–high–speed Digital Subscriber Line transceivers (VDSL).
  • 2002   Erstmalige Veröffentlichungen der ITU–Empfehlungen G.992.3: „Asymmetric Digital Subscriber Line Transceivers 2 (ADSL2)” sowie G.992.4: „Splitterless Asymmetric Digital Subscriber Line Transceivers 2 (splitterless ADSL2)” .
  • 2003   Erste Veröffentlichung der ITU–Empfehlung G.992.5: „Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) Transceivers – Extended-bandwidth ADSL2 (ADSL2+)” .
  • 2006   Im Februar Veröffentlichung der ITU–Empfehlung G.993.2: „Very–high–speed Digital Subscriber Line Transceivers 2 (VDSL2)”. # Im Oktober bietet die Deutsche Telekom AG erstmals für Endkunden in ausgewählten Städten VDSL2 an.


Europäische ADSL– und VDSL–Entwicklung


Aus der obigen Zusammenstellung erkennt man, dass die  ADSL–Standardisierung  vorwiegend von  ANSI  (American National Standards Institute) vorangetrieben wurde und dass jeweils kurz danach die ETSI (European Telecommunications Standards Institute) nachlegte:

  • Der erste ADSL–Standard  (ANSI T1.413)  aus dem Jahr 1995 war vorwiegend für Video–Abrufdienste optimiert, was auch durch das Verhältnis der hierin definierten Down– und Upstream–Datenraten deutlich wird:  1.5 Mbit/s und 16 kbit/s, 3 Mbit/s und 16 kbit/s, und schließlich 6 Mbit/s und 64 kbit/s.
  • Der Frequenzbereich war ursprünglich so festgelegt, dass man mit ADSL nur ein analoges Telefon auf der Anschlussleitung betreiben konnte. ETSI veröffentlichte 1996 einen technischen Report  (ETR 328)  mit nur wenigen Detailänderungen und der Möglichkeit, 2048 kbit/s zu übertragen.
  • Da die zweite Version des ANSI–Standards ebenfalls nur ein zusätzliches Analogtelefon zuließ, definierte die ETSI daraufhin ein ADSL–System, das sich sowohl in den Bitraten als auch in der Möglichkeit der Nutzung eines ISDN–Basisanschlusses auf der gleichen Doppelader unterschied.
  • Die ANSI– und ETSI–Standardisierungsbestrebungen der Vorjahre mündeten 1999 in die  ITU–Empfehlung G.992.1, die beide Standards beinhaltet und somit viele Möglichkeiten der Realisierung zulässt.


Die vielen Optionen führten allerdings Ende der 1990er Jahre zu großen konzeptionellen Unterschieden – weltweit, innereuropäisch und auch national, unter anderem abhängig vom Halbleiterhersteller. Nur wenige Systeme, Modems und Messgeräte interoperierten mit anderen Herstellern.

Um diesem Wildwuchs entgegenzuwirken, verabschiedete die Deutsche Telekom AG Ende 2001 die Technische Richtlinie  1TR112, in der alle nötigen Schnittstellenparameter festgelegt werden, um die Interoperabilität verschiedener Herstellermodems auf Anbieter– und Kundenseite zu gewährleisten. Durch die Marktmacht der Telekom wurde diese zum Quasi–Standard für Deutschland. Des Weiteren wurden in Deutschland auch nur solche ADSL–Varianten eingesetzt, die jederzeit einen gleichzeitigen Betrieb von ISDN ermöglichten. Somit musste beim Wechsel von POTS auf ISDN nicht auch noch die ADSL–Version gewechselt werden.


Die für Europa relevante  VDSL–Standardisierung  wurde maßgeblich von der ETSI geprägt und geschah oft parallel zu den amerikanischen Aktivitäten. Insgesamt lief die Standardisierung von VDSL geordneter ab als bei ADSL. Der von ETSI beschlossene 3–Stufen–Plan sah vor:

  • Stufe 1:  Funktionale und elektrische Anforderungen an VDSL–Systeme,
  • Stufe 2:  Anforderungen an die Übertragungscodierung und die Zugriffsmethoden,
  • Stufe 3:  Interoperabilitätsanforderungen.


Diese Anstrengungen mündeten im April 1998 in der Veröffentlichung der ETSI Technical Specification  TS 101 270-1, die als Modulationsverfahren sowohl  DMT  (Discrete Multitone Transmission) als auch  QAM  (Quadratur–Amplitudenmodulation) zuließ. Die Halbleiter–Hersteller konnten sich lange nicht auf einen weltweiten Leitungscode–Standard einigen und man sprach sogar vom VDSL Line-Code War. 2003 wurde bei den so genannten VDSL Olympics zugunsten von DMT und gegen QAM bzw. der leicht modifizierten Variante  CAP  (Carrierless Amplitude Phase Modulation) entschieden, und zwar

  • wegen der Robustheit von DMT gegenüber schmalbandigen Störquellen,
  • obwohl QAM (CAP) einen schnelleren Verbindungsaufbau ermöglichen würde.


Die rasante Entwicklung der DSL–Anschlüsse


Die folgenden sieben Statistiken sind heute sicher nicht mehr aussagekräftig. Sie belegen aber die enorme Entwicklung der DSL–Anschlüsse im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends.

Grafik 1: Entwicklung der Breitband– und Schmalbandanschlüssen in Deutschland
  • Anfang 2000 wurde für das Jahr 2004 eine DSL–Verbreitung von ca. 6 Millionen Anschlüssen (für Europa) und 1.6 Millionen (für Deutschland) prognostiziert.
  • Die Prognosen wurden deutlich überboten (siehe Grafik 1). In Deutschland stieg die Zahl der Breitbandanschlüsse (xDSL und Sonstige, vorwiegend xDSL) durchschnittlich um etwa 50% jährlich.
  • Gleichzeitig stagnierte die Zahl der Schmalbandanschlüsse (ISDN + Analog) mit einer Verschiebung zu ISDN. Dies zeigt den Trend zu komfortablen, digitalen Telefonanschlüssen um die Jartausendwende, während der Plain Old Telephone Servive mehr und mehr verschwand.


Grafik 2: xDSL–Anschlüsse und xDSL–Abdeckung im europäischen Vergleich (2005)
  • 2005 hielt Deutschland mit fast 8 Millionen xDSL–Teilnehmeranschlüssen die Spitzenposition in Europa, wie die zweite Grafik zeigt (blaue Balken).
  • In der Bevölkerungsabdeckung (wieviele Bewohner nutzen DSL prozentual?) lagen allerdings andere Länder (Finnland, die Niederlande, Dänemark, Frankreich) mit mehr als 13% im europaweiten Vergleich vorne (rote Balken).


Grafik 3: Entwicklung der Breitbandanschlüsse in Europa, aufgeteilt nach Technologie (2000–2008)

Zwischen 2000 bis 2008 haben sich die Zahlen in Europa fast explosionsartig weiterentwickelt. xDSL war 2008 in fast allen Ländern die führende Zugangstechnologie mit einer beachtenswerten Entwicklung:

  • In der Europäischen Union wurde für 2008 eine Breitbandverfügbarkeit für mindestens 95% der Bevölkerung angestrebt. Die „weißen Flecken” komplett abzuschaffen, war derzeit leider noch nicht möglich.
  • Ende 2008 verfügten mehr als 114 Millionen Europäer über einen Breitbandanschluss, größtenteils xDSL–Anschlüsse. Dies entsprach einer Steigerung von ca. 29% pro Jahr über die Jahre 2004–2008 gemittelt (siehe die für Europa geltende Grafik 3).


Grafik 4: xDSL im weltweiten Vergleich 2007 („Top 10”)

Die Grafik 4 zeigt die „Top 10” weltweit im Jahr 2008:

  • Hier wies China mit ca. 43 Millionen die meisten xDSL–Teilnehmeranschlüsse auf.
  • In der Bevölkerungsabdeckung lieferte Frankreich ein beachtliches Ergebnis mit 24%.
  • Deutschland lag bei beiden Betrachtungsweisen im oberen Mittelfeld.
  • Die Prognosen des DSL–Forums gingen für 2010 weltweit von 500 Millionen xDSL–Anschlüssen aus.


Grafik 5: Breitbandanschlüsse in den OECD-Länder Ende 2008

Die Grafik 5 zeigt die Anzahl der Breitbandanschlüsse Ende 2008 ingesamt (xDSL, Kabel und Glasfaser) in 15 Mitgliedsländern der Organisation for Economic Co–operation and Development (OECD).

  • Die USA lagen hier mit knapp über 30 Millionen xDSL–Zugängen vorne.
  • Deutschland folgte an zweiter Stelle mit rund 20 Millionen xDSL–Zugängen.


Grafik 6: Breitbandabdeckung in der Bevölkerung der OECD-Länder Ende 2008

Die Statistik ändert sich grundlegend, wenn man die Breitbandabdeckung in der Bevölkerung betrachtet (siehe Grafik 6).

  • Hier war (das einwohnermäßig kleine) Island mit einer xDSL–Abdeckung von 31.6% der Bevölkerung führend vor Frankreich mit 26.6%.
  • Deutschland lag an fünfter Stelle mit 25.4%.
  • Die USA, Japan und Südkorea waren 2008 bezüglich Flächenabdechung mit jeweils unter 10% nicht unter den ersten 15 Ländern.
  • Zu berücksichtigen ist allerdings, dass in diesen Ländern bereits zu dieser Zeit begonnen wurde, Glasfaserleitungen bis zum Kunden zu verlegen (Fiber–to–the–Home, FttH). Diese Anschlüsse fallen aus der xDSL–Statistik heraus.


Grafik 7: „Top 30” der schnellsten DSL–Angebote 2008

Die Grafik 7 zeigt, in welchen OECD–Ländern 2008 die schnellsten DSL–Zugänge angeboten wurden („Top 30”).

  • Vorne lagen mit 100 Mbit/s Datenrate Korea und Japan dank der VDSL(2)–Technologie.
  • Deutschland kam gemeinsam mit Dänemark an dritter Stelle mit 50 Mbit/s. Hier wird ebenfalls der VDSL(2)–Standard verwendet; die kleinere Datenrate ergibt sich aufgrund der größeren Leitungslänge im Teilnehmeranschlussbereich.
  • Allerdings war diese hochratige Breitbandversorgung auch in Deutschland derzeit noch auf nur wenige städtische Gebiete beschränkt.
  • Auch heute (2018) ist die „Digital–Situation” allerdings noch nicht befriedigend und hinkt der Versorgung in anderen Ländern hinterher.



DSL–Zielvorgaben für Deutschland aus Sicht des Jahres 2008


Die Bundesregierung legte 2003 in ihrem Programm „Informationsgesellschaft Deutschland 2006” für 2010 das Ziel von mindestens 20 Millionen Breitbandanschlüssen fest. Ende 2008 gab es in Deutschland laut Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie rund 23 Millionen Breitbandzugänge, womit 60% der Haushalte abgedeckt waren. Mehr als 21 Millionen (91%) davon sind xDSL–Anschlüsse und 8% Kabelanschlüsse. Die restlichen Breitbandzugänge verteilen sich auf Satellit, Glasfaser und WLAN.

Laut der Breitbandstrategie der Bundesregierung vom Februar 2009 sollten

  • alle Lücken in der Breitbandversorgung bis Ende 2010 geschlossen werden und flächendeckend leistungsfähige Breitbandanschlüsse – darunter versteht man Datenraten im Downstream von mindestens 1 Mbit/s – verfügbar sein,
  • bis 2014 bereits für 75% der Haushalte Anschlüsse mit Datenraten von mindestens 50 Mbit/s zur Verfügung stehen und möglichst bald flächendeckend verfügbar sein.


Grafik 8: DSL–Verfügbarkeit in Deutschland (Breitbandatlas)

Die letzte Grafik dieses Kapitels zeigt die DSL–Verfügbarkeit in Deutschland Ende 2008 allgemein (links) bzw. mit Datenraten größer als 1 Mbit/s (rechts).

  • Im linken Bild erkennt man viele sattgrüne oder zumindest hellgrüne Bereiche, die eine DSL–Verfügbarkeit von mehr als 75% kennzeichnen.
  • Allerdings gab es insbesondere in Ostdeutschland auch noch viele weiße und rote Gebiete (Verfügbarkeit unter 25%).
  • Im rechten Bild überwiegt gelb (Verfügbarkeit zwischen 50 und 75%).


Aufgabe zum Kapitel


Aufgabe 2.1: Grundsätzliches zu xDSL