Modulationsverfahren/Zweiseitenband-Amplitudenmodulation: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 207: | Zeile 207: | ||
*Die rechte Skizze gibt einen Blick in Richtung der Frequenzachse und zeigt die Phasenwinkel von Träger $(ϕ_{\rm T})$, USB $(ϕ_{\rm T} – ϕ_{\rm N})$ und OSB $(ϕ_{\rm T} + ϕ_{\rm N})$. | *Die rechte Skizze gibt einen Blick in Richtung der Frequenzachse und zeigt die Phasenwinkel von Träger $(ϕ_{\rm T})$, USB $(ϕ_{\rm T} – ϕ_{\rm N})$ und OSB $(ϕ_{\rm T} + ϕ_{\rm N})$. | ||
+ | ==Amplitudenmodulation durch quadratische Kennlinie== | ||
+ | Nichtlinearitäten sind in der Nachrichtentechnik meist unerwünscht und störend. Wie im Kapitel 2.2 des Buches „Lineare zeitinvariante Systeme” dargelegt, führen sie dazu, dass | ||
+ | *das Superpositionsprinzip nicht mehr anwendbar ist, | ||
+ | *das Übertragungsverhalten von der Größe des Eingangssignals abhängt, und | ||
+ | *die Verzerrungen von nichtlinearer Art sind und damit irreversibel. | ||
+ | Eine Nichtlinearität der allgemeinen Form | ||
+ | $$y(t) = c_0 + c_1 \cdot x(t) + c_2 \cdot x^2(t)+ c_3 \cdot x^3(t) + ...$$ | ||
+ | kann aber auch zur Realisierung einer ZSB–AM genutzt werden. Unter der Voraussetzung, dass | ||
+ | *nur die Koeffizienten $c_1$ und $c_2$ vorhanden sind, und | ||
+ | *das Eingangssignal $x(t) = q(t) + z(t)$ angelegt wird, | ||
− | + | erhält man für das Ausgangssignal der Nichtlinearität: | |
− | + | $$y(t) = c_1 \cdot q(t) + c_1 \cdot z(t) + c_2 \cdot q^2(t)+ 2 \cdot c_2 \cdot q(t)\cdot z(t)+ c_2 \cdot z^2(t)\hspace{0.05cm}.$$ | |
− | + | Der erste, dritte und letzte Anteil liegt – spektral gesehen – bei $| f | ≤ 2 · B_{\rm NF}$ bzw. $| f | = 2 · f_{\rm T}$. Entfernt man diese Signalanteile durch einen Bandpass und berücksichtigt $z(t) = A_{\rm T} · \cos(ω_{\rm T} · t)$, so erhält man die für „ZSB–AM mit Träger” typische Gleichung: | |
− | + | $$s(t) = c_1 \cdot A_{\rm T} \cdot \cos(\omega_{\rm T} \cdot t ) + 2 \cdot c_2 \cdot A_{\rm T} \cdot q(t)\cdot \cos(\omega_{\rm T} \cdot t )\hspace{0.05cm},$$ | |
− | + | wobei der Modulationsgrad durch die Koeffiziente $c_1$ und $c_2$ veränderbar ist: | |
− | + | $$m = \frac{2 \cdot c_2 \cdot q_{\rm max}}{c_1} \hspace{0.05cm}.$$ | |
− | + | Diode und Feldeffekttransistor besitzen mit guter Näherung eine quadratische Kennlinie und werden zur Realisierung einer ZSB–AM genutzt. Kubische Anteile $(c_3$ ≠ 0) und Nichtlinearitäten höherer Ordnung führen allerdings zu nichtlinearen Verzerrungen. | |
{{Display}} | {{Display}} |
Version vom 14. Juni 2016, 19:59 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Beschreibung im Frequenzbereich (1)
- 2 Beschreibung im Frequenzbereich (2)
- 3 Beschreibung im Zeitbereich (1)
- 4 Beschreibung im Zeitbereich (2)
- 5 Ringmodulator (1)
- 6 Ringmodulator (2)
- 7 AM-Signale und -Spektren bei harmonischen Signalen (1)
- 8 AM-Signale und -Spektren bei harmonischen Signalen (2)
- 9 ZSB-Amplitudenmodulation mit Träger (1)
- 10 ZSB-Amplitudenmodulation mit Träger (2)
- 11 Beschreibung durch das analytische Signal
- 12 Amplitudenmodulation durch quadratische Kennlinie
Beschreibung im Frequenzbereich (1)
Wir betrachten die folgende Aufgabenstellung: Ein Nachrichtensignal $q(t)$, dessen Spektrum $Q(f)$ auf den Bereich $\pm B_{\rm NF}$ bandbegrenzt ist, soll mit Hilfe einer harmonischen Schwingung der Frequenz $f_{\rm T}$, die wir im Weiteren als Trägersignal $z(t)$ bezeichnen, in einen höherfrequenten Bereich verschoben werden, in dem der Kanalfrequenzgang $H_{\rm K}(f)$ günstige Eigenschaften aufweist.
Die Grafik verdeutlicht die Aufgabenstellung, wobei folgende vereinfachende Annahmen getroffen sind:
- Das gezeichnete Spektrum $Q(f)$ ist hier schematisch zu verstehen. Es besagt, dass in $q(t)$ nur Spektralanteile im Bereich $|f| ≤ B_{\rm NF}$ enthalten sind. $Q(f)$ könnte auch ein Linienspektrum sein.
- Der Kanal sei in einem Bereich der Bandbreite $B_{\rm K}$ um die Frequenz $f_{\rm M}$ ideal, das heißt, es gelte $H_{\rm K}(f) =$ 1 für $|f – f_{\rm M}| ≤ B_{\rm K}/2.$ Rauschstörungen werden vorerst nicht betrachtet.
- Das Trägersignal sei cosinusförmig (Phase $ϕ_T =$ 0) und besitze die Amplitude $A_{\rm T} =$ 1 (ohne Einheit). Die Trägerfrequenz $f_{\rm T}$ sei gleich der Mittenfrequenz des Übertragungsbandes.
- Das Spektrum des Trägersignals $z(t) = \cos(ω_{\rm T} · t)$ lautet somit (in der Grafik grün eingezeichnet):
$$Z(f) = \frac{1}{2} \cdot \delta (f + f_{\rm T})+\frac{1}{2} \cdot \delta (f - f_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$
Beschreibung im Frequenzbereich (2)
Wer mit den Gesetzmäßigkeiten der Spektraltransformation und insbesondere mit dem Faltungssatz vertraut ist, kann sofort eine Lösung für das Spektrum $S(f)$ des Modulatorausgangssignals angeben: $$\begin{align*} S(f) & = Z(f) \star Q(f) = \frac{1}{2} \cdot \delta (f + f_{\rm T})\star Q(f)+\frac{1}{2} \cdot \delta (f - f_{\rm T})\star Q(f)\\ & = \frac{1}{2} \cdot Q (f + f_{\rm T})+\frac{1}{2} \cdot Q(f - f_{\rm T}) \hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Bei dieser Gleichung ist berücksichtigt, dass die Faltung einer verschobenen Diracfunktion $δ(x – x_0)$ mit einer beliebigen Funktion $f(x)$ die verschobene Funktion $f(x – x_0)$ ergibt.
Die Grafik zeigt das Ergebnis. Man erkennt folgende Charakteristika:
- Aufgrund der systemtheoretischen Betrachtungsweise mit positiven und negativen Frequenzen setzt sich $S(f)$ aus zwei Anteilen um $\pm f_{\rm T}$ zusammen, die jeweils formgleich mit $Q(f)$ sind.
- Der Faktor 1/2 ergibt sich wegen der Trägeramplitude $A_{\rm T} =$ 1. Somit ist $s(t = 0)$ gleich $q(t = 0)$, so dass auch die Integrale über deren Spektralfunktionen $S(f)$ bzw. $Q(f)$ gleich sein müssen.
- Die Kanalbandbreite $B_{\rm K}$ muss mindestens doppelt so groß sein wie die Signalbandbreite $B_{\rm NF}$, was zu der Namensgebung Zweiseitenband–Amplitudenmodulation (ZSB–AM) geführt hat.
- Zu beachten ist, dass $B_{\rm NF}$ und $B_K$ absolute und nicht etwa äquivalente Bandbreiten sind. Letztere sind über flächengleiche Rechtecke definiert und werden im Tutorial mit $Δf_q$ bzw. $Δf_{\rm K}$ bezeichnet.
- Die Spektralfunktion $S(f)$ beinhaltet keine Diraclinien bei der Trägerfrequenz $(\pm f_{\rm T})$. Deshalb wird das hier beschriebene Verfahren auch als ZSB–AM ohne Träger bezeichnet.
- Die Frequenzanteile oberhalb der Trägerfrequenz $f_{\rm T}$ nennt man das obere Seitenband (OSB), diejenigen unterhalb von $f_{\rm T}$ bezeichnet man als das untere Seitenband (USB).
Beschreibung im Zeitbereich (1)
Der Faltungssatz lautet mit der auf dieses Problem angepassten Nomenklatur: $$S(f) = Z(f) \star Q(f)\hspace{0.2cm}\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\, \hspace{0.2cm} s(t) = q(t) \cdot z(t) = q(t) \cdot \cos(\omega_{\rm T}\cdot t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$ Dieses Ergebnis stimmt auch dann noch, wenn die auf der letzten Seite getroffenen Einschränkungen (reellwertiges Spektrum $Q(f)$, Trägerphase $ϕ_{\rm T} =$ 0) aufgehoben werden. Im Allgemeinen ergibt sich somit eine komplexwertige Spektralfunktion $S(f)$.
Nach dieser Gleichung kann man zwei Modelle für die Zweiseitenband–Amplitudenmodulation angeben. Diese sind wie folgt zu interpretieren:
- Das erste Modell beschreibt direkt den oben angegebenen Zusammenhang, wobei hier der Träger $z(t) = \cos(ω_{\rm T}t + ϕ_{\rm T})$ ohne Einheit angesetzt ist.
- Das zweite Modell entspricht eher den physikalischen Gegebenheiten, nachdem jedes Signal auch eine Einheit besitzt. Sind $q(t)$ und $z(t)$ jeweils Spannungen, so ist im Modell noch eine Skalierung mit der Modulatorkonstanten $K_{\rm AM}$ (Einheit: ${\rm V^{–1} }$) vorzusehen, damit auch das Ausgangssignal $s(t)$ einen Spannungsverlauf darstellt.
- Wählt man $K_{\rm AM} = 1/A_{\rm T}$, so sind beide Modelle gleich. Im Folgenden werden wir stets vom ersten, also dem einfacheren Modell ausgehen.
Beschreibung im Zeitbereich (2)
Die beiden Grafiken zeigen in roter Farbe die Sendesignale $s(t)$ bei ZSB–AM für zwei unterschiedliche Trägerfrequenzen. Das in beiden Fällen gleiche Quellensignal $q(t)$ mit der Bandbreite $B_{\rm NF} =$ 4 kHz ist durchgehend blau gezeichnet und das Signal – $q(t)$ gestrichelt.
Das Trägersignal $z(t)$ hat in beiden Fällen einen cosinusförmigen Verlauf. Für das obere Bild wurde die Trägerfrequenz $f_{\rm T} =$ 20 kHz zugrundegelegt und für das untere Bild $f_{\rm T} =$ 100 kHz.
Ringmodulator (1)
Eine Möglichkeit zur Realisierung der „Zweiseitenband–Amplitudenmodulation mit Trägerunterdrückung” bietet der sog. Ringmodulator, der auch unter der Bezeichnung Doppelgegentakt–Diodenmodulator bekannt ist. Nachfolgend sehen Sie links die Schaltung und rechts ein einfaches Funktionsschaltbild.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit kann das Prinzip wie folgt dargestellt werden:
- Die Amplitude der harmonischen Trägerschwingung $z(t)$ sei sehr viel größer als der Maximalwert $q_{\rm max}$ des Nachrichtensignals $q(t)$. Somit werden alle Dioden als Schalter betrieben.
- Bei positiver Halbwelle der Trägerschwingung $(z(t)$ > 0) leiten die zwei magentafarbenen Dioden, während die olivfarbenen sperren. Ohne Berücksichtigung von Verlusten gilt somit $s(t) = q(t)$.
- Bei negativer Halbwelle leiten die olivfarbenen Dioden und die Dioden in den Längszweigen sperren. Wie aus dem rechten Bild hervorgeht, gilt bei dieser unteren Schalterstellung $s(t) = \ – q(t)$.
- Wegen des Schalterbetriebs kann die harmonische Schwingung $z(t)$ auch durch ein periodisches Rechtecksignal gleicher Periodendauer ersetzt werden:
$$z_{\rm R}(t) = \left\{ \begin{array}{c} +1 \\ -1 \\ \end{array} \right.\quad \begin{array}{*{10}c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c} {z(t) >0,} \\ {z(t) <0.} \\ \end{array}$$
- Das modulierte Signal $s(t)$ ergibt sich dann als das Produkt des Nachrichtensignals $q(t)$ mit diesem Rechtecksignal $z_{\rm R}(t)$, während bei idealer ZSB–AM mit einem Cosinussignal multipliziert wird.
- Der Träger $z(t)$ selbst ist im Signal $s(t)$ nicht enthalten. Da dieser über die Mittelanzapfungen der Übertrager zugeführt wird, heben sich die induzierten Spannungen auf („ZSB–AM ohne Träger”).
Im nächsten Abschnitt wird die Wirkungsweise des Ringmodulators anhand beispielhafter Signalverläufe nochmals beschrieben.
Ringmodulator (2)
Die obere Grafik zeigt die Signale $q(t)$ und – $q(t)$ als magenta- bzw. olivfarbene Kurvenverläufe. Dazu ist blau-gestrichelt das bipolare Rechtecksignal $z_{\rm R}(t)$ dargestellt, das die Werte ±1 annimmt.
Die mittlere Grafik zeigt das modulierte Signal $s_{\rm RM}(t) = q(t) · z_{\rm R}(t)$ des Ringmodulators. Zum Vergleich dazu ist in der unteren Skizze das herkömmliche ZSB–AM–Signal $s(t) = q(t) · \cos(ω_{\rm T} · t)$ dargestellt. Diese Bilder gelten für die Trägerfrequenz $f_{\rm T} =$ 10 kHz.
Man erkennt deutliche Unterschiede, die sich jedoch auf einfache Weise kompensieren lassen:
- Die Fourierreihendarstellung des periodischen Rechtecksignals $z_{\rm R}(t)$ lautet:
$$z_{\rm R}(t) = \frac{4}{\pi} \cdot \cos(\omega_{\rm T}\cdot t)-\frac{4}{3\pi} \cdot \cos(3\omega_{\rm T}\cdot t) +\frac{4}{5\pi} \cdot \cos(5\omega_{\rm T}\cdot t)- ...$$
- Die dazugehörige Spektralfunktion besteht demnach aus Diraclinien bei $±f_{\rm T}, ±3f_{\rm T}, ±5f_{\rm T}$ usw. Die Faltung mit $Q(f)$ führt zu der Spektralfunktion (der Index steht für „Ringmodulator”):
$$S_{\rm RM}(f) = \frac{2}{\pi} \cdot Q (f \pm f_{\rm T})-\frac{2}{3\pi} \cdot Q (f \pm 3f_{\rm T})+\frac{2}{5\pi} \cdot Q (f \pm 5f_{\rm T}) - ... \hspace{0.05cm}.$$
- Daraus ist ersichtlich, dass durch eine geeignete Bandbegrenzung (zum Beispiel auf $±2f_{\rm T})$ und eine Dämpfung mit π/4 ≈ 0.785 das bekannte ZSB–AM–Spektrum gewonnen werden kann:
$$S(f) = \frac{1}{2} \cdot Q (f \pm f_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$
Bei diesen Überlegungen ist zu berücksichtigen, dass stets $B_{\rm NF} << f_{\rm T}$ angenommen werden kann.
AM-Signale und -Spektren bei harmonischen Signalen (1)
Nun soll der für Testzwecke wichtige Sonderfall betrachtet werden, dass nicht nur das Trägersignal $z(t)$, sondern auch das zu modulierende Nachrichtensignal $q(t)$ eine harmonische Schwingung ist: $$\begin{align*}q(t) & = A_{\rm N} \cdot \cos(\omega_{\rm N} \cdot t + \phi_{\rm N})\hspace{0.05cm}, \\ z(t) & = \hspace{0.15cm}1 \hspace{0.13cm} \cdot \hspace{0.1cm}\cos(\omega_{\rm T} \cdot t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Beachten Sie bitte die Anmerkungen zur Nomenklatur. Aufgrund der Pluszeichen in obigen Gleichungen sind Sinusschwingungen mit $ϕ_{\rm N} =$ – 90° bzw. $ϕ_{\rm T} =$ – 90° parametrisiert.
Damit lautet die Gleichung für das modulierte Signal:
$$s(t) = q(t) \cdot z(t) = A_{\rm N} \cdot \cos(\omega_{\rm N} t + \phi_{\rm
N})\cdot \cos(\omega_{\rm T} t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$
Diese kann mit Hilfe des Additionstheorems der Trigonometrie umgeformt werden: $$\begin{align*}s(t) & = \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot \cos\left((\omega_{\rm T} +\omega_{\rm N})\cdot t + \phi_{\rm T}+ \phi_{\rm N}\right)\\ & + \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot \cos\left((\omega_{\rm T} -\omega_{\rm N})\cdot t + \phi_{\rm T}- \phi_{\rm N}\right)\hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Bei cosinusförmigen Signalen $(ϕ_{\rm T} = ϕ_{\rm N} = 0)$ vereinfacht sich diese Gleichung zu $$s(t) = \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot \cos\left((\omega_{\rm T}+\omega_{\rm N})\cdot t\right) + \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot \cos\left((\omega_{\rm T} -\omega_{\rm N})\cdot t \right)\hspace{0.05cm}.$$
Durch Fouriertransformation kommt man zur Spektralfunktion: $$\begin{align*}S(f) & = \frac{A_{\rm N}}{4} \cdot \left[\delta ( f - f_{\rm T} - f_{\rm N})+\delta ( f + f_{\rm T} + f_{\rm N})\right] + \\ & + \frac{A_{\rm N}}{4} \cdot \left[ \delta ( f - f_{\rm T}+ f_{\rm N})+\delta ( f+ f_{\rm T} - f_{\rm N} ) \right]\hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Dieses Ergebnis, zu dem man auch über die Faltung gekommen wäre, besagt:
- Das Spektrum besteht aus vier Diraclinien bei den Frequenzen $±(f_{\rm T} + f_{\rm N})$ und $±(f_{\rm T} – f_{\rm N})$, wobei in beiden Klammerausdrücken die erste Diracfunktion diejenige bei positiver Frequenz angibt.
- Die Gewichte aller Diracfunktionen sind gleich und jeweils $A_{\rm N}/4$. Die Summe dieser Gewichte – also das Integral über $S(f)$ – ist entsprechend der Theorie gleich dem Signalwert $s(t = 0) = A_{\rm N}$.
- Die Diraclinien bleiben auch für $ϕ_{\rm T}$ ≠ 0 und/oder $ϕ_{\rm N}$ ≠ 0 bei den gleichen Frequenzen erhalten. Zu den Gewichten $A_{\rm N}/4$ müssen dann jedoch komplexe Drehfaktoren hinzugefügt werden.
AM-Signale und -Spektren bei harmonischen Signalen (2)
Die nachfolgende Grafik zeigt die Spektralfunktionen $S(f)$ für unterschiedliche Werte von $ϕ_{\rm T}$ bzw. $ϕ_{\rm N}$. Die weiteren Parameter sind zu $f_{\rm T} =$ 50 kHz, $f_{\rm N} =$ 10 kHz und $A_{\rm N} =$ 4 V vorausgesetzt. Die Beträge aller Diraclinien sind somit $A_{\rm N}/4 =$ 1 V.
Das linke obere Bild zeigt den auf der letzten Seite besprochenen Fall mit cosinusförmigem Träger und cosinusförmigem Nachrichtensignal. Somit setzt sich das amplitudenmodulierte Signal $s(t)$ aus zwei Cosinusschwingungen mit $ω_{60} =$ 2 π · 60 kHz und $ω_{40} =$ 2 π · 40 kHz zusammen.
Bei den drei anderen Konstellationen ist zumindest eines der Signale $q(t)$ bzw. $z(t)$ sinusförmig, so dass stets $s(0) = q(0) · z(0) =$ 0 ist. Somit ergeben sich bei diesen Spektralfunktionen die Summe der vier Impulsgewichte jeweils zu 0.
Das rechte untere Bild beschreibt $s(t) = A_{\rm N} · \sin(ω_{\rm N} t) · \sin(ω_{\rm T}t)$. Die Multiplikation zweier ungerader Funktionen ergibt die gerade Funktion $s(t)$ und damit ein reelles Spektrum $S(f)$. Dagegen führen die beiden anderen Konstellationen jeweils zu imaginären Spektralfunktionen.
ZSB-Amplitudenmodulation mit Träger (1)
Die nachfolgende Grafik zeigt, wie man von der bisher beschriebenen „ZSB–AM ohne Träger” zur bekannteren Variante „ZSB–AM mit Träger” gelangt. Diese hat den Vorteil, dass durch eine einfache Maßnahme beim Sender der Demodulator sehr viel einfacher und billiger realisiert werden kann.
Diese Grafik ist wie folgt zu interpretieren:
- Die obere Darstellung zeigt das eher physikalische Modell der „ZSB–AM mit Träger”, wobei die Veränderungen gegenüber der ZSB–AM ohne Träger ” rot hervorgehoben sind.
- Dem Signal $s(t)$ ist nun additiv das physikalische Trägersignal $z(t) = A_{\rm T} · \cos(ω_{\rm T} · t)$ hinzugefügt, das im Spektrum zwei zusätzliche Diracfunktionen bei $±f_{\rm T}$, jeweils mit Gewicht $A_{\rm T}/2$, bewirkt.
- Durch Addition des Gleichsignals $A_{\rm T}$ zum Quellensignal und anschließende Multiplikation mit dem dimensionslosen Träger $z(t)$ ergibt sich das gleiche Signal $s(t)$/ Spektrum $S(f)$ wie oben.
- Die zweite Darstellung ist demnach mit dem oberen Modell äquivalent. Die Trägerphase $ϕ_{\rm T}$ ist hier in beiden Fällen nur aus Gründen einer vereinfachten Darstellung zu 0 gesetzt.
Die Zweiseitenband-Amplitudenmodulation mit Träger findet auch heutzutage noch ihre Hauptanwendung in der Rundfunkübertragung auf
- Langwelle (Frequenzbereich 30 kHz – 300 kHz),
- Mittelwelle (300 kHz – 3 MHz) und
- Kurzwelle (3 MHz – 30 MHz).
Diese Frequenzen werden jedoch mehr und mehr für digitale Anwendungen freigegeben, zum Beispiel für Digital Video Broadcast (DVB).
Eine Anwendung von Zweiseitenband-Amplitudenmodulation ohne Träger gibt es beispielsweise beim UKW-Stereo-Rundfunk. Hier wird das Differenzsignal zwischen den beiden Stereokanälen bei 39 kHz trägerlos amplitudenmoduliert. Dann werden das Summensignal der beiden Kanäle (30 Hz – 15 kHz), ein Hilfsträger bei 19 kHz sowie das Differenzsignal zusammengefasst und frequenzmoduliert.
ZSB-Amplitudenmodulation mit Träger (2)
Die folgenden Signalverläufe sollen das Prinzip der „ZSB–AM mit Träger” weiter verdeutlichen. Oben sehen Sie das auf Frequenzen bis 4 kHz begrenzte Quellensignal $q(t)$. Addiert man zu diesem den Gleichanteil $A_{\rm T}$ und multipliziert die Summe mit dem Trägersignal $z(t)$ der Frequenz $f_{\rm T} =$ 100 kHz, so ergibt sich das Signal $s(t)$. Darunter ist das Sendesignal der „ZSB–AM ohne Träger” dargestellt.
Ein Vergleich dieser Signalverläufe zeigt:
- Durch die Zusetzung des Gleichanteils $A_{\rm T}$ wurde erreicht, dass nun das Nachrichtensignal $q(t)$ in der Hüllkurve von $s(t)$ zu erkennen ist.
- Dadurch kann die in Kapitel 2.3 beschriebene Hüllkurvendemodulation angewandt werden, die einfacher und billiger zu realisieren ist als die kohärente Synchrondemodulation (Kapitel 2.2).
- Voraussetzung für die Anwendung eines Hüllkurvendemodulators ist, dass der Modulationsgrad $m$ kleiner als 1 ist. Dieser ist wie folgt definiert:
$$m = \frac{q_{\rm max}}{A_{\rm T}} \hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm} q_{\rm max} = \max_{t} \hspace{0.05cm} |q(t)| \hspace{0.05cm}.$$
- Der Vorteil eines einfacheren Demodulators muss aber durch eine deutlich höhere Sendeleistung erkauft werden, da der Leistungsbeitrag des Trägers nicht zur Demodulation genutzt werden kann.
- Weiter ist zu beachten, dass das Quellensignal keinen Gleichanteil beinhaltet, da dieser durch den Träger überdeckt würde. Bei Sprach– und Musiksignalen ist dies keine große Einschränkung.
Beschreibung durch das analytische Signal
Im weiteren Verlauf wird zur Vereinfachung von Grafiken meist das Spektrum $S_+(f)$ des analytischen Signals anstelle des tatsächlichen, physikalischen Spektrums $S(f)$ angegeben. Beispielhaft betrachten wir hier eine „ZSB–AM mit Träger” und folgende Signale: $$\begin{align*}s(t) & = \left(q(t) + A_{\rm T}\right) \cdot \cos(\omega_{\rm T}\cdot t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}, \\ q(t) & = A_{\rm N} \cdot \cos(\omega_{\rm N}\cdot t + \phi_{\rm N})\hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Dann lautet das dazugehörige analytische Signal: $$\begin{align*}s_+(t) & = A_{\rm T} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm} \cdot \hspace{0.01cm}(\omega_{\rm T}\cdot \hspace{0.02cm}t \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm}\phi_{\rm T})}+ \\ & + \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm} \cdot \hspace{0.01cm}((\omega_{\rm T} \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm} \omega_{\rm N} )\hspace{0.02cm}\cdot \hspace{0.02cm}t \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm} \phi_{\rm T}+ \phi_{\rm N})} + \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm} \cdot \hspace{0.01cm}((\omega_{\rm T} \hspace{0.05cm}- \hspace{0.05cm} \omega_{\rm N} )\hspace{0.02cm}\cdot \hspace{0.02cm}t \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm} \phi_{\rm T}- \phi_{\rm N})} \hspace{0.05cm}.\end{align*}$$ Die zugehörige Spektralfunktion $S_+(f)$ besteht aus drei Diraclinien mit jeweils komplexen Gewichten entsprechend der folgenden Grafik:
- Die linke Skizze zeigt den Betrag $|S_+(f)|$, wobei $A_{\rm T}$ das Gewicht des Trägers angibt und $A_{\rm N}/2$ die Gewichte von OSB (oberes Seitenband) und USB (unteres Seitenband).
- In Klammern stehen die auf $A_{\rm T}$ normierten Werte. Da hier $q_{\rm max} = A_{\rm N}$ gilt, erhält man mit dem Modulationsgrad $m = A_{\rm N}/A_{\rm T}$ als normierte Gewichte von OSB und USB jeweils $m/2$.
- Die rechte Skizze gibt einen Blick in Richtung der Frequenzachse und zeigt die Phasenwinkel von Träger $(ϕ_{\rm T})$, USB $(ϕ_{\rm T} – ϕ_{\rm N})$ und OSB $(ϕ_{\rm T} + ϕ_{\rm N})$.
Amplitudenmodulation durch quadratische Kennlinie
Nichtlinearitäten sind in der Nachrichtentechnik meist unerwünscht und störend. Wie im Kapitel 2.2 des Buches „Lineare zeitinvariante Systeme” dargelegt, führen sie dazu, dass
- das Superpositionsprinzip nicht mehr anwendbar ist,
- das Übertragungsverhalten von der Größe des Eingangssignals abhängt, und
- die Verzerrungen von nichtlinearer Art sind und damit irreversibel.
Eine Nichtlinearität der allgemeinen Form
$$y(t) = c_0 + c_1 \cdot x(t) + c_2 \cdot x^2(t)+ c_3 \cdot x^3(t) + ...$$
kann aber auch zur Realisierung einer ZSB–AM genutzt werden. Unter der Voraussetzung, dass
- nur die Koeffizienten $c_1$ und $c_2$ vorhanden sind, und
- das Eingangssignal $x(t) = q(t) + z(t)$ angelegt wird,
erhält man für das Ausgangssignal der Nichtlinearität:
$$y(t) = c_1 \cdot q(t) + c_1 \cdot z(t) + c_2 \cdot q^2(t)+ 2 \cdot c_2 \cdot q(t)\cdot z(t)+ c_2 \cdot z^2(t)\hspace{0.05cm}.$$
Der erste, dritte und letzte Anteil liegt – spektral gesehen – bei $| f | ≤ 2 · B_{\rm NF}$ bzw. $| f | = 2 · f_{\rm T}$. Entfernt man diese Signalanteile durch einen Bandpass und berücksichtigt $z(t) = A_{\rm T} · \cos(ω_{\rm T} · t)$, so erhält man die für „ZSB–AM mit Träger” typische Gleichung:
$$s(t) = c_1 \cdot A_{\rm T} \cdot \cos(\omega_{\rm T} \cdot t ) + 2 \cdot c_2 \cdot A_{\rm T} \cdot q(t)\cdot \cos(\omega_{\rm T} \cdot t )\hspace{0.05cm},$$
wobei der Modulationsgrad durch die Koeffiziente $c_1$ und $c_2$ veränderbar ist:
$$m = \frac{2 \cdot c_2 \cdot q_{\rm max}}{c_1} \hspace{0.05cm}.$$
Diode und Feldeffekttransistor besitzen mit guter Näherung eine quadratische Kennlinie und werden zur Realisierung einer ZSB–AM genutzt. Kubische Anteile $(c_3$ ≠ 0) und Nichtlinearitäten höherer Ordnung führen allerdings zu nichtlinearen Verzerrungen.