Zur Erzeugung von Walsh-Funktionen (neues Applet)
Inhaltsverzeichnis
Programmbeschreibung
Dieses Applet ermöglicht die Berechnung und graphische Darstellung der Gaußschen Fehlerfunktionen ${\rm Q}(x)$ und $1/2\cdot {\rm erfc}(x)$, die für die Fehlerwahrscheinlichkeitsberechnung von großer Bedeutung sind.
- Sowohl die Abszisse als auch der Funktionswert können entweder linear oder logarithmisch dargestellt werden.
- Für beide Funktionen wird jeweils eine obere Schranke (englisch: Upper Bound ) und eine untere Schranke (englisch: Lower Bound) angegeben.
Theoretischer Hintergrund
Bei der Untersuchung digitaler Übertragungssysteme muss oft die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, dass eine (mittelwertfreie) gaußverteilte Zufallsgröße $x$ mit der Varianz $σ^2$ einen vorgegebenen Wert $x_0$ überschreitet. Für diese Wahrscheinlichkeit gilt:
- $${\rm Pr}(x > x_0)={\rm Q}(\frac{x_0}{\sigma}) = 1/2 \cdot {\rm erfc}(\frac{x_0}{\sqrt{2} \cdot \sigma}).$$
Die Funktion ${\rm Q}(x )$
Die Funktion ${\rm Q}(x)$ bezeichnet man als das Komplementäre Gaußsche Fehlerintegral. Es gilt folgende Berechnungsvorschrift:
- $${\rm Q}(x ) = \frac{1}{\sqrt{2\pi}}\int_{x}^{ +\infty}\hspace{-0.2cm}{\rm e}^{-u^{2}/\hspace{0.05cm} 2}\,{\rm d} u .$$
- Dieses Integral ist nicht analytisch lösbar und muss – wenn man dieses Applet nicht zur Verfügung hat – aus Tabellen entnommen werden.
- Speziell für größere $x$–Werte (also für kleine Fehlerwahrscheinlichkeiten) liefern die nachfolgend angegebenen Schranken eine brauchbare Abschätzung für das Komplementäre Gaußsche Fehlerintegral, die auch ohne Tabellen berechnet werden können.
- Eine obere Schranke (englisch: Upper Bound ) des Komplementären Gaußschen Fehlerintegrals lautet:
- $${\rm Q}_{\rm UB}(x )=\text{Upper Bound }\big [{\rm Q}(x ) \big ] = \frac{ 1}{\sqrt{2\pi}\cdot x}\cdot {\rm e}^{- x^{2}/\hspace{0.05cm}2} > {\rm Q}(x).$$
- Entsprechend gilt für die untere Schranke (englisch: Lower Bound ):
- $${\rm Q}_{\rm LB}(x )=\text{Lower Bound }\big [{\rm Q}(x ) \big ] =\frac{1-1/x^2}{\sqrt{2\pi}\cdot x}\cdot {\rm e}^{-x^ 2/\hspace{0.05cm}2} ={\rm Q}_{\rm UB}(x ) \cdot (1-1/x^2)< {\rm Q}(x).$$
In vielen Programmbibliotheken findet man allerdings die Funktion ${\rm Q}(x )$ nicht.
Die Funktion $1/2 \cdot {\rm erfc}(x )$
In fast allen Programmbibliotheken findet man dagegen die Komplementäre Gaußsche Fehlerfunktion (englisch: Complementary Gaussian Error Function)
- $${\rm erfc}(x) = \frac{2}{\sqrt{\pi}}\int_{x}^{ +\infty}\hspace{-0.2cm}{\rm e}^{-u^{2}}\,{\rm d} u .$$
die mit ${\rm Q}(x)$ wie folgt zusammenhängt: ${\rm Q}(x)=1/2\cdot {\rm erfc}(x/{\sqrt{2}}).$ Da bei fast allen Anwendungen diese Funktion mit dem Faktor $1/2$ verwendet wird, wurde in diesem Applet genau diese Funktion realisiert:
- $$1/2 \cdot{\rm erfc}(x) = \frac{1}{\sqrt{\pi}}\int_{x}^{ +\infty}\hspace{-0.2cm}{\rm e}^{-u^{2}}\,{\rm d} u .$$
- Auch für diese Funktion kann wieder eine obere und eine untere Schranke angegeben werden:
- $$\text{Upper Bound }\big [1/2 \cdot{\rm erfc}(x) \big ] = \frac{ 1}{\sqrt{\pi}\cdot 2x}\cdot {\rm e}^{- x^{2}} ,$$
- $$\text{Lower Bound }\big [1/2 \cdot{\rm erfc}(x) \big ] = \frac{ {1-1/(2x^2)}}{\sqrt{\pi}\cdot 2x}\cdot {\rm e}^{- x^{2}} .$$
Wann bietet welche Funktion Vorteile?
$\text{Beispiel 1:}$ Wir betrachten die binäre Basisbandübertragung. Hier lautet die Bitfehlerwahrscheinlichkeit $p_{\rm B} = {\rm Q}({s_0}/{\sigma_d})$, wobei das Nutzsignal die Werte $\pm s_0$ annehmen kann und der Rauscheffektivwert $\sigma_d$ ist.
Es wird vorausgesetzt, dass Tabellen zur Verfügung stehen, in denen das Argument der Gaußschen Fehlerfunktionen im Abstand $0.1$ aufgelistet sind. Mit $s_0/\sigma_d = 4$ erhält man für die Bitfehlerwahrscheinlichkeit gemäß der Q–Funktion:
- $$p_{\rm B} = {\rm Q} (4) \approx 0.317 \cdot 10^{-4}\hspace{0.05cm}.$$
Nach der zweiten Gleichung ergibt sich:
- $$p_{\rm B} = {1}/{2} \cdot {\rm erfc} ( {4}/{\sqrt{2} })= {1}/{2} \cdot {\rm erfc} ( 2.828)\approx {1}/{2} \cdot {\rm erfc} ( 2.8)= 0.375 \cdot 10^{-4}\hspace{0.05cm}.$$
- Richtiger ist der erste Wert. Bei der zweiten Berechnungsart muss man runden oder – noch besser – interpolieren, was aufgrund der starken Nichtlinearität dieser Funktion sehr schwierig ist.
- Bei den gegebenen Zahlenwerten ist demnach Q–Funktion besser geeignet. Außerhalb von Übungsbeispielen wird allerdings $s_0/\sigma_d$ in der Regel einen „krummen” Wert besitzen. In diesem Fall bietet ${\rm Q}(x)$ natürlich keinen Vorteil gegenüber $1/2 \cdot{\rm erfc}(x)$.
$\text{Beispiel 2:}$ Mit der Energie pro Bit $(E_{\rm B})$ und der Rauschleistungsdichte $(N_0)$ gilt für die Bitfehlerwahrscheinlichkeit von Binary Phase Shift Keying (BPSK):
- $$p_{\rm B} = {\rm Q} \left ( \sqrt{ {2 E_{\rm B} }/{N_0} }\right ) = {1}/{2} \cdot {\rm erfc} \left ( \sqrt{ {E_{\rm B} }/{N_0} }\right ) \hspace{0.05cm}.$$
Für die Zahlenwerte $E_{\rm B} = 16 \ \rm mWs$ und $N_0 = 16 \ \rm mW/Hz$ erhält man:
- $$p_{\rm B} = {\rm Q} \left (4 \cdot \sqrt{ 2} \right ) = {1}/{2} \cdot {\rm erfc} \left ( 4\right ) \hspace{0.05cm}.$$
- Der erste Weg führt zum Ergebnis $p_{\rm B} = {\rm Q} (5.657) \approx {\rm Q} (5.7) = 0.6 \cdot 10^{-8}\hspace{0.05cm}$, während $1/2 \cdot{\rm erfc}(x)$ hier den richtigeren Wert $p_{\rm B} \approx 0.771 \cdot 10^{-8}$ liefert.
- Wie im ersten Beispiel erkennt man aber auch hier: Die Funktionen ${\rm Q}(x)$ und $1/2 \cdot{\rm erfc}(x)$ sind grundsätzlich gleich gut geeignet. Vor– oder Nachteile der einen oder anderen Funktion ergeben sich nur bei konkreten Zahlenwerten.
Zur Handhabung des Applets
(A) Verwendete Gleichungen am Beispiel ${\rm Q}(x)$
(B) Auswahloption für ${\rm Q}(x)$ oder ${\rm 0.5 \cdot erfc}(x)$
(C) Schranken ${\rm LB}$ und ${\rm UB}$ werden gezeichnet
(D) Auswahl, ob Abszisse linear $\rm (lin)$ oder logarithmisch $\rm (log)$
(E) Auswahl, ob Ordinate linear $\rm (lin)$ oder logarithmisch $\rm (log)$
(F) Numerikausgabe am Beispiel ${\rm Q}(x)$ bei linearer Abszisse
(G) Slidereingabe des Abszissenwertes $x$ für lineare Abszisse
(H) Slidereingabe des Abszissenwertes $\rho \ \rm [dB]$ für logarithmische Abszisse
(I) Grafikausgabe der Funktion ${\rm Q}(x)$ – hier: lineare Abszisse
(J) Grafikausgabe der Funktion ${\rm 0.5 \cdot erfc}(x)$ – hier: lineare Abszisse
(K) Variationsmöglichkeit für die graphischen Darstellungen
$\hspace{1.5cm}$„$+$” (Vergrößern),
$\hspace{1.5cm}$ „$-$” (Verkleinern)
$\hspace{1.5cm}$ „$\rm o$” (Zurücksetzen)
$\hspace{1.5cm}$ „$\leftarrow$” (Verschieben nach links), usw.
Über die Autoren
Dieses interaktive Berechnungstool wurde am Lehrstuhl für Nachrichtentechnik der Technischen Universität München konzipiert und realisiert.
- Die erste Version wurde 2007 von Thomas Großer im Rahmen seiner Diplomarbeit mit „FlashMX–Actionscript” erstellt (Betreuer: Günter Söder).
- 2018/2019 wurde das Programm von Marwen Ben Ammar und Xiaohan Liu (Bachelorarbeit, Betreuer: Tasnád Kernetzky ) auf „HTML5” umgesetzt und neu gestaltet.