Allgemeine Beschreibung von ISDN
Inhaltsverzeichnis
Ziele und Merkmale von ISDN
Der seit Ende der 1980er Jahre etablierte Standard ISDN (Integrated Services Digital Network) ist ein dienstintegriertes digitales Kommunikationsnetz mit dem Ziel,
- die bis dahin übliche analoge Signalübertragung über Telefonleitungen zu digitalisieren und dadurch eine bessere Sprachqualität zu erzielen,
- die für die analoge Signalübertragung vorhandene Netzinfrasruktur – insbesondere die für teueres Geld über viele Jahre verlegten Kupferkabel – weiter zu nutzen,
- verschiedene Informationsquellen wie Sprache, Texte, Daten und Videos, aber auch die aufkommende Multimediakommunikation in einem einzigen Netz zu integrieren,
- unterschiedliche Fernmeldedienste wie Telefonieren, Faxen, Internetsurfen und vieles mehr über das bestehende Leitungsnetz gleichzeitig zu ermöglichen,
- die Zahl der erforderlichen Leitungen möglichst gering zu halten, ohne dadurch die Qualität der Übertragung zu beeinträchtigen, und schließlich
- eine Datenrate (Übertragungsgeschwindigkeit) von 64 kbit/s bereitzustellen, die bei der Einführung von ISDN auch für den Datenverkehr als ausreichend angesehen wurde.
Man unterscheidet bei ISDN zwischen
- dem ISDN-Basisanschluss mit zwei sog. B–Kanälen (Bearer Channels) zu je 64 kbit/s und einem D–Kanal (Data Channel) mit 16 kbit/s – siehe Kapitel 1.2 – und
- dem ISDN–Primärmultiplexanschluss mit 30 B–Kanälen sowie je einem Signalisierungs– und Synchronisationskanal, jeweils mit 64 kbit/s – siehe Kapitel 1.3.
Durch Bündelung zweier Kanäle kann die Datenrate auf 128 kbit/s erhöht werden. Seit der ISDN–Einführung im März 1989 wurde zudem die Qualität der Sprachübertragung sowie die Bitfehlerquote bei der Datenübermittlung stetig verbessert. Durch das 1994 standardisierte Breitband–ISDN (B–ISDN) auf ATM–Basis sind auch noch deutlich höhere Datenraten möglich – siehe Kapitel 1.4.
Dienste und Dienstmerkmale von ISDN
Die verfügbaren ISDN–Dienste können in zwei Gruppen aufgeteilt werden:
- Die Übermittlungsdienste (englisch: Bearer Services) dienen dem Informationstransport und sichern die Datenübertragung und –Vermittlung zwischen den Zugangsschnittstellen des Netzes. Dies entspricht Festlegungen in den drei ersten Schichten PL (Physical Layer), DL (Data Link Layer) und NL (Network Layer) des OSI–Referenzmodells.
- Die Teledienste (englisch: Tele Services) sind Ende–zu–Ende–Dienste, umfassen also auch die Endeinrichtungen. Dazu gehören vermittlungstechnische Funktionen und Protokolle in den Schichten 1 bis 3 sowie die Funktionen zur Steuerung der Kommunikationsprozesse in den Schichten 4 bis 7 des OSI–Referenzmodells.
Zu den Übermittlungsdiensten gehören
- die leitungsvermittelten Dienste, zum Beispiel die Datenübertragung mit 64 kbit/s (direkt auf dem S0–Bus oder über den Terminaladapter X21) sowie die Audioübertragung (Sprache und Musik zwischen 300 und 3400 Hz) wie beim analogen Telefonnetz,
- die paketvermittelten Dienste – beispielsweise der Zugang zum Paketnetz im B–Kanal.
Die wichtigsten Teledienste sind:
- ISDN–Fernsprechen mit einer Bandbreite von 3.1 kHz oder 7 kHz (bei B–ISDN) – auch mit Übergängen zum analogen Festnetz und zu Funknetzen,
- ISDN–Teletext mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 64 kbit/s und Übergängen zu den Telebox–Diensten (Briefkasten), T–Online–Diensten und Datex–L/P–Diensten,
- ISDN–Telefax, z. B. Fernkopierer der Gruppe 4 mit Übergängen zur Gruppe 3,
- ISDN–Mixed Mode, worunter man die gemischte, gleichzeitige Datenübertragung von Texten und Bildern versteht,
- ISDN–T–Online mit 64 kbit/s und Übergängen zu T–Online im analogen Telefonnetz sowie zu Telefax der Gruppe 3 und 4,
- Videotelefonie – in der Praxis allerdings lediglich als langsame Bewegtbildübertragung möglich,
- Datenkommunikation mit standardisierten Protokollen, wie z. B. der Dateientransfer mit FTAM (vergleichbar, aber technisch nicht identisch zum Internet–Dienst FTP).
Die Dienstmerkmale als Teilmengen eines Dienstes lassen sich in drei Kategorien unterteilen:
- Anschluss–Dienstmerkmale: Wähl– oder Festverbindung, Leitungs– oder Paketvermittlung sowie die Endgeräteauswahl auf dem S0–Bus,
- Verbindungs–Dienstmerkmale: schneller Verbindungsaufbau oder Konferenzverbindung,
- Informations–Dienstmerkmal: Veranstaltungshinweise, Identifizieren anderer Teilnehmer, allgemeine Netzinformationen und Anzeige von Gebühren und Tarifen.
Netzinfrastruktur für das ISDN
Das Anfang der 1980er Jahren konzipierte ISDN sollte aus Kostengründen das vorhandene analoge Telefonnetz nutzen. Der größte Kostenfaktor der gesamten Infrastruktur stellt der Teilnehmeranschlussbereich zwischen Ortsvermittlungsstelle (OVSt) bzw. einem Hauptverteiler (HVt) und den Teilnehmern dar, da sich in diesem Bereich das Netz maximal verzweigt. In Deutschland ist diese so genannte „Last Mile” im Landesdurchschnitt kürzer als 4 Kilometer, in städtischen Gebieten zu 90% sogar kürzer als 2.8 km.
Aufgrund der topologischen Gegebenheiten verzweigt sich das Telefonnetz sternförmig zum Endkunden hin immer mehr. Um nicht für jeden Teilnehmer ein separates Kupferkabel zur Ortsvermittlungsstelle legen zu müssen, wurden Verzweiger zwischengeschaltet und die Leitungen in entsprechend großen Kabeln gebündelt. Der Teilnehmeranschlussbereich setzt sich deshalb meist wie folgt zusammen:
- das Hauptkabel mit bis zu 2000 Doppeladern zwischen der Ortsvermittlungsstelle bzw. dem Hauptverteiler und einem Kabelverzweiger (KVZ),
- das Verzweigungskabel zwischen KVZ und Endverzweiger (EVZ) mit bis zu 300 Doppeladern und mit maximal 500 Meter deutlich kürzer als ein Hauptkabel,
- das Hausanschlusskabel zwischen Endverzweiger und der Netzabschlussdose beim Teilnehmer mit zwei Doppeladern.
Um die induktiven und kapazitiven Beeinflussungen von benachbarten Leitungspaaren zu vermindern und damit die Packungsdichte zu erhöhen, werden zwei Doppeladern jeweils zu einem so genannten Sternvierer verseilt. Die Abbildung zeigt einen solchen Sternvierer und ein Bündelkabel. Im dargestellten Beispiel werden
- je fünf solcher Vierer zu einem Grundbündel, und
- je fünf Grundbündel zu einem Hauptbündel
zusammengefasst. Das Kabel beinhaltet 50 Doppeladern mit PE–Isolierung.
Im Bereich der Deutschen Bundespost (heute: Deutsche Telekom) wurden in der Vergangenheit Kupfer–Zweidrahtleitungen – in Netzplänen meist mit „Cu” bezeichnet – mit Aderndurchmessern von 0.35 mm, 0.4 mm und 0.5 mm verlegt. Alle folgenden Aussagen beziehen sich auf Leitungen mit 0.4 mm Durchmesser. Für diese wurden zum Beispiel in [1] folgender empirisch gefundener Dämpfungs– und Phasenverlauf angegeben, wobei $l$ die Leitungslänge bezeichnet:
Im Kapitel 4 des Buches „Lineare zeitinvariante Systeme” werden die elektrischen Eigenschaften von Kupferleitungen im Detail beschrieben. Hier beschränken wir uns auf einige wenige Eigenschaften, die im Hinblick auf ihre Verwendung bei ISDN von Interesse sind.
In der Grafik ist für die Leitungslängen $l$ = 1 km, $l$ = 2 km und $l$ = 4 km bei 0.4 mm Leitungsdurchmesser der Dämpfungsverlauf im Frequenzbereich bis 1 MHz dargestellt. Die Bildbeschreibung folgt auf der nächsten Seite.
Mit dem folgenden interaktiven Berechnungsmodul können Sie sich den Dämpfungsverlauf von symmetrischen Leitungen und Koaxialkabeln mit unterschiedlichen Abmessungen ansehen: Dämpfungsverlauf von Kupferkabeln
Man erkennt aus dem Dämpfungsverlauf für den Leitungsdurchmesser 0.4 mm:
- Die Dämpfungsfunktion $a_{\rm K}(f)$ liegt für einen Kilometer Kabellänge zwischen 5.1 dB (bei $f$ = 0) und 19.4 dB (bei $f$ = 1 MHz). $a_{\rm K}(f)$ ist proportional zur Kabellänge. Bei $l$ = 4 km vervierfachen sich die oben angegebenen Werte.
- Kabellängen von 4 km treten bei ISDN höchstens auf dem $U_{\rm K0}$–Bus auf, also auf der Verbindung zwischen Ortsvermittlungsstelle und Endverzweiger. Die Symbolfolgefrequenz beträgt hier aufgrund der 4B3T–Codierung nur 120 kHz.
- In der Grafik ist dieser ISDN–relevante Bereich gelb hinterlegt. Bei 120 kHz und $l$ = 4 km beträgt die Dämpfung ca. 37 dB, ist also im Vergleich zum breitbandigen DSL (Digital Subscriber Line) eher moderat. Das bedeutet: Für ISDN ist die Kabeldämpfung unkritisch.
- Der obige Dämpfungsverlauf gilt nur für das Übertragungsmedium „Zweidrahtleitung”. Im ISDN–Zugangsnetz gibt es aber daneben auch Übertrager mit der Konsequenz, dass darüber Gleichsignalanteile nicht übertragen werden können.
- Für das ISDN–System bedeutet diese Tatsache, dass im Zugangsnetz (auf dem $U_{\rm K0}$–Bus) durch eine Leitungscodierung – genauer gesagt durch den 4B3T–Code – die Gleichsignalfreiheit des Sendesignals gewährleistet werden muss.
- Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei Zweidrahtleitungen in Kabelbündeln das Nebensprechen von benachbarten Adern die dominante Störquelle darstellt und nicht etwa das thermische Rauschen wie bei einem Koaxialkabelsystem.
- Deshalb kann hier die Bitfehlerwahrscheinlichkeit nicht durch eine Erhöhung der Sendeleistung abgesenkt werden, da man durch einen höheren Pegel das Störsignal (für andere Doppeladern) in gleicher Weise verstärken würde wie das Nutzsignal.
- Von den Nebensprechstörungen ist Nahnebensprechen kritischer als Fernnebensprechen. Nahnebensprechen ergibt sich, wenn zwei benachbarte Doppeladern in unterschiedliche Richtung betrieben werden, so dass der gestörte Empfänger örtlich nahe beim störenden Sender liegt. Dagegen wird bei Fernnebensprechen die induzierte Störleistung durch die Kabeldämpfung merklich abgeschwächt und hat so geringere Auswirkungen.
Vierdraht– und Zweidrahtübertragung
Eine Kommunikationsverbindung arbeitet meist – so auch bei ISDN – im Vollduplexbetrieb, das heißt, die beiden Kommunikationspartner senden kontinuierlich und unabhängig voneinander. Um diese Betriebsart zu gewährleisten, sind zwei Varianten möglich, die in der Grafik dargestellt sind. Die Sende– und Empfangseinrichtung beim Kunden (Teilnehmer A) wird als Network Termination (NT) bezeichnet, die entsprechende Gegenstelle in der Ortsvermittlungsstelle heißt Line Termination (LT).
Es gibt zwei Möglichkeiten für einen solchen Vollduplexbetrieb:
- Man kann die Kommunikation von A → B und die Gegenrichtung von B → A über getrennte Leitungen realisieren. Eine solche Vierdrahtübertragung wird bei ISDN im Hausanschlussbereich – dem sogenannen S0–Bus – angewendet, wobei für jede Richtung eine Doppelader zur Verfügung gestellt wird.
- Ökonomischer ist die gemeinsame Nutzung einer Doppelader für beide Richtungen – also die so genannte Zweidrahtübertragung. Diese wird bei ISDN im Zugangsnetz – auf dem UK0–Bus – angewendet. Da für beide Richtungen der gleiche Frequenzbereich benutzt wird, spricht man auch vom Zweidraht–Frequenzgleichlageverfahren.
Bei der Vierdrahtübertragung kann es über die ersten Meter der Leitung durch induktive oder kapazitive Kopplungen zu Nahnebensprechen (siehe vorherige Seite) kommen, das heißt, der Sender stört den eigenen Empfänger.
Bei der Zweidrahtvariante ist die interne Reflexion des Sendesignals in den (eigenen) Empfänger die dominante Störungsursache, die bei schmalbandigen Sendesignalen (beispielsweise Sprache) durch eine Gabelschaltung vermieden oder vermindert werden kann. Bei Breitbandsignalen sind zusätzlich aufwändige adaptive Verfahren zur Echokompensation erforderlich.
Einige Grundlagen von PCM
Das ISDN–Konzept basiert weitgehend auf der Pulscodemodulation (PCM), deren Grundzüge schon 1938 von Alec Reeves entwickelt wurden. Dieses wichtige Grundlagengebiet für die digitalen Modulation und die Digitalsignalübertragung wird im Kapitel 4.1 des Buches „Modulationsverfahren” detailliert beschrieben. Hier folgt eine kurze Zusammenfassung in Hinblick auf die Verwendung bei ISDN.
Die Grafik zeigt das Blockschaltbild des PCM–Übertragungssystems, das an die Gegebenheit bei ISDN angepasst ist. Man erkennt:
- Das analoge (das heißt: wert– und zeitkontinuierliche) Quellensignal $q(t)$ wird durch die drei Funktionsblöcke Abtastung – Quantisierung – PCM–Codierung in das Binärsignal $q_{\rm C}(t)$ gewandelt. In der Grafik geschieht dies im oberen Signalpfad.
- Der grau hinterlegte Block zeigt das digitale Übertragungssystem mit Sender, Kanalverzerrungen und Rauschaddition sowie dem Digitalempfänger, der unter anderem einen Entscheider beinhaltet. Das Kanalausgangssignal $v_{\rm C}(t)$ ist wie $q_{\rm C}(t)$ ein Binärsignal.
- Im unteren Zweig erkennt man den PCM–Decoder mit dem immer noch zeitdiskreten, nun aber höherstufigen Ausgangssignal $v_{\rm Q}(t)$. Anschließend folgt die Signalrekonstruktion zur Gewinnung des Analogsignals $v(t)$, wozu ein idealer, rechteckförmiger Tiefpass ausreicht.
- Für die Quantisierung gibt es empfängerseitig keine Entsprechung, das heißt, die beim Sender unvermeidbaren Quantisierungsfehler sind irreversibel. Deshalb gilt bei PCM wie bei jeder Form von Digitalsignalübertragung stets $v(t) ≠ q(t)$.
- Ein wichtiger Quantisierungsparameter ist die Stufenzahl $M$ = $2^N$, wobei $N$ die Anzahl der für einen Abtastwert erforderlichen Binärzeichen angibt. Je größer $N$ ist, desto weniger stark ist der störende Einfluss der Quantisierung und um so höher die Qualität des PCM–Systems.
Alle diese Aussagen gelten für PCM allgemein. Auf der nächsten Seite werden die Besonderheiten der Pulscodemodulation bei ISDN genannt.
Die Abtastung im Zeitabstand $T_{\rm A}$ erfolgt entsprechend dem Abtasttheorem. Dieses besagt:
- Besitzt das Spektrum $Q(f)$ des analogen Quellensignals Anteile bis zur Frequenz $f_{\rm NF, max}$, so muss die Abtastrate folgende Bedingung erfüllen:
- ISDN–Telefonsignale enthalten Spektralanteile zwischen 300 Hz und 3400 Hz und die Abtastrate beträgt $f_{\rm A}$ = 8 kHz ⇒ $T_{\rm A}$ = 125 μs. Somit ist das Abtasttheorem erfüllt.
Wie bereits erwähnt, führt die Quantisierung auf $M$ mögliche Eingangswerte zu irreversiblen Fehlern. Wegen der nachfolgenden binären PCM–Codierung wird für $M$ stets eine Zweierpotenz gewählt. Damit lässt sich jeder der $M$–stufigen Eingangswerte durch $N$ = ld $(M)$ Binärsymbole (Bit) darstellen. Bei dieser Dimensionierung ist zu beachten:
- Das Quantisierungs–Signal–zu–Störleistungsverhältnis ist $ρ_{\rm Q} ≈ M^2 = 2^{2N}$. Diese Größe beschreibt das resultierende SNR $ρ_v$ an der Sinke unter der Voraussetzung, dass nicht zusätzlich noch Übertragungsfehler auftreten. Bei Berücksichtigung von Störungen (bzw. Rauschen) ist das Sinken–SNR $ρ_v$ stets kleiner als das Quantisierungs–SNR $ρ_{\rm Q}$.
- Durch große Werte von $M$ bzw. $N$ kann man die PCM–Qualität auf Kosten des Aufwands, der Übertragungsrate und der damit erforderlichen HF–Bandbreite erhöhen. Bei ISDN wurde mit $N$ = 8 ⇒ $M$ = 256 ein (für die 1990er Jahre) guter Kompromiss zwischen wünschenswerter Qualität und erforderlicher Bitrate standardisiert.
- Die ISDN–Bitrate (für jeden der beiden B–Kanäle) beträgt entsprechend den obigen Angaben 8 · 8000 1/s = 64 kbit/s. Das Quantisierungs-SNR ist somit gleich
- Bei CD–Qualität ( $N$ = 16 ⇒ $M$ = 65536) würde sich 10 · lg $ρ_{\rm Q} ≈ 96 dB ergeben. Dazu müsste allerdings die Bitrate auf 128 kbit/s verdoppelt werden. Betrachten wir nun den grauen Block im PCM-Blockschaltbild. Bei ISDN beinhaltet der Sender keinen Modulator zur Frequenzumsetzung und der Empfänger keinen Demodulator. Das heißt: ISDN ist ein '''Basisbandübertragungssystem''' mit folgenden Besonderheiten: *Beim ISDN–Übertragungssystem wird ein redundantes ternäres Sendesignal $s(t)$ verwendet, wobei auf der $\text{S}_0$–Schnittstelle (Hausanschluss) der modifizierte AMI–Code zum Einsatz kommt und auf der $U_{\rm K0}$–Schnittstelle (Zugangsnetz) ein 4B3T–Code. *Die dominante Störung $n(t)$ ist das Nahnebensprechen von benachbarten Leitungspaaren. Viele der im Buch „Digitalsignalübertragung” für AWGN–Rauschen angegebenen Aussagen gelten bei dieser Störungsart nur bedingt.
Entstehung und historische Entwicklung
Nachfolgend sind einige Daten zur historischen Entwicklung der digitalen Übertragungstechnik und Vermittlungstechnik – insbesondere von ISDN – zusammengestellt. Hierbei beschränken wir uns vorwiegend auf die Entwicklungen in Deutschland. Weitere Informationen hierüber findet man in [2].
- Um 1970 – Weltweit wird die Notwendigkeit digitaler Teilnehmeranschlüsse erkannt; dies ist der Anfang der digitalen Übertragungstechnik mit Pulscodemodulation (PCM).
- 1979 – Entscheidung der Deutschen Bundespost (DBP), alle Vermittlungsstellen zu digitalisieren.
- Um 1980 – Erste ISDN–Spezifikation durch Comité Consultatif International Téléphonique et Télégraphique (CCITT) – heute International Telecommunication Union (ITU).
- 1982 – Entscheidung der DBP für die Einführung von ISDN und Konkretisierung der Pläne. Bis zur Einführung dauert es allerdings noch sieben Jahre.
- 1984/85 – Die DBP nimmt die ersten digitalen Fern– und Ortsvermittlungsstellen in Betrieb.
- 1987 – Start zweier ISDN–Pilotprojekte der DBP in Mannheim und Stuttgart.
- 1989 – Beginn des offiziellen Betriebs des nationalen ISDN nach dem 1TR6–Standard am 08.03. auf der CeBIT in Hannover; Spezifikation eines europaweit einheitlichen ISDN (Euro–ISDN).
- 1993/94 – ISDN–Flächendeckung in den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland; Beginn des Breitband–ISDN-Pilotprojekts (ATM) der inzwischen privatisierten Deutschen Telekom.
- 1995 – Offizielle Einführung des europaweiten ISDN nach dem DSS1–Standard (Euro–ISDN).
- 1996 – Einführung des Breitband–ISDN–Regeldienstes.
- 1998 – Vollständig digitalisiertes Netz in Deutschland.
Die linke Grafik zeigt die Zunahme der ISDN–Teilnehmer in Deutschland (blaue Balken). Bereits 1999 wird die Zehnmillionen–Marke überschritten und 2002 gibt es schon 20 Millionen ISDN–Teilnehmer in Deutschland. Im Jahr 2004 sind schon die Hälfte aller Schmalbandkanäle digital, nachdem die Zahl der analogen Telefonanschlüsse schon ab 2000 deutlich weniger wurden.
Aus der Grafik kann man aber auch eine gewisse Sättigung (mathematisch ausgedrückt: eine negative zweite Ableitung) der ISDN–Kurve ablesen. Dies hängt unmittelbar mit der Erfolgsgeschichte von DSL (Digital Subscriber Line) zusammen, die etwa 2001 beginnt. Hierzu mehr im Kapitel 2 dieses Buches.
Aufgaben zu Kapitel 1.1
Quellenverzeichnis