Fehlerwahrscheinlichkeit der PN–Modulation

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Das CDMA–System IS–95

Die Eigenschaften der PN–Modulation sollen nun am Beispiel des amerikanischen Mobilfunkstandards IS–95, der sich aus den Arbeiten der Fa. Qualcomm Inc. und insbesondere von Andrew J. Viterbi ergeben hat, quantitativ angegeben werden. In etwas vereinfachter Darstellung – ohne Faltungscodierer, Interleaver und De–Interleaver sowie dem Viterbi–Decoder beim Empfänger – ergibt sich das folgende Blockschaltbild.


Betrachtetes Blockschaltbild im Kapitel 5.4


Es gelten folgende Aussagen:

  • Das Spreizsignal $c(t)$ bewirkt eine Bandspreizung um den Spreizfaktor $J$, wobei auf den nächsten Seiten sowohl Walsh–Funktionen als auch M–Sequenzen betrachtet werden. Die Bandstauchung beim Empfänger benutzt phasensynchron die gleiche Spreizfolge.
  • Das zusätzliche ±1–Signal $w(t)$ ermöglicht eine zusätzliche Verwürfelung, bewirkt jedoch keine weitere Bandspreizung. Die Rechteckdauer von $w(t)$ ist genau so groß wie die Rechteckdauer von $c(t)$. Man nennt $T_c$ die Chipdauer.
  • Ohne Bandspreizung und Verwürfelung (bzw. mit $J =$ 1) entspricht die Übertragungskette der BPSK–Modulation. Das Matched–Filter ist durch die Variante Integrate & Dump realisiert, so dass es sich um ein optimales System handelt.
  • Mit $H_{\rm K}(f) =$ 1 ergibt sich das AWGN–Kanalmodell mit dem gaußverteilten Rauschsignal $n(t)$ und der AWGN–Kenngröße $E_{\rm B}/N_0$. Die zusätzliche Störkomponente $i(t)$ fasst die Interferenzen der anderen Teilnehmer zusammen.
  • Bei einem Mehrwegekanal (ein Hauptpfad und ein oder mehrere Nebenpfade) können die entstehenden Impulsinterferenzen durch den Einsatz eines RAKE–Empfängers vermindert werden. Hierauf wird erst am Ende dieses Kapitels näher eingegangen.


Alle nachfolgenden Ergebnisse wurden mit dem Simulationsprogramm „CDMA” ermittelt. Dieses wird an der TU München im Praktikum „Simulation digitaler Übertragungssysteme” [Söd01][1] eingesetzt.

Download des Programms CDMA (ZIP–Version)

Download der Versuchsanleitung zu CDMA (PDF–Version)

Systemkonfigurationen mit minimaler Fehlerwahrscheinlichkeit

Die nachfolgende Grafik zeigt als durchgezogene blaue Kurve die Bitfehlerwahrscheinlichkeit bei BPSK in Abhängigkeit des logarithmierten AWGN–Parameters $E_{\rm B}/N_0$ (Signalenergie pro Bit bezogen auf die Rauschleistungsdichte). Es gilt mit der komplementären Gaußschen Fehlerfunktion $Q(x)$: $$p_{\rm B} = {\rm Q} \left ( \sqrt{{2E_{\rm B}}/{N_{\rm 0}}}\hspace{0.05cm}\right ) \hspace{0.05cm}.$$

Beispielsweise ergibt sich für 10 · lg $(E_{\rm B}/N_0) =$ 8 dB näherungsweise $p_{\rm B} = \rm 2 · 10^{–4}$.


Fehlerwahrscheinlichkeitskurven beim AWGN–Kanal


Den gleichen minimalen Wert liefert eine Simulation (rote Punkte) unter folgenden Bedingungen:

  • die PN–Modulation, egal ob mit einer M–Sequenz oder mit einer Walsh–Funktion, bei beliebigem Spreizgrad $J$, falls nur ein Teilnehmer aktiv ist,
  • der synchrone CDMA–Betrieb mit Walsh–Funktionen, auch wenn im gleichen Frequenzband andere Nutzer (maximal $J$ –1) aktiv sind,
  • in beiden Fällen nur zutreffend beim AWGN–Kanal. Da hier keine Impulsinterferenzen auftreten, kann auch auf den RAKE–Empfänger verzichtet werden.

Zwei Teilnehmer mit M–Sequenz–Spreizung

Wir betrachten den störenden Einfluss eines zweiten Teilnehmers auf die Fehlerwahrscheinlichkeit von Teilnehmer 1. Die Spreizung erfolgt mittels M–Sequenzen, die im Gegensatz zu den Walsh–Funktionen nicht zueinander orthogonal sind. Weiter gilt: Spreizfaktor $J =$ 15, Oktalkennungen (23) und (31).


Fehlerwahrscheinlichkeit bei Bandspreizung mit M–Sequenz


  • Bei nur einem Teilnehmer ergibt sich die blaue durchgezogene Kurve. Der zweite (taktsynchrone) Teilnehmer erhöht die Fehlerwahrscheinlichkeit gravierend, zum Beispiel für 10 · lg $E_{\rm B}/N_0 =$ 8 dB von $p_{\rm B} =$ 0.02% auf $p_{\rm B} =$1.5% (braune Markierungen, $τ =$ 0).
  • Durch einen Phasenversatz der PN–Sequenzen gegeneinander um Vielfache der Chipdauer kann man beträchtliche Verbesserungen erzielen. Verschiebt man beispielsweise die PN–Sequenz (31) des interferierenden Teilnehmers um $τ = 2T_c$ nach rechts (rote Markierungen), so erhält man statt 1.5% Fehler nur mehr die Fehlerwahrscheinlichkeit 0.034%.
  • Die Ergebnisse werden verständlich, wenn man die PKKF $φ_{23,31}(λT_c)$ zwischen den Sequenzen (23) und (31) betrachtet. Je kleiner der PKKF–Betrag ist, desto kleiner wird $p_{\rm B}$. Man könnte also auch die zweite PN–Sequenz um 6 oder 8 Chipdauern nach rechts oder um 5, 6 oder 7 nach links verschieben. In all diesen Fällen ist der PKKF–Betrag minimal gleich 1/15 (rote Punkte) im Vergleich zu $φ_{23, 31}(0) =$ 7/15, $φ_{23, 31}(T_c) =$ 3/15, $|φ_{23, 31}(3 T_c)| =$ 5/15.
PKKF der PN–Sequenzen (23) und (31)

Asynchroner CDMA–Betrieb mit Walsh–Funktionen

In Abschnitt 2 dieses Kapitels wurde gezeigt, dass bei Verwendung von orthogonalen Walsh–Funktionen die Bitfehlerwahrscheinlichkeit $p_{\rm B}$ auch bei Vorhandensein anderer CDMA–Teilnehmer gegenüber der BPSK–Vergleichskurve (System ohne Bandspreizung) nicht verändert wird, so lange alle Teilnehmer synchron arbeiten. Diese Voraussetzung ist im Mobilfunk im allgemeinen für den Downlink (der Sender ist eine Basisstation) erfüllt, nicht jedoch im Uplink (Sender sind viele mobile Endgeräte).

Fehlerwahrscheinlichkeit bei asynchronem CDMA–Betrieb mit Walsh-Spreizfunktionen


Die Grafik zeigt die Fehlerwahrscheinlichkeitskurven für den jeweils ungünstigsten Phasenversatz der Spreizfolgen von betrachtetem Teilnehmer und störendem Teilnehmer (jeweils $J =$ 16). Der erstere benutze dabei stets die Walsh–Funktion Nr. 15. Das Ergebnis kann wie folgt zusammengefasst werden:

  • Benutzt der störende Teilnehmer die Walsh–Funktion Nr. 1, so macht sich ein Phasenversatz nicht negativ bemerkbar, da die PKKF $φ_{1, 15}(λ · T_c)$ für alle $λ$–Werte gleich 0 ist.
  • Verwendet dagegen der zweite Teilnehmer die Walsh–Funktion Nr. 14 (oder eine andere ≥ 8), so ergibt sich durch einen Phasenversatz um eine Chipdauer eine enorme Verschlechterung. Es gilt zwar $φ_{14, 15}(0) =$ 0, aber für $λ =$ 1 hat diese PKKF mit $φ_{14, 15}(T_c) =$ 3/4 einen sehr großen Wert.

Fehlerwahrscheinlichkeit bei Zweiwegekanal (1)

Für den Rest von Kapitel 5.4 setzen wir voraus, dass der Kanal neben dem AWGN–Rauschen noch eine Mehrwegekomponente enthält. Die Kanalimpulsantwort lautet: $$h_{\rm K}(t) = 0.8 \cdot \delta (t) + 0.6 \cdot \delta (t - 2 T_c)$$ Das heißt: Der Hauptpfad wird um den Faktor 0.8 gedämpft. Daneben gibt es ein Echo im Abstand $2T_c$ mit dem Gewicht 0.6. Die Grafik zeigt die Fehlerwahrscheinlichkeitskurve, wobei eine Bandspreizung mit $J =$ 16 durch Walsh–Funktionen vorausgesetzt wird. Interferenzen durch andere Nutzer treten nicht auf.


CDMA–Fehlerwahrscheinlichkeit beim Zweiwegekanal


Die Kurven zeigen folgende Sachverhalte:

  • Die Walsh–Funktion Nr. 2 (+ + – – + + – – ...) ist für den oben definierten Zweiwegekanalanal denkbar ungeeignet, da sich hier das bandgespreizte Signal $b(t)$ aufgrund des Echos im Abstand $2T_c$ nahezu auslöscht. Dies erkennt man auch am PAKF–Wert $φ_{22}(τ = 2T_c) =$ –1.
  • Die Walsh–Funktion Nr. 1 (+ – + – + – + – ...) ist dagegen bei diesem Kanal sehr gut geeignet. Das Echosignal überlagert sich dem Signal auf dem Hauptfeld konstruktiv und $b(t)$ wird fast verdoppelt. Das sehr gute Ergebnis lässt sich durch den PAKF–Wert $φ_{11}(τ = 2T_c) =$ +1 erklären.
  • Für die Walsh–Funktion Nr. 12 gleichen sich die konstruktiven und destruktiven Überlagerungen nahezu aus, so dass die Fehlerwahrscheinlichkeit in etwa auf der BPSK–Kurve zu liegen kommt. Auch alle anderen Walsh–Funktionen liegen zwischen den braunen und gelben Grenzkurven.


Da aber ein Netzbetreiber für alle Teilnehmer gleiche Bedingungen bereitstellen muss und sich die Grafik ausschließlich auf den oben angegebenen Kanal bezieht (zum Beispiel ist bei einer Echoverzögerung um $T_c$ die Walsh–Funktion Nr. 2 deutlich besser als Nr. 1), ist die hier betrachtete Konfiguration für den praktischen Betrieb ungeeignet. Nachfolgend wird gezeigt, wie man für alle Teilnehmer annähernd gleiche Bedingungen schaffen kann.

Fehlerwahrscheinlichkeit bei Zweiwegekanal (2)

Eine Möglichkeit, die Qualität für die einzelnen Benutzer (unterschiedliche Walsh–Funktionen, hier alle mit Spreizfaktor $J =$ 16) auch beim Zweiwegekanal zu egalisieren, bietet die zusätzliche Verwürfelung mit $w(t)$ entsprechend dem vorne gezeigten Blockschaltbild. Für die folgende Grafik ist für jeden Benutzer eine zusätzliche M–Sequenz der Periodenlänge $P =$ 63 (Grad $G =$ 6) vorausgesetzt.


CDMA–Fehlerwahrscheinlichkeit, Zweiwegekanal, zusätzliche Verwürfelung


Zu dieser Darstellung ist anzumerken:

  • Die eingezeichneten Punkte gelten für die Walsh–Funktion Nr. 12 als Spreizsignal $c(t)$ und eine zusätzliche Verwürfelung $w(t)$ durch die M–Sequenz mit Oktalkennung (163).
  • Die Ergebnisse für andere Walsh–Funktionen, zum Beispiel Nr. 1 oder Nr. 2 unterscheiden sich dem gegenüber innerhalb der Zeichengenauigkeit nur unwesentlich.
  • Gegenüber dem reinen AWGN–Kanal (blaue Vergleichskurve) ergibt sich beim betrachteten Zweiwegekanal mit den Koeffizienten 0.8 und 0.6 eine Degradation von etwa 2 bis 3 dB.



Quellenverzeichnis

  1. Söder, G.: Simulation digitaler Übertragungssysteme. Anleitung zum gleichnamigen Praktikum. Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technische Universität München, 2001.