Prinzip der Nachrichtenübertragung
Inhaltsverzeichnis
Nachricht - Information - Signal
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen den Begriffen Nachricht und Information, die heutzutage allerdings oft synonym verwendet werden.
Eine Email von Herrn Maier an Frau Müller ist stets eine Nachricht. Für Frau Müller bedeutet der Erhalt dieser Email allerdings nur dann einen Informationsgewinn, wenn sie dadurch etwas Neues erfährt. Die durch eine Nachricht übermittelte Information hängt also in starkem Maße vom Kenntnisstand des Empfängers ab. In der Praxis ist die in einer Nachricht enthaltene Information eher gering, insbesondere im Anwendungsbereich der Telefonie.
Für die Übertragung und die Speicherung einer Nachricht ist stets ein energetischer bzw. materieller Träger erforderlich, der Signal genannt wird. Physikalisch erfolgt die Darstellung einer Nachricht also durch Signale, die von ganz unterschiedlicher Natur sein können. Mögliche Erscheinungsformen sind:
- elektrische Signale (z. B. Strom- und Spannungsverlauf),
- elektromagnetische Wellen (z. B. bei der Funkübertragung),
- Verlauf von Druck, Temperatur oder anderer physikalischer Größen,
- akustische Signale (z. B. Ausgangssignal eines Lautsprechers),
- optische Signale (z. B. Ausgangssignal eines Lasers).
Die zur Nachrichtenübertragung verwendeten Signale sind in der Regel Zeitfunktionen. Das bedeutet, dass (zumindest) einer der Signalparameter abhängig vom Zeitparameter $t$ ist. Solche Signalparameter sind beispielsweise bei einem Signalton die Amplitude („Lautstärke“) und die Frequenz („Tonhöhe“).
In einem Nachrichtenspeicher werden die Zeitfunktionen oft auch auf räumliche Funktionen geeigneter physikalischer Größen wie Magnetisierung (Magnetband) oder Schwärzungsgrad (Film) abgebildet.
Die Menge aller Nachrichtensignale lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren, die im Kapitel 1.2 benannt werden.
Blockschaltbild eines Nachrichtenübertragungssystems
Im nachfolgenden Bild ist ein Nachrichtenübertragungssystem schematisch dargestellt.
Die einzelnen Systemkomponenten haben folgende Aufgaben:
- Die Nachrichtenquelle liefert das Quellensignal $q(t)$, das über den Nachrichtenkanal zur räumlich entfernten Sinke übertragen werden soll. Die Nachrichtenquelle kann zum Beispiel ein Computer, ein Radiosender oder ein Fernsprechteilnehmer sein.
- Meist ist das Quellensignal $q(t)$ selbst für die Übertragung ungeeignet und muss erst in geeigneter Weise in das Signal $s(t)$ umgewandelt werden. Dieser Vorgang wird Modulation genannt und vom Sender bewerkstelligt. Deshalb wird $s(t)$ im Folgenden als das Sendesignal bezeichnet.
- Bei der Übertragung über den Kanal wird dieses Signal $s(t)$ in seiner Form verändert; gleichzeitig addieren sich mehr oder weniger starke Stör- und Rauschsignale. Das Signal am Kanalausgang und gleichzeitig am Empfängereingang bezeichnen wir als das Empfangssignal $r(t)$.
- Der Empfänger muss die beim Sender vorgenommene Wandlung wieder rückgängig machen. Wurde beispielsweise das niederfrequente Quellensignal $q(t)$ in das höherfrequente Sendesignal $s(t)$ umgesetzt, so muss der Empfänger auch einen Demodulator beinhalten.
- Der letzte Block in obigem Bild ist die Nachrichtensinke. Das Sinkensignal $v(t)$ ist wie das zu übertragende Signal $q(t)$ wieder niederfrequent. Im Idealfall, der in der Praxis allerdings nie exakt erreicht werden kann, sollte für alle Zeiten $v(t) = q(t)$ gelten.
Nachrichtenquelle
Als Beispiele für Nachrichtenquellen bzw. für das Quellensignal $q(t)$ können genannt werden:
- Audiosignale, z. B. Sprache oder Musik,
- Videosignale, z. B. ein analoges Fernsehsignal oder MPEG-codiertes Streaming-Video,
- Datensignale, z. B. der Datenstrom einer USB-Schnittstelle oder eine Email im Internet,
- Messsignale, z. B. zur Steuerung oder zur Regelung in einem Produktionsprozess.
Man unterscheidet zwischen analogen und digitalen Nachrichtenquellen. Nähere Informationen hierüber finden Sie im Kapitel 1.2 und dem nachfolgenden Lernvideo:
Analoge und digitale Signale (Dauer Teil 1: 3:46; Teil 2: 3:28)
Die im Buch dargelegten Beschreibungsformen gelten für Analogsignale und Digitalsignale gleichermaßen.
Nebenstehend sehen Sie die Frequenz–Zeitdarstellung eines Sprachsignals (wir bedanken uns bei Markus Kaindl, LNT/TUM, für die Bereitstellung dieser Grafik).
Man erkennt zu unterschiedlichen Zeiten die verschiedenen Frequenzanteile im kHz-Bereich. Es handelt sich hierbei um einen männlichen Sprecher.
Aufgaben des Senders
Die wesentliche Aufgabe des Nachrichtensenders ist es, das Quellensignal $q(t)$ derart in ein Sendesignal $s(t)$ umzuformen, dass dieses unter Einhaltung vorgegebener Leistungsmerkmale möglichst gut an den Übertragungskanal angepasst ist. Dazu enthält jeder Sender entsprechende Funktionseinheiten wie
- Wandler – z. B. ein Mikrofon zur Umwandlung der physikalischen Größe „Druck” (akustische Welle) in ein elektrisches Signal,
- Signalumsetzer – beispielsweise von „analog” nach „digital” mit Hilfe der Komponenten Abtastung, Quantisierung und Binärcodierung,
- Codierer zum Entfernen von Redundanz zur Datenkomprimierung (Quellencodierung) oder zum systematischen Hinzufügen von Redundanz, die beim Empfänger zur Fehlererkennung und/oder Fehlerkorrektur genutzt werden kann (Kanalcodierung),
- Modulator zur Anpassung an den Übertragungskanal – z. B. eine Frequenzumsetzung mittels Amplituden-, Frequenz- oder Phasenmodulation bzw. den entsprechenden digitalen Verfahren.
Je nach Anwendung bedeuten die obigen Leistungsmerkmale, dass für die Signalübertragung ganz spezifische Eigenschaften gefordert werden. Solche Merkmale sind beispielsweise:
- Leistungsbegrenzung – aufgrund der Diskussionen zum Thema Elektrosmog hochaktuell,
- Bandbreiteneffizienz – die UMTS-Versteigerung hat gezeigt, um welche Beträge es geht,
- Distanz bzw. Reichweite – ungünstige Werte erhöhen die Kosten der Infrastruktur,
- Übertragungsqualität – z. B. ein hoher Signal-zu-Störabstand oder eine geringe Fehlerrate.
Übertragungskanal
Bei der Realisierbarkeit bestimmter Übertragungseigenschaften spielt das Übertragungsmedium mit seinen physikalischen Eigenschaften eine wesentliche Rolle. Beispiele für Übertragungsmedien sind:
- elektrische Leitungen, z. B. Kupferdraht, Twisted Pair,
- Koaxialkabel, z. B. Antennenleitung oder Kabelnetz,
- Lichtwellenleiter, z. B. Multimode- und Monomodeglasfaser,
- Funkkanäle, z. B. Rundfunk, Mobilfunk und Satellitenfunk.
Diese Übertragungsmedien sind in der Praxis nicht ideal und beeinträchtigen die Übertragung. Dies bedeutet: Das Empfangssignal $r(t)$ unterscheidet sich vom Sendesignal $s(t)$ aufgrund
- der Kanaldämpfung,
- von Laufzeiten auf dem Kanal,
- von Verzerrungen linearer und nichtlinearer Art.
Hinzu kommt, dass sich die Übertragungseigenschaften des Kanals – wie beispielsweise beim Mobilfunk – mit der Zeit stark verändern können (Zeitvarianz).
Zusätzlich sind stets die bei der Signalübertragung auftretenden Störsignale zu berücksichtigen. Hier kann man als Beispiele nennen:
- Rauschsignale – z. B. Widerstands- und Halbleiterrauschen,
- Impulsstörungen – z. B. Starkstromleitungen, Funkenstörungen und Entladungen,
- Nachbarkanalstörungen (Übersprechen anderer Nutzer, Interferenzen, Kreuzmodulation).
Sie finden einige grundlegende Details über die Modellierung des Nachrichtenkanals allgemein und des recht einfachen AWGN-Kanalmodells in nachfolgendem Lernvideo:
Eigenschaften des Übertragungskanals (Dauer 5:50)
Empfänger – Nachrichtensinke
Als Beispiele für die Nachrichtensinke können wir nennen:
- Auge und Ohr des Menschen,
- Videorecorder und Anrufaufzeichner,
- ein Personalcomputer, der eine Datei aus dem Internet herunterlädt, oder
- eine Steuerungsanlage, die empfangene Messsignale verarbeitet.
Damit zumindest im – in der Praxis allerdings nie erreichbaren – Idealfall das Sinkensignal $v(t)$ mit dem Quellensignal $q(t)$ übereinstimmen könnte, müssen durch den Empfänger alle sendeseitig getroffenen Maßnahmen rückgängig gemacht werden. Eine weitere wichtige Aufgabe des Empfängers besteht darin, die bei der Übertragung aufgetretenen Signalverfälschungen und Störungen möglichst gut zu beseitigen.
Entsprechende Funktionseinheiten des Empfängers können sein:
- Wandler – zum Beispiel ein Lautsprecher zur Umwandlung eines elektrischen in ein akustisches Signal (Gegenstück zum Mikrofon),
- Signalrücksetzung – zum Beispiel die Rekonstruktion des Analogsignals aus den digitalen Abtastwerten (Gegenstück zum A/D-Wandler),
- Decodierung – zum Beispiel mit der Möglichkeit zur Fehlererkennung und Fehlerkorrektur (Gegenstück zum Kanalcodierer),
- Demodulation – zum Beispiel Frequenzrücksetzung des Signals in den ursprünglichen Frequenzbereich (Gegenstück zum AM/FM/PM-Modulator).
Die Realisierung solcher Systemkomponenten für Sender und Empfänger geschieht durch verrschiedene elektrische Netzwerke und Baugruppen. Auch hier lassen sich beispielhaft einige Funktionseinheiten nennen:
- Verstärker, Filter und Entzerrer,
- Oszillatoren und nichtlineare Komponenten zur (De-)Modulation und Synchronisation,
- digitale Signalverarbeitungskomponenten und Signalprozessoren.
Signalverfälschungen
Es wurde bereits angesprochen, dass im Idealfall $v(t) = q(t)$ sein sollte. Gilt jedoch wie bei jedem realen Übertragungskanal $r(t) \neq s(t)$, so wird sich natürlich auch das Sinkensignal $v(t)$ vom Quellensignal $q(t)$ unterscheiden. Hierzu einige Beispiele:
- Man spricht von Rauschen, wenn für das Sinkensignal gilt:
\[ v(t)=q(t)+n(t)\]
- Der additive Rauschanteil n(t) ist stets von stochastischer Natur und hat meist keinerlei Bezug zum Nachrichtensignal $q(t)$. Ein solcher Rauschterm ist bei jeder Übertragung unvermeidlich.
- Die Übertragung ist verzerrungsfrei, wenn das Sinkensignal wie folgt lautet:
\[v(t)=a*q(t-\tau)+n(t)\]
- Das Sinkensignal unterscheidet sich also – außer durch den Störanteil $n(t)$ – nur durch den (für alle Frequenzen gleichen) Dämpfungsfaktor $\alpha$ und die (für alle Frequenzen gleiche) Laufzeit $\tau$.
Der Dämpfungsfaktor bewirkt, dass das Signal $v(t)$ die gleiche Form wie $q(t)$ hat und nur etwas „leiser“ ist. Die Laufzeit führt dazu, dass das Signal $v(t)$ am Empfänger später ankommt, als $q(t)$ gesendet wurde. Beide Effekte sind für die (unidirektionale) Übertragung nicht sonderlich störend. Ist die obige Gleichung nicht erfüllt, so liegen Verzerrungen vor. Wie im Buch Lineare zeitinvariante Systeme noch beschrieben wird, unterscheidet man hier zwischen linearen und nichtlinearen Verzerrungen.
Die hier benutzten Begriffe sollen nun an einem Bildsignal verdeutlicht werden. Nachfolgend sehen Sie als Orginalbild eine Farbschablone mit 291 × 218 Pixeln und 24 Bit Farbtiefe. Von den 224 möglichen Farben sind hier allerdings nur wenige benutzt.
In Bild 2 ist dem Signal ein additives Rauschsignal $n(t)$ überlagert, was sich als „Schnee” bemerkbar macht. Bild 3 zeigt den Einfluss von (nichtlinearen) Verzerrungen, die bei der gewählten Einstellung der CCD-Kamera sowohl zu einer Verfälschung der Helligkeitswerte als auch der Farbinformation führen. Im markierten Feld der Grautreppe stimmt die Helligkeit näherungsweise mit dem Orginalbild (Bild 1) überein. Dagegen erscheinen andere Felder als zu hell oder zu dunkel bzw. mit Fehlfarben belegt. Rauscheffekte spielen im rechten Bild im Gegensatz zum linken Bild keine Rolle.
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