Grundsätzliches zu Tiefpass- und Bandpass-Signalen
Im Kapitel Aperiodische Signale - Imulse wurden meist stillschweigend tiefpassartige Signale vorausgesetzt, das heißt solche Signale, deren Spektralfunktionen im Bereich um die Frequenz $f = 0$ liegen. Insbesondere bei optischer Übertragung und bei Funkübertragungssystemen – aber nicht nur hier – liegen die Sendesignale jedoch im Bereich um eine Trägerfrequenz $f_{\rm T}$. Solche Signale bezeichnet man als Bandpass-Signale.
Alle im letzten Kapitel dargelegten Gesetze der Fouriertransformation und –rücktransformation gelten für bandpassartige Signale in gleicher Weise. Daneben gibt es aber auch einige Besonderheiten der Bandpass-Signale, deren Beachtung zu einer einfacheren Beschreibung führen.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung der BP-Signale für die Nachrichentechnik
In den bisherigen Kapiteln dieses Buches wurden bisher fast nur tiefpassartige Signale in einem engen Bereich um die Frequenz $f = 0$ betrachtet. Beispiele hierfür sind analoge Sprach–, Musik– und Bildsignale, die man alle – trotz ihrer unterschiedlichen Bandbreiten – als Tiefpass-Signale bezeichnen kann.
Will man ein solches Tiefpass-Signal zu einer räumlich entfernten Sinke übertragen, so muss das Signal unter Umständen in eine andere Frequenzlage umgesetzt werden. Dafür kann es mehrere Gründe geben:
- Häufig ist der Übertragungskanal für die direkte Übertragung des Quellensignals im originalen Frequenzband ungeeignet, da dieses für ihn ungünstige Frequenzen beinhaltet. Erst durch eine Frequenzverschiebung mittels einer so genannten Modulation wird eine Übertragung ermöglicht.
- Man kann einen einzigen Übertragungskanal auch zur gleichzeitigen Übertragung mehrerer Signale nutzen, wenn diese sendeseitig mit verschiedenen Trägerfrequenzen moduliert werden. Man nennt dieses Verfahren Frequenzmultiplex (englisch: Frequency Division Multiple Access, FDMA).
- Die Übertragungsqualität kann meist auf Kosten einer größeren Bandbreite gegenüber dem einfachsten analogen Verfahren Amplitudenmodulation verbessert und somit ein größeres Signal-zu-Rauschverhältnis erzielt werden. Beispiele hierfür sind die Frequenzmodulation (FM) als analoges Verfahren und die digitale Pulscodemodulation (PCM).
Festzuhalten ist: Die Sendesignale vieler Übertragungsverfahren sind Bandpass-Signale.
Hinweis: Den Autoren ist durchaus bewusst, dass es nach der letzten Rechtschreibreform „Tiefpasssignal” und „Bandpasssignal” heißen müsste. Um diese unschönen Konstrukte zu vermeiden, verwenden wir im Folgenden meist die Schreibweisen „TP–Signal” und „BP–Signal”.
Sprache und Musik sind TP–Signale mit einer Bandbreite von 20 kHz (bei sehr guter Qualität). Da eine Funkübertragung aber erst ab ca. 100 kHz möglich ist, erfolgt vor der Übertragung eine Umsetzung auf Trägerfrequenzen zwischen
- 0.525 ... 1.61 MHz (Mittelwellenrundfunk, Amplitudenmodulation, Kanalabstand 9 kHz),
- 87.5 ... 108 MHz (Rundfunk auf UKW, Frequenzmodulation, Kanalabstand 300 kHz).
TV-Bildsignale weisen eine größere Bandbreite auf (z.B. 5 MHz). Auch hier erfolgt vor der Ton– und Bildübertragung eine Frequenzbandverschiebung durch Trägerfrequenzen zwischen
- 41 ... 68 / 174 ... 230 MHz (Fernsehen, VHF-Band, Kanalabstand 7 MHz),
- 470 ... 850 MHz (Fernsehen, UHF-Band, Kanalabstand 8 MHz).
Beim GSM-Mobilfunk liegen die Trägerfrequenzen bei 900 MHz (D-Band) bzw. 1800 MHz (E-Band). Bei optischer Übertragung werden die elektrischen Signale in Licht gewandelt, also auf Frequenzen zwischen ca. 200 und 350 THz (entsprechend 1.55 ... 0.85 μm Wellenlänge).
Eigenschaften von BP-Signalen
Auf dieser Seite werden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einige Eigenschaften von BP–Signalen zusammengestellt und den TP–Signalen vergleichend gegenübergestellt. Dabei gehen wir von den Spektralfunktionen $X_{TP}(f)$ und $X_{BP}(f)$ gemäß der folgenden Skizze aus.
Zu der Grafik ist anzumerken:
- Die Dreiecksform der dargestellten Spektren ist rein schematisch zu verstehen und soll nur das belegte Frequenzband kennzeichnen.
- Daraus sollte nicht geschlossen werden, dass alle Frequenzen innerhalb des Bandes tatsächlich belegt sind und dass alle Spektralfunktionen linear mit der Frequenz zunehmen.
- Die zugehörigen Zeitfunktionen $x_{TP}(t)$ und $x_{BP}(t)$ seien vorerst reell. Das bedeutet, dass nach dem Zuordnungssatz die Spektralfunktionen $X_{TP}(f)$ und $X_{BP}{f}$ – bezogen auf die Frequenz $f$ = 0 – jeweils einen geraden Realteil und einen ungeraden Imaginärteil besitzen.
- Als Bandbreite $B_{TP}$ bzw. $B_{BP}$ bezeichnen wir für Tiefpass und Bandpass gleichermaßen das belegte Frequenzband bei den positiven Frequenzen (durchgezogene Kurvenverläufe).
Es folgt ein weiteres Beispiel mit diskreten Spektrallinien.
Die linke Grafik zeigt das Spektrum $Q(f)$ des Nachrichtensignals
$$q(t) = 3\hspace{0.05cm}{\rm V} + 4\hspace{0.05cm}{\rm V} \cdot \cos (2 \pi \cdot 3\hspace{0.05cm}{\rm kHz} \cdot t) + 2\hspace{0.05cm}{\rm V} \cdot \sin (2 \pi \cdot 4\hspace{0.05cm}{\rm kHz} \cdot t). $$
Die diskreten Spektrallinien des Realteils ⇒ Re[$Q(f)$] sind blau dargestellt und diejenigen des Imaginärteils ⇒ Im[$Q(f)$] rot.
Rechts dargestellt ist das Spektrum $S(f)$ nach Einseitenband–Amplitudenmodulation (ESB–AM) mit der Trägerfrequenz $f_T$ = 100 kHz. Eine Beschreibung dieses Übertragungssystems finden Sie im Kapitel 2.3 des Buches „Modulationsverfahren”.
- Entsprechend dieser Systembeschreibung ist $q(t)$ eindeutig ein TP–Signal, während $s(t)$ ein BP–Signal darstellt. Die Bandbreiten sind jeweils $B_{TP}$ = $B_{BP}$ = 4 kHz.
- Die Signale $q(t)$ und $s(t)$ sind zudem reell, da sowohl $Q(f)$ als auch $S(f)$ einen geraden Real- und einen ungeraden Imaginärteil aufweisen.
- Würde beim Quellensignal der Gleichanteil (3 V) fehlen, so würde man sinnvollerweise $q(t)$ noch immer als tiefpassartig bezeichnen.
- Ohne Kenntnis der Aufgabenstellung könnte man $q(t)$ dann aber auch als BP–Signal mit der Bandbreite $B_{BP}$ = 1 kHz auffassen.
Dieses Beispiel soll zeigen, dass es kein eindeutiges mathematisches Unterscheidungsmerkmal zwischen Tiefpass– und Bandpass–Signalen gibt.
Beschreibung eines BP-Signals mittels TP-Signalen
Wir betrachten zwei verschiedene TP–Spektren $X_1(f)$ und $X_2(f)$ mit den Bandbreiten $B_1$ und $B_2$ entsprechend der linken Grafik. Aus dieser Darstellung ist zu erkennen:
Aus dieser Darstellung ist zu erkennen:
- Sind $X_1(f)$ und $X_2(f)$ bis zu einer Frequenz $f_{12}$ identisch, so beschreibt die Differenz ein Bandpass-Spektrum mit Bandbreite $B_{BP} = B_1 -f_{12}$ (rechte Grafik): $X_{BP}(f) = X_1(f) -X_2(f)$.
- Aufgrund der Linearität der Fouriertransformation gilt für die zum Bandpass-Spektrum $X_{BP}(f)$ zugehörige Zeitfunktion: $x_{BP}(t) = x_1(t) - x_2(t)$.
- Aus der Fouriertransformation folgt allgemein, dass das Integral über die Zeitfunktion gleich dem Spektralwert bei $f$ = 0 ist. Bei jedem BP–Signal ist dieses Integral gleich 0:
- $$\int_{- \infty}^{+\infty}x_{\rm BP}(t)\hspace{0.1cm}{\rm d}t = X_{\rm BP}(f \hspace{-0.1cm}= \hspace{-0.1cm} 0) =0.$$
Die roten Kurven zeigen das BP-Spektrum $X_{BP}(f)$ und die zugehörige Zeitfunktion
$$x_{\rm BP}(t) = 10\hspace{0.05cm}{\rm V} \cdot {\rm si} ( \pi \cdot 10 \hspace{0.05cm}{\rm kHz} \cdot t) \cdot {\rm si} ( \pi \cdot 2 \hspace{0.05cm}{\rm kHz} \cdot t) - 2\hspace{0.05cm}{\rm V} \cdot {\rm si} ( \pi \cdot 2 \hspace{0.05cm}{\rm kHz} \cdot t).$$
[[Datei:|P_ID685__Sig_T_4_1_S3b_neu.png|TP- und BP-Spektrum mit Signalen]]
Ebenfalls dargestellt sind die zwei TP–Spektren und –Signale. Man erkennt aus diesen Bildern:
- Die blau-gepunktete Kurve (links) stellt das trapezförmige Spektrum $X_1(f)$ dar, wobei die äquivalente Bandbreite $\Delta f_1$ = 10 kHz beträgt und der Rolloff-Faktor $r_1$ = 0.2 ist.
- Die blau-gepunktete Kurve (rechts) zeigt das dazugehörige Signal $x_1(t)$. Der Signalwert bei $t$ = 0 entspricht der blauen Trapezfläche des Spektrums $X_1(f)$: $x_1$($t$ = 0) = 10 V.
- Die grüne Kurve gilt für das Rechteckspektrum $X_2(f)$ mit der äquivalenten Bandbreite $\Delta f_2$ = 2 kHz. Das dazugehörige Zeitsignal verläuft si–förmig und es gilt: $x_2$($t$ = 0) = 2 V.
Die rote Kurve ergibt sich links wie rechts als Differenz zwischen blauer und grüner Kurve.
Synthese von BP-Signalen aus dem äquivalenten TP-Signal
Wir betrachten ein Tiefpass-Signal $x_{TP}(t)$ mit dem Spektrum $X_{TP}(f)$. Multipliziert man dieses Signal mit einer (dimensionslosen) harmonischen Schwingung
$$z(t) = {\cos} ( 2\pi \cdot f_{\rm T} \cdot t)\circ\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\bullet\,Z(f) = {1}/{2}\cdot \delta (f - f_{\rm T})+ {1}/{2}\cdot \delta (f + f_{\rm T}),$$
so ergibt sich nach dem Faltungssatz für das Spektrum des Signals $x_{BP}(t) = x_{TP}(t) \cdot z(t)$:
$$X_{\rm BP}(f) = X_{\rm TP}(f)\star Z(f) = {1}/{2}\cdot X_{\rm TP} (f - f_{\rm T})+ {1}/{2}\cdot X_{\rm TP}(f + f_{\rm T}).$$
Hierbei ist berücksichtigt, dass die Faltung der Spektralfunktion $X_{TP}(f)$ mit der verschobenen Diracfunktion $\delta (f - f_T)$ die um $f_T$ nach rechts verschobene Funktion $X_{TP}(f-f_T)$ ergibt.
Aus der Spektraldarstellung (rechte Skizze) erkennt man eindeutig, dass
$$x_{\rm BP}(t) = x_{\rm TP}(t) \cdot {\cos} ( 2\pi \cdot f_{\rm T} \cdot t)$$
ein Bandpass-Signal ist. Die Einhüllende von $x_{BP}(t)$ ist durch den Betrag $|x_{TP}(t)|$ gegeben. Anwendung findet dieses Prinzip zum Beispiel bei der Amplitudenmodulation ohne Träger, die im Buch Modulationsverfahren – Kapitel 2.1 eingehend behandelt wird.
Aus obiger Grafik erkennt man:
- Das Spektrum $X_{BP}(f)$ hat im Bereich um die Trägerfrequenz $f_T$ die gleiche Form wie $X_{TP}(f)$ im Bereich um $f$ = 0, ist aber gegenüber diesem um den Faktor 2 gedämpft.
- Da das TP-Spektrum $X_{TP}(f)$ bezogen auf $f$ = 0 einen geraden Real– und einen ungeraden Imaginärteil besitzt, weist das BP-Spektrum $X_{BP}(f)$ gleiche Symmetrieeigenschaften auf – allerdings bezogen auf die Trägerfrequenz $f_T$.
- Auch das BP-Spektrum $X_{BP}(f)$ besitzt Anteile bei negativen Frequenzen. Da das zugehörige Signal $x_{BP}(t)$ gemäß obiger Gleichung ebenfalls reell ist, muss auch $X_{BP}(f)$ bezüglich der Frequenz $f$ = 0 einen geraden Real– und einen ungeraden Imaginärteil besitzen.
- Die Bandbreite des BP-Signals ist doppelt so groß wie die des TP-Signals: $B_{BP} = 2 \cdot B_{TP}$. Voraussetzung für die Gültigkeit dieser Aussage ist, dass die Trägerfrequenz $f_T$ mindestens um den Faktor 2 größer ist als die maximale Frequenz ($B_{TP}$) des Signals $x_{TP}(t)$.
Hinweis: Eigenschaften von Tiefpass– und Bandpass–Signalen (Lernvideo, Dauer 5:18)
Ein TP-Signal besitze Anteile bei $f_1$ = 1 kHz, $f_2$ = 2 kHz, $f_3$ = 3 kHz und $f_4$ = 4 kHz:
$$fehlt$$
Das dazugehörige Spektrum $X_{TP}(f)$ ist wegen der von 0 verschiedenen Phasenlagen komplex.
Multipliziert man $x_{TP}(t)$ mit einem Cosinussignal der Amplitude 1 und der Frequenz $f_T$ = 20 kHz, so ergibt sich das BP-Signal entsprechend dem oberen Bild. Das untere Bild gilt für das BP-Signal mit der Trägerfrequenz $f_T$ = 100 kHz. In beiden Bildern sind die Funktionsverläufe $\pm |x_{TP}(t)|$ als Einhüllende der BP-Signale zu erkennen.
Weitere Informationen zum Thema, zahlreiche Aufgaben und Simulationen finden Sie im Versuch „Analoge Modulationsverfahren” des Praktikums „Simulation digitaler Übertragungssysteme” von Prof. Günter Söder am Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technischen Universität München. Diese Veranstaltung basiert auf dem Windows-Programm AMV des Softwarepakets LNTwin. Hinweise zum Herunterladen des Programms und der Versuchsanleitung: Windows–Programm „AMV” (Zip–Version) Praktikumsanleitung (PDF–Version, ca. 5.7 MB)
Aufgaben zum Kapitel