Aufgabe 2.4: Klirrfaktor und Verzerrungsleistung

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P ID897 LZI A 2 4.png
Zum Test eines Nachrichtenübertragungssystems wird an seinen Eingang ein Cosinussignal
$$x_1(t) = A_x \cdot \cos(\omega_0 t)$$
mit der Amplitude Ax = 1 V angelegt. Am Systemausgang tritt dann das folgende Signal auf:
$$y_1(t) = {0.992 \,\rm V} \cdot \cos(\omega_0 t)\\ - {0.062 \,\rm V} \cdot \cos(2\omega_0 t)+ \hspace{0.05cm}...$$
In der oberen Grafik sind die Signale x1(t) und y1(t) dargestellt. Oberwellen mit Amplituden kleiner als 10 mV sind hierbei nicht berücksichtigt.
Das untere Bild zeigt das Eingangssignal x2(t) mit der Ampiltude Ax = 2 V sowie das dazugehörige Ausgangssignal (wiederum ohne Oberwellen < 10 mV):
$$y_2(t) = {1.938 \,\rm V} \cdot \cos(\omega_0 t) - {0.234 \,\rm V} \cdot \cos(2\omega_0 t) + \\ + {0.058 \,\rm V} \cdot \cos(3\omega_0 t) -{0.018 \,\rm V} \cdot \cos(4\omega_0 t) + \hspace{0.05cm}...$$
Es ist offensichtlich, dass der Index „1” bzw. „2” jeweils die normierte Amplitude des Eingangssignals kennzeichnet.
Dieses System soll anhand des in Kapitel 2.1 definierten Signal–zu–Verzerrungs–Leistungsverhältnisses
$$\rho_{\rm V} = \frac{ P_{x}}{P_{\rm V}} \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} 10 \cdot \lg \hspace{0.1cm}\rho_{\rm V} = 10 \cdot \lg \hspace{0.1cm}\frac{ P_{x}}{P_{\rm V}}\hspace{0.3cm} \left( {\rm in \hspace{0.15cm} dB} \right)$$
sowie des Klirrfaktors K analysiert werden. Hierbei bezeichnet Px die Leistung des Eingangssignals, während die so genannte Verzerrungsleistung PV jeweils die Leistung (den quadratischen Mittelwert) des Differenzsignals ε(t) = y(t) – x(t) angibt. Zur Bestimmung dieser Leistungen muss jeweils über die quadrierten Signale gemittelt werden. Einfacher ist in dieser Aufgabe jedoch die Leistungsberechnung im Frequenzbereich.
Hinweis: Die Aufgaben bezieht sich auf die theoretischen Grundlagen von Kapitel 2.1 und Kapitel 2.2.


Fragebogen

1

Berechnen Sie den Klirrfaktor K für die Eingangsamplitude Ax = 1 V.

$A_x = 1\ V\ :\ K$ =

%

2

WelcherKlirrfaktor ergibt sich mit der Eingangsamplitude Ax = 2 V?

$A_x = 2\ V\ :\ K$ =

%

3

Welche Aussagen sind für die Signale x2(t) und y2(t) zutreffend?

Die untere Halbwelle verläuft spitzförmiger als die obere.
Der Maximal– und Minimalwert von y2(t) sind unsymmetrisch zu 0.
Bei anderer Frequenz würde sich ein anderer Klirrfaktor ergeben.

4

Wie groß ist die Leistung Px des Eingangssignals x2(t) in V2, also umgerechnet auf den Bezugswiderstand R = 1 Ω?

$P_x$ =

$V^2$

5

Wie groß ist die „Leistung” PV des Differenzsignals ε2(t)? Hinweis: PV wird in diesem Tutorial auch als Verzerrungsleistung bezeichnet.

$P_V$ =

$V^2$

6

Wie groß ist das Signal–zu–Verzerrungs–Leistungsverhältnis in dB?

$10 \cdot lg \ \rho_V$ =

$dB$

7

Welche der folgenden Aussagen treffen bei cosinusförmigem Eingangssignal zu?

Der Klirrfaktor kann allein aus den Koeffizienten A1, A2, A3, usw. der Ausgangsgröße berechnet werden.
Das Signal–zu–Verzerrungs–Leistungsverhältnis ρv ist allein aus den Koeffizienten A1, A2, A3, usw. der Ausgangsgröße berechenbar.
Für den Sonderfall A1 = Ax (keine Veränderung der Grundwelle) können ρv und K direkt ineinander umgerechnet werden.


Musterlösung

1.  Mit der Eingangsamplitude Ax = 1 V entsprechend der oberen Skizze liefert nur der Klirrfaktor zweiter Ordnung einen relevanten Beitrag. Deshalb gilt:
$$K \approx K_2 = \frac{0.062 \,\,{\rm V}}{0.992 \,\,{\rm V}} \hspace{0.15cm}\underline{\approx 6.25 \%}.$$
2.  Für die Eingangsamplitude Ax = 2 V (untere Skizze) lauten die verschiedenen Klirrfaktoren:
$$K_2 = \frac{0.234 \,\,{\rm V}}{1.938 \,\,{\rm V}} \approx 0.121, \hspace{0.5cm} K_3 = \frac{0.058 \,\,{\rm V}}{1.938 \,\,{\rm V}} \approx 0.030, \hspace{0.5cm}K_4 = \frac{0.018 \,\,{\rm V}}{1.938 \,\,{\rm V}} \approx 0.009.$$
Somit lautet der Gesamtklirrfaktor:
$$K = \sqrt{K_2^2 + K_3^2 + K_4^2 + ... }\hspace{0.15cm}\underline{ \approx 12.5 \%}.$$
3.  Hier bewirken die nichtlinearen Verzerrungen, dass die untere Halbwelle spitzförmiger verläuft als die obere. Da zudem y(t) gleichsignalfrei ist, gilt ymax = 1.75 V und ymin = –2.25 V. Die Symmetrie bezüglich der Nulllinie ist somit nicht mehr gegeben.
Bei einem nichtlinearen System ist der Klirrfaktor K unabhängig von der Frequenz des cosinusförmigen Eingangssignals, aber stark abhängig von dessen Amplitude. Richtig sind hier somit die beiden ersten Lösungsvorschläge.
4.  Der Effektivwert eines Cosinussignals ist bekanntlich das „Wurzel aus 0.5”–fache der Amplitude. Das Quadrat hiervon bezeichnet man als die Leistung:
$$P_x = \frac{A_x^2}{2} = \frac{(2 \,{\rm V})^2}{2}\hspace{0.15cm}\underline{ = 2\,{\rm V^2}}.$$
Eigentlich hängt die Leistung ja auch vom Bezugswiderstand R ab und besitzt die Einheit „Watt”. Mit R = 1Ω ergibt sich Px = 2 W, also der geanau gleiche Zahlenwert wie bei dieser einfacheren Berechnung.
5.  Bezeichnet man mit A1 die Amplitude der Grundwelle von y2(t) und mit A2, A3 und A4 die so genannten Oberwellen, so erhält man für die Verzerrungsleistung durch Berechnung im Frequenzbereich:
$$P_{\rm V} = \frac{1}{2} \cdot \left[ (A_1 - A_x)^2 + A_2^2+ A_3^2+ A_4^2\right] = \\ = \frac{1}{2} \cdot \left[ (-2 \,{\rm V} \hspace{-0.05cm}+ \hspace{-0.05cm}1.938 \,{\rm V} )^2 \hspace{-0.05cm}+ \hspace{-0.05cm} (0.234 \,{\rm V})^2 \hspace{-0.05cm}+ \hspace{-0.05cm} (0.058 \,{\rm V})^2 \hspace{-0.05cm}+ \hspace{-0.05cm} (0.018 \,{\rm V})^2 \right] \hspace{0.15cm}\underline{\approx 0.031 \,{\rm V}^2}.$$
Hierbei bezeichnet Ax die Amplitude des Eingangssignals. Die Vorzeichen der Oberwellen spielen bei dieser Berechnung keine Rolle.
6.  Mit den Ergebnissen der Unterpunkte d) und e) erhält man:
$$10 \cdot \lg \rho_{v} = 10 \cdot \lg \frac{P_x}{P_{\rm V}}= 10 \cdot \lg \frac{2.000\,{\rm V^2}}{0.031 \,{\rm V}^2} \hspace{0.15cm}\underline{\approx 18.10 \,{\rm dB}}.$$
7.  Die erste Aussage ist richtig, denn es gilt:
$$K^2 = \frac{A_2^2 + A_3^2 + A_4^2 + ... }{A_1^2}.$$
Dagegen gilt für den Kehrwert des Signal–zu–Verzerrungs–Leistungsverhältnisses:
$$\frac{1}{\rho_{\rm V}} = \frac{(A_1 - A_x)^2+A_2^2 + A_3^2 + A_4^2 + ... }{A_x^2}.$$
Bei der Berechnung der Verzerrungsleistung PV wird auch eine Verfälschung der Grundwellenamplitude (diese ist nun A1 anstelle von Ax) berücksichtigt. Außerdem wird die Verzerrungsleistung nicht auf A1², sondern auf Ax² bezogen. Allgemein gilt zwischen dem Signal–zu–Verzerrungs–Leistungsverhältnis und dem Klirrfaktor folgender Zusammenhang:
$${\rho_{\rm V}} = \frac{A_x^2}{(A_1 - A_x)^2 + K^2 \cdot A_1^2}.$$
Mit A1 = Ax vereinfacht sich diese Gleichung wie folgt:
$${\rho_{\rm V}} = \frac{1}{ K^2 }.$$
Ein Klirrfaktor von 1% entspricht in diesem Fall dem Ergebnis 10 · lg ρν = 40 dB. Mit dem Klirrfaktor K = 0.125 aus Teilaufgabe 2) hätte man mit der Näherung A1Ax sofort 10 · lg ρν = 18.06 dB erhalten. Der unter Punkt f) errechnete tatsächliche Wert (18.10 dB) weicht hiervon nicht all zu sehr ab. Richtig sind somit die Lösungsvorschläge 1 und 3.