Aufgabe 4.06Z: Signalraumkonstellationen
Die (mittlere) Fehlerwahrscheinlichkeit eines optimalen Binärsystems lautet:
- $$p_{\rm S} = {\rm Pr}({ \cal E} ) = {\rm Q} \left ( \frac{d/2}{\sigma_n} \right )\hspace{0.05cm}.$$
Hierzu ist anzumerken:
- ${\rm Q}(x)$ bezeichnet die komplementäre Gaußsche Fehlerfunktion (Definition und Approximation):
- $${\rm Q}(x) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \frac{1}{\sqrt{2\pi}} \int_{x}^{\infty} {\rm e}^{-u^2/2} \,{\rm d} u \approx $$
- $$ \hspace{-0.1cm} \ \approx \ \hspace{-0.1cm} \frac{1}{\sqrt{2\pi} \cdot x} \cdot {\rm e}^{-x^2/2} \hspace{0.05cm}.$$
- $d$ gibt den Abstand der beiden Sendesignalpunkte $s_0$ und $s_1$ im vorgegebenen Vektorraum an:
- $$d = \sqrt{ || \boldsymbol{ s }_1 - \boldsymbol{ s }_0||^2} \hspace{0.05cm}.$$
- $\sigma_n^2$ ist die Varianz des AWGN–Rauschens nach dem Detektor, der zum Beispiel als Matched–Filter realisiert sein kann. Es gelte $\sigma_n^2 = N_0/2$.
Durch die Grafik sind drei unterschiedliche Signalraumkonstellationen gegeben, nämlich
- Variante A : $s_0 = (+1, \ \, +5), \hspace{0.4cm} s_1 = (+4, \ \, +1)$,
- Variante B : $s_0 = (–1.5, \ \, +2), \, s_1 = (+1.5, \ \, –2)$,
- Variante C : $s_0 = (–2.5, \ \, 0), \hspace{0.65cm} s_1 = (+2.5, \ \, 0)$.
Die jeweils mittlere Energie pro Symbol ($E_{\rm S}$) kann nach folgender Gleichung berechnet werden:
- $$E_{\rm S} = {\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_0) \cdot || \boldsymbol{ s }_0||^2 + {\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_1) \cdot || \boldsymbol{ s }_1||^2\hspace{0.05cm}.$$
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Themengebiet von Kapitel Approximation der Fehlerwahrscheinlichkeit.
- Wenn bei einer Teilaufgabe keine anderslautende Angabe gemacht ist, so kann von gleichwahrscheinlichen Symbolen ausgegangen werden:
- $${\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_0) = {\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_1) = 0.5\hspace{0.05cm}.$$
- Die Normierungsenergie $E$ ist hier stillschweigend zu $1$ gesetzt.
Fragebogen
Musterlösung
(2) Der Rauscheffektivwert $\sigma_n$ und damit auch die Signalenergie $E = \sigma_n^2$ sind für alle drei betrachteten Varianten gleich. Gleiches gilt für die Distanz der Signalraumpunkte. Für die Variante A gilt zum Beispiel:
- $$d = \sqrt{ || \boldsymbol{ s }_1 - \boldsymbol{ s }_0||^2} = \sqrt{ E \cdot (4-1)^2 + E \cdot (1-5)^2} = 5 \cdot \sqrt{E}\hspace{0.05cm}.$$
Durch die Verschiebung des Koordinatensystems ändert sich am Absand zwischen $\boldsymbol{s}_0$ und $\boldsymbol{s}_1$ nichts (Variante B), und auch bei Variante C (nach Drehung) ergibt sich der gleiche Abstand.
Richtig ist also der Lösungsvorschlag 4. Durch eine Drehung des Koordinatensystems kann man bei einem Binärsystem ($M = 2$) stets mit einer Basisfunktion ($N = 1$) auskommen. Da das zweidimensionale Rauschen zirkulär symmetrisch ist ⇒ gleiche Streuung $\sigma_n$ in alle Richtungen, kann auch der Rauschterm wie im Kapitel Fehlerwahrscheinlichkeit bei Basisbandübertragung eindimensional beschrieben werden.
(3) Für alle hier betrachteten Varianten, also auch für die Variante A, gilt:
- $$p_{\rm S} = {\rm Pr}({ \cal E} ) = {\rm Q} \left ( \frac{d/2}{\sigma_n} \right )= {\rm Q} \left ( \frac{5/2 \cdot \sqrt{E}}{\sigma_n} \right ) = {\rm Q}(2.5)\hspace{0.05cm}.$$
Mit der angegebenen Näherung erhält man
- $$p_{\rm S} = \frac{1}{\sqrt{2\pi} \cdot 2.5} \cdot {\rm e}^{-2.5^2/2} \hspace{0.1cm} \hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.7 \cdot 10^{-2}}\hspace{0.05cm}.$$
(4) Bei der Variante C ergibt sich für die mittlere Energie pro Symbol:
- $$E_{\rm S} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} {\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_0) \cdot (-2.5 \cdot \sqrt{E})^2 + {\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_1) \cdot (+ 2.5 \cdot \sqrt{E})^2 =$$
- $$ \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \left [ {\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_0) + {\rm Pr}(\boldsymbol{ s } = \boldsymbol{ s }_0) \right ] \cdot 6.25 \cdot E = 6.25 \cdot E$$
- $$\Rightarrow \hspace{0.3cm} E = \frac {E_{\rm S}}{6.25} \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} \sqrt{E}= \frac {\sqrt{E_{\rm S}}}{2.5} \hspace{0.05cm}.$$
Setzt man dieses Ergebnis in die unter (3) gefundene Gleichung ein, so erhält man mit $\sigma_n^2 = N_0/2$:
- $$p_{\rm S} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} {\rm Q} \left ( \frac{2.5 \cdot \sqrt{E}}{\sigma_n} \right )= {\rm Q} \left ( \frac{ \sqrt{E_{\rm S}}}{\sigma_n} \right ) = {\rm Q} \left ( \frac{ \sqrt{2 \cdot E_{\rm S}}}{N_0} \right ) =$$
- $$ \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm}{\rm Q} \left ( \sqrt{\frac{ 2 \cdot 6.25 \cdot 10^{-6}\,{\rm Ws}}{2 \cdot 10^{-6}\,{\rm W/Hz}}} \right ) ={\rm Q}(2.5) \hspace{0.1cm} \hspace{0.15cm}\underline {\approx 0.7 \cdot 10^{-2}}\hspace{0.05cm}. $$
(5) Durch die Drehung des Koordinatensystems ändert sich nichts an den Energieverhältnissen. Aus diesem Grund erhält man wieder $\underline {p_{\rm S} \approx 0.007}$.
(6) Bei der Variante A ist die mittlere Energie pro Symbol
- $$E_{\rm S} = {1}/{2} \cdot \left [ (1^2 + 5^2) \cdot E + (4^2 + 1^2) \cdot E \right ] = 21.5 \cdot E \hspace{0.05cm}. $$
Der Abstand von der Schwelle, die bei gleichwahrscheinlichen Symbolen in der Mitte zwischen $\boldsymbol{s}_0$ und $\boldsymbol{s}_1$ liegen sollte, ist wie bei den anderen Varianten $d/2 = 2.5 \cdot E^{\rm 1/2}$. Mit $\sigma_n^2 = N_0/2$ erhält man somit die Bestimmungsgleichung:
- $$p_{\rm S} = {\rm Q} \left ( \frac{ 2.5 \cdot \sqrt{E}}{\sqrt{N_0/2}} \right ) ={\rm Q}(2.5)\approx 0.7 \cdot 10^{-2} $$
- $$\Rightarrow \hspace{0.3cm} \sqrt{\frac {2E}{N_0}} = 1 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm} \frac {E}{N_0} = 0.5 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}\frac {E_{\rm S}}{21.5 \cdot N_0} = 0.5$$
- $$\Rightarrow \hspace{0.3cm} {E_{\rm S}} = 0.5 \cdot {21.5 \cdot N_0} \hspace{0.1cm} \hspace{0.15cm}\underline { = 21.5 \cdot 10^{-6}\,{\rm Ws}}\hspace{0.05cm}.$$
Das bedeutet: Bei der Variante A ist gegenüber den beiden anderen Symbolen eine um den Faktor 3.44 größere mittlere Symbolenergie $E_{\rm S}$ erforderlich, um die gleiche Fehlerwahrscheinlichkeit $p_{\rm S} = 0.007$ zu erzielen. Das heißt: Diese Signalraumkonstellation ist sehr ungünstig. Es ergibt sich ein sehr großes $E_{\rm S}$, ohne dass gleichzeitig der Abstand $d$ vergrößert wird.
Mit $E_{\rm S} = 6.25 \cdot 10^{\rm –6} \ \rm Ws$ würde sich dagegen $p_{\rm S} = {\rm Q}(2.5/3.44^{\rm 1/2} \approx {\rm Q}(1.35) \approx 9\%$ ergeben. Das heißt: Die Fehlerwahrscheinlichkeit würde um mehr als eine Zehnerpotenz größer.