Aufgabe 4.2: AM/PM-Schwingungen

Aus LNTwww
Wechseln zu:Navigation, Suche

AM/PM-Schwingungen

Wir betrachten verschiedene Signalmengen $\{s_i(t)\}$ mit der Laufvariablen $i = 1, \ ... \, M$, die alle in gleicher Weise dargestellt werden können:

$$s_i(t) = \left\{ \begin{array}{c} A_i \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t + \phi_i) \\ 0 \end{array} \right.\quad \begin{array}{*{1}c} 0 \le t < T \hspace{0.05cm}, \\ {\rm sonst}\hspace{0.05cm}. \\ \end{array}$$

Die Signaldauer $T$ ist dabei ein ganzzahliges Vielfaches von $1/f_{\rm T}$, wobei $f_{\rm T}$ die Signalfrequenz (Trägerfrequenz) angibt.

Für die Skizze beträgt die Dauer der energiebegrenzten Signale jeweils $T = 4/f_{\rm T}$, das heißt, man erkennt jeweils genau vier Schwingungen innerhalb von $T$. Die einzelnen Signale $s_i(t)$ unterscheiden sich in der Amplitude ($A_i$) und/oder der Phase ($\phi_i$). Für die beiden ersten (in der Grafik dargestellten) Signale gilt:

$$s_1(t)\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} A \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t ) \hspace{0.05cm},$$
$$s_2(t)\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 2A \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t + \pi/4) \hspace{0.05cm}. $$

Beschränkt man sich zunächst auf diese beiden Signale $s_1(t)$ und $s_2(t)$, so kann man diese durch die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ vollständig beschreiben. Diese sind orthonormal zueinander, das heißt, unter Berücksichtigung der Zeitbegrenzung auf $T$ gilt:

$$\int_{0}^{T}\varphi_1^2(t) \, {\rm d} t = \int_{0}^{T}\varphi_2^2(t) \, {\rm d} t = 1 \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \int_{0}^{T}\varphi_1(t) \cdot \varphi_2(t)\, {\rm d} t = 0 \hspace{0.05cm}.$$

Mit diesen Basisfunktionen lassen sich die beiden Signale wie folgt darstellen:

$$s_1(t)\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} s_{11} \cdot \varphi_1(t) \hspace{0.05cm},$$
$$s_2(t)\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} s_{21} \cdot \varphi_1(t) + s_{22} \cdot \varphi_2(t) \hspace{0.05cm}. $$

In der Teilaufgabe (7) soll überprüft werden, ob sich alle Signale $s_i(t)$ gemäß der obigen Definition (mit beliebiger Amplitude $A_i$ und beliebiger Phase $\phi_i$) durch die folgende Gleichung beschreiben lassen:

$$s_i(t)= s_{i1} \cdot \varphi_1(t) + s_{i2} \cdot \varphi_2(t) \hspace{0.05cm}. $$

Die Basisfunktionen $\varphi_1(t)$ und $\varphi_2(t)$ sollen hier durch das Gram–Schmidt–Verfahren gefunden werden, das im Theorieteil ausführlich beschrieben wurde. Die erforderlichen Gleichungen sind hier nochmals zusammengestellt:

$$\varphi_1(t) = \frac{s_1(t)}{||s_1(t)||}\hspace{0.4cm}{\rm mit}\hspace{0.4cm} s_{11} = ||s_1(t)|| = \sqrt{\int_{0}^{T}s_1^2(t) \, {\rm d} t} \hspace{0.05cm},\hspace{0.4cm} s_{21} = \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_2(t), \hspace{0.1cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = \int_{0}^{T}s_2(t) \cdot \varphi_1(t)\, {\rm d} t \hspace{0.05cm},$$
$$\theta_2(t) = s_2(t) - s_{21} \cdot \varphi_1(t)\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm} \varphi_2(t) = \frac{\theta_2(t)}{||\theta_2(t)||}\hspace{0.05cm}.$$


Hinweise:

  • Die Aufgabe gehört zum Kapitel Signale, Basisfunktionen und Vektorräume.
  • Sollte die Eingabe des Zahlenwertes „0” erforderlich sein, so geben Sie bitte „0.” ein.
  • Verwenden Sie zur Abkürzung die Energie $E = 1/2 \cdot A^2 \cdot T$.
  • Desweiteren ist folgende trigonometrische Beziehung gegeben:   $\cos(\alpha \pm \beta) = \cos(\alpha )\cdot \cos(\beta) \mp \sin(\alpha )\cdot \sin(\beta)\hspace{0.05cm}.$


Fragebogen

1

Wie groß ist die Energie und die 2–Norm des Signals $s_1(t)$, ausgedrückt mit $E$?

$E_1\ = \ $

$\ \cdot E$
$||s_1(t)|| \ = \ $

$\ \cdot \sqrt{E}$

2

Wie lautet die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ nach Gram–Schmidt?

$\varphi_1(t) = \sqrt{E} \cdot {\rm cos}(2\pi f_{\rm T}t)$,
$\varphi_1(t) = \cos(2\pi f_{\rm T}t)$,
$\varphi_1(t) = \sqrt{2/T} \cdot {\rm cos}(2\pi f_{\rm T}t)$.

3

Welcher Zusammenhang besteht zwischen $s_1(t)$ und $\varphi_1(t)$?

$s_1(t) = \sqrt{E} \cdot \varphi_1(t)$,
$s_1(t) = A \cdot \varphi_1(t)$,
$s_1(t) = \sqrt{2/T} \cdot \varphi_1(t)$.

4

Wie lautet das innere Produkt $s_{\rm 21} = 〈 s_2(t) \cdot \varphi_1(t)〉$?

$s_{\rm 21} \ = \ $

$\ \cdot \sqrt{E}$

5

Wie lautet die Hilfsfunktion $\theta_2(t)$?

$\theta_2(t) = +\sqrt{2} \cdot A \cdot {\rm sin}(2\pi f_{\rm T}t)$,
$\theta_2(t) =-\sqrt{2} \cdot A \cdot {\rm sin}(2\pi f_{\rm T}t)$,
$\theta_2(t) = \sqrt{2/T} \cdot {\rm sin}(2\pi f_{\rm T}t)$.

6

Geben Sie die Koeffizienten von $s_2(t) = s_{\rm 21} \cdot \varphi_1(t) + s_{\rm 22} \cdot \varphi_2(t)$ an.

$s_{\rm 21}\ = \ $

$\ \cdot \sqrt{E}$
$s_{\rm 22}\ = \ $

$\ \cdot \sqrt{E}$

7

Welche der Aussagen gelten allgemen für die Basisfunktionen der Signalmenge $\{s_i(t)\}$ mit $i = 1, \ \text{ ...} \ , M$, falls $M \gg 2$?

Die Anzahl der Basisfunktionen ist stets $N = M$.
Die Anzahl der Basisfunktionen ist stets $N = 2$.
Mögliche Basisfunktionen sind Cosinus und (Minus–)Sinus.


Musterlösung

(1)  Die Energie kann nach folgender Gleichung berechnet werden:

$$E_{1} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \int_{0}^{T}A^2 \cdot \cos^2(2\pi f_{\rm T}t )\, {\rm d} t = \frac{A^2 \cdot T}{2}\hspace{0.05cm}+\hspace{0.05cm} \frac{A^2 }{2}\int_{0}^{T} \cos(4\pi f_{\rm T}t )\, {\rm d} t = \frac{A^2 \cdot T}{2} \hspace{0.05cm}\underline{= 1 \cdot E} \hspace{0.05cm}. $$

Hierbei ist berücksichtigt, dass $T$ ein geradzahliges Vielfaches von $1/f_{\rm T}$ ist, so dass das zweite Integral verschwindet. Weiter gilt:

$$||s_1(t)|| = \sqrt{E_1} = \sqrt{E} = \hspace{0.1cm}\hspace{0.15cm}\underline{1 \cdot\sqrt{E}} \hspace{0.05cm}.$$

(2)  Richtig ist der Lösungsvorschlag 3: Die Basisfunktion $\varphi_1(t)$ ist formgleich mit $s_1(t)$, wobei gilt:

$$\varphi_1(t) = \frac{s_1(t)}{||s_1(t)||}= \frac{A \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t )}{\sqrt{E}}= \frac{A \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t )}{\sqrt{1/2 \cdot A^2 \cdot T}} = \sqrt{{2}/{T}} \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t ) \hspace{0.05cm}.$$

(3)  Richtig ist der Lösungsvorschlag 1, da entsprechend der unter (2) angegebenen Gleichung gilt:

$$s_1(t) = ||s_1(t)|| \cdot \varphi_1(t) = \sqrt{E} \cdot \varphi_1(t) \hspace{0.05cm}.$$

(4)  Mit dem Signal $s_2(t)$ entsprechend der Angabe, der Basisfunktion $\varphi_1(t)$ gemäß Teilaufgabe (2) sowie der angegebenen trigonometrischen Beziehung erhält man:

$$s_{21} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \hspace{0.1cm} < \hspace{-0.1cm} s_2(t), \hspace{0.1cm}\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} > \hspace{0.1cm} = \int_{0}^{T}2A \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t + {\pi}/{4}) \cdot \sqrt{{2}/{T}} \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t )\, {\rm d} t = $$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm}s_{21} = \sqrt{\frac{8A^2}{T}}\cdot \int_{0}^{T}\cos({\pi}/{4}) \cdot \cos^2(2\pi f_{\rm T}t )\, {\rm d} t \hspace{0.1cm}- \sqrt{\frac{8A^2}{T}}\cdot \int_{0}^{T}\sin({\pi}/{4}) \cdot \sin(2\pi f_{\rm T}t )\cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t )\, {\rm d} t \hspace{0.05cm}. $$

Der zweite Anteil ergibt den Wert $0$ (Orthogonalität). Der erste Anteil liefert:

$$s_{21} = \sqrt{\frac{8A^2}{T}}\cdot \frac{1}{\sqrt{2}}\cdot \frac{T}{2} = \sqrt{A^2 \cdot T} = \sqrt{2E} \hspace{0.1cm}\hspace{0.15cm}\underline { = 1.414 \cdot \sqrt{E}} \hspace{0.05cm}.$$

(5)  Entsprechend dem Gram–Schmidt–Verfahren erhält man

$$\theta_2(t) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} s_2(t) - s_{21} \cdot \varphi_1(t)\hspace{0.05cm} = 2A \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t + {\pi}/{4}) - \sqrt{A^2 \cdot T} \cdot \sqrt{{2}/{T}} \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t ) $$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm}\theta_2(t) = 2A \cdot \cos({\pi}/{4})\cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t )\hspace{0.1cm} - \hspace{0.1cm} 2A \cdot \sin({\pi}/{4})\cdot \sin(2\pi f_{\rm T}t )\hspace{0.1cm} - \sqrt{2} \cdot A \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t ) \hspace{0.05cm}. $$

Mit $\cos {(\pi/4)} = \sin (\pi/4) =\sqrt{0.5}$ folgt daraus:

$$\theta_2(t) = - \sqrt{2} \cdot A \cdot \sin(2\pi f_{\rm T}t ) \hspace{0.05cm}.$$

Richtig ist demnach der Lösungsvorschlag 2.


(6)  Analog zur Teilaufgabe (2) ergibt sich die orthonormale Basisfunktion $\varphi_2(t)$ zu

$$\varphi_2(t) = \frac{\theta_2(t)}{||\theta_2(t)||} = - \sqrt{{2}/{T}} \cdot \sin(2\pi f_{\rm T}t ) \hspace{0.05cm}.$$

Damit kann das Signal $s_2(t)$ mit $s_{21}$ entsprechend Teilaufgabe (4) wie folgt dargestellt werden:

$$s_2(t)\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} s_{21} \cdot \varphi_1(t) + s_{22} \cdot \varphi_2(t) \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}s_{21} = \underline{ = 1.414 \cdot \sqrt {E}}\hspace{0.05cm},$$
$$s_{22}\hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \frac{\theta_2(t)}{\varphi_2(t)} = \frac{-\sqrt{2} \cdot A \cdot \sin(2\pi f_{\rm T}t )} {-\sqrt{2/T}\cdot \sin(2\pi f_{\rm T}t )} = \sqrt{2} \cdot \sqrt{1/2 \cdot A^2 \cdot T}\hspace{0.05cm} \underline{ = 1.414 \cdot \sqrt {E}}\hspace{0.05cm}.$$

(7)  Wir betrachten sehr viele energiebegrenzte Signale ($M \gg 2$) folgender Form:

$$s_i(t)= \left\{ \begin{array}{c} A_i \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t + \phi_i) \\ 0 \end{array} \right.\quad \begin{array}{*{1}c} 0 \le t < T \hspace{0.05cm}, \\ {\rm sonst}\hspace{0.05cm}. \\ \end{array}$$

Die Laufvariable kann dabei die Werte $i = 1, 2, \ \text{...} \ , M$ annehmen. Dann gilt:

  • Alle $M$ Signale lassen sich durch nur $N = 2$ Basisfunktionen vollständig beschreiben:
$$s_i(t)= s_{i1} \cdot \varphi_1(t) + s_{i2} \cdot \varphi_2(t) \hspace{0.05cm}. $$
  • Geht man nach dem Gram–Schmidt–Verfahren vor, so erhält man für die beiden Basisfunktionen
$$\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \sqrt{{2}/{T}} \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t + \phi_1)\hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} \varphi_2(t) = \sqrt{{2}/{T}} \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t + \phi_1 \pm {\pi}/{2})\hspace{0.05cm}.$$
  • Das Vorzeichen im Argument der zweiten Cosinusfunktion ($± \pi/2$) ist nicht eindeutig. Vielmehr hängt auch das Vorzeichen von $s_{i 2}$ davon ab, ob bei $\varphi_2(t)$ das Pluszeichen oder das Minuszeichen verwendet wurde.
  • Mögliche Basisfunktionen, die dann zu anderen Koeffizienten führen, sind aber auch:
$$\varphi_1(t) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} \sqrt{{2}/{T}} \cdot \cos(2\pi f_{\rm T}t )\hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} \varphi_2(t) \pm \sqrt{{2}/{T}} \cdot \sin(2\pi f_{\rm T}t )\hspace{0.05cm}.$$

Richtig sind also die Lösungsvorschläge 2 und 3.