Zweiseitenband-Amplitudenmodulation
Inhaltsverzeichnis
- 1 # ÜBERBLICK ZUM ZWEITEN HAUPTKAPITEL #
- 2 Beschreibung im Frequenzbereich
- 3 Beschreibung im Zeitbereich
- 4 Ringmodulator
- 5 AM-Signale und -Spektren bei harmonischem Eingangssignal
- 6 ZSB-Amplitudenmodulation mit Träger
- 7 Beschreibung der ZSB-AM durch das analytische Signal
- 8 Amplitudenmodulation durch quadratische Kennlinie
- 9 Aufgaben zum Kapitel
# ÜBERBLICK ZUM ZWEITEN HAUPTKAPITEL #
Nach einigen allgemeingültigen Erläuterungen zu Modulation und Demodulation folgt nun im zweiten Kapitel eine detaillierte Beschreibung der "Amplitudenmodulation" und der zugehörigen "Demodulatoren". Dieses Kapitel behandelt im Einzelnen:
- die Beschreibung und Realisierung der »Zweiseitenband-Amplitudenmodulation« $\text{(DSB–AM)}$ im Frequenz- und Zeitbereich,
- die Eigenschaften des »Synchrondemodulators« und die Anwendungsmöglichkeiten des »Hüllkurvendemodulators«,
- die Gemeinsamkeiten/Unterschiede der »Einseitenbandmodulation« gegenüber ZSB–AM und »abgewandelte AM–Verfahren«.
Weitere Informationen zum Thema sowie Aufgaben, Simulationen und Programmierübungen finden Sie im Versuch „Analoge Modulationsverfahren” des Praktikums „Simulation Digitaler Übertragungssysteme ”. Diese (ehemalige) LNT-Lehrveranstaltung an der TU München basiert auf
- dem Windows-Programm AMV ⇒ Link verweist auf die ZIP-Version des Programms; und
- der zugehörigen Praktikumsanleitung ⇒ Link verweist auf die PDF-Version.
Beschreibung im Frequenzbereich
Wir betrachten die folgende Aufgabenstellung: Ein Nachrichtensignal $q(t)$, dessen Spektrum $Q(f)$ auf den Bereich $\pm B_{\rm NF}$ bandbegrenzt ist, soll mit Hilfe einer harmonischen Schwingung der Frequenz $f_{\rm T}$, die wir im Weiteren als Trägersignal $z(t)$ bezeichnen, in einen höherfrequenten Bereich verschoben werden, in dem der Kanalfrequenzgang $H_{\rm K}(f)$ günstige Eigenschaften aufweist.
Die Grafik verdeutlicht die Aufgabenstellung, wobei folgende vereinfachende Annahmen getroffen sind:
- Das gezeichnete Spektrum $Q(f)$ ist hier schematisch zu verstehen. Es besagt, dass in $q(t)$ nur Spektralanteile im Bereich $|f| ≤ B_{\rm NF}$ enthalten sind. $Q(f)$ könnte auch ein Linienspektrum sein.
- Der Kanal sei in einem Bereich der Bandbreite $B_{\rm K}$ um die Frequenz $f_{\rm M}$ ideal, das heißt, es gelte $H_{\rm K}(f) = 1$ für $|f - f_{\rm M}| ≤ B_{\rm K}/2.$ Rauschstörungen werden vorerst nicht betrachtet.
- Das Trägersignal sei cosinusförmig $($Phase $ϕ_T = 0)$ und besitze die Amplitude $A_{\rm T} = 1$ (ohne Einheit). Die Trägerfrequenz $f_{\rm T}$ sei gleich der Mittenfrequenz des Übertragungsbandes.
- Das Spektrum des Trägersignals $z(t) = \cos(ω_{\rm T} · t)$ lautet somit (in der Grafik grün eingezeichnet):
- $$Z(f) = {1}/{2} \cdot \delta (f + f_{\rm T})+{1}/{2} \cdot \delta (f - f_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$
Wer mit den Gesetzmäßigkeiten der Spektraltransformation und insbesondere mit dem Faltungssatz vertraut ist, kann sofort eine Lösung für das Spektrum $S(f)$ des Modulatorausgangssignals angeben:
- $$S(f)= Z(f) \star Q(f) = 1/2 \cdot \delta (f + f_{\rm T})\star Q(f)+1/2 \cdot \delta (f - f_{\rm T})\star Q(f) = 1/2 \cdot Q (f + f_{\rm T})+ 1/2 \cdot Q(f - f_{\rm T}) \hspace{0.05cm}.$$
$\text{Bitte beachten Sie:}$
Die Faltung einer verschobenen Diracfunktion $δ(x – x_0)$ mit einer beliebigen Funktion $f(x)$ ergibt die verschobene Funktion $f(x - x_0)$.
Die Grafik zeigt das Ergebnis. Man erkennt folgende Charakteristika:
- Aufgrund der systemtheoretischen Betrachtungsweise mit positiven und negativen Frequenzen setzt sich $S(f)$ aus zwei Anteilen um $\pm f_{\rm T}$ zusammen, die jeweils formgleich mit $Q(f)$ sind.
- Der Faktor $1/2$ ergibt sich wegen der Trägeramplitude $A_{\rm T} = 1$. Somit ist $s(t = 0) = q(t = 0)$, so dass auch die Integrale über deren Spektralfunktionen $S(f)$ bzw. $Q(f)$ gleich sein müssen.
- Die Kanalbandbreite $B_{\rm K}$ muss mindestens doppelt so groß sein wie die Signalbandbreite $B_{\rm NF}$, was zu der Namensgebung geführt hat: Zweiseitenband–Amplitudenmodulation $\rm (ZSB–AM)$.
- Zu beachten: $B_{\rm NF}$ und $B_{\rm K}$ sind absolute und nicht etwa äquivalente Bandbreiten sind. Letztere sind über flächengleiche Rechtecke definiert und werden hier mit $Δf_q$ bzw. $Δf_{\rm K}$ bezeichnet.
- Die Spektralfunktion $S(f)$ beinhaltet keine Diraclinien bei der Trägerfrequenz $(\pm f_{\rm T})$. Deshalb wird dieses Verfahren auch als Zweiseitenband–Amplitudenmodulation ohne Träger bezeichnet. Die Frequenzanteile
- oberhalb der Trägerfrequenz $f_{\rm T}$ nennt man das "obere Seitenband" $\rm (OSB)$,
- diejenigen unterhalb von $f_{\rm T}$ das "untere Seitenband" $\rm (USB)$.
Beschreibung im Zeitbereich
Der Faltungssatz lautet mit der auf dieses Problem angepassten Nomenklatur:
- $$S(f) = Z(f) \star Q(f)\hspace{0.2cm}\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ\, \hspace{0.2cm} s(t) = q(t) \cdot z(t) = q(t) \cdot \cos(\omega_{\rm T}\cdot t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$
Dieses Ergebnis stimmt auch dann noch, wenn die auf der letzten Seite getroffenen Einschränkungen $($reellwertiges Spektrum $Q(f)$, Trägerphase $ϕ_{\rm T} = 0)$ aufgehoben werden. Im Allgemeinen ergibt sich somit eine komplexwertige Spektralfunktion $S(f)$.
Nach dieser Gleichung kann man für die Zweiseitenband–Amplitudenmodulation zwei Modelle angeben. Diese sind wie folgt zu interpretieren:
- Das erste Modell beschreibt direkt den oben angegebenen Zusammenhang, wobei hier der Träger $z(t) = \cos(ω_{\rm T}t + ϕ_{\rm T})$ ohne Einheit angesetzt ist.
- Das zweite Modell entspricht eher den physikalischen Gegebenheiten, nach dem jedes Signal auch eine Einheit besitzt. Sind $q(t)$ und $z(t)$ jeweils Spannungen, so ist im Modell noch eine Skalierung mit der Modulatorkonstanten $K_{\rm AM}$ (Einheit: ${\rm V^{–1} }$) vorzusehen, damit auch das Ausgangssignal $s(t)$ einen Spannungsverlauf darstellt.
- Wählt man $K_{\rm AM} = 1/A_{\rm T}$, so sind beide Modelle gleich. Im Folgenden werden wir stets vom unteren, einfacheren Modell ausgehen.
$\text{Beispiel 1:}$ Die Grafik zeigt in roter Farbe die Sendesignale $s(t)$ bei ZSB–AM für zwei unterschiedliche Trägerfrequenzen.
Das in beiden Fällen gleiche Quellensignal $q(t)$ mit der Bandbreite $B_{\rm NF} = 4\text{ kHz}$ ist durchgehend blau gezeichnet und das Signal $-q(t)$ gestrichelt.
Das Trägersignal $z(t)$ hat in beiden Fällen einen cosinusförmigen Verlauf. Für das obere Bild liegt die Trägerfrequenz $f_{\rm T} = 20\text{ kHz}$ zugrunde und für das untere Bild $f_{\rm T} = 100\text{ kHz}$.
Ringmodulator
Eine Möglichkeit zur Realisierung der „Zweiseitenband–Amplitudenmodulation mit Trägerunterdrückung” bietet der so genannte Ringmodulator, der auch unter der Bezeichnung Doppelgegentakt–Diodenmodulator bekannt ist. Nachfolgend sehen Sie links die Schaltung und rechts ein einfaches Funktionsschaltbild.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit kann das Prinzip wie folgt dargestellt werden:
- Die Amplitude der harmonischen Trägerschwingung $z(t)$ sei sehr viel größer als der Maximalwert $q_{\rm max}$ des Quellensignals $q(t)$. Somit werden alle Dioden als Schalter betrieben.
- Bei positiver Halbwelle der Trägerschwingung $(z(t) > 0)$ leiten die zwei magentafarbenen Dioden, während die olivfarbenen sperren. Ohne Berücksichtigung von Verlusten gilt $s(t) = q(t)$.
- Bei negativer Halbwelle leiten die olivfarbenen Dioden und die Dioden in den Längszweigen sperren. Wie aus dem rechten Bild hervorgeht, gilt bei der unteren Schalterstellung $s(t) = \ – q(t)$.
- Wegen des Schalterbetriebs kann die harmonische Schwingung $z(t)$ auch durch ein periodisches Rechtecksignal gleicher Periodendauer ersetzt werden:
- $$z_{\rm R}(t) = \left\{ \begin{array}{c} +1 \\ -1 \\ \end{array} \right.\quad \begin{array}{*{10}c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c} {z(t) >0,} \\ {z(t) <0.} \\ \end{array}$$
- Das modulierte Signal $s(t)$ ergibt sich dann als das Produkt des Nachrichtensignals $q(t)$ mit diesem Rechtecksignal $z_{\rm R}(t)$, während bei idealer ZSB–AM mit einem Cosinussignal multipliziert wird.
- Der Träger $z(t)$ selbst ist im Signal $s(t)$ nicht enthalten. Da dieser über die Mittelanzapfungen der Übertrager zugeführt wird, heben sich die induzierten Spannungen auf ⇒ ZSB–AM ohne Träger.
$\text{Beispiel 2:}$ Nun wird die Wirkungsweise des Ringmodulators anhand beispielhafter Signalverläufe nochmals beschrieben. Die Trägerfrequenz sei $f_{\rm T} = 10\text{ kHz}$.
- Die obere Grafik zeigt die Signale $q(t)$ und $-q(t)$ als magenta- bzw. olivfarbene Kurvenverläufe. Dazu ist blau-gestrichelt das bipolare Rechtecksignal $z_{\rm R}(t)$ dargestellt, das die Werte $±1$ annimmt.
- Die mittlere Grafik zeigt das modulierte Signal des Ringmodulators:
- $$s_{\rm RM}(t) = q(t) · z_{\rm R}(t).$$
- Zum Vergleich ist in der unteren Skizze das herkömmliche ZSB–AM–Signal dargestellt:
- $$s(t) = q(t) · \cos(ω_{\rm T} · t).$$
Man erkennt deutliche Unterschiede, die sich jedoch auf einfache Weise kompensieren lassen:
- Die Fourierreihendarstellung des periodischen Rechtecksignals $z_{\rm R}(t)$ lautet:
- $$z_{\rm R}(t) = \frac{4}{\pi} \cdot \cos(\omega_{\rm T}\cdot t)-\frac{4}{3\pi} \cdot \cos(3\omega_{\rm T}\cdot t) +\frac{4}{5\pi} \cdot \cos(5\omega_{\rm T}\cdot t)- \text{ ...}$$
- Die dazugehörige Spektralfunktion besteht demnach aus Diraclinien bei $±f_{\rm T}, ±3f_{\rm T}, ±5f_{\rm T}$ usw. Die Faltung mit $Q(f)$ führt zu der Spektralfunktion (der Index steht für „Ringmodulator”):
- $$S_{\rm RM}(f) = \frac{2}{\pi} \cdot Q (f \pm f_{\rm T})-\frac{2}{3\pi} \cdot Q (f \pm 3f_{\rm T})+\frac{2}{5\pi} \cdot Q (f \pm 5f_{\rm T}) -\text{ ...} \hspace{0.05cm}$$
- Daraus ist ersichtlich, dass durch eine geeignete Bandbegrenzung $($zum Beispiel auf $±2f_{\rm T})$ und eine Dämpfung mit $π/4 ≈ 0.785$ das bekannte ZSB–AM–Spektrum gewonnen werden kann:
- $$S(f) = {1}/{2} \cdot Q (f \pm f_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$
Bei diesen Überlegungen ist zu berücksichtigen, dass stets $B_{\rm NF} \ll f_{\rm T}$ gelten muss.
AM-Signale und -Spektren bei harmonischem Eingangssignal
Nun soll der für Testzwecke wichtige Sonderfall betrachtet werden, dass nicht nur das Trägersignal $z(t)$, sondern auch das zu modulierende Nachrichtensignal $q(t)$ eine harmonische Schwingung ist:
- $$\begin{align*}q(t) & = A_{\rm N} \cdot \cos(\omega_{\rm N} \cdot t + \phi_{\rm N})\hspace{0.05cm}, \\ \\ z(t) & = \hspace{0.15cm}1 \hspace{0.13cm} \cdot \hspace{0.1cm}\cos(\omega_{\rm T} \cdot t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Bitte beachten Sie: Bei der Beschreibung von Modulationsverfahren wird in obigen Gleichungen der Phasenterm mit Pluszeichen berücksichtigt.
- Somit steht $ϕ_{\rm N} = - 90^\circ$ für ein sinusförmiges Eingangssignal $q(t)$ und $ϕ_{\rm T} = - 90^\circ$ kennzeichnet ein sinusförmiges Trägersignal $z(t)$.
- Damit lautet die Gleichung für das modulierte Signal:
- $$s(t) = q(t) \cdot z(t) = A_{\rm N} \cdot \cos(\omega_{\rm N} t + \phi_{\rm N})\cdot \cos(\omega_{\rm T} t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}.$$
Diese Gleichung kann mit Hilfe des Additionstheorems der Trigonometrie umgeformt werden:
- $$s(t) = A_{\rm N}/{2} \cdot \cos \big [(\omega_{\rm T} +\omega_{\rm N})\cdot t + \phi_{\rm T}+ \phi_{\rm N} \big ] + A_{\rm N}/{2} \cdot \cos \big [(\omega_{\rm T} -\omega_{\rm N})\cdot t + \phi_{\rm T}- \phi_{\rm N} \big ]\hspace{0.05cm}.$$
- Bei cosinusförmigen Signalen $(ϕ_{\rm T} = ϕ_{\rm N} = 0)$ vereinfacht sich diese Gleichung zu
- $$s(t) = {A_{\rm N}}/{2} \cdot \cos\big[(\omega_{\rm T}+\omega_{\rm N})\cdot t\big] + {A_{\rm N}}/{2} \cdot \cos\big[(\omega_{\rm T} -\omega_{\rm N})\cdot t \big]\hspace{0.05cm}.$$
- Durch Fouriertransformation kommt man zur Spektralfunktion:
- $$S(f) = {A_{\rm N}}/{4} \cdot \big[\delta ( f - f_{\rm T} - f_{\rm N})+\delta ( f + f_{\rm T} + f_{\rm N})\big)] + {A_{\rm N}}/{4} \cdot \big[ \delta ( f - f_{\rm T}+ f_{\rm N})+\delta ( f+ f_{\rm T} - f_{\rm N} ) \big]\hspace{0.05cm}.$$
Dieses Ergebnis, zu dem man auch über die Faltung gekommen wäre, besagt:
- Das Spektrum besteht aus vier Diraclinien bei den Frequenzen $±(f_{\rm T} + f_{\rm N})$ und $±(f_{\rm T} - f_{\rm N})$, wobei in beiden Klammerausdrücken die erste Diracfunktion diejenige bei positiver Frequenz angibt.
- Die Gewichte aller Diracfunktionen sind gleich und jeweils $A_{\rm N}/4$. Die Summe dieser Gewichte – also das Integral über $S(f)$ – ist entsprechend der Theorie gleich dem Signalwert $s(t = 0) = A_{\rm N}$.
- Die Diraclinien bleiben auch für $ϕ_{\rm T} ≠ 0$ und/oder $ϕ_{\rm N} ≠ 0$ bei den gleichen Frequenzen erhalten. Zu den Gewichten $A_{\rm N}/4$ müssen dann jedoch komplexe Drehfaktoren hinzugefügt werden.
$\text{Beispiel 3:}$ Die folgende Grafik zeigt die Spektralfunktionen $S(f)$ für unterschiedliche Werte von $ϕ_{\rm T}$ bzw. $ϕ_{\rm N}$. Die weiteren Parameter sind zu $f_{\rm T} = 50\text{ kHz}$, $f_{\rm N} = 10\text{ kHz}$ und $A_{\rm N} = 4\text{ V}$ vorausgesetzt. Die Beträge aller Diraclinien sind somit $A_{\rm N}/4 = 1\text{ V}$.
- Das linke obere Bild zeigt den gerade besprochenen Fall: Sowohl der Träger als auch das Nachrichtensignal sind cosinusförmiges. Somit setzt sich das amplitudenmodulierte Signal $s(t)$ aus zwei Cosinusschwingungen mit $ω_{60} = 2 π · 60\text{ kHz}$ und $ω_{40} = 2 π · 40\text{ kHz}$ zusammen.
- Bei den drei anderen Konstellationen ist zumindest eines der Signale $q(t)$ bzw. $z(t)$ sinusförmig, so dass stets $s(0) = 0$ ist. Somit ergeben sich bei diesen Spektren die Summe der vier Impulsgewichte jeweils zu Null.
- Das rechte untere Bild beschreibt $s(t) = A_{\rm N} · \sin(ω_{\rm N} t) · \sin(ω_{\rm T}t)$. Die Multiplikation zweier ungerader Funktionen ergibt die gerade Funktion $s(t)$ und damit ein reelles Spektrum $S(f)$. Dagegen führen die beiden anderen Konstellationen jeweils zu imaginären Spektralfunktionen.
ZSB-Amplitudenmodulation mit Träger
Die folgende Grafik zeigt, wie man von der „ZSB–AM ohne Träger” zur bekannteren Variante „ZSB–AM mit Träger” gelangt. Diese hat den Vorteil, dass durch eine einfache Maßnahme beim Sender der Demodulator sehr viel einfacher und billiger realisiert werden kann.
Die Grafik ist wie folgt zu interpretieren:
- Die obere Darstellung zeigt das physikalische Modell der „ZSB–AM mit Träger”, wobei Veränderungen gegenüber der „ZSB–AM ohne Träger” rot hervorgehoben sind.
- Dem Signal $s(t)$ ist additiv das Trägersignal $z(t) = A_{\rm T} · \cos(ω_{\rm T} · t)$ hinzugefügt, das im Spektrum zwei zusätzliche Diracfunktionen bei $±f_{\rm T}$ bewirkt, jeweils mit dem Impulsgewicht $A_{\rm T}/2$.
- Durch Addition des Gleichsignals $A_{\rm T}$ zum Quellensignal und die anschließende Multiplikation mit $z(t)$ gemäß unterer Skizze ergibt sich das gleiche Signal $s(t)$ und das gleiche Spektrum $S(f)$ wie oben.
- Die zweite Darstellung ist also mit dem oberen Modell äquivalent. Die Trägerphase ist in beiden Fällen nur aus Gründen einer vereinfachten Darstellung $ϕ_{\rm T} = 0$ gesetzt.
$\text{Beispiel 4:}$ Die "Zweiseitenband-Amplitudenmodulation mit Träger" findet auch heutzutage noch ihre Hauptanwendung in der Rundfunkübertragung auf
- Langwelle $($Frequenzbereich $\text{30 kHz}$ ... $\text{300 kHz})$,
- Mittelwelle $($Frequenzbereich $\text{300 kHz}$ ... $\text{3 MHz})$,
- Kurzwelle $($Frequenzbereich $\text{3 MHz}$ ... $\text{30 MHz})$.
Diese Frequenzen werden jedoch mehr und mehr für digitale Anwendungen freigegeben, zum Beispiel für "Digital Video Broadcast" $\rm (DVB)$.
Eine Anwendung von "Zweiseitenband-Amplitudenmodulation ohne Träger" gibt es beispielsweise beim UKW-Stereo-Rundfunk:
- Hier wird das Differenzsignal zwischen den beiden Stereokanälen bei $\text{39 kHz}$ trägerlos amplitudenmoduliert.
- Dann werden das Summensignal der beiden Kanäle $($jeweils im Bereich $\text{30 Hz}$ ... $\text{15 kHz})$, ein Hilfsträger bei $\text{19 kHz}$ sowie das Differenzsignal zusammengefasst und gemeinsam frequenzmoduliert.
$\text{Beispiel 5:}$ Die folgenden Signalverläufe sollen das Prinzip der „ZSB–AM mit Träger” weiter verdeutlichen.
- Oben sehen Sie einen Ausschnitt des auf Frequenzen $\vert f \vert \le 4\text{ kHz}$ begrenzten Quellensignal $q(t)$.
- $s(t)$ ergibt sich, wenn man zu $q(t)$ den Gleichanteil $A_{\rm T}$ addiert und die Signalsumme mit dem Trägersignal $z(t)$ der Frequenz $f_{\rm T} = 100\text{ kHz}$ multipliziert.
- Unten ist zum Vergleich das Sendesignal der „ZSB–AM ohne Träger” dargestellt.
Ein Vergleich dieser Signalverläufe zeigt:
- Durch Zusetzung des Gleichanteils $A_{\rm T}$ wurde erreicht, dass nun das Nachrichtensignal $q(t)$ in der Hüllkurve von $s(t)$ zu erkennen ist.
- Dadurch kann die Hüllkurvendemodulation angewandt werden, die einfacher und billiger zu realisieren ist als die kohärente Synchrondemodulation.
- Voraussetzung für die Anwendung des Hüllkurvendemodulators ist aber ein Modulationsgrad $m <1$. Dieser ist wie folgt definiert:
- $$m = \frac{q_{\rm max} }{A_{\rm T} } \hspace{0.3cm}{\rm mit}\hspace{0.3cm} q_{\rm max} = \max_{t} \hspace{0.05cm} \vert q(t) \vert\hspace{0.05cm}.$$
$\text{Fazit:}$
- Der Vorteil eines einfacheren Demodulators bei Anwendung der "ZSB–AM mit Träger" muss durch eine deutlich höhere Sendeleistung erkauft werden, da der Leistungsbeitrag des Trägers nicht zur Demodulation genutzt werden kann.
- Weiter ist zu darauf zu achten, dass das Quellensignal keinen Gleichanteil beinhaltet, da dieser durch den Träger überdeckt würde. Bei Sprach– und Musiksignalen ist dies allerdings keine große Einschränkung.
Beschreibung der ZSB-AM durch das analytische Signal
Im weiteren Verlauf wird zur Vereinfachung von Grafiken meist das Spektrum $S_+(f)$ des analytischen Signals anstelle des tatsächlichen, physikalischen Spektrums $S(f)$ angegeben.
Beispielhaft betrachten wir hier eine „ZSB–AM mit Träger” und folgende Signale:
- $$\begin{align*}s(t) & = \left(q(t) + A_{\rm T}\right) \cdot \cos(\omega_{\rm T}\cdot t + \phi_{\rm T})\hspace{0.05cm}, \\ \\ q(t) & = A_{\rm N} \cdot \cos(\omega_{\rm N}\cdot t + \phi_{\rm N})\hspace{0.05cm}.\end{align*}$$
Dann lautet das dazugehörige analytische Signal:
- $$s_+(t) = A_{\rm T} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm} \cdot \hspace{0.01cm}(\omega_{\rm T}\cdot \hspace{0.02cm}t \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm}\phi_{\rm T})}+ \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm} \cdot \hspace{0.01cm}((\omega_{\rm T} \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm} \omega_{\rm N} )\hspace{0.02cm}\cdot \hspace{0.02cm}t \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm} \phi_{\rm T}+ \phi_{\rm N})} + \frac{A_{\rm N}}{2} \cdot {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.03cm} \cdot \hspace{0.01cm}((\omega_{\rm T} \hspace{0.05cm}- \hspace{0.05cm} \omega_{\rm N} )\hspace{0.02cm}\cdot \hspace{0.02cm}t \hspace{0.05cm}+ \hspace{0.05cm} \phi_{\rm T}- \phi_{\rm N})} \hspace{0.05cm}.$$
Die zugehörige Spektralfunktion $S_+(f)$ besteht aus drei Diraclinien mit jeweils komplexen Gewichten entsprechend der Grafik:
- Die linke Skizze zeigt den Betrag $|S_+(f)|$, wobei $A_{\rm T}$ das Gewicht des Trägers angibt und $A_{\rm N}/2$ die Gewichte von OSB (oberes Seitenband) und USB (unteres Seitenband).
- In Klammern stehen die auf $A_{\rm T}$ normierten Werte. Da hier $q_{\rm max} = A_{\rm N}$ gilt, erhält man mit dem Modulationsgrad $m = A_{\rm N}/A_{\rm T}$ als normierte Gewichte von oberem und unterem Seitenband jeweils $m/2$.
- Die rechte Skizze gibt einen Blick in Richtung der Frequenzachse und zeigt die Phasenwinkel von Träger $(ϕ_{\rm T})$, USB $(ϕ_{\rm T} – ϕ_{\rm N})$ und OSB $(ϕ_{\rm T} + ϕ_{\rm N})$.
Amplitudenmodulation durch quadratische Kennlinie
Nichtlinearitäten sind in der Nachrichtentechnik meist unerwünscht und störend. Wie im Kapitel Nichtlineare Verzerrungen des Buches „Lineare zeitinvariante Systeme” dargelegt, führen sie dazu, dass
- das Superpositionsprinzip nicht mehr anwendbar ist,
- das Übertragungsverhalten von der Größe des Eingangssignals abhängt, und
- die Verzerrungen von nichtlinearer Art und damit irreversibel sind.
Eine Nichtlinearität der allgemeinen Form
- $$y(t) = c_0 + c_1 \cdot x(t) + c_2 \cdot x^2(t)+ c_3 \cdot x^3(t) + \text{...}$$
kann aber auch zur Realisierung einer ZSB–AM genutzt werden. Unter der Voraussetzung, dass
- nur die Koeffizienten $c_1$ und $c_2$ vorhanden sind, und
- das Eingangssignal $x(t) = q(t) + z(t)$ angelegt wird,
erhält man für das Ausgangssignal der Nichtlinearität:
- $$y(t) = c_1 \cdot q(t) + c_1 \cdot z(t) + c_2 \cdot q^2(t)+ 2 \cdot c_2 \cdot q(t)\cdot z(t)+ c_2 \cdot z^2(t)\hspace{0.05cm}.$$
Der erste, der dritte und der letzte Anteil liegen – spektral gesehen – bei $| f | ≤ 2 · B_{\rm NF}$ bzw. $| f | = 2 · f_{\rm T}$.
Entfernt man diese Signalanteile durch einen Bandpass und berücksichtigt $z(t) = A_{\rm T} · \cos(ω_{\rm T} · t)$, so erhält man die für „ZSB–AM mit Träger” typische Gleichung
(nur noch der zweite und der vierte Term):
- $$s(t) = c_1 \cdot A_{\rm T} \cdot \cos(\omega_{\rm T} \cdot t ) + 2 \cdot c_2 \cdot A_{\rm T} \cdot q(t)\cdot \cos(\omega_{\rm T} \cdot t )\hspace{0.05cm}.$$
Der Modulationsgrad ist bei dieser Realisierungsform durch die Koeffiziente $c_1$ und $c_2$ veränderbar:
- $$m = \frac{2 \cdot c_2 \cdot q_{\rm max}}{c_1} \hspace{0.05cm}.$$
Eine Diode und der Feldeffekttransistor besitzen mit guter Näherung eine solche quadratische Kennlinie und können zur Realisierung einer ZSB–AM genutzt werden. Kubische Anteile $(c_3 ≠ 0)$ und Nichtlinearitäten höherer Ordnung führen allerdings zu (großen) nichtlinearen Verzerrungen.
Aufgaben zum Kapitel
Aufgabe 2.1: ZSB-AM mit Cosinus? Oder mit Sinus?
Aufgabe 2.1Z: ZSB-AM ohne/mit Träger
Aufgabe 2.2Z: Leistungsbetrachtung
Aufgabe 2.3: ZSB–AM–Realisierung
Aufgabe 2.3Z: ZSB durch Nichtlinearität