Aufgaben und Klassifizierung
Im letzten Kapitel des Buches „Modulationsverfahren” werden mit CDM und OFDM zwei Beispiele moderner digitaler Modulationsverfahren behandelt, die häufig auch – unter den Bezeichnungen CDMA bzw. OFDMA – als Vielfachzugriffsverfahren angewandt werden.
Bei CDMA (Code Division Multiple Access) wird für jeden Teilnehmer eine spezifische Spreizfolge bereitgestellt. Solche Spreizfolgen – und damit auch das Gesamtsignal – sind im Vergleich zum Nutzsignal hochfrequent, so dass dieses Verfahren auch als Bandspreizung bezeichnet wird. Insbesondere wird es in den Zellularnetzen der dritten Generation wie zum Beispiel UMTS eingesetzt.
Bei OFDM (Orthogonal Frequency Division Multiplex) handelt es sich um ein Mehrträger–Modulationsverfahren, das auf der Orthogonalität der verwendeten, meist sehr vielen Träger basiert. Aufgrund seiner vorteilhaften Eigenschaften wird es zunehmend bei leitungsgebundenen (xDSL) und bei mobilen Systemen angewandt. Insbesondere findet es in den Zellularnetzen der vierten Generation (4G) als Vielfachzugriffsverfahren (OFDMA) Anwendung. Genaueres im Kapitel LTE des Buches „Mobile Kommunikation”.
Weitere Informationen zum Thema sowie Aufgaben, Simulationen und Programmierübungen finden Sie im Versuch „Digitale Modulationsverfahren” des Praktikums „Simulation Digitaler Übertragungssysteme ”. Diese (ehemalige) LNT-Lehrveranstaltung an der TU München basiert auf
- der Lehrsoftware CDMA ⇒ Link verweist auf die ZIP-Version des Programms und
- der zugehörigen Praktikumsanleitung ⇒ Link verweist auf die PDF-Version.
Das erste Unterkapitel „Aufgaben und Klaaasifizierung” ist wie folgt gegliedert:
Inhaltsverzeichnis
Multiplexer und Demultiplexer
Bisher sind wir stets von einer einzigen Nachrichtenquelle ausgegangen, die Informationen
- zu einer einzigen Sinke überträgt (Punkt–zu–Punkt–Verbindung), oder
- mehrere Teilnehmer gleichzeitig versorgt (Punkt–zu–Mehrpunkt–Verbindung, Broadcast).
Dies entspricht aber eher selten den in der Praxis auftretenden Situationen. Vielmehr versorgt ein Kommunikationssystem – zumindest ein wirtschaftlich tragbares – viele Teilnehmer, die Informationen versenden wollen und gleichzeitig für die anderen Teilnehmer als Nachrichtensinken fungieren.
Für jede Klasse von Anwendungen steht in der Regel nur eine beschränkte Frequenzbandbreite zur Verfügung. Insbesondere bei Funksystemen ist die Bandbreite – da nicht beliebig vermehrbar – eine wichtige Ressource. Die World Administrative Radio Conference (WARC) koordiniert weltweit die Nutzung der heute und zukünftig verfügbaren Frequenzen. Ingenieure haben die Aufgabe, das für eine Anwendung zur Verfügung gestellte Frequenzband so effektiv wie möglich zu nutzen und damit möglichst viele Teilnehmer zu versorgen.
Die Grafik zeigt die Vorgehensweise:
- Die $K$ Quellensignale $q_k(t)$ werden jeweils geeignet moduliert, vom Multiplexer (MUX) zum Sendesignal $s(t)$ zusammengefasst und anschließend über den gemeinsamen physikalischen Kanal übertragen.
- Der Demultiplexer (DEMUX) hat die Aufgabe, die Informationen für die $K$ Teilnehmer (Sinken) aus dem Empfangssignal $r(t)$ zu extrahieren.
FDMA, TDMA und CDMA
Die folgende Grafik mit den drei Achsen Zeit, Frequenz und Leistung verdeutlicht drei weit verbreitete Vielfachzugriffsverfahren, nämlich
- Frequency Division Multiple Access (FDMA),
- Time Division Multiple Access (TDMA), und
- Code Division Multiple Access (CDMA).
Mit der hier angegebenen Bezeichnung geht man davon aus, dass es mehrere Sender–Empfänger–Paare gibt, die sich ein Übertragungsmedium selbständig aufteilen. Beim Mobilfunk ist beispielsweise dieses Übertragungsmedium die Funkschnittstelle, vereinfacht ausgedrückt die „Luft” in der Umgebung einer Basisstation. Die Kanalzuteilung geschieht entweder mit einer zentralen Instanz in der Basisstation oder die Teilnehmer arbeiten mit einer Kollisionserkennung.
Dagegen spricht man von Multiplexing, wenn am Anfang eines Übertragungsweges ein Multiplexer mehrere Signale bündelt (wie im Bild im letzten Abschnitt dargestellt) und am Ende ein Demultiplexer dieses gemeinsame Signal wieder auftrennt. Abkürzend verwendet man anstelle von FDMA, TDMA und CDMA in diesem Fall FDM, TDM und CDM – also Frequency (Time, Code) Division Multiplexing.
Die Bildbeschreibung folgt im nächsten Abschnitt. Der Vollständigkeit halber soll vorher ein weiteres Vielfachzugriffsverfahren erwähnt werden: Space Division Multiple Access (SDMA). Hier wird durch die Verwendung von Gruppenantennen (auch Antennen–Arrays genannt) beim Sender eine selektive räumliche Ausbreitung der Signalkomponenten ermöglicht. Die Trennung der einzelnen Nutzer beim Empfänger erfolgt demzufolge durch die räumliche Position der jeweiligen Endgeräte.
Die in der Grafik unten nochmals dargestellten Verfahren lassen sich wie folgt charakterisieren:
- Bei Frequency Division Multiple Access (FDMA) bekommt jeder der $K$ Nutzer nur einen Teil der gesamten Bandbreite $B$ zugewiesen und kann darin zeitkontinuierlich (analog oder digital) übertragen. Wie in Kapitel 1.1 bereits im Detail beschrieben, können so alle Nutzer gleichzeitig mit unterschiedlicher Trägerfrequenz senden, ohne dass sich dadurch die Übertragungsqualität verschlechtert. Voraussetzung ist, dass kein Nutzer mehr als die gerade noch zuläsige Bandbreite $B/K$ belegt und dass außerdem Filter mit beliebig steilen Flanken zur Kanalseparierung verfügbar sind. Anderenfalls sind Schutzabstände zwischen den einzelnen Frequenzbändern einzuhalten.
- Bei Time Division Multiple Access (TDMA) nutzen dagegen alle $K$ Teilnehmer das gesamte Frequenzband $B$, allerdings nur jeweils zu einem Bruchteil $(1/K)$ der Zeit. Bei zeitkontinuierlich anfallenden Symbolen erfordert dieses Zeitmultiplexverfahren eine Zwischenspeicherung beim Sender, eine blockweise Übertragung mit einer um den Faktor $K$ höheren Datenrate sowie eine Einrichtung beim Empfänger, der die Blöcke in den einzelnen Zeitschlitzen wieder zu einem kontinuierlichen Datenstrom zusammenfügt.
- Bei Code Division Multiple Access (CDMA) wird das gleiche Frequenzband der Breite $B$ von allen Teilnehmern zu allen Zeiten gemeinsam benutzt; sie liegen leistungsmäßig quasi übereinander. Um die Teilnehmersignale am Empfänger separieren zu können, werden sie am Sender mit einer gegenüber der Nutzbandbreite um den Faktor $J ≥ K$ höherfrequenten periodischen Binärfolge multipliziert, was spektral gesehen einer Bandspreizung um diesen Faktor $J$ entspricht. Man spricht von PN–Modulation oder von Direct Sequence Spread Spectrum. Findet man $J$ zueinander orthogonale Spreizfolgen, so können bei idealen Bedingungen bis zu $J$ Nutzer den gemeinsamen Kanal ohne gegenseitige Beeinflussung gleichzeitig belegen, allerdings jeder einzelne nur mit der Nutzbandbreite $B/J$ (bezogen auf die Daten). Durch die Bandspreizung belegt aber jeder Nutzer das gesamte Frequenzband $B$.
Anwendungsbeispiele
Zeitmultiplex (TDM) wird schon sehr lange eingesetzt, zum Beispiel in der 1972 standardisierten Plesiochronous Digital Hierarchy (PDH). Ausgehend von der Datenrate 2.048 Mbit/s ergeben sich die höheren Bitraten 8.448, 34.368, 139.264 und 564.992 Mbit/s, jeweils durch eine Vervierfachung unter Berücksichtigung eines gewissen Overheads. Seit 1988 gibt es daneben die Synchronous Digital Hierarchy (SDH) mit den Datenraten 155.52, 622.08, 2488.32, 9953.28 und 39813.12 Mbit/s ≈ 40 Gbit/s (jeweils genau Faktor 4), die in den neueren optischen Systemen zum Einsatz kommt.
Das älteste Multiplexverfahren ist FDM, das bereits seit den Anfängen der analogen Rundfunktechnik in den 1930er Jahren eingesetzt wird. Beispielsweise umfasst der VHF II–Bereich – besser bekannt als UKW – den Frequenzbereich von 87.5 bis 108 MHz, also eine Bandbreite von 20.5 MHz. Mit dem ursprünglichen Frequenzraster von 300 kHz konnten somit $K =$ 68 Kanäle bereitgestellt werden. Heutzutage wird das Kanalraster mit 150 kHz Abstand meist enger gewählt.
Der Anfang der 1990er Jahre eingeführte europäische Mobilfunkstandard GSM benutzt neben einer TDMA–Komponente (8 Zeitschlitze pro Frequenzkanal) ebenfalls eine FDMA–Komponente. Die gesamte im sog. D–Band zur Verfügung stehende Bandbreite $B =$ 24.8 MHz – bei der Verbindung von der Mobilstation zur Basisstation (Uplink) der Frequenzbereich 890.1 ... 914.9 MHz und in der Gegenrichtung (Downlink) der Bereich 935.1 ... 959.9 MHz – wird per Frequenzmultiplex (FDMA) in 124 jeweils 200 kHz breite Bänder unterteilt. Die maximal mögliche Kanalzahl beträgt somit (theoretisch) 8 · 124 = 992. Da allerdings benachbarte Zellen nicht die gleichen Frequenzen benutzen dürfen, da es sonst an den Zellgrenzen zu einem beträchtlichem Qualitätsverlust kommen würde, ergibt sich für das GSM–System eine maximal mögliche Kanalzahl von 330 (Reuse–Faktor 3).
Von großer Bedeutung ist Orthogonal Frequency Division Multiplex (OFDM), auf dem sowohl DSL (Digital Subscriber Line) als auch das 4G–Mobilfunksystem LTE (Long Term Evolution) aufbaut. Hierbei handelt es sich um ein Mehrträgersystem, bei dem sich die einzelnen Spektralfunktionen zwar überlappen, aber auf Grund von Orthogonalität nicht stören. Das OFDM–Prinzip wird in Kapitel 5.5 (sowie in den Kapiteln 5.6 bis 5.8) detailliert beschrieben.
Vorher betrachten wir aber in den Kapiteln 5.2 bis 5.4 verschiedene Varianten von bandspreizenden Verfahren und Code Division Multiple Access (CDMA), das zum Beispiel im 3G–Mobilfunkstandard UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) Anwendung findet.