Aufgabe 1.13: Decodierung beim binären Auslöschungskanal (BEC)

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Zur BEC–Decodierung

Wir gehen hier vom Modell im Abschnitt Decodierung beim Binary Erasure Channel aus (grün hinterlegte BEC–Konfiguration):

  • Jedes Informationswort $\underline{u}$ wird blockweise codiert und liefert das Codewort $\underline{x}$. Der Blockcode sei linear und durch seine Prüfmatrix $\boldsymbol{\rm H}$ vollständig gegeben.
  • Bei der Übertragung werden $n_{\rm E}$ Bit des Codewortes ausgelöscht ⇒ Binary Erasure Channel (BEC). Aus dem Codewort $\underline{x}$ wird somit das Empfangswort $\underline{y}$.
  • Ist die Anzahl $n_{\rm E}$ der Auslöschungen kleiner als die minimale Distanz $d_{\rm min}$ des Codes, so gelingt es, aus $\underline{y}$ das Codewort $\underline{z} = \underline{x}$ ohne Fehler zu rekonstruieren, und man erhält so auch das richtige Informationswort $\underline{v} = \underline{u}$.


Zur Aufgabenbeschreibung betrachten wir nun beispielhaft das Hamming–Codewort $\underline{x} = (0, 1, 0, 1, 1, 0, 0)$ und das Empfangswort $\underline{y} = (0, 1, {\rm E} , {\rm E}, 1, 0, 0).$

  • Ausgelöscht wurden somit durch den Kanal das dritte und vierte Bit.
  • Der Codewortfinder hat somit die Aufgabe, den Vektor $z_{\rm E} = (z_{3}, z_{4})$ mit $z_{3}, \ z_{4} \in \{0, 1\}$ zu bestimmen. Dies geschieht entsprechend der Gleichung
$${ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm E} \cdot \underline{z}_{\rm E}^{\rm T}= { \boldsymbol{\rm H}}_{\rm K} \cdot \underline{z}_{\rm K}^{\rm T}\hspace{0.05cm}.$$
  • Im vorliegenden Beispiel gilt:
$$\underline{z}_{\rm K} = (0, 1, 1, 0, 0)\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}{ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm K} = \begin{pmatrix} 1 &1 &1 &0 &0\\ 0 &1 &0 &1 &0\\ 1 &1 &0 &0 &1 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm}, \hspace{0.3cm}{ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm E} = \begin{pmatrix} 1 &0\\ 1 &1\\ 0 &1 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm}.$$
  • Diese Gleichung liefert zwei Bestimmungsgleichungen für die zu bestimmenden Bits, deren Lösung zum Ergebnis $z_{3} = 0$ und $z_{4} = 1$ führt.



Hinweise:

  • Die Aufgabe gehört zum Kapitel Decodierung linearer Blockcodes.
  • Der Algorithmus zur Zuordnung des Empfangswortes $\underline{y}$ zum richtigen Codewort $\underline{z} = \underline{x}$ ist im Theorieteil ausführlich beschrieben.
  • Wir möchten nochmals daran erinnern, dass wir bei der BEC–Decodierung den ersten Decoderblock $\underline{y} → \underline{z}$ als Codewortfinder bezeichnen, da hier Fehlentscheidungen ausgeschlossen sind. Jedes Empfangswort wird richtig decodiert, oder es kann gar nicht decodiert werden.
  • Beim BSC–Modell lassen sich dagegen Decodierfehler nicht vermeiden. Dementsprechend heißt der entsprechende Block dort Codewortschätzer.



Fragebogen

1

Empfangen wurde $\underline{y} = (1, {\rm E}, 0, 1, 0, 0, {\rm E})$. Für welche Sequenz entscheidet sich der Codewortfinder?

$\underline{z} = (1, 0, 0, 1, 0, 0, 0),$
$\underline{z} = (1, 1, 0, 1, 0, 0, 1),$
$\underline{z} = (1, 0, 0, 1, 0, 0, 1).$

2

Welche Konsequenzen ergeben sich aus den roten Eintragungen für $\boldsymbol{\rm H}_{\rm K}$ und $z_{\rm K}$ (siehe Grafik auf der Angabenseite)?

Der Erasure–Vektor lautet $\underline{z}_{\rm E} = (z_{5}, z_{6}, z_{7}).$
Das Empfangswort lautet $\underline{y} = (1, 1, 0, 1, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E}).$
$\boldsymbol{\rm H}_{\rm E}$ ist eine $2 \times 3$–Matrix.
$\boldsymbol{\rm H}_{\rm E}$ ist eine $3 \times 3$–Matrix.

3

Nun gelte $\underline{y} = (1, 1, 0, 1, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E}).$ Welches Codewort wird ausgewählt?

$\underline{z} = (1, 1, 0, 1, 1, 1, 0),$
$\underline{z} = (1, 1, 0, 1, 0, 0, 1),$
$\underline{z} = (1, 1, 0, 0, 0, 1, 0).$
Für das vorliegende $\underline{y}$ ist keine eindeutige Decodierung möglich.

4

Welche Konsequenzen ergeben sich aus den grünen Eintragungen für $\boldsymbol{\rm H}_{\rm K}$ und $z_{\rm K}$ (siehe Grafik auf der Angabenseite)?

Das Empfangswort lautet $\underline{y} = (1, 1, 0, {\rm E}, 0, {\rm E}, {\rm E}).$
$\boldsymbol{\rm H}_{\rm K}$ unterscheidet sich gegenüber Teilfrage (2) in der letzten Zeile.
$\boldsymbol{\rm H}_{\rm K}$ unterscheidet sich gegenüber Teilfrage (2) in der letzten Spalte.

5

Nun gelte $\underline{y} = (1, 1, 0, {\rm E}, 0, {\rm E}, {\rm E}).$ Welches Codewort wird ausgewählt?

$\underline{z} = (1, 1, 0, 1, 1, 1, 0),$
$\underline{z} = (1, 1, 0, 1, 0, 0, 1),$
$\underline{z} = (1, 1, 0, 0, 0, 1, 0).$
Für das vorliegende $\underline{y}$ ist keine eindeutige Decodierung möglich.

6

Welche Aussagen ergeben sich für die Korrekturfähigkeit beim BEC? $n_{\rm E}$ gibt dabei die Anzahl der Auslöschungen (Erasures) an.

Für $n_{\rm E} < d_{\rm min}$ ist stets eine eindeutige Decodierung möglich.
Für $n_{\rm E} = d_{\rm min}$ ist stets eine eindeutige Decodierung möglich.
Für $n_{\rm E} = d_{\rm min}$ ist manchmal eine eindeutige Decodierung möglich.
Für $n_{\rm E} > d_{\rm min}$ ist eine eindeutige Decodierung nie möglich.


Musterlösung

(1)  Der Empfangsvektor lautet $\underline{y} = (1, {\rm E}, 0, 1, 0, 0, {\rm E})$. Ausgelöscht wurden also die Codesymbole an den Positionen 2 und 7. Ausgehend von der vorgegebenen Prüfmatrix

$${ \boldsymbol{\rm H}} = \begin{pmatrix} 1 &1 &1 &0 &1 &0 &0\\ 0 &1 &1 &1 &0 &1 &0\\ 1 &1 &0 &1 &0 &0 &1 \end{pmatrix}$$

des Hammingcodes erhält man für Vektor und Matrix hinsichtlich

  • aller korrekt übertragenen Codesymbole (Index $\rm K$), die dem Codewortfinder bekannt sind:
$$\underline{z}_{\rm K} = (1, 0, 1, 0, 0)\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}{ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm K} = \begin{pmatrix} 1 &1 &0 &1 &0\\ 0 &1 &1 &0 &1\\ 1 &0 &1 &0 &0 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm},$$
  • hinsichtlich der beiden ausgelöschten Codesymbole $z_{2}$ und $z_{7}$ (Index $\rm E$), die zu ermitteln sind:
$$\underline{z}_{\rm E} = (z_2, z_7)\hspace{0.05cm},\hspace{0.3cm}{ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm E} = \begin{pmatrix} 1 &0\\ 1 &0\\ 1 &1 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm}.$$

Die Bestimmungsgleichung lautet somit:

$${ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm E} \cdot \underline{z}_{\rm E}^{\rm T}= { \boldsymbol{\rm H}}_{\rm K} \cdot \underline{z}_{\rm K}^{\rm T}$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} \begin{pmatrix} 1 &0\\ 1 &0\\ 1 &1 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} z_2 \\ z_7 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 1 &1 &0 &1 &0\\ 0 &1 &1 &0 &1\\ 1 &0 &1 &0 &0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 0 \\ 1 \\ 0 \\ 0 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 1 \\ 1 \\ 0 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm}.$$

Daraus ergeben sich drei Gleichungen für die beiden Unbekannten $z_{2}$ und $z_{7}$:

  1. (a) $z_{2} = 1$,
  2. (b) $z_{2} = 1$,
  3. (c) $z_{2} + z_{7} = 0 \ \Rightarrow \ z_{7}= 1$.


Somit liefert der Codewortfinder $\underline{z} = (1, 1, 0, 1, 0, 0, 1)$  ⇒  Lösungsvorschlag 2.


(2)  Betrachtet man die vorgegebene Matrix $\boldsymbol{\rm H}_{\rm K}$, so erkennt man, dass diese mit den ersten vier Spalten der Prüfmatrix $\boldsymbol{\rm H}$ übereinstimmt. Die Auslöschungen betreffen also die letzten 3 Bit des Empfangswortes  ⇒  $\underline{z}_{\rm E} = (z_{5}, z_{6}, z_{7}) ⇒ \underline{y} = (1, 1, 0, 1, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E})$ und die Erasure–Matrix lautet:

$${ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm E} = \begin{pmatrix} 1 &0 &0\\ 0 &1 &0\\ 0 &0 &1 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm}.$$

Richtig sind demzufolge die Aussagen 1, 2 und 4.


(3)  Man erhält nach einigen Matrizenmultiplikationen:

$${ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm K} \cdot \underline{z}_{\rm K}^{\rm T} = \begin{pmatrix} 1 &1 &1 &0\\ 0 &1 &1 &1\\ 1 &1 &0 &1 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 1 \\ 0 \\ 1 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 0 \\ 0 \\ 1 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm},$$
$${ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm E} \cdot \underline{z}_{\rm E}^{\rm T} = \begin{pmatrix} 1 &0 &0\\ 0 &1 &0\\ 0 &0 &1 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} z_5 \\ z_6 \\ z_7 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} z_5 \\ z_6 \\ z_7 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm}.$$

Durch Gleichsetzen folgt $z_{5} = 0, \ z_{6} = 0, \ z_{7} = 1$  ⇒  Lösungsvorschlag 2.


(4)  Der Matrizenvergleich zeigt, dass die ersten drei Spalten von $\boldsymbol{\rm H}$ und $\boldsymbol{\rm H}_{\rm K}$ identisch sind. Die vierte Spalte von $\boldsymbol{\rm H}_{\rm K}$ ist gleich der fünften Spalte der Prüfmatrix. Daraus folgt für den Vektor $z_{\rm E} = (z_{4}, z_{6}, z_{7})$ und weiter für den Empfangsvektor $\underline{y} = (1, 1, 0, {\rm E}, 0, {\rm E}, {\rm E})$ ⇒ Lösungsvorschlag 1 und 3.


(5)  Analog zur Teilaufgabe (3) erhält man nun:

$${ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm K} \cdot \underline{z}_{\rm K}^{\rm T} = \begin{pmatrix} 1 &1 &1 &1\\ 0 &1 &1 &0\\ 1 &1 &0 &0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 1 \\ 1 \\ 0 \\ 0 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 0 \\ 1 \\ 0 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm},$$
$${ \boldsymbol{\rm H}}_{\rm E} \cdot \underline{z}_{\rm E}^{\rm T} = \begin{pmatrix} 0 &0 &0\\ 1 &1 &0\\ 1 &0 &1 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} z_4 \\ z_6 \\ z_7 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 0 \\ z_4 + z_6 \\ z_4 + z_7 \end{pmatrix} \hspace{0.05cm}.$$

Setzt man nun die beiden Spaltenvektoren gleich, so erhält man nur mehr zwei Gleichungen für die drei Unbekannten  ⇒  Lösungsvorschlag 4. Oder anders ausgedrückt: Ist die Anzahl der Auslöschungen des BEC–Kanals größer als der Rang der Matrix $\boldsymbol{\rm H}_{\rm E}$, so ergibt sich keine eindeutige Lösung des resultierenden Gleichungssystems.


(6)  Zur Lösung dieser Aufgabe beziehen wir uns wieder auf den systematischen Hamming–Code $(7, 4, 3)$ entsprechend der angegebenen Prüfgleichung und der nachfolgenden Codetabelle. Die Informationsbit sind schwarz dargestellt und die Prüfbit rot. Die minimale Distanz dieses Codes beträgt $d_{\rm min} = 3$.

Codetabelle des systematischen $(7, 4, 3)$–Hamming–Codes

Weiter nehmen wir an, dass stets das gelb hinterlegte Codewort $\underline{x} = (1, 1, 0, 1, 0, 0, 1)$ gesendet wurde:

  • Ist die Anzahl $n_{\rm E}$ der Auslöschungen kleiner als $d_{\rm min} = 3$, so ist eine Decodierung nach der hier beschriebenen Methode immer möglich  ⇒  siehe beispielsweise Teilaufgabe (1) mit $n_{E }= 2$.
  • Auch für $n_{\rm E} = d_{\rm min} = 3$ ist manchmal eine Decodierung möglich, wie in Aufgabe (3) gezeigt. In der Codetabelle gibt es nur ein einziges Codewort, das zum Empfangsvektor $\underline{y} = (1, 1, 0, 1, {\rm E}, {\rm E}, {\rm E})$ passen könnte, nämlich das gelb hinterlegte Codewort $\underline{x} = (1, 1, 0, 1, 0, 0, 1)$.
  • Dagegen konnte $\underline{y} = (1, 1, 0, {\rm E}, 0, {\rm E}, {\rm E})$ entsprechend Teilaufgabe (4) nicht decodiert werden. In der Codetabelle erkennt man neben $(1, 1, 0, 1, 0, 0, 1)$ mit $(1, 1, 0, 0, 0, 1, 0)$ ein weiteres Codewort (grün hinterlegt), das durch die $n_{\rm E} = 3$ gegebenen Auslöschungen zum Empfangswort $\underline{y}$ wird. Dieser Fall, wenn die $n_{\rm E} = d_{\rm min}$ Auslöschungen genau die $d_{\rm min}$ unterschiedlichen Bit zweier Codeworte betreffen, führt zu einer Matrix $\mathbf{H}_{\rm E}$ mit einem Rang kleiner als $d_{\rm min}$.
  • Ist $\boldsymbol{\rm H}_{\rm E} > d_{\rm min}$, so ist die Anzahl $n – n_{\rm E}$ der nicht ausgelöschten Bit kleiner als die Anzahl $k$ der Informationsbit. In diesem Fall kann das Codewort natürlich nicht decodiert werden.


Das heißt: Zutreffend sind die Aussagen 1, 3 und 4.