Aufgabe 2.7Z: Kohärenzbandbreite des LZI–Zweiwegekanals

Aus LNTwww
Wechseln zu:Navigation, Suche

Zwei Zweiwegekanäle

Zum GWSSUS–Modell werden zwei Kenngrößen angegeben, die beide die entstehende Verzögerung  $\tau$  statistisch erfassen. Mehr Informationen zum Thema „Mehrwegeausbreitung” finden Sie im Abschnitt  Simulation gemäß dem GWSSUS–Modell  des Theorieteils.

  • Die  Mehrwegeverbreiterung  $T_{\rm V}$  ist definitionsgemäß gleich der Standardabweichung der Zufallsgröße  $\tau$.
    Diese kann aus der Wahrscheinlichkeitsdichte  $f_{\rm V}(\tau)$  ermittelt werden. Die WDF  $f_{\rm V}(\tau)$  ist dabei formgleich mit dem Verzögerungs–Leistungsdichtespektrum  ${\it \Phi}_{\rm V}(\tau)$.
  • Die  Kohärenzbandbreite  $B_{\rm K}$  beschreibt den gleichen Sachverhalt im Frequenzbereich.
    Diese ist implizit durch die Frequenz–Korrelationsfunktion  $\varphi_{\rm F}(\Delta f)$  festgelegt als derjenige  $\Delta f$–Wert, bei dem deren Betrag erstmals auf die Hälfte abgefallen ist:
$$|\varphi_{\rm F}(\Delta f = B_{\rm K})| \stackrel {!}{=} {1}/{2} \cdot |\varphi_{\rm F}(\Delta f = 0)| \hspace{0.05cm}.$$

Der Zusammenhang zwischen  ${\it \Phi}_{\rm V}(\tau)$  und  $\varphi_{\rm F}(\Delta f)$  ist durch die Fouriertransformation gegeben:

$$\varphi_{\rm F}(\Delta f) \hspace{0.2cm} {\bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\circ} \hspace{0.2cm} {\it \Phi}_{\rm V}(\tau)\hspace{0.05cm}.$$
  • Beide Definitionen sind bei einem zeitinvarianten Kanal nur bedingt geeignet.
  • Oft verwendet man für einen zeitinvarianten Zweiwegekanal (also mit konstanten Pfadgewichten entsprechend obiger Grafik) als Näherung für die Kohärenzbandbreite:
$$B_{\rm K}\hspace{0.01cm}' = \frac{1}{\tau_{\rm max} - \tau_{\rm min}} \hspace{0.05cm}.$$


In dieser Aufgabe soll geklärt werden,

  • warum es in der Literatur verschiedene Definitionen für die Kohärenzbandbreite gibt,
  • welcher Zusammenhang zwischen  $B_{\rm K}$  und  $B_{\rm K}\hspace{0.01cm}'$  besteht, und
  • welche Definitionen bei welchen Randbedingungen sinnvoll sind.




Hinweise:



Fragebogen

1

Welche Kohärenzbandbreitennäherungen  $B_{\rm K}\hspace{0.01cm}'$  ergeben sich für Kanal  $\rm A$  und  $\rm B$?

Kanal  ${\rm A} \text {:} \hspace{0.4cm} B_{\rm K}\hspace{0.01cm}' \ = \ $

$\ \rm kHz$
Kanal  ${\rm B} \text {:} \hspace{0.4cm} B_{\rm K}\hspace{0.01cm}' \ = \ $

$\ \rm kHz$

2

Wie lautet die WDF  $f_{\rm V}(\tau)$? $G$  gibt das Gewicht des zweiten Pfades an.

$f_{\rm V}(\tau) = \delta(\tau) + G \cdot \delta(\tau \, –\tau_0)$,
$f_{\rm V}(\tau) = \delta(\tau) + G^2 \cdot \delta(\tau \, –\tau_0)$,
$f_{\rm V}(\tau) = 1/(1 + G^2) \cdot \delta(\tau) + G^2/(1 + G^2) \cdot \delta(\tau \, –\tau_0)$.

3

Berechnen Sie die Mehrwegeverbreitung  $ T_{\rm V}$.

Kanal  ${\rm A} \text{:} \hspace{0.4cm} T_{\rm V} \ = \ $

$\ \rm \mu s$
Kanal  ${\rm B} \text{:} \hspace{0.4cm} T_{\rm V} \ = \ $

$\ \rm \mu s$

4

Welche Kohärenzbandbreite  $B_{\rm K}$  weist der Kanal  ${\rm A}$  auf?

Es gilt  $B_{\rm K} = 333 \ \rm kHz$.
Es gilt  $B_{\rm K} = 500 \ \rm kHz$.
Es gilt  $B_{\rm K} = 1 \ \rm MHz$.
$B_{\rm K}$  ist nach dieser Definition nicht angebbar.

5

Welche Kohärenzbandbreite  $B_{\rm K}$  weist der Kanal  ${\rm B}$  auf?

Es gilt  $B_{\rm K} = 333 \ \rm kHz$.
Es gilt  $B_{\rm K} = 500 \ \rm kHz$.
Es gilt  $B_{\rm K} = 1 \ \rm MHz$.
$B_{\rm K}$  ist nach dieser Definition nicht angebbar.


Musterlösung

(1)  Bei beiden Kanälen beträgt Laufzeitdifferenz $\Delta \tau = \tau_{\rm max} \, – \tau_{\rm min} = 1 \ \rm \mu s$. Deshalb ergibt sich bei beiden Kanälen der gleiche Wert:

$$B_{\rm K}' \ \underline {= 1000 \ \rm kHz}.$$

(2)  Die Grafiken beziehen sich auf die Impulsantwort $h(\tau)$. Um das Verzögerungs–LDS zu erhalten, müssen die Gewichte quadriert werden:

$${\it \Phi}_{\rm V}(\tau) = 1^2 \cdot \delta(\tau) + G^2 \cdot \delta(\tau - \tau_0) \hspace{0.05cm}.$$

Das Integral über ${\it \Phi}_{\rm V}(\tau)$ ist demnach $1 + G^2$. Die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (WDF) muss aber die „Fläche 1” ergeben (Summe der beiden Diracgewichte gleich $1$). Daraus folgt:

$$f_{\rm V}(\tau) = \frac{1}{1 + G^2} \cdot \delta(\tau) + \frac{G^2}{1 + G^2} \cdot \delta(\tau - \tau_0) \hspace{0.05cm}.$$

Richtig ist somit nur der Lösungsvorschlag 3.

  • Der erste Vorschlag beschreibt nicht die WDF $f_{\rm V}(\tau)$, sondern die Impuls $h(\tau)$.
  • Die zweite Gleichung gibt das Verzögerungs–LDS ${\it \Phi}_{\rm V}(\tau)$ an.


(3)  Beim Kanal A sind die beiden Impulsgewichte gleich. Damit kann für den Mittelwert $m_{\rm V}$ und die Standardabweichung $\sigma_{\rm V} = T_{\rm V}$ ohne große Rechnung geschrieben werden:

$$m_{\rm V} = \frac{\tau_0}{2} \hspace{0.15cm} {= 0.5\,{\rm \mu s}}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}T_{\rm V} = \sigma_{\rm V} =\frac{\tau_0}{2} \hspace{0.15cm}\underline {= 0.5\,{\rm \mu s}} \hspace{0.05cm}.$$

Beim Kanal B sind die Impulsgewichte $1/(1+0.5^2) = 0.8$ (für $\tau = 0$) und $0.2$ (für $\tau = 1 \ \rm \mu s$). Damit erhält man für den linearen und den quadratischen Mittelwert nach den grundlegenden Gesetzen der Statistik:

$$m_{\rm 1} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 0.8 \cdot 0 + 0.2 \cdot 1\,{\rm \mu s} = 0.2\,{\rm \mu s} \hspace{0.05cm},\hspace{0.5cm} m_{\rm 2} \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 0.8 \cdot 0^2 + 0.2 \cdot (1\,{\rm \mu s})^2 = 0.2\,({\rm \mu s})^2 \hspace{0.05cm}.$$

Zum gesuchten Ergebnis kommt man mit dem Satz von Steiner.

$$\sigma_{\rm V}^2 = m_{\rm 2} - m_{\rm 1}^2 = 0.2\,({\rm \mu s})^2 - (0.2\,{\rm \mu s})^2 = 0.16\,({\rm \mu s})^2 \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}T_{\rm V} = \sigma_{\rm V} \hspace{0.15cm}\underline {= 0.4\,{\rm \mu s}}\hspace{0.05cm}.$$


(4)  Die Frequenzkorrelationsfunktion ist die Fouriertransformierte von ${\it \Phi}_{\rm V}(\tau) = \delta(\tau) + \delta(\tau \, – \tau_0)$:

$$\varphi_{\rm F}(\Delta f) = 1 + {\rm exp}(-{\rm j} \cdot 2\pi \cdot \Delta f \cdot \tau_0) = 1 + {\rm cos}(2\pi \cdot \Delta f \cdot \tau_0) -{\rm j} \cdot {\rm sin}(2\pi \cdot \Delta f \cdot \tau_0) $$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm} |\varphi_{\rm F}(\Delta f)| = \sqrt{2 + 2 \cdot {\rm cos}(2\pi \cdot \Delta f \cdot \tau_0) }\hspace{0.05cm}.$$

Das Funktionsmaximum bei $\Delta f = 0$ ist gleich $2$. Deshalb lautet die Bestimmungsgleichung für $B_{\rm K}$:

$$|\varphi_{\rm F}(B_{\rm K})| = 1 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}|\varphi_{\rm F}(B_{\rm K})|^2 = 1 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}2 + 2 \cdot {\rm cos}(2\pi \cdot B_{\rm K} \cdot \tau_0) = 1$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm}{\rm cos}(2\pi \cdot B_{\rm K} \cdot \tau_0) = -0.5 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}2\pi \cdot B_{\rm K} \cdot \tau_0 = \frac{2\pi}{3}\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}B_{\rm K} = \frac{1}{3\tau_0} = 333\,{\rm kHz}\hspace{0.05cm}.$$
Frequenzkorrelationsfunktion und Kohärenzbandbreite

Richtig ist somit der Lösungsvorschlag 1.
Die Grafik (blaue Kurve) verdeutlicht das Ergebnis.
(5)  Für den Kanal B lauten die entsprechenden Gleichungen:

$${\it \Phi}_{\rm V}(\tau) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 1^2 \cdot \delta(\tau) + (-0.5)^2 \cdot \delta(\tau - \tau_0) \hspace{0.05cm},\hspace{0.05cm} \varphi_{\rm F}(\Delta f) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 1 + 0.25 \cdot {\rm cos}(2\pi \cdot \Delta f \cdot \tau_0) -{\rm j} \cdot 0.25 \cdot {\rm sin}(2\pi \cdot \Delta f \cdot \tau_0)\hspace{0.05cm},$$
$$|\varphi_{\rm F}(\Delta f)| \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm}= \sqrt{\frac{17}{16} + \frac{1}{2} \cdot {\rm cos}(2\pi \cdot \Delta f \cdot \tau_0) }\hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}{\rm Max}\hspace{0.1cm}|\varphi_{\rm F}(\Delta f)| = 1.25\hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}{\rm Min}\hspace{0.1cm}|\varphi_{\rm F}(\Delta f)| = 0.75\hspace{0.05cm}.$$

Man erkennt an diesem Resultat, dass hier die $50\%$–Kohärenzbandbreite nicht angebbar ist. Richtig ist also der Lösungsvorschlag 4.

Dieses Ergebnis ist der Grund dafür, dass es für die Kohärenzbandbreite in der Literatur unterschiedliche Definitionen gibt, zum Beispiel:

  • die $90\%$–Kohärenzbandbreite (im Beispiel wäre $B_{\rm K, \hspace{0.03cm} 90\%} =184 \ \rm kHz$),
  • die vorne angegebene sehr einfache Näherung $B_{\rm K}\hspace{0.01cm}'$ (im Beispiel $B_{\rm K}\hspace{0.01cm}' =1 \ \rm MHz$).


Man erkennt bereits an diesen Zahlenwerten, dass alle diesbezüglichen Angaben sehr vage sind und sich die einzelnen „Kohärenzbandbreiten” um Faktoren unterscheiden können.