Aufgabe 1.1: Einfache Filterfunktionen

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Betrachtete Vierpole

Man bezeichnet ein Filter mit dem Frequenzgang

$$H_{\rm TP}(f) = \frac{1}{1+ {\rm j}\cdot f/f_0}$$

als Tiefpass erster Ordnung. Daraus lässt sich ein Hochpass erster Ordnung nach folgender Vorschrift gestalten:

$$H_{\rm HP}(f) = 1- H_{\rm TP}(f) .$$

In beiden Fällen gibt  $f_0$  die so genannte  $\text{3 dB}$–Grenzfrequenz an.

Die Abbildung zeigt zwei Vierpole  $\rm A$  und  $\rm B$. In der Aufgabe ist zu klären, welcher der beiden Vierpole eine Tiefpass– und welcher eine Hochpasscharakteristik aufweist.

Die Bauelemente von Schaltung  $\rm A$  sind wie folgt gegeben:

$$R = 50 \,\, {\rm \Omega}, \hspace{0.2cm} C = 637 \,\, {\rm nF} .$$

Die Induktivität  $L$  von Schaltung  $\rm B$  ist in der Teilaufgabe  (6)  zu berechnen.




Hinweise:

  • Die Aufgabe gehört zum Kapitel  Systembeschreibung im Frequenzbereich.
  • Für die Teilaufgabe  (4)  werden cosinusförmige Eingangssignale vorausgesetzt. Die Frequenz  $f_x$  ist variabel, die Leistung beträgt  $P_x = 10\,{\rm mW}.$


Fragebogen

1

Berechnen Sie den Frequenzgang  $H_{\rm A}(f)$  des Vierpols  $\rm A$  und überprüfen Sie folgende Aussagen.

Vierpol  $\rm A$  ist ein Tiefpass.
Vierpol  $\rm A$  ist ein Hochpass.

2

Berechnen Sie die Bezugsfrequenz  $f_0$  aus den Bauelementen  $R$  und  $C$.

$f_0 \ = \ $

 $\text{kHz}$

3

Berechnen Sie den Amplitudengang  $|H_{\rm A}(f)|$. Welche Zahlenwerte ergeben sich für  $f = f_0$  und  $f = 2f_0$?

$|H_{\rm A}(f = f_0)|\ = \ $

$|H_{\rm A}(f = 2f_0)|\ = \ $

4

Wie groß ist die Leistung  $P_y$  des Ausgangssignals  $y(t)$, wenn am Eingang ein Cosinussignal der Frequenz  $f_x = 5\,{\rm kHz}$  bzw.  $f_x = 10\,{\rm kHz}$  anliegt?

$P_y(f_x = 5 \ \rm kHz)\ = \ $

 $\text{mW}$
$P_y(f_x = 10 \ \rm kHz)\ = \ $

 $\text{mW}$

5

Berechnen Sie den Amplitudengang  $|H_{\rm B}(f)|$  des Vierpols  $\rm B$  mit den Elementen  $R$  und  $L$  unter Verwendung der Bezugsfrequenz  $f_0 = R/(2πL)$.
Welche Werte ergeben sich für  $f = 0$,  $f = f_0$ und $f = 2f_0$  sowie für  $f → ∞$?

$|H_{\rm B}(f = 0)|\ = \ $

$|H_{\rm B}(f = f_0)|\ = \ $

$|H_{\rm B}(f = 2f_0)|\ = \ $

$|H_{\rm B}(f → ∞)|\ = \ $

6

Welche Induktivität  $L$  führt zur Bezugsfrequenz  $f_0 = 5 \,\text{kHz}$?

$L\ = \ $

 $\text{mH}$


Musterlösung

(1)  Richtig ist der Lösungsvorschlag 1:

  • Der komplexe Widerstand der Kapazität $C$ ist gleich $1/({\rm j}ωC)$, wobei $ω = 2πf$ die so genannte Kreisfrequenz angibt. Der Frequenzgang lässt sich nach dem Spannungsteilerprinzip berechnen:
$$H_{\rm A}(f) = \frac{Y_{\rm A}(f)}{X_{\rm A}(f)} = \frac{1/({\rm j}\omega C)}{R+1/({\rm j}\omega C)}=\frac{1}{1+{\rm j \cdot 2\pi}\cdot f \cdot R\cdot C}.$$
  • Wegen $H_{\rm A}(f = 0) = 1$ kann dies kein Hochpass sein; vielmehr handelt es sich um einen Tiefpass.
  • Bei niedrigen Frequenzen ist der Blindwiderstand der Kapazität sehr groß und es gilt $y_{\rm A}(t) ≈ x_{\rm A}(t)$.
  • Dagegen wirkt der Kondensator bei sehr hohen Frequenzen wie ein Kurzschluss und es ist $y_{\rm A}(t) ≈ 0$.


(2)  Durch Koeffizientenvergleich zwischen $H_{\rm TP}(f)$ auf der Angabenseite und $H_{\rm A}(f)$ gemäß Teilaufgabe (1) erhält man:

$$f_0 = \frac{1}{2\pi \cdot R \cdot C} = \frac{1}{2\pi \cdot{\rm 50\hspace{0.05cm} \Omega}\cdot {\rm 637 \cdot 10^{-9}\hspace{0.05cm} s/\Omega}}\hspace{0.15cm}\underline{\approx 5 \, {\rm kHz}}.$$


(3)  Der Amplitudengang lautet:

$$|H_{\rm A}(f)| = \frac{1}{\sqrt{1+ (f/f_0)^2}}.$$

Für $f = f_0$ erhält man den Zahlenwert $1/\sqrt{2}\hspace{0.1cm} \underline{≈ 0.707}$, und für $f = 2f_0$ näherungsweise den Wert $1/\sqrt{5}\hspace{0.1cm} \underline{≈ 0.477}$.


(4)  Die Ausgangsleistung kann nach folgender Gleichung berechnet werden:

$$P_y = P_x \cdot |H_{\rm A}(f = f_x)|^2.$$

Für $f_x = f_0$ ist $P_y = P_x/2 \hspace{0.1cm} \underline{ = 5\hspace{0.1cm} {\rm mW}}$, also ergibt sich am Ausgang nur noch die halbe Leistung.

In logarithmischer Darstellung lautet diese Beziehung:

$$10 \cdot {\rm lg}\hspace{0.2cm} \frac{P_x(f_0)}{P_y(f_0)} = 3\,{\rm dB}.$$

Deshalb ist für $f_0$ auch die Bezeichnung „3dB–Grenzfrequenz” üblich.

Für $f_x = 2f_0$ erhält man dagegen einen kleineren Wert: $P_y = P_x/5 \hspace{0.1cm}\underline{= 2\hspace{0.1cm} {\rm mW}}$.


(5)  Analog zur Teilaufgabe (1) gilt:

$$H_{\rm B}(f) = \frac{Y_{\rm B}(f)}{X_{\rm B}(f)} = \frac{{\rm j}\omega L}{R+{\rm j}\omega L}=\frac{{\rm j2\pi}\cdot f \cdot L/R}{1+{\rm j2\pi}\cdot f \cdot L/R}.$$

Unter Verwendung der Bezugsfrequenz $f_0 = R/(2πL)$ kann hierfür auch geschrieben werden:

$$H_{\rm B}(f) = \frac{{\rm j}\cdot f/f_0}{1+{\rm j}\cdot f/f_0}\hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.5cm}|H_{\rm B}(f)| = \frac{|f/f_0|}{\sqrt{1+ (f/f_0)^2}}.$$

Daraus erhält man die Zahlenwerte:

$$|H_{\rm B}(f = 0)| \hspace{0.15cm}\underline{= 0}, \hspace{0.5cm} |H_{\rm B}( f_0)| \hspace{0.15cm}\underline{=0.707}, \hspace{0.5cm}|H_{\rm B}(2f_0)| \hspace{0.15cm}\underline{= 0.894}, \hspace{0.5cm}|H_{\rm B}(f \rightarrow \infty)|\hspace{0.15cm}\underline{ = 1}.$$

Der Vierpol $\rm B$ ist demzufolge ein Hochpass.


(6)  Aus obiger Definition der Bezugsfrequenz folgt:

$$L = \frac{R}{2\pi \cdot f_0} = \frac{{\rm 50\hspace{0.05cm} \Omega}}{2\pi \cdot{\rm 5000 \hspace{0.05cm} Hz}}= {\rm 1.59 \cdot 10^{-3}\hspace{0.05cm} \Omega s}\hspace{0.15cm}\underline{= {\rm 1.59 \hspace{0.1cm} mH}} .$$