Aufgabe 3.9: Faltung von Rechteck und Gauß
Wir betrachten einen gaußförmigen Tiefpass mit der äquivalenten Bandbreite $\Delta f = 40 \,\text{MHz}$:
- $$H( f ) = {\rm{e}}^{{\rm{ - \pi }}( {f/\Delta f} )^2 } .$$
Die dazugehörige Impulsantwort lautet:
- $$h( t ) = \Delta f \cdot {\rm{e}}^{{\rm{ - \pi }}( {\Delta f \hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} t} )^2 } .$$
Aus der Skizze ist zu ersehen, dass die äquivalente Zeitdauer ⇒ $\Delta t = 1/\Delta f = 25\,\text{ns}$ der Impulsantwort $h(t)$ an den beiden Wendepunkten der Gaußfunktion abgelesen werden kann.
An den Eingang des Tiefpasses werden nun drei verschiedene impulsartige Signale angelegt:
- ein Rechteckimpuls $x_1(t)$ mit Amplitude $A_1 =1\,\text{V}$ und Dauer $T_1 = 20\,\text{ns}$ (roter Verlauf),
- ein Rechteckimpuls $x_2(t)$ mit Amplitude $A_2 =10\,\text{V}$ und Dauer $T_2 = 2\,\text{ns}$ (violetter Verlauf),
- ein Diracimpuls $x_3(t)$ mit dem Impulsgewicht $2 \cdot 10^{–8}\text{ Vs}$ (grüner Pfeil).
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel Faltungssatz und Faltungsoperation.
- Zur Beantwortung der Fragen können Sie das komplementäre Gaußsche Fehlerintegral benutzen, das wie folgt definiert ist:
- $${\rm Q}( x ) = \frac{1}{ {\sqrt {2{\rm{\pi }}} }}\int_{\it x}^\infty {{\rm{e}}^{{{ - {\it u}}}^{\rm{2}} {\rm{/2}}} }\hspace{0.1cm}{\rm{d}}{\it u}.$$
Nebenstehende Tabelle gibt einige Funktionswerte wieder.
Fragebogen
Musterlösung
- $$y_1( t ) = A_1 \cdot \Delta f \cdot \int_{t - T_1 /2}^{t + T_1 /2} {{\rm{e}}^{{\rm{ - \pi }}( {\Delta f \hspace{0.05cm}\cdot \hspace{0.05cm} \tau } )^2 } }\hspace{0.1cm} {\rm{d}}\tau = \frac{A_1 }{\sqrt{2\pi }} \cdot\int_{u_1 }^{u_2 } {{\rm{e}}^{ - u^2 /2}\hspace{0.1cm} {\rm{d}}u.}$$
- Hierbei wurde die Substitution $u = \sqrt {2{\rm{\pi }}} \cdot \Delta f \cdot \tau$ verwendet. Die Integrationsgrenzen liegen bei:
- $$u_1 = \sqrt {2{\rm{\pi }}} \cdot \Delta f \cdot \big( {t - T_1 /2} \big),\hspace{0.5cm}u_2 = \sqrt {2{\rm{\pi }}} \cdot \Delta f \cdot \big( {t + T_1 /2} \big).$$
- Mit dem komplementären Gaußschen Fehlerintegral kann hierfür auch geschrieben werden:
- $$y_1 (t) = A_1 \cdot \big[ {{\rm Q} ( {u_1 } ) - {\rm Q}( {u_2 } )} \big].$$
- Für den Zeitpunkt $t = 0$ erhält man mit $(2\pi )^{1/2} \approx 2.5$:
- $$u_2 = \sqrt {2{\rm{\pi }}} \cdot \Delta f \cdot \frac{ {T_1 }}{2} \approx 2.5 \cdot 4 \cdot 10^{7} \;{\rm{1/s}} \cdot 10^{-8} \;{\rm{s}} = 1.$$
- Mit $u_1 = -u_2 = -1$ folgt für die beiden gesuchten Signalwerte:
- $$y_1 ( {t = 0} ) \approx A_1 \cdot \big[ {{\rm Q}( { - 1} ) - {\rm Q}(+ 1 )} \big] = 1\;{\rm{V}} \cdot \big[ {{\rm{0}}{\rm{.841 - 0}}{\rm{.159}}} \big] \hspace{0.15 cm}\underline{= 0.682\;{\rm{V}}}{\rm{,}}$$
- $$y_1 ( {t = 20\;{\rm{ns}}} ) \approx A_1 \cdot \big[ {{\rm Q}( 1 ) - {\rm Q}( 3 )} \big] = 1\;{\rm{V}} \cdot \big[ {{\rm{0}}{\rm{.159 - 0}}{\rm{.001}}} \big] \hspace{0.15 cm}\underline{= 0.158\;{\rm{V}}}{\rm{.}}$$
(2) Analog zur ersten Musterlösung erhält man für den schmaleren Eingangsimpuls $x_2(t)$:
- $$y_2 ( {t = 0} ) \approx A_2 \cdot \big[ {{\rm Q}( { - 0.1} ) - {\rm Q}( {0.1} )} \big] = 10\;{\rm{V}} \cdot \big[ {{\rm{0}}{\rm{.540 - 0}}{\rm{.460}}} \big] \hspace{0.15 cm}\underline{= 0.80\;{\rm{V}}}{\rm{,}}$$
- $$y_2 ( {t = 20\,{\rm ns}} ) \approx A_2 \cdot \big[ {{\rm Q}( {1.9} ) - {\rm Q}( {2.1} )} \big] = 10\;{\rm{V}} \cdot \big[ {{\rm{0}}{\rm{.029 - 0}}{\rm{.018}}} \big] \hspace{0.15 cm}\underline{= 0.11\;{\rm{V}}}{\rm{.}}$$
(3) Beim diracförmigen Eingangssignal $x_3(t)$ ist das Ausgangssignal $y_3(t)$ gleich der Impulsantwort $h(t)$, gewichtet mit dem Gewicht der Diracfunktion:
- $$y_3 (t) = 2 \cdot 10^{ - 8} \,{\rm{Vs}} \cdot 4 \cdot 10^7 \;{\rm{1/s}} \cdot {\rm{e}}^{ - {\rm{\pi }}( {\Delta f \cdot t})^2 }.$$
- Zum Zeitpunkt $t = 0$ erhält man auch hier mit guter Näherung $y_3( t=0)\hspace{0.15 cm}\underline{ =0.8\, {\rm V}}$.
- Nach $20\, \rm ns$ ist der Ausgangsimpuls um den Faktor ${\rm e}^{–0.64π} \hspace{0.15 cm}\underline{\approx 0.136}$ kleiner und man erhält $y_3( t = 20 \,\text{ns}) ≈ 0.11 \,\text{V}$.
Man erkennt aus dem Vergleich der Resultate aus (2) und (3), dass $y_3(t)$ ≈ $y_2(t)$ gilt.
- Der Grund hierfür ist, dass der Diracimpuls eine gute Näherung für einen rechteckförmigen Eingangsimpuls gleicher Fläche ist, wenn die Rechteckdauer $T$ deutlich kleiner als die äquivalente Impulsdauer $\Delta t$ der Impulsantwort ist.
- Das heißt für unser Beispiel: Ist die Dauer $T$ des rechteckförmigen Eingangsimpulses $x(t)$ deutlich kleiner als die äquivalente Dauer $\Delta t$ der gaußförmigen Impulsantwort $h(t)$, dann ist auch der Ausgangsimpuls $y(t)$ nahezu gaußförmig. Aber: Gauß (einmal) gefaltet mit Nicht–Gauß ergibt nie (exakt) Gauß!