Aufgabe 3.1: Kausalitätsbetrachtungen

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P ID1755 LZI A 3 1.png
Die Grafik zeigt oben den Vierpol mit der Übertragungsfunktion
$$H_1(f) = \frac{{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}}{1+{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}} \hspace{0.05cm},$$
wobei fG die 3dB–Grenzfrequenz angibt:
$$f_{\rm G} = \frac{R}{2 \pi \cdot L} \hspace{0.05cm}.$$
Durch Hintereinanderschalten n gleich aufgebauter Vierpole H1(f) kommt man zu der Übertragungsfunktion
$$H_n(f) = \left [H_1(f)\right ]^n =\frac{\left [{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}\right ]^n}{\left [1+{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}\right ]^n} \hspace{0.05cm}.$$
Vorausgesetzt ist hierbei eine geeignete Widerstandsentkopplung, die aber zur Lösung dieser Aufgabe nicht von Bedeutung ist. Die untere Grafik zeigt zum Beispiel die Realisierung der Übertragungsfunktion H2(f).
In dieser Aufgabe wird ein solcher Vierpol im Hinblick auf seine Kausalitätseigenschaften betrachtet. Bei einem jeden kausalen System erfüllen der Real– und der Imaginärteil der Spektralfunktion H(f) die Hilbert–Transformation, was durch das folgende Kurzzeichen ausgedrückt wird:
$${\rm Im} \left\{ H(f) \right \} \quad \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\hspace{-0.05cm}\rightarrow\quad {\rm Re} \left\{ H(f) \right \}\hspace{0.05cm}.$$
Da die Hilbert–Transformation nicht nur für Übertragungsfunktionen, sondern auch für Signale wichtige Aussagen liefert, wird die Korrespondenz häufig durch die allgemeine Variable x ausgedrückt, die je nach Anwendungsfall als normierte Frequenz oder als normierte Zeit zu interpretieren ist.
Hinweis: Die Aufgabe bezieht sich auf das Kapitel 3.1.


Fragebogen

1

Wie kann H1(f) charakterisiert werden?

H1(f) beschreibt einen Tiefpass.
H1(f) beschreibt einen Hochpass.

2

Beschreibt H1(f) ein kausales Netzwerk?

Ja.
Nein.

3

Berechnen Sie die Übertragungsfunktion H2(f). Welcher komplexe Wert ergibt sich für f = fG?

$Re{H_2(f = f_G)}$ =

$Im{H_2(f = f_G)}$ =

4

Welche der nachfolgenden Aussagen treffen zu?

H2(f) beschreibt ein kausales System.
(x4x2)/(x4+2x2+1) und 2x3/(x4+2x2+1) sind ein Hilbert–Paar.
Für n > 2 ist die Kausalitätsbedingung nicht erfüllt.


Musterlösung

1.  Mit der angegebenen Übertragungsfunktion kann man nach dem Spannungsteilerprinzip
$$H_1(f = 0) = 0, \hspace{0.2cm}H_1(f \rightarrow \infty) = 1$$
berechnen ⇒ Es handelt sich um einen Hochpass. Für sehr niedrige Frequenzen stellt die Induktivität L einen Kurzschluss dar.
2.  Jedes reale Netzwerk ist kausal. Die Impulsantwort h(t) ist gleich dem Ausgangssignal y(t), wenn zum Zeitpunkt t = 0 am Eingang ein extrem kurzfristiger Impuls – ein sog. Diracimpuls – angelegt wird. Aus Kausalitätsgründen kann dann natürlich am Ausgang nicht schon für Zeiten t < 0 ein Signal auftreten:
$$y(t) = h(t) = 0 \hspace{0.2cm}{\rm{f\ddot{u}r}} \hspace{0.2cm} t<0 \hspace{0.05cm}.$$
Formal lässt sich dies folgendermaßen zeigen: Die Hochpass–Übertragungsfunktion H1(f) kann wie folgt umgeformt werden:
$$H_1(f) = \frac{{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}}{1+{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}} = 1- \frac{1}{1+{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}} \hspace{0.05cm}.$$
Die zweite Übertragungsfunktion beschreibt die zu H1(f) äquivalente Tiefpassfunktion, die im Zeitbereich zur Exponentialfunktion führt. Die „1” wird zu einer Diracfunktion. Mit T = 2π · fG gilt somit für t ≥ 0:
$$h_1(t) = \delta(t) - \frac{1}{T} \cdot {\rm e}^{-t/T} \hspace{0.05cm}.$$
Für t < 0 gilt dagegen h1(t) = 0, womit die Kausalität nachgewiesen wäre   ⇒   Antwort Ja.
3.  Die Hintereinanderschaltung zweier Hochpässe führt zu folgender Übertragungsfunktion:
$$H_2(f) = \left [H_1(f)\right ]^2 =\frac{\left [{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}\right ]^2}{\left [1+{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}\right ]^2} =\frac{\left [{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}\right ]^2 \cdot \left [(1-{\rm j}\cdot f/f_{\rm G})\right ]^2} {\left [(1+{\rm j}\cdot f/f_{\rm G}) \cdot (1-{\rm j}\cdot f/f_{\rm G})\right ]^2}= \\ = \frac{(f/f_{\rm G})^4 - (f/f_{\rm G})^2 +{\rm j}\cdot 2 \cdot (f/f_{\rm G})^3)} {\left [1+(f/f_{\rm G})^2 \right ]^2}\hspace{0.05cm}.$$
Mit f = fG folgt daraus:
$$H_2(f = f_{\rm G}) = \frac{1 - 1 +{\rm j}\cdot 2} {4}= \frac{\rm j} {2}$$
$$\Rightarrow \hspace{0.5cm}{\rm Re} \left\{ H_2(f = f_{\rm G}) \right \} = 0, \hspace{0.4cm} {\rm Im} \left\{ H_2(f = f_{\rm G}) \right \} \hspace{0.15cm}\underline{ = 0.5}\hspace{0.05cm}.$$
4.  Richtig sind hier die beiden ersten Lösungsvorschläge. Da h1(t) = 0 für t < 0 ist, erfüllt auch die Faltungsoperation h2(t) = h1(t) ∗ h1(t) die Kausalitätsbedingung. Ebenso ergibt die n–fache Faltung eine kausale Impulsantwort:
$$h_n(t) = 0 \hspace{0.2cm}{\rm{f\ddot{u}r}} \hspace{0.2cm} t<0 \hspace{0.05cm}.$$
Bei kausaler Impulsantwort h2(t) hängen aber der Real– und der Imaginärteil der Spektralfunktion H2(f) über die Hilbert–Transformation zusammen. Mit der Abkürzung x = f/fG und dem Ergebnis aus der Teilaufgabe 3) gilt somit:
$$\frac{x^4- x^2}{x^4+2 x^2+1} \quad \bullet\!\!-\!\!\!-\!\!\!-\!\!\hspace{-0.05cm}\rightarrow\quad \frac{2x^3}{x^4+2 x^2+1}\hspace{0.05cm}.$$