Aufgabe 3.5: Schaltung mit R, L und C

Aus LNTwww
Version vom 1. Oktober 2016, 00:04 Uhr von Nabil (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „ {{quiz-Header|Buchseite=Lineare zeitinvariante Systeme/Laplace–Rücktransformation }} right| :Wir betrachten einen Vierpo…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu:Navigation, Suche

P ID1776 LZI A 3 5.png
Wir betrachten einen Vierpol mit dem Widerstand R = 100 Ω im Längszweig, während im Querzweig eine Induktivität L und eine Kapazität C in Serie geschaltet sind. Darunter gezeichnet ist das Pol–Nullstellen–Diagramm.
Beachten Sie die Normierung der komplexen Frequenz p = j2πf auf den Wert 1/T mit T = 1 μs. Dies hat zur Folge, dass zum Beispiel der Pol bei –1 in der Realität bei –106 · 1/s liegt.
Zur Berechnung von Zeitfunktionen kann man den Residuensatz anwenden. Bei N einfachen Polen setzt sich das Ausgangssignal y(t) aus N Eigenschwingungen (den sog. Residuen) zusammen. Bei einem einfachen Pol bei pxi gilt für das das Residuum:
$${\rm Res} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}i}} \hspace{-0.7cm}\{Y_{\rm L}(p)\cdot {\rm e}^{p t}\}= Y_{\rm L}(p)\cdot (p - p_{{\rm x}i})\cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}p_{{\rm x}i}} \hspace{0.05cm} .$$
Dieser Ansatz funktioniert aber nur dann, wenn die Anzahl Z der Nullstellen kleiner ist als N, in dieser Aufgabe beispielsweise dann, wenn die Sprungantwort y(t) berechnet wird. In diesem Fall ist Z = 2 und N = 3, da zusätzlich die Sprungantwort am Eingang durch XL(p) = 1/p berücksichtigt werden muss.
Für die Berechnung der Impulsantwort h(t) funktioniert diese Vorgehensweise wegen Z = N = 2 nicht. Hier kann aber die Tatsache berücksichtigt werden, dass das Integral über die Impulsantwort h(t) die Sprungantwort y(t) ergibt.
Hinweis: Die Aufgabe gehört zum Themenkomplex von Kapitel 3.3.


Fragebogen

1

Welche Funktion hat dieser Vierpol? Handelt es sich um

einen Tiefpass,
einen Hochpass,
einen Bandpass,
eine Bandsperre?

2

Berechnen Sie L und C für die vorgegebene Pol–Nullstellen–Konfiguration. Berücksichtigen Sie den Normierungswert 1/T und den Widerstand R = 100 Ω.

$L$ =

$\mu H$
$C$ =

$nF$

3

Berechnen Sie das Ausgangssignal y(t), wenn am Eingang eine Sprungfunktion σ(t) anliegt. Geben Sie die folgenden Signalwerte ein:

$y(t = 0)$ =

$y(t = 0.5 \mu s)$ =

$y(t = 2 \mu s)$ =

$y(t = 5 \mu s)$ =

4

Berechnen Sie die Impulsantwort h(t), insbesondere für die Zeitpunkte t = 0 und t = 1 μs. Welche der folgenden Aussagen treffen zu?

h(t) beinhaltet eine Diracfunktion bei t = 0.
Der kontinuierliche Anteil von h(t) ist im gesamten Bereich negativ.
Der kontinuierliche Anteil von h(t) besitzt ein Maximum.


Musterlösung

1.  Bei extrem tiefen Frequenzen (f → 0) hat die Kapazität C einen unendlich großen Widerstand und bei sehr hohen Frequenzen (f → ∞) die Induktivität L. In beiden Fällen gilt Y(f) = X(f) ⇒ H(f) = 1. Bei der Resonanzfrequenz f0 wirkt dagegen die LC–Serienschaltung als Kurzschluss und es gilt H(f0) = 0. Daraus folgt allein aus dem Blockschaltbild: Es handelt sich um eine Bandsperre.
2.  Aus dem Pol–Nullstellen–Diagramm ergibt sich die folgende p–Übertragungsfunktion (ohne den Normierungsfaktor 1/T):
$$H_{\rm L}(p)= \frac {(p - {\rm j} \cdot 2)(p + {\rm j} \cdot 2)} {(p +1)(p +4 )}= \frac {p^2 +4} {p^2 + 5 \cdot p +4} \hspace{0.05cm} .$$
Unter Berücksichtigung der Spannungsteilereigenschaften erhält man mit dem Blindwiderstand pL der Induktivität und dem Blindwiderstand 1/(pC) der Kapazität für die obere Schaltung:
$$H_{\rm L}(p)= \frac { p\cdot L +1/(pC) } {R + p \cdot L +1/(pC) }= \frac { p^2 +1/(pC) } {p^2 + p \cdot {R}/{L} +1/(pC) }\hspace{0.05cm} .$$
Durch Vergleich erkennt man unter Berücksichtigung des Normierungsfaktors 1/T = 106 1/s:
$$\frac{R}{L} \hspace{0.25cm} = \hspace{0.2cm} 5 \cdot 10^{6 }\, {\rm 1/s} \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}L= \frac{100\, {\rm \Omega}}{5 \cdot 10^6 \, {\rm 1/s}}\hspace{0.15cm}\underline{= 20\,{\rm \mu H} \hspace{0.05cm}} ,\\ \frac{1}{LC} \hspace{0.25cm} = \hspace{0.2cm}4 \cdot 10^{12 }\, {\rm 1/s^2} \hspace{0.3cm}\Rightarrow \hspace{0.3cm}C= \frac{1}{4 \cdot 10^{12 }\, {\rm 1/s^2}\cdot 2 \cdot 10^{-5 }\, {\rm \Omega \cdot s} } \hspace{0.15cm}\underline{= 12.5\,{\rm nF}} \hspace{0.05cm} .$$
3.  Die Sprungfunktion am Eingang wird durch XL(p) = 1/p berücksichtigt. Damit ergibt sich
$$Y_{\rm L}(p)= \frac {p^2 +4} {p \cdot (p +1)\cdot(p +4 )} \hspace{0.05cm} ,$$
woraus man durch Anwendung des Residuensatzes die Zeitfunktion y(t) ermitteln kann:
$$y_1(t) \hspace{0.25cm} = \hspace{0.2cm} \frac {p^2 +4} { (p +1)\cdot(p +4 )} \cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}0}= 1 \hspace{0.05cm} ,\\ y_2(t) \hspace{0.25cm} = \hspace{0.2cm} \frac {p^2 +4} { p\cdot(p +4 )} \cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}-1}= -\frac {5}{3}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-t} \hspace{0.05cm} ,\\ y_3(t) \hspace{0.25cm} = \hspace{0.2cm} \frac {p^2 +4} { p\cdot(p +1 )} \cdot {\rm e}^{\hspace{0.05cm}p \hspace{0.05cm}t} \bigg |_{p \hspace{0.05cm}= \hspace{0.05cm}-4}= \frac {5}{3}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-4t}$$
$$\Rightarrow \hspace{0.3cm}y(t)= y_1(t)+y_2(t)+y_3(t)= 1- \frac {5}{3}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-t/T}+\frac {5}{3}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-4t/T} \hspace{0.05cm} .$$
Hierbei ist berücksichtigt, dass die bei dieser Rechnung nicht berücksichtigte Konstante 106 · 1/s durch die Zeitnormierung auf T = 1 μs ausgeglichen werden kann. Die gesuchten Signalwerte lauten:
$$y(t = 0) \hspace{0.05cm}\underline{= 1.000}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm}y(t = 0.5\,{\rm \mu s}) \hspace{0.05cm}\underline{= 0.215}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm}y(t = 2\,{\rm \mu s}) \hspace{0.05cm}\underline{= 0.775}\hspace{0.05cm}, \hspace{0.15cm}y(t = 5\,{\rm \mu s}) \hspace{0.05cm}\underline{= 0.989}\hspace{0.05cm}. $$
Die folgende Grafik zeigt den Signalverlauf. Die gesuchten Zahlenwerte sind nochmals eingetragen.
P ID1778 LZI A 3 5 c.png
Man erkennt aus dieser Darstellung:
  • Da extrem hohe Frequenzen durch das System (Bandsperre) nicht beeinflusst werden, ist auch im Ausgangssignal y(t) der Sprung von 0 auf 1 mit unendlich großer Flankensteilheit zu erkennen.
  • Wegen H(f = 0) = 1 ergibt der Grenzwert von y(t) für t → ∞ folgerichtig ebenfalls den Wert 1.
  • Aufgrund der LC–Resonanzfrequenz bei f0 = 1/π (in MHz) kommt es zu einem Einbruch im Signalverlauf. Das Signalminimum von ca. 0.215 liegt bei etwa 0.5 μs.
4.  Die Impulsantwort h(t) ergibt sich aus der Sprungantwort y(t) durch Differentiation:
$$h(t)= \frac{{\rm d}\hspace{0.1cm}y(t)}{{\rm d}t}= \delta (t) + \frac {5}{3T}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-t/T}- \frac {20}{3T}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-4t/T} \hspace{0.05cm} .$$
Der Lösungsvorschlag 1 ist somit richtig, da die Differentiation einer Sprungfunktion die Diracfunktion liefert. Für den kontinuierlichen Anteil von h(t) erhält man folgende Zahlenwerte:
$$T \cdot h(t = 0 )\hspace{0.25cm} = \hspace{0.2cm} \frac {5}{3}- \frac {20}{3}= -5 \hspace{0.05cm} ,\\ T \cdot h(t = T )\hspace{0.25cm} = \hspace{0.2cm} \frac {5}{3}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-1}- \frac {20}{3}\cdot {\rm e}^{ \hspace{0.05cm}-4}= \frac {5}{3}\cdot 0.368- \frac {20}{3}\cdot 0.018\approx 0.491 \hspace{0.05cm} .$$
Da h(t) im Grenzfall für t → ∞ gegen Null strebt, ist der dritte Lösungsvorschlag richtig im Gegensatz zum zweiten. Der Verlauf von h(t) ist in der unteren Grafik dargestellt.
P ID1779 LZI A 3 5 d.png