Entscheidungsrückkopplung
Inhaltsverzeichnis
Prinzip und Blockschaltbild
Eine Möglichkeit zur Verminderung von Impulsinterferenzen bietet die Entscheidungsrückkopplung (engl.: Decision Feedback Equalization – abgekürzt DFE). In der deutschsprachigen Literatur wird diese manchmal auch als Quantisierte Rückkopplung (QR) bezeichnet.
Die Grafik zeigt den entsprechenden Empfänger. Man erkennt anhand des Blockschaltbildes:
- Ohne die rot eingezeichnete Signalrückführung ergäbe sich ein herkömmlicher Digitalempfänger mit Schwellenwertentscheidung entsprechend Kapitel 3.3. Für die nachfolgende Beschreibung wird wieder angenommen, dass sich das gesamte Empfangsfilter HE(f) aus dem Kanalentzerrer 1/HK(f) und einem Gaußtiefpass HG(f) zur Rauschleistungsbegrenzung zusammensetzt.
- Beim Empfänger mit Entscheidungsrückkopplung wird vom rechteckförmigen Ausgangssignal υ(t) über ein lineares Netzwerk mit dem Frequenzgang HDFE(f) ein Kompensationssignal w(t) gewonnen und an den Eingang des Schwellenwertentscheiders zurückgeführt.
- Dieses Signal w(t) wird vom vorentzerrten Signal d(t) subtrahiert. Bei geeigneter Dimensionierung des Rückkopplungsnetzwerkes weist somit das korrigierte Signal k(t) = d(t) – w(t) keine (oder zumindest deutlich geringere) Impulsnachläufer auf als das Signal d(t). Die Impulsvorläufer können dagegen aus Kausalitätsgründen nicht beeinflusst werden.
- Da bei diesem Empfänger mit Entscheidungsrückkopplung das Kompensationssignal w(t) vom rauschfreien Sinkensignal υ(t) abgeleitet wird, ist die Signalentzerrung nicht mit einer Erhöhung der Rauschleistung verbunden wie bei linearer Entzerrung. Vielmehr besitzt das korrigierte Signal k(t) den gleichen Rauscheffektivwert σd wie das Signal d(t).
Hinweis: Die Signalverläufe dieses nichtlinearen Entzerrungsverfahrens „DFE” sowie die zugehörigen Fehlerwahrscheinlichkeiten – gültig für einen verzerrungsfreien Kanal – können mit dem folgenden Interaktionsmodul angezeigt werden:
Entscheidungsrückkopplung
Ideale Entscheidungsrückkopplung
Wir behandeln zunächst die ideale DFE–Realisierung anhand der Grundimpulse.
Das bedeutet, dass im Idealfall der Kompensationsgrundimpuls gw(t) den linear vorentzerrten Impuls gd(t) für alle Zeiten t > TD + TV exakt nachbilden muss. Die aus Realisiserungsgründen erforderliche Verzögerungszeit TV muss stets kleiner als die Symboldauer T sein; im Folgenden gelte stets TV = T/2.
Links dargestellt sind auch die Grundimpulse gw(t) und gk(t) bei idealer Entscheidungsrückkopplung, wobei der Detektionszeitpunkt TD = 0 und die Verzögerungszeit TV = T/2 zugrunde liegen.
Die rechten Bilder aus Söder, G.: Simulation digitaler Übertragungssysteme. Anleitung zum gleichnamigen Praktikum. Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, Technische Universität München, 2001 – alle ohne Berücksichtigung des Rauschens – machen deutlich, dass durch die Kompensation aller Impulsnachläufer mittels des Korrektursignals w(t) die Abstände der Nutzabstandswerte dS(νT) von der Entscheiderschwelle E = 0 verändert werden. Besonders geringe Abstände wie beispielsweise zu den Zeitpunkten t = 6T und t = 7T werden deutlich vergrößert und damit deren Fehlerwahrscheinlichkeiten stark verringert (Pfeile weggehend von der Schwelle).
Augenöffnung und Fehlerwahrscheinlichkeit bei DFE
Betrachten wir nun die Augendiagramme ohne DFE (linke Grafik) und mit idealer DFE (rechte Grafik).
Dabei wird von den gleichen Voraussetzungen wie auf der letzten Seite ausgegangen, so dass folgende Grundimpulswerte vorliegen:
\[g_0 = g_d(t=0) = 0.548 \cdot s_0 \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}g_1 = g_d(t=T) = 0.214 \cdot s_0 = g_{-1} \hspace{0.05cm},\] \[ g_2 = g_d(t=2\hspace{0.05cm}T) = 0.012 \cdot s_0 = g_{-2} \hspace{0.05cm},\hspace{0.2cm}g_3 = g_{-3} = ... \approx 0 \hspace{0.05cm}.\]
Diese beiden Augendiagramme können wie folgt interpretiert werden:
- Beim herkömmlichen Empfänger (ohne DFE) gilt bei binärer bipolarer redundanzfreier Codierung unter Berücksichtigung der Symmetrie:
- \[{\ddot{o}(T_{\rm D} = 0 )} = {2} \cdot \left [ g_0 - | g_{-1}| - | g_{-2}| - | g_{1}| - | g_{2}|\right ] =\]
- \[ = {2} \cdot \left [ g_0 - 2 \cdot g_{1} - 2 \cdot g_{2}\right ]= 0.192 \cdot s_0 \hspace{0.05cm}.\]
- Dagegen werden bei idealer DFE die beiden Nachläufer g1 und g2 vollständig kompensiert und man erhält für die vertikale Augenöffnung:
- \[{\ddot{o}(T_{\rm D} = 0 )} = {2} \cdot \left [ g_0 - g_{-1} - g_{-2}\right ]= 0.644 \cdot s_0 \hspace{0.05cm}.\]
- Da das Korrektursignal w(t) aus dem entschiedenen und damit rauschfreien Signal υ(t) abgeleitet wird, wird der Rauscheffektivwert durch die Entscheidungsrückkopplung nicht verändert. Der Störabstandsgewinn durch die DFE ist somit im betrachteten Beispiel gleich
- \[G_{\rm DFE}= 20 \cdot {\rm lg}\hspace{0.1cm}\frac{0.644}{0.192} \approx 10.5\,{\rm dB} \hspace{0.05cm}.\]
Bei einem Koaxialkabel mit charakteristischer Kabeldämpfung a∗ = 80 dB und 10 · lg EB/N0 = 80 dB bedeutet dieser Störabstandsgewinn beispielsweise, dass die ungünstigste Fehlerwahrscheinlichkeit pU durch die DFE von 7% auf ca. 4 · 10–7 verkleinert wird – eine durchaus beachtenswerte Verbesserung.
Optimierung eines Übertragungssystems mit DFE
Die letzte Seite hat deutlich gemacht, dass die Entscheidungsrückkopplung bereits dann einen enormen Störabstandsgewinn bewirkt, wenn von einer festen Grenzfrequenz fG und dem Detektionszeitpunkt TD = 0 ausgegangen wird. Das System lässt sich aber weiter verbessern, wenn die beiden Parameter fG und TD gemeinsam optimiert werden.
Betrachten wir die Augendiagramme ohne Rauschen für fG · T = 0.3 (links) und fG · T = 0.2 (rechts). Für die nachfolgenden Berechnungen werden weiterhin die charakteristische Kabeldämpfung a∗ = 80 dB sowie der AWGN–Parameter 10 · lg EB/N0 = 80 dB (mit EB = s02 · T) vorausgesetzt, so dass sich der normierte Rauscheffektivwert zu σd/s0 = 0.065 (für fG · T = 0.3) bzw. σd/s0 = 0.010 (für fG · T = 0.2) ergibt. Die Optimierungsergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Mit fG · T = 0.3 kann durch Verschiebung des Detektionszeitpunktes auf TD,opt = –0.3T die Augenöffnung auf ö(TD) = 0.779 · s0 vergrößert werden. Daraus resultiert gegenüber TD = 0 (vergleiche letze Seite) ein weiterer Störabstandsgewinn von 20 · lg (0.779/0.644) ≈ 1.65 dB und die Fehlerwahrscheinlichkeit ergibt sich nun zu pU ≈ 1.3 · 10–9 (gegenüber 4 · 10–7).
- Bei einem DFE–Empfänger kann man zusätzlich die Grenzfrequenz weiter herabsetzen. So ergibt sich mit fG · T = 0.2 und TD = 0 die zwar kleine, aber immerhin von 0 verschiedene Augenöffnung ö(TD) = 0.152 · s0, die zusammen mit dem sehr günstigen Rauscheffektivwert σd/s0 = 0.010 zum (ungünstigsten) Störabstand 17.6 dB und zur Fehlerwahrscheinlichkeit pU = 1.6 · 10–14 führt.
- Durch Kombination der Grenzfrequenz fG · T = 0.2 mit dem Detektionszeitpunkt TD = –0.5T erhält man schließlich die bei den getroffenen Voraussetzungen optimale Systemkonfiguration mit der Augenöffnung ö(TD) = 0.368 · s0 und dem (ungünstigsten) Störabstand 10 · lg ρU = 25.3 dB. Die Fehlerwahrscheinlichkeit ist damit (praktisch) gleich 0.