Wir betrachten in dieser Aufgabe eine Zufallsgröße $x$ mit sinus–quadrat–förmiger WDF im Bereich zwischen $x= 0$ und $x= 2$:
- $$f_x(x)= \sin^2({\rm\pi}/{\rm 2}\cdot x) \hspace{1cm}\rm f\ddot{u}r\hspace{0.15cm}{\rm 0\le \it x \le \rm 2} .$$
Außerhalb ist die WDF identisch Null.
Der Mittelwert und die Streuung dieser Zufallsgröße $x$ wurden bereits in der Aufgabe 3.3 ermittelt:
- $$m_x = 1,\hspace{0.2cm}\sigma_x = 0.361.$$
Eine weitere Zufallsgröße $y$ erhält man durch Transformation mittels der nichtlinearen Kennlinie
- $$y= g(x) =\sin({\rm\pi}/{\rm 2}\cdot x).$$
Die Abbildung zeigt jeweils im Bereich $0 \le x \le 2$:
- oben die WDF $f_x(x)$,
- unten die nichtlineare Kennlinie $y = g(x)$.
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel Exponentialverteilte Zufallsgrößen.
- Besonderer Bezug genommen wird auf die Seite "Transformation von Zufallsgrößen" und auf das Kapitel "Erwartungswerte und Momente".
- Vorgegeben sind die beiden unbestimmten Integrale:
- $$\int \sin^{\rm 3}( ax)\,{\rm d}x = \frac{\rm 1}{ 3 a} \cdot \cos^{\rm 3}( ax)-\frac{\rm 1}{ a}\cdot \cos(ax),$$
- $$\int \sin^{\rm 4}(ax)\,{\rm d}x =\frac{\rm 3}{\rm 8}\cdot x-\frac{\rm 1}{\rm 4 a} \cdot \sin(2 ax)+\frac{\rm 1}{32 a}\cdot \sin(4 ax).$$
Fragebogen
Musterlösung
- Aufgrund des Wertebereichs von $x$ und der gegebenen Kennlinie kann $y$ keine Werte kleiner als $0$ bzw. größer als $1$ annehmen.
- Der Wert $y = 0$ kann allerdings ebenfalls nicht auftreten, da weder $x = 0$ noch $x = 2$ möglich sind.
- Mit diesen Eigenschaften ergibt sich sicher $m_y < 1$, also ein kleinerer Wert als $m_x = 1$ (siehe Angabe).
(2) Zur Lösung dieser Aufgabe könnte man beispielsweise zunächst die WDF $f_y(y)$ bestimmen und daraus in gewohnter Weise $m_y$ berechnen.
- Zum gleichen Ergebnis führt der direkte Weg:
- $$m_y={\rm E}\big[y\big]={\rm E}\big[g(x)\big]=\int_{-\infty}^{+\infty}g(x)\cdot f_x(x)\,{\rm d}x.$$
- Mit den aktuellen Funktionen $g(x)$ und $f_x(x)$ erhält man:
- $$m_y=\int_{\rm 0}^{\rm 2}\hspace{-0.1cm}\sin^{\rm 3}({\pi}/{ 2}\cdot x)\,{\rm d}x=\frac{\rm 2}{\rm 3\cdot \pi}\cdot \cos^{\rm 3}({\pi}/{ 2}\cdot x)-\frac{\rm 2}{\rm \pi} \cdot \cos({3 \rm \pi}/{\rm 2}\cdot x)\Big|_{\rm 0}^{\rm 2}=\frac{\rm 8}{\rm 3\cdot \pi} \hspace{0.15cm}\underline{=\rm 0.849}.$$
(3) In Analogie zu Punkt (2) gilt:
- $$m_{2 y}={\rm E}[y^{\rm 2}]={\rm E}[g^{\rm 2}( x)]=\int_{-\infty}^{+\infty}\hspace{-0.35cm}g^{2}( x)\cdot f_x(x)\,{\rm d}x.$$
- Dies führt zum Ergebnis:
- $$ m_{ 2 y}=\int_{\rm 0}^{\rm 2}\hspace{-0.15cm}\sin^{\rm 4}({\rm \pi}/{\rm 2}\cdot x)\,{\rm d} x= \frac{\rm 3}{\rm 8}\cdot x-\frac{\rm 1}{\rm 2\cdot\pi}\cdot \sin(\rm \pi\cdot{\it x})+\frac{\rm 1}{\rm 16\cdot\pi}\cdot \sin(\rm 2 \pi\cdot {\it x})\Big|_{\rm 0}^{\rm 2} \hspace{0.15cm}{= \rm 0.75}.$$
- Mit dem Ergebnis aus (2) folgt somit für die Streuung:
- $$ \sigma_{y}=\sqrt{\frac{\rm 3}{\rm 4}-\Big(\frac{\rm 8}{\rm 3\cdot\pi}\Big)^{\rm 2}} \hspace{0.15cm}\underline{\approx \rm 0.172}.$$
(4) Aufgrund der Symmetrie von WDF $f_x(x)$ und Kennlinie $y =g(x)$ um $x = 1$ liefern die beiden Bereiche
- $0 \le x \le 1$ und
- $1 \le x \le 2$
jeweils den gleichen Beitrag für $f_y(y)$.
- Im ersten Bereich ist die Ableitung der Kennlinie positiv: $g\hspace{0.05cm}'(x)={\rm \pi}/{\rm 2}\cdot \cos({\rm \pi}/{\rm 2}\cdot x).$
- Die Umkehrfunktion lautet: $ x=h(y)={\rm 2}/{\rm \pi}\cdot \arcsin( y).$
- Unter Berücksichtigung des zweiten Beitrags durch den Faktor $2$ erhält man für die gesuchte WDF im Bereich $0 \le y \le 1$:
- $$f_y(y)= 2\cdot\frac{\sin^{ 2}({ \pi}/{ 2}\cdot x)}{{ \pi}/{ 2}\cdot \cos({ \pi}/{ 2}\cdot x)}\Big|_{\, x={ 2}/{ \pi}\cdot \arcsin( y)}.$$
- Außerhalb ist $f_y(y) \equiv 0$. Dies führt zum Zwischenergebnis
- $$f_y(y)=\frac{4}{\pi}\cdot \frac{\sin^{2}(\arcsin( y ))}{\sqrt{\rm 1-\sin^{ 2}(\arcsin( y \rm ))}}.$$
- Und wegen $\sin\big (\arcsin(y)\big) = y$:
- $$f_y(y)=\frac{ 4}{\pi}\cdot \frac{ y^{2}}{\sqrt{1- y^{\rm 2}}}.$$
- An der Stelle $y = 0.6$ erhält man den Wert $f_y(y= 0.6)\hspace{0.15cm}\underline{=0.573}$.
- Rechts ist diese WDF $f_y(y)$ grafisch dargestellt.
(5) Die WDF ist an der Stelle $y = 1$ unendlich groß.
- Dies hängt damit zusammen, dass an dieser Stelle die Ableitung $g\hspace{0.05cm}'(x)$ der Kennlinie horizontal verläuft.
- Da aber $y$ eine kontinuierliche Zufallsgröße ist, gilt trotzdem ${\rm Pr}(y = 1) \hspace{0.15cm}\underline{= 0}$.
Das bedeutet:
- Eine Unendlichkeitsstelle in der WDF ist nicht identisch mit einer Diracfunktion.
- Oder salopper ausgedrückt: Eine Unendlichkeitsstelle in der WDF ist „weniger” als eine Diracfunktion.