Aufgabe 1.3: Kanalmodelle BSC–BEC–BSEC–AWGN
Im Theorieteil zu diesem Kapitel werden die folgenden digitalen Kanalmodelle behandelt:
- Binary Symmetric Channel (BSC),
- Binary Erasure Channel (BEC),
- Binary Symmetric Error & Erasure Channel (BSEC).
Die obere Grafik zeigt das BSEC–Modell. Daraus lassen sich zwei andere Kanalmodelle ableiten:
- Mit $λ = 0$ ergibt sich das BSC–Modell.
- Mit $\varepsilon = 0$ ergibt sich das BEC–Modell.
Die untere Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen dem BSEC–Modell und dem analogen AWGN–Kanalmodell. Um Verwechslungen zu vermeiden, bezeichnen wir das (analoge) Ausgangssignal des AWGN–Kanals mit $y_{\rm A}$, wobei mit dem Rauschterm $n$ gilt: $y_{\rm A} = \tilde{x}+ n$.
Die Tilde weist auf die bipolare Beschreibung des Digitalsignals hin. Es gilt:
- $\tilde{x} = +1$, falls $x = 0$,
- $\tilde{x} = -1$, falls $x = 1$.
Man erkennt die ternäre Ausgangsgröße $y \in \{0, 1, \rm E\}$, die sich aus dem AWGN–Modell durch die Unterteilung in drei Bereiche ergibt. Hierzu werden die Entscheiderschwellen $G_0$ und $G_1$ benötigt.
$y = \rm E$ (Erasure) sagt aus, dass die Entscheidung so unsicher ist, dass als Ergebnis weder $y = 0$ noch $y = 1$ gerechtfertigt erscheint. In deutschen Fachbüchern spricht man von einer Auslöschung.
Hinweise:
- Die Aufgabe gehört zum Kapitel Kanalmodelle_und_Entscheiderstrukturen.
- Die Streuung des AWGN–Rauschens $n$ wird für die gesamte Aufgabe zu $\sigma = 0.4$ angenommen.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zufallsgröße $n$ größer ist als $A$ oder kleiner als $–A$, ergibt sich mit dem komplementären Gaußschen Fehlerintegral ${\rm Q}(x)$ wie folgt:
- $${\rm Pr}(n > A) = {\rm Pr}(n < -A) = {\rm Q}(A/\sigma)\hspace{0.05cm}.$$
- Bitte beachten Sie weiter: Ausgehend vom AWGN–Kanal ist die Verfälschungswahrscheinlichkeit $\varepsilon = 0$ eigentlich nicht möglich.
- Für diese Aufgabe behelfen wir uns dadurch, dass alle Wahrscheinlichkeiten in Prozent mit zwei Nachkommastellen angegeben werden sollen. Damit kann $\varepsilon < 0.5 · 10^{-4}$ durch $\varepsilon \approx 0$ angenähert werden.
Es folgen noch einige Zahlenwerte der Q–Funktion:
- $$ {\rm Q}(0) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 50\%\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm Q}(0.5) \ = \ 30.85\%\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm Q}(1) \ = \ 15.87\% \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm Q}(1.5) \ = \ 6.68\%\hspace{0.05cm},$$
- $${\rm Q}(2) \hspace{-0.1cm} \ = \ \hspace{-0.1cm} 2.28\%\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm Q}(2.5) \ = \ 0.62\%\hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm Q}(3) \ = \ 0.14\% \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm Q}(3.5) \ = \ 0.02\% \hspace{0.05cm}, \hspace{0.2cm}{\rm Q}(4) \approx 0 \hspace{0.05cm}.$$
Fragebogen
Musterlösung
(2) Die Wahrscheinlickeit, dass eine Gaußsche Zufallsgröße mit Streuung $\sigma$ größer ist als 1 oder kleiner ist als –1, ergibt sich gemäß der Angabe zu $\varepsilon = {\rm Q} (1/ \sigma). {\rm Mit} \ \sigma= 0.4$ folgt daraus $\varepsilon = {\rm Q}(2.5) \ \underline { = 0.62\, \%}$.
(3) Richtig ist hier die Antwort 2. Beim BSEC–Modell gibt es drei Entscheidungsgebiete: je eines für die Symbole 0 und 1 und ein weiteres für Erasure (E: keine Entscheidung möglich). Dazu benötigt man zwei Schwellen, die symmetrisch um 0 liegen müssen. Wenn dem nicht so wäre, ergäben sich unterschiedliche Ergebnisse für die Symbole 0 und 1.
(4) Es gelte $y_{\rm A}$ = x̃ + n. Eine falsche Entscheidung ergibt sich in diesem Fall für den Rauschterm
- n > +1.2, falls x̃ = –1 ⇒ x = 1,
- n < –1.2, falls x̃ = +1 ⇒ x = 0.
In beiden Fällen erhält man für die Verfälschungswahrscheinlichkeit ε = Q(1.2/0.4) = Q(3) $<u>= 0.14 %</u>$. Ein Erasure (keine Entscheidung) ergibt sich für –0.2 < $y_{\rm A}$ < +0.2. Ausgehend von x̃ = –1 gilt somit:
- $$\lambda \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} {\rm Pr}(0.8 < n < 1.2) = {\rm Pr}(n > 0.8) - {\rm Pr}(n > 1.2) = $$
- $$ \ \ \hspace{-0.15cm}\ = \ \hspace{-0.15cm}{\rm Q}(2) - {\rm Q}(3) \approx 2.28\,\% - 0.14\,\% \hspace{0.15cm} \underline {\approx 2.14\,\%} \hspace{0.05cm}.$$
(5) Hier ist ebenfalls die Antwort 2 richtig. Auch beim BEC–Modell gibt es zwei um 0 symmetrische Schwellen. Der Unterschied zum BSEC–Modell ist, dass sich die Verfälschungswahrscheinlichkeit $\varepsilon = 0$ (genauer gesagt: $\varepsilon < 0.5 · 10^{–4}$) ergibt, entweder, weil
- der Sicherheitsbereich (±G) größer gewählt ist als beim BSEC–Modell, oder
- das AWGN–Rauschen eine kleinere Streuung σ aufweist.
(6) In diesem Fall ist die Verfälschungswahrscheinlichkeit vernachlässigbar:
- $$\varepsilon = {\rm Q}(1.6/0.4) = {\rm Q}(4)\approx 0.32 \cdot 10^{-4} \approx 0 \hspace{0.05cm}.$$
Das heißt: Man kann hier tatsächlich vom BEC–Modell ausgehen. Für die Erasure–Wahrscheinlichkeit gilt dabei:
- $${\it \lambda} \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm} {\rm Pr}(0.4 < n < 1.6) = {\rm Pr}(n > 0.4) - {\rm Pr}(n > 1.6) =$$
- $$ \ \ \hspace{-0.15cm} \ = \ \hspace{-0.15cm}{\rm Q}(1) - {\rm Q}(4) \approx {\rm Q}(1) \hspace{0.15cm} \underline {= 15.87\,\%} \hspace{0.05cm}.$$