Aufgabe 2.7: Nochmals Zweiwegekanal

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Betragsfrequenzgang und Phasenfunktion des Zweiwegekanals

Wie in Aufgabe 2.6 wird ein Zweiwegekanal betrachtet, für dessen Impulsantwort gelte:

$$h(t) = \delta ( t - T_1) + \delta ( t - T_2).$$

Entgegen der allgemeinen Darstellung in Aufgabe 2.6 sind hier die beiden Dämpfungsfaktoren gleich:   $z_1 = z_2 = 1$.

  • Dies entspricht zum Beispiel beim Mobilfunk einem Echo im Abstand $T_2 - T_1$ in gleicher Stärke wie das Signal auf dem Hauptpfad.
  • Für dieses wird die Laufzeit $T_1$ vorausgesetzt.


Mit den in den Teilaufgaben (1) ... (4) betrachteten Laufzeiten  $T_1 = 0$  und  $T_2 = T = 4 \ \rm ms$  erhält man für den Frequenzgang des Zweiwegekanals, dessen Betrag in der oberen Grafik dargestellt ist:

$$H(f) = 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.04cm}2 \pi f T} = 1 + \cos(2 \pi f T) - {\rm j} \cdot \sin(2 \pi f T)$$
$$\Rightarrow \hspace{0.4cm}|H(f)| = \sqrt{2\left(1 + \cos(2 \pi f T)\right)}= 2 \cdot |\cos(\pi f T)|.$$

Die untere Grafik zeigt die Phasenfunktion:

$$b(f) = - {\rm arc} \hspace{0.1cm}H(f) = \arctan \frac{\sin(2 \pi f T)}{1 + \cos(2 \pi f T)} = \arctan \big[\tan(\pi f T)\big].$$

Hierbei wurde folgende trigonometrische Umformung benutzt:

$$ \frac{\sin(2 \alpha)}{1 + \cos(2 \alpha)} = \tan(\alpha).$$

Die untere Grafik zeigt diePhasenfunktion für  $T_1 = 0$  und  $T_2 = T = 4 \ \rm ms$:

  • Im Frequenzbereich $|f| < 1/(2T)$ steigt $b(f)$ linear an:   $b(f) = \pi \cdot f \cdot T.$
  • Auch in den weiteren Abschnitten der Phasenfunktion nimmt die Phase stets von $-\pi/2$ bis $+\pi/2$ linear zu.


Im Fragenkatalog bezeichnet  $y_i(t)$  das Signal am Ausgang des Zweiwegekanals, wenn am Eingang das Signal  $x_i(t)$  anliegt ($ i = 1, 2, 3, 4$).

Als Eingangssignale werden untersucht:

  • ein Rechteckimpuls  $x_1(t)$  mit der Höhe $1$ zwischen  $t= 0$  und  $t= T$; für  $t < 0$  und  $t > T$  ist  $x_1(t) = 0$ (an den beiden Sprungstellen tritt jeweils der Wert $0.5$ auf);
  • ein Rechteckimpuls  $x_2(t)$  mit Höhe $1$ im Bereich von $0 ... 2T$;
  • ein periodisches Rechtecksignal  $x_3(t)$  mit der Periodendauer  $T = T_0$:
$$x_3(t) = \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ 0 \\ \end{array} \right.\quad \quad \begin{array}{c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c} { 0 < t < T/2,} \\ { T/2 < t < T,} \\ \end{array}$$
  • ein periodisches Rechtecksignal  $x_4(t)$  mit der Periodendauer  $T = 2T_0$:
$$x_4(t) = \left\{ \begin{array}{c} 1 \\ 0 \\ \end{array} \right.\quad \quad \begin{array}{c} {\rm{f\ddot{u}r}} \\ {\rm{f\ddot{u}r}} \\ \end{array}\begin{array}{*{20}c} { 0 < t < T,} \\ { T < t < 2T.} \\ \end{array}$$



Hinweise:

  • Die Aufgabe gehört zum Kapitel  Lineare Verzerrungen.
  • Für die Teilaufgaben (1) bis (4) gelte  $T_1 = 0$  und  $T_2 = T = 4 \ \rm ms$.
  • In Teilaufgabe (5) wird der Fall  $T_1 = 1 \ \rm ms$  und  $T_2 = 5 \ \rm ms$  betrachtet.



Fragebogen

1

Berechnen Sie das Ausgangssignal $y_1(t)$ für das Eingangssignal $x_1(t)$. Welche der Aussagen sind zutreffend?

$y_1(t)$ ist wie $x_1(t)$ rechteckförmig.
$y_1(t)$ ist dreieckförmig.
Die absolute Impulsdauer ist $2T$.
$y_1(t)$ weist gegenüber $x_1(t)$ Dämpfungsverzerrungen auf.
$y_1(t)$ weist gegenüber $x_1(t)$ Phasenverzerrungen auf.

2

Berechnen Sie das Signal $y_2(t)$. Welche Werte ergeben sich zu den Zeitpunkten $t= 0.5 T$, $t= 1.5 T$ und $t= 2.5 T$?

$y_2(t = 0.5T) \ = \ $

$y_2(t = 1.5T) \ = \ $

$y_2(t = 2.5T) \ = \ $

3

Berechnen Sie das Signal $y_3(t)$. Überprüfen Sie, welche Aussagen zutreffen.

$y_3(t)$ ist gegenüber $x_3(t)$ unverzerrt.
$y_3(t)$ weist gegenüber $x_3(t)$ Dämpfungsverzerrungen auf.
$y_3(t)$ weist gegenüber $x_3(t)$ Phasenverzerrungen auf.

4

Welche Aussagen treffen für das Ausgangssignal y4(t) zu?

$y_4(t)$ ist gegenüber $x_4(t)$ unverzerrt.
$y_4(t)$ weist gegenüber $x_4(t)$ Dämpfungsverzerrungen auf.
$y_4(t)$ weist gegenüber $x_4(t)$ Phasenverzerrungen auf.

5

Es gelte nun  $T_1 = 1 \ \rm ms$  und  $T_2 = 5 \ \rm ms$. Welche Veränderungen ergeben sich gegenüber den bisherigen Ergebnissen?

Die obigen Aussagen hinsichtlich Verzerrungen sind weiterhin gültig.
Fundierte Aussagen sind erst nach einer Neuberechnung möglich.
Die Kombination  $T_1 = 1 \ \rm ms$  und  $T_2 = 5 \ \rm ms$  führt bei allen Signalen zu Verzerrungen.


Musterlösung

(1)  Die Lösung im Zeitbereich führt schneller zum Endergebnis:

$$y_1(t) = x_1(t) \star h(t) = x_1(t) \star \delta (t) + x_1(t) \star \delta (t - T) = x_1(t) + x_1(t-T).$$

Somit ist $y_1(t)$ ein Rechteckimpuls der Höhe $1$ und der Breite $2T$.

Zum gleichen Ergebnis – aber zeitaufwändiger – kommt man durch die Berechnung im Spektralbereich:

$$Y_1(f) = X_1(f) \cdot H(f) = T \cdot \frac {\sin(\pi f T)}{\pi f T}\cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} \cdot \big[ 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \big].$$

Die komplexen Exponentialfunktionen können mit dem Satz von Euler wie folgt umgewandelt werden:

$${\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} \big[ 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \big] = {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \cdot \big[ {\rm e}^{{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm} \pi f T} \big] = {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \cdot 2 \cos(\pi f T) .$$

Somit kann für das Ausgangsspektrum geschrieben werden:

$$Y_1(f) = Y_{11}(f) \cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} , \; \; {\rm mit } \; \; Y_{11}(f) = 2T \cdot \frac {\sin(\pi f T) \cdot \cos(\pi f T)}{\pi f T} = 2T \cdot \frac {\sin(2\pi f T) }{2\pi f T}.$$
Eingangs– und Ausgangssignale

Hierbei ist die Beziehung  $\sin(\alpha) \cdot \cos(\alpha) = \sin(2\alpha)/2$  verwendet.

Die Fourierrücktransformation von $Y_{11}$ führt zu einem um $t = 0$ symmetrischen Rechteck der Breite $2T$. Durch die Phasenfunktion wird dieser in den Bereich $0$ ... $2T$ verschoben und das Ergebnis der Zeitbereichsberechnung bestätigt.

Trotz der Tatsache, dass $y_1(t)$ ebenso wie $x_1(t)$ rechteckförmig ist, liegen Verzerrungen vor:

  • Wegen $T_y > T_x$ sind diese linear. Im interessierenden Frequenzbereich (das sind bei einem si–förmigem Spektrum alle Frequenzen) ist $|H(f)|$ nicht konstant. Also gibt es Dämpfungsverzerrungen.
  • Da zudem die Phase nicht im gesamten Bereich linear mit $f$ ansteigt, gibt es auch Phasenverzerrungen   ⇒   Richtig sind die Lösungsvorschläge 1, 3, 4 und 5.


(2)  Aufgrund der bereits in (1) angegebenen Gleichung

$$y_2(t) = x_2(t) + x_2(t-T)$$

erhält man einen stufenförmigen Verlauf entsprechend dem unteren Diagramm der obere Grafik.

Die gesuchten Zahlenwerte sind:

$$y_2(t = 0.5 T) \hspace{0.15cm}\underline{= 1}, \hspace{0.3cm} y_2(t = 1.5 T) \hspace{0.15cm}\underline{= 2}, \hspace{0.3cm}y_2(t = 2.5 T) \hspace{0.15cm}\underline{ = 1}.$$


Lösungen zu Aufgabe (3) und (4)

(3)  Die Periodendauer $T_0 = T$ des periodischen Signals  $x_3(t)$  ist genau so groß wie die Verzögerung auf dem zweiten Pfad. Deshalb ist  $y_3(t) = 2 \cdot x_3(t) $  und es sind keine Verzerrungen feststellbar.

Die Spektralbereichsberechnung führt zum gleichen Ergebnis.

  • $X_3(f)$ ist ein Linienspektrum mit Anteilen bei den Frequenzen $f = 0$,

$f = \pm f_0 = \pm 1/T$, $f = \pm 3f_0$, usw..

  • Bei diesen diskreten Frequenzen gilt aber exakt:
$$|H(f)| = 2, \hspace{0.3cm} b(f) = 0 \hspace{0.3cm} \Rightarrow \hspace{0.3cm}\tau_{\rm P}(f) = 0.$$
  • Auch daraus folgt wieder $y_3(t) = 2 \cdot x_3(t) $.
  • Richtig ist hier somit nur der Lösungsvorschlag 1.


(4)  Aus der unteren Skizze der zweiten Grafik geht hervor, dass  $y_4(t) = 1$  gegenüber  $x_4(t)$  verzerrt ist. Dabei handelt es sich um Dämpfungsverzerrungen  ⇒  Lösungsvorschlag 2, wie die folgende Überlegung zeigt.

  • Wegen $T_0 = 2T$ weist das Signal  $x_4(t)$  die Grundfrequenz  $f_0 = 1/(2T)$ auf.
  • Bei allen ungeraden Vielfachen von  $f_0$  hat somit der Frequenzgang Nullstellen.
  • Die einzige verbleibende Spektrallinie von  $Y_4(f)$  liegt bei  $f = 0$, wobei gilt:
$$Y_4(f) = 2 \cdot 0.5 \cdot \delta (f) = 1 \cdot \delta (f) \hspace{0.5cm}\Rightarrow \hspace{0.5cm} y_4(t) = 1.$$


(5)  Der Frequenzgang lautet nun mit  $T_1 = 1 \ \rm ms$,  $T_2 = 5 \ \rm ms$  und  $T = T_2 -T_1 = 4 \ \rm ms$:

$$H(f) = {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T_1}+ {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T_2}= \big[ 1 + {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T} \big]\cdot {\rm e}^{-{\rm j}\hspace{0.05cm} \cdot \hspace{0.05cm}2 \pi f T_1}.$$
  • Der Klammerausdruck beschreibt den bereits bisher betrachteten Frequenzgang.
  • Der zweite Term bewirkt eine zusätzliche Laufzeit um  $ \tau = T_1$, und es gilt für alle Signale $(i = 1, 2, 3, 4)$:
$$y_i^{\rm (5)}(t) = y_i(t-T_1).$$

Alle Aussagen hinsichtlich der Verzerrungen sind weiter gültig. Dies entspricht dem Lösungsvorschlag 1.